Leitsatz (redaktionell)
1. Der Vorsitzende hat nach SGG § 106 Abs 1 - vor der Verhandlung - und nach SGG § 112 Abs 2 - in der Sitzung - dafür zu sorgen, daß "angemessene" und "sachdienliche" Anträge gestellt werden.
2. Der Vorsitzende kann unter Umständen verpflichtet sein, klarzustellen, ob Gesundheitsstörungen, die vom Sachverständigen als Schädigungsfolge angesehen worden waren, deren Anerkennung der Kläger aber nicht beantragt hatte, zum Gegenstand des Rechtsstreits gemacht werden und in den Antrag aufgenommen werden sollten. Die Hinweispflicht des Vorsitzenden besteht insbesondere dann, wenn der Antrag infolge Versehens das aus den übrigen Umständen des Prozeßablaufs eindeutig erkennbare Prozeßbegehren nur unvollständig wiedergibt.
Normenkette
SGG § 106 Abs. 1 Fassung: 1953-09-03, Abs. 2 Fassung: 1953-09-03, § 112 Abs. 2 S. 2 Fassung: 1953-09-03
Tenor
Das Urteil des Landessozialgerichts für das Saarland vom 1. Dezember 1972 wird aufgehoben. Der Rechtsstreit wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.
Tatbestand
Der Kläger bezieht eine Beschädigtenrente nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) entsprechend einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (Md) von 25 v.H.; Schädigungsfolgen sind u.a. am linken Bein anerkannt (Bescheid vom 23. März 1964). 1965 wurde der Kläger wegen eines Herzinfarktes in der II. Medizinischen Universitätsklinik und Poliklinik in H stationär behandelt. Im März 1966 beantragte er eine Neufeststellung des Versorgungsanspruchs nach § 62 BVG mit der Begründung, die Lungenembolie, die zu der Krankenhausbehandlung geführt habe, sei wahrscheinlich durch eine Osteomyelitis im linken Bein als Schußverletzungsfolge hervorgerufen worden. Entsprechend einem Gutachten, das Prof. Dr. K, Leitender Oberarzt der genannten Klinik, erstattete, und einem versorgungsärztlichen Gutachter, lehnte das Versorgungsamt (VersorgA) eine Neufeststellung ab, weil seit 1949 keine floride Osteomyelitis mehr bestehe, ab Oktober 1965 ein Herzinfarkt behandelt worden sei, dieser mit einer schädigungsunabhängigen Gefäßsklerose zusammenhänge und eine möglicherweise aufgetretene Lungenembolie, von der keine Folgen mehr nachweisbar seien, als Komplikation der Verschlußerscheinungen der arteriellen Gefäße anzusehen wäre (Bescheid vom 10. November 1967). Der Widerspruch, mit dem der Kläger die Lungenembolie auf eine Venenoperation als Folge einer Osteomyelitis im Jahre 1959 zurückführte, blieb erfolglos (Bescheid vom 8. Dezember 1967). Das Sozialgericht (SG), das Berichte von dem Facharzt für innere Krankheiten Dr. H, H, von der Chirurgischen Abteilung des S-Krankenhauses in H und von dem Arzt Dr. W, H, sowie ein Gutachten von Prof. Dr. Sch, Direktor der Medizinischen Universitäts-Klinik in H, mit röntgenologischem Zusatzgutachten einholte und einen Arzt in der mündlichen Verhandlung als "Sachverständigen" hörte, wies die Klage ab, die auf Versorgung wegen Lungenembolie gerichtet war (Urteil vom 9. Februar 1971). Der Kläger erstrebte mit der Berufung, zu der er eine Stellungnahme von Dr. H einreichte, eine Anerkennung von Lungenembolie als Schädigungsfolge und eine Rente nach einer MdE von 50 v.H. Auf seinen Antrag nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) erstattete Prof. Dr. H gemeinsam mit Doz. Dr. Sch vom Institut für Leistungs- und Begutachtungsmedizin in L unter dem 11. März 1972 ein Gutachten nach Aktenlage; er ging von einer anhaltenden Osteomyelitis aus, führte darauf einen Herzmuskelschaden zurück und nahm eine fokalbedingte neurozirkulatorische Dystonie an, die eine Blutdrucksteigerung verursacht und damit den Herzinfarkt zeitlich vorverlagert habe. In der mündlichen Verhandlung vom 13. Oktober 1973 "nahm" Verbandsvertreter Sch, der Bevollmächtigte des Klägers den "Antrag aus der Sitzungsniederschrift vom 30. Juli 1971", und darauf bezog sich auch Verbandsvertreter I in der letzten Verhandlung vom 1. Dezember 1972. Durch Beschluß vom 13. Oktober 1972 gab das Landessozialgericht (LSG) dem Kläger auf, innerhalb von zwei Wochen mitzuteilen, wo er 1959 operiert und ob er noch anderweitig wegen Osteomyelitis, Thrombophlebitis oder ähnlicher Krankheiten behandelt worden sei. Das LSG hat die Berufung zurückgewiesen (Urteil vom 1. Dezember 1972): Eine Lungenembolie und nachteilige Folgen davon seien nicht nachgewiesen. Sie könnten daher nicht als Schädigungsfolgen anerkannt werden. Auch Prof. Dr. H sei nicht zu dem Ergebnis gelangt, daß Folgen einer Lungenembolie, die wahrscheinlich abgelaufen sei, noch beständen. Die von diesem Sachverständigen erörterte Frage, ob ein Zusammenhang zwischen einer Osteomyelitis sowie Herz- und Kreislauferkrankungen bestehe, sei nicht Gegenstand dieses Rechtsstreits.
