Leitsatz (redaktionell)
1. Die erst 8 Jahre nach Feststellung der Überzahlung geltend gemachte Rückforderung der überhobenen Versorgungsbezüge stellt eine unzulässige Rechtsausübung dar.
2. Rentenansprüche nach dem BVG verjähren nach dem auf diesem Rechtsgebiet entsprechend anzuwendenden BGB § 197 in 4 Jahren (vergleiche BSG 1963-04-09 10 RV 1059/60 = BSGE 19, 88).
3. Wenn der Versorgungsberechtigte Rentenansprüche wegen Verjährung nicht mehr durchsetzten kann, so entspricht es bei einem Rückforderungsanspruch, der demselben Rechtsverhältnis entspringt und dem eine Überzahlung auf einen Versorgungsanspruch hin zugrunde liegt, der Billigkeit, den Rückforderungsanspruch der Versorgungsbehörde in entsprechender Weise zu beschränken und für einen Zeitraum, der über 4 Jahre zurückliegt, wegen unzulässiger Rechtsausübung zu verneinen.
Normenkette
KOVVfG § 47 Fassung: 1960-06-27; BGB § 197
Tenor
1) Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts in München vom 26. Februar 1965 aufgehoben.
2) Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts in München vom 23. April 1964 wird als unbegründet zurückgewiesen.
3) Der Beklagte hat dem Kläger auch die außergerichtlichen Kosten des Berufungs- und Revisionsverfahrens zu erstatten.
Gründe
Der Kläger ist der Testamentsvollstrecker des Bildhauers G K R - nachfolgend mit R. bezeichnet -, der während des Berufungsverfahrens verstorben ist. R. beantragte im August 1947 Versorgung nach dem Bayerischen Körperbeschädigten-Leistungsgesetz (BKBLG). Die damals zuständige Versorgungsbehörde gewährte ihm daraufhin mit Benachrichtigung vom 16. Oktober 1948 einen laufenden Vorschuß nach einer vorläufig angenommenen Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 60 v. H. in Höhe von monatlich DM 35,-. Auf Grund der Mitteilung des R. vom 30. März 1950, daß er seit etwa fünf Wochen kein Einkommen habe, erhöhte die Versorgungsbehörde mit Benachrichtigung vom 5. Mai 1950 den Vorschuß auf DM 78,- monatlich. Später stellte sie mit Verfügung vom 20. Mai 1953 die Zahlung des Vorschusses von Ende Juni 1953 ab ein, weil nach dem Ergebnis einer versorgungsärztlichen Nachuntersuchung eine MDE in rentenberechtigendem Grade nicht mehr vorliege. Mit Bescheid vom 16. Juni 1953 erkannte die Versorgungsbehörde sodann verschiedene Schädigungsfolgen mit einer MdE um 60 v. H. für die Zeit vom 1. Februar 1947 nach dem BKBLG an und errechnete eine an R. zu zahlende Nachzahlung für die Zeit bis zum Inkrafttreten des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) von DM 447,80. Sie übernahm die gleiche Anerkennung der Schädigungsfolgen ohne ärztliche Nachuntersuchung in den Umanerkennungsbescheid vom 17. Juni 1953 nach dem BVG und setzte die MdE für die Zeit vom 1. Oktober 1950 bis 31. März 1953 mit 60 v. H. und für die Zeit vom 1. April 1953 mit unter 25 v. H. fest. In dem Bescheid wurde die Gewährung einer Ausgleichsrente wegen des nachgewiesenen Einkommens des R. abgelehnt. Das Versorgungsamt (VersorgA) errechnete für die Zeit vom 1. Oktober 1950 bis 31. März 1953 eine Überzahlung von DM 1.355,75. Von diesem Betrag zog es die im Bescheid nach dem BKBLG vom 16. Juni 1953 errechnete Nachzahlung von DM 447,80 ab, so daß sich noch eine überzahlte Rente von DM 907,95 ergab. Hierzu ist in dem Bescheid weiter ausgeführt:" Wegen der Rückforderung erhalten Sie nach nochmaliger Prüfung Ihrer Einkommens- und Wirtschaftsverhältnisse später gesondert Bescheid". Gegen diesen Bescheid legte der Kläger Berufung alten Rechts ein, die als Klage auf das Sozialgericht (SG) überging. Er wandte sich in dem Verfahren ausschließlich gegen die Entziehung der Rente für die Zeit nach dem 1. April 1953 und beantragte ua, ihm von diesem Zeitpunkt an Rente nach einer MdE von mindestens 25 v. H. zu gewähren. Die Klage wurde abgewiesen; das Landessozialgericht (LSG) hob auf die Berufung des Klägers das Urteil des SG vom 26. März 1957 auf und verurteilte den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 17. Juni 1953, dem Kläger vom 1. April 1953 an Rente nach einer MdE um 25. v. H. zu gewähren (Urteil vom 2. März 1961).
Das VersorgA erteilte nunmehr am 25. Mai 1961 den auf § 47 des Gesetzes über das Verwaltungsverfahren der Kriegsopferversorgung (VerwVG) gestützten Bescheid, in dem es ausführte, daß im Bescheid vom 17. Juni 1953 "rechtskräftig" festgestellt worden sei, daß R. in Höhe von DM 907,75 (muß heißen: DM 907,95) Versorgungsbezüge zu Unrecht erhalten habe. Nach § 47 Abs. 1 VerwVG seien alle zu Unrecht empfangenen Leistungen "grundsätzlich" zurückzuzahlen; der Einwand der nicht vorhandenen Bereicherung sei ausgeschlossen. Der Betrag von DM 907,95 werde von der Nachzahlung "lt. Ausführungsbescheid vom 26. Mai 1961 auf Grund des Urteils des Bayerischen LSG vom 2. März 1961 einbehalten". Diese Ankündigung führte das VersorgA im Ausführungsbescheid vom 26. Mai 1961 auch aus. Es behielt den zurückgeforderten Betrag von der dem R. für die Zeit ab 1. April 1953 nach einer MdE um 25. v. H. zu gewährenden Nachzahlung ein. Der Widerspruch des R. war erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 21. Dezember 1961).
Das SG hat mit Urteil vom 23. April 1964 den Bescheid vom 25. Mai 1961 idF des Widerspruchsbescheides vom 21. Dezember 1961 aufgehoben und zur Begründung vornehmlich ausgeführt, daß die Rückerstattungsforderung dem Freistaat Bayern, nicht der Bundesrepublik Deutschland, als Gläubiger zustehe. Daraus folge die Anwendbarkeit des Art. 124 des Bayerischen Ausführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch vom 9. Juni 1899 (AGBGB) Hiernach seien öffentlich-rechtliche Forderungen des Staates Bayern nach drei Jahren, nachdem sie geltend gemacht werden konnten, erloschen. Diese Frist sei im vorliegenden Fall abgelaufen.
Gegen dieses Urteil hat der Beklagte Berufung eingelegt. Das LSG hat auf die Berufung mit Urteil vom 26. Februar 1965 das Urteil des SG München vom 23. April 1964 aufgehoben und die Klage gegen den Rückforderungsbescheid vom 25. Mai 1961 idF des Widerspruchsbescheides vom 21. Dezember 1961 abgewiesen. Es hat ausgeführt, der von der Versorgungsbehörde geltend gemachte Rückerstattungsanspruch sei nicht etwa erloschen. Entgegen der Auffassung des SG sei der von einer Versorgungsbehörde des Freistaates Bayern gegen einen Versorgungsberechtigten geltend gemachte Rückforderungsanspruch nicht ein Anspruch des Freistaates Bayern, sondern der Bundesrepublik Deutschland, die materiell-rechtlich Gläubiger oder Schuldner aus einem Versorgungsrechtsverhältnis nach dem BVG sei. Wenn aber der Bund Gläubiger des gegen R. mit Bescheid vom 25. Mai 1061 geltend gemachten Rückforderungsanspruchs sei, dann könne Art. 124 AGBGB nicht angewandt werden, weil diese Vorschrift des Bayerischen Landesrechts voraussetze, daß ein öffentlich-rechtlicher Anspruch des Freistaates Bayern besteht. Die Rückerstattungsforderung sei also nicht nach Art. 124 AGBGB erloschen, sie sei vielmehr zu Recht erhoben. Dies sei nicht schon mit dem bindend gewordenen Verwaltungsakt vom 17. Juni 1953 (Umanerkennungsbescheid geschehen, da mit diesem noch nicht darüber entschieden worden sei, ob R. den zu Unrecht empfangenen Betrag von DM 907,95 zurückzuzahlen hat. Vielmehr habe die Versorgungsbehörde erstmalig den Rückforderungsanspruch mit dem