Dem Kläger, der Revision gegen das Urteil eingelegt hat, ist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumnis der Revisionsbegründungsfrist gewährt worden. Er rügt mit der nicht zugelassenen Revision als wesentlichen Verfahrensmangel einen Verstoß gegen die §§ 106 und 112 SGG. Das LSG hätte auf eine Ergänzung des Antrages hinwirken bzw. hätte eine Ergänzung zulassen müssen, nachdem sich durch die Beweiserhebung ergeben habe, daß eine Lungenembolie, auf die der Neufeststellungsantrag gestützt worden sei, ebensowenig wie Folgen davon nachzuweisen seien. Maßgebend sei für die Auslegung des Antrages der Wille des Klägers, durch die Anerkennung einer Verschlimmerung eine Rente nach einer höheren MdE zu erreichen. Die festgestellten Herz- und Kreislauferkrankungen, die nach Prof. Dr. H Ansicht Folgen der Osteomyelitis seien, seien doch Gegenstand des Rechtsstreits gewesen. Da dieser andere Grund für die begehrte Rentenerhöhung wahrscheinlich gegeben sei, hätte er geprüft werden müssen, zumal der Kläger dies in der mündlichen Verhandlung vom 1. Dezember 1972 vorgetragen habe. Eine entsprechende Ergänzung des Antrages sei aber entgegen § 112 Abs. 3 SGG nicht mehr zugelassen worden. Das LSG habe auch das nach § 109 SGG erstattete Gutachten nicht genügend sachlich gewürdigt, insbesondere nicht die überzeugende Darlegung, daß der Herzinfarkt eine Folge der Osteomyelitis, die jahrelang bestanden habe, sei. Die Beweiswürdigung über die Lungenembolie werde nicht beanstandet.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des LSG aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen.
Der Senat hat die an der Entscheidung des LSG beteiligten Richter sowie die Schriftführerin und den Vertreter des Beklagten, die an der Verhandlung vom 1. Dezember 1972 teilgenommen haben, zu den behaupteten Vorgängen dieser Verhandlung gehört. Dazu haben sich außerdem der Kläger und Verbandsvertreter L geäußert.
Der Beklagte hat die Erteilung eines Zugunstenbescheides über das Herzleiden abgelehnt.
Er hat nach der Beweiserhebung - im Gegensatz zu seinem ursprünglichen Vorbringen - erklärt, er widerspreche einer Aufhebung und Zurückverweisung nicht, denn ein wesentlicher Verfahrensmangel sei gegeben.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Entscheidungsgründe
Die form- und fristgerecht eingelegte Revision ist statthaft, weil wenigstens ein wesentlicher Mangel des Berufungsverfahrens mit Erfolg gerügt worden ist (§§ 164, 166, 162 Abs. 1 Nr. 2 SGG; BSG 1, 150). Das Rechtsmittel ist auch insoweit erfolgreich, als der Rechtsstreit unter Aufhebung des angefochtenen Urteils an das LSG zurückzuverweisen ist.
Zutreffend rügt die Revision, der Senatsvorsitzende des LSG hätte darauf hinwirken müssen, daß der Antrag des Klägers in der endgültigen Fassung (§ 153 Abs. 1, §§ 123, 122 Abs. 1 Satz 2 SGG) um das Begehren zu erweitern sei, auch die Herz- und Kreislaufstörungen, die Prof. Dr. H mittelbar auf eine Verwundung zurückgeführt hatte, sollten als Schädigungsfolgen anerkannt werden (§ 1 Abs. 1 und 3 Satz 1 BVG; BSG 9, 17, 21; 9, 80, 82; 9, 285, 287; 21, 167 = SozR Nr. 38 zu § 55 SGG). Die auf die §§ 106 und 112 SGG gestützte Revision ist bei widerspruchsfreier Auslegung so zu verstehen: Der Senatsvorsitzende hätte nach der Begutachtung durch Prof. Dr. H darauf hinwirken müssen, daß der Kläger im endgültigen Antrag die Anerkennung von Herz- und Kreislaufstörungen begehre, statt daß der Vorsitzende es zuließ, daß der Berichterstatter, wie allein der Kläger und der Verbandsvertreter L bestätigt haben, durch eine unrichtige Rechtsbelehrung den Prozeßbevollmächtigten an einer entsprechenden Klageerweiterung hinderte. Eine solche Klageerweiterung wäre zulässig gewesen (§ 153 Abs. 1, § 99 Abs. 3 Nr. 2, § 112 Abs. 3 SGG). Im vorliegenden Fall hätte der Vorsitzende spätestens in der letzten mündlichen Verhandlung vom 1. Dezember 1972 auf eine derartige Antragsergänzung hinwirken müssen. Er hat nach den gemäß § 153 Abs. 1 SGG auch im Berufungsverfahren geltenden Vorschriften des § 106 Abs. 1 SGG - vor der Verhandlung - und des § 112 Abs. 2 Satz 2 SGG - in der Sitzung - dafür zu sorgen, daß "angemessene" und "sachdienliche" Anträge gestellt werden. Diese Verpflichtung (ebenso wie nach § 139 Zivilprozeßordnung - ZPO -, § 86 Abs. 3 Verwaltungsgerichtsordnung - VerwGO -) besteht im Rahmen der Befugnis des Klägers, "über den Streitgegenstand und damit über den Gang und Inhalt des Verfahrens" zu verfügen (Thomas/Putzo, Kommentar zur ZPO, 6. Aufl., 1972, Einleitung I 1), einer Befugnis, die auch im sozialgerichtlichen Verfahren, ungeachtet des Untersuchungsgrundsatzes (§ 103 SGG), gilt (vgl. Bauer in: Werner Weber u.a. (Hgb), Rechtsschutz im Sozialrecht, 1965, 35, 39; für den Verwaltungsgerichtsprozeß: BVerwG 9, 143, 144; 21, 217, 218; Redeker/v.Oertzen, Kommentar zur VwGO, 4. Aufl., 1971, § 86, Anm. 6). Das vom Kläger erkennbar festgelegte Prozeßziel soll durch den Antrag "angemessen" verdeutlicht werden; "sachdienlich" ist der Antrag, der zweckmäßigerweise dazu dient, eine Entscheidung herbeizuführen, die den Rechtsstreit um die geltend gemachten Ansprüche vollständig beendet (BGHZ 3, 206, 213; BGHZ 24, 269, 278; BVerwG 16, 94, 98; 21, 217; Stein/Jonas/Schumann/Leipold, Kommentar zur ZPO, 19. Aufl., 1972, § 139, Anm. II 2; Eyermann/Fröhler, Kommentar zur VwGO, 6. Aufl., 1974; § 86, Rdnr. 27). Falls der Prozeßbevollmächtigte L, wie er und der Kläger im Revisionsverfahren, nicht aber die beteiligten Richter, die Schriftführerin, der Sitzungsvertreter des Beklagten und der Aktenvermerk des Bevollmächtigten bestätigt haben, in der mündlichen Verhandlung vom 1. Dezember 1972 vorgetragen hätte, auch Herz- und Kreislaufstörungen sollten als Schädigungsfolgen anerkannt werden, hätte sich dem Vorsitzenden eindeutig aufdrängen müssen, dementsprechend den Antrag erweitern zu lassen; daß er dies unterließ, ist als wesentlicher Verfahrensmangel zu werten (BVerwG 21, 217 f; Eyermann/Fröhler, aaO.). Aber auch dann, wenn der Bevollmächtigte L in der letzten Sitzung ebenso wie Landesgeschäftsführer Sch am 13. Oktober 1972 entsprechend dem protokollierten Antrag die Herz- und Kreislaufstörungen nicht zur Sprache gebracht hätte, hätte sich dem Vorsitzenden aufdrängen müssen, mindestens klarzustellen, ob diese Gesundheitsstörungen zum Gegenstand des Rechtsstreits gemacht werden und in den Antrag aufgenommen werden sollten. Die Hinweispflicht des Vorsitzenden besteht insbesondere dann, wenn der Antrag infolge Versehens das aus den übrigen Umständen des Prozeßablaufes eindeutig erkennbare Prozeßbegehren nur unvollständig wiedergibt (BGHZ 3, 206, 213; BAG AP Nr. 1 zu § 139 ZPO; BVerwG 16, 94, 98; 21, 217; Sammlung 310 § 86 Abs. 3 VwGO Nr. 5; Rosenberg/Schwab, Zivilprozeßrecht, 11. Aufl., 1974, § 78 III 1 a). Die Bevollmächtigten des Klägers konnten übersehen haben, daß eine Entscheidung über die Herz- und Kreislauferkrankungen als Schädigungsfolgen "sachdienlich" war. Gegen eine besonders aufmerksame Bearbeitung dieser Streitsache sprach auch erkennbar, daß die Auflage des Beschlusses vom 13. Oktober 1972 nicht fristgemäß gegenüber dem Gericht erfüllt wurde. Die Möglichkeit eines Versehens drängte sich im übrigen aus dem gesamten Verfahrensablauf auf. Der Kläger strebte mit Neufeststellungsantrag, Klage und Berufung eindeutig eine Rente nach einer höheren MdE wegen einer nachträglichen Verschlimmerung im Zustand der Schädigungsfolgen an (§ 30 Abs. 1, § 31 Abs. 1 und 2, § 62 Abs. 1 BVG). Als Voraussetzung für diesen höheren Versorgungsanspruch machte er innere Leiden geltend, veranlaßt durch einen Herzinfarkt, dessen Anerkennung als Schädigungsfolge im angefochtenen Bescheid abgelehnt wurde. Dann mußte es sich aufdrängen, die Begründung dafür ihrem gesamten Umfang nach aus dem nach § 109 SGG von Prof. Dr. H erstatteten Gutachten, der einzigen für den Kläger - teilweise - günstig ausgefallenen Beurteilung herzuleiten. Da auch Prof. Dr. H die tatsächlichen Voraussetzungen für die Anerkennung der ausdrücklich geltend gemachten Lungenembolie nicht als gegeben ansah, ließ sich das Begehren des Klägers allein auf die von dem Sachverständigen vertretene Auffassung stützen, die Herz- und Kreislauferkrankungen des Klägers seien mittelbare Schädigungsfolgen. Diese Gesundheitsstörungen stehen sachlich im Zusammenhang mit dem Herzinfarkt, der den Kläger zu dem Neufeststellungsantrag veranlaßt hatte und den Klagegrund dieses Rechtsstreites, d.h. den Lebenssachverhalt, aus dem der Kläger die begehrten Rechtsfolgen herleitet (§ 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO; Thomas/Putzo, § 253, Anm. 2 d), wesentlich bestimmte; sie gehören zu den seit 1965 nach der Behandlung des Klägers aufgetretenen inneren Störungen, die über eine Osteomyelitis mittelbar durch eine Verwundung verursacht worden sein sollen. "Sachlich" im Sinne der Prozeßförderung war dann ein auf das Herz- und Kreislaufleiden erstreckter Antrag. Selbst wenn Prof. Dr. H Gutachten für eine Sachentscheidung zugunsten des Klägers noch nicht ausgereicht hätte, so hätte es doch immerhin - nach entsprechender Antragsergänzung - die Voraussetzung für eine - damals auch vom Beklagten als erforderlich angesehene - weitere Sachaufklärung (§ 103 SGG) gebildet, die denn auch zu einer Entscheidung über einen Versorgungsanspruch wegen der Herz- und Kreislaufleiden geführt hätte. Das LSG muß auch in der Besetzung vom 13. Oktober 1972 bereits damit gerechnet haben, der Kläger wolle sein Prozeßbegehren auf die Herz- und Kreislauferkrankung stützen; anders ist der Beweisbeschluß, der auf die Aufklärung über eine Osteomyelitis als Voraussetzung jener Schädigungsfolgen nach Prof. Dr. H Beurteilung gerichtet war, nicht zu erklären.
Allerdings soll durch die Anregung des Vorsitzenden kein neuer Anspruch in das Verfahren eingeführt werden, der noch gar nicht streitig war, insbesondere nicht ein solcher, der auf einer anderen Anspruchsgrundlage beruht (RGZ 158, 40, 48; BGHZ 7, 208, 211 f; Familienrechtszeitschrift 1958, 275, 277; BSG SozR Nr. 2 zu § 112 SGG; SozR Nr. 16 zu § 106 SGG; Rosenberg/Schwab, § 78 III 1 b; Wieczorek, Kommentar zur ZPO, § 139, Anm. B II b). Ein solcher Fall, der eine Hinweispflicht des Vorsitzenden ausgeschlossen hätte, war hier nicht gegeben; der notwendige Sachzusammenhang mit der Grundlage des Neufeststellungsantrages bestand, wie zuvor dargelegt ist. Andererseits bestand kein Anhalt dafür, daß der Kläger seinen Anspruch trotz der für ihn günstigen Beurteilung durch Prof. Dr. H bewußt auf die Lungenembolie als Voraussetzung für eine höhere Rente beschränken wollte (BSG 15, 41, 46 = SozR Nr. 15 zu § 106 SGG).
Die Pflicht des Vorsitzenden, einen sachdienlichen Antrag bezüglich der Herz- und Kreislauferkrankung anzuregen, war auch nicht dadurch ausgeschlossen, daß sie als parteiisches Verhalten zu werten gewesen wäre. Eine Anregungspflicht besteht insoweit nicht, als eine solche Anregung eine Partei einseitig bevorzugt und in einer Weise berät, die einem Bevollmächtigten vorbehalten ist; ein parteiischer Rat des Vorsitzenden könnte eine Besorgnis der Befangenheit begründen und zur Ablehnung nach § 60 Abs. 1 SGG iVm § 42 ZPO führen (BVerwG 21, 217; Eyermann/Fröhler, § 86, Rdnr. 26; Redeker/v.Oertzen, § 86, Anm. 17). Da der Kläger den Rechtsstreit fortsetzte, obwohl der auf eine Lungenembolie gestützte Anspruch einhellig medizinisch ungünstig beurteilt wurde, mußte sich auch bei unparteiischer Prozeßleitung unter Berücksichtigung der Pflicht der beklagten Verwaltung, bereits vor dem Prozeß den Antrag des Klägers in seinem Interesse umfassend zu prüfen (BSG 36, 120, 122 = SozR Nr. 61 zu § 182 RVO; § 7 des Gesetzes über das Verwaltungsverfahren der Kriegsopferversorgung), die Frage aufdrängen, ob das Begehren auf den Teil des von Prof. Dr. H erstatteten Gutachtens gegründet werde, der allein eine Aussicht für den Kläger aufzeigte. Der Berichterstatter "wunderte" sich immerhin, wie er erklärt hat, darüber, daß der Bevollmächtigte L diese Gesundheitsstörungen nicht von sich aus in den letzten Antrag aufnahm. Schließlich stand wegen des dargelegten Versehens der Bevollmächtigten der Hinweispflicht des Vorsitzenden nicht entgegen, daß sie im allgemeinen gegenüber einer rechtskundig vertretenen Partei geringer ist (BGHZ 3, 206, 213; BSG SozR Nr. 16 zu § 106 SGG; Stein/Jonas/Schumann/Leipold, aaO) und daß die Rechtsschutzvertreter des VdK in der Regel in Versorgungsstreitverfahren erfahren sind und rechtlich als Prozeßbevollmächtigte eine Stellung wie ein Rechtsanwalt einnehmen (§ 73 Abs. 6, § 166 SGG, § 157 Abs. 1 ZPO).
Die Rüge ist auch begründet. Es ist nicht auszuschließen, daß das LSG bei Vermeidung dieses Verfahrensfehlers anders entschieden hätte. Ob die anderen Verfahrensrügen ebenfalls durchgreifen, braucht nicht geprüft zu werden.
Unter Aufhebung des angefochtenen Urteils muß der Rechtsstreit an das LSG zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen werden (§ 170 Abs. 2 Satz 2 SGG); denn der Umfang des Streitgegenstandes ist noch zu klären, und eventuell ist, möglicherweise nach weiterer Beweiserhebung, sachlich darüber zu entscheiden, ob die Herz- und Kreislaufstörungen des Klägers als Schädigungsfolgen zu werten sind und welche MdE sie bedingen. Das LSG hat auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden.
Fundstellen