jetzt angefochtenen Bescheid vom 25. Mai 1961 erhoben. Dieser Bescheid sei nicht etwa deshalb rechtswidrig, weil in ihm noch keine Entscheidung der Versorgungsbehörde nach § 47 Abs. 4 VerwVG enthalten sei. R. könne auch nicht mehr damit gehört werden, daß in dem Umanerkennungsbescheid zu Unrecht eine Überzahlung von DM 907,95 festgestellt worden sei, da dieser Bescheid insoweit bindend geworden und daher eine nochmalige gerichtliche Überprüfung ausgeschlossen sei. Selbst wenn aber eine nochmalige sachliche Überprüfung zulässig wäre, so würde diese ergeben, daß tatsächlich die Rente in der bezeichneten Höhe zu Unrecht gezahlt worden ist. Die Rückforderung sei daher nach § 47 Abs. 1 VerwVG gerechtfertigt; diese Vorschrift erfasse alle anhängigen Rückforderungsfälle, auch wenn es sich - wie im vorliegenden Fall - um die Rückforderung von Rentenvorschüssen handele.
Ferner sei der Rückforderungsanspruch im Zeitpunkt seiner Geltendmachung vom 25. Mai 1961 noch nicht verjährt. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts - BSG - (BSG 19, 88) verjährten in entsprechender Anwendung des § 197 BGB nur Rückstände von Versorgungsrenten in vier Jahren, nicht aber Rückforderungsansprüche der Versorgungsbehörde gegenüber den Versorgungsberechtigten. Für die Ansprüche auf Erstattung zu, Unrecht gezahlter Versorgungsbezüge gelte die allgemeine Verjährungsfrist von 30 Jahren. Die Geltendmachung des Rückforderungsanspruchs hinsichtlich der im Umanerkennungsbescheid vom 17. Juni 1953 festgestellten überzahlten Versorgungsbezüge durch den angefochtenen Bescheid vom 25. Mai 1961 stelle auch keine unzulässige Rechtsausübung dar. Zwar habe das BSG (BSG 21, 27) die Rechtsausübung dann als unzulässig bezeichnet, wenn die Versorgungsbehörde Rückforderungsansprüche für einen Zeitraum geltend mache, der mehr als vier Jahre seit Beginn des Jahres zurückliege, in dem der Rückforderungsbescheid ergangen sei. Dieser Grundsatz könne aber im vorliegenden Falle schon deshalb keine Anwendung finden, weil dem vom BSG entschiedenen Rechtsstreit ein anderer Sachverhalt zugrunde liege. Die Versorgungsbehörde habe nämlich nach dem Erlaß des Umanerkennungsbescheides vom 17. Juni 1953 erst im Mai 1961 tätig werden können, weil R. den Umanerkennungsbescheid angefochten habe. Bis zum Abschluß dieses gerichtlichen Verfahrens habe es in seinem Belieben gestanden, durch eine Klageerweiterung etwa für den Zeitraum vom 1. Oktober 1950 bis 1. März 1953 auch Rente nach einem höheren Grad der MdE als um 60 v. H. oder aber die Ausgleichsrente zu fordern. Von dem Ausgang dieses gerichtlichen Verfahrens sei daher der Rückforderungsanspruch dem Grunde und der Höhe nach abhängig gewesen. Nach Abschluß dieses gerichtlichen Verfahrens sei aber die Versorgungsbehörde unverzüglich tätig geworden, denn sie habe bereits im Mai 1961 den Rückforderungsbescheid erlassen. Die Versorgungsbehörde sei mithin im vorliegenden Fall in der Zeit von 1953 bis 1961 nicht untätig geblieben, obwohl sie hätte tätig werden können. Der Rückforderungsbescheid vom 25. Mai 1961 sei somit zutreffend ergangen.
Das LSG hat die Revision zugelassen.
Gegen dieses am 18. März 1965 zugestellte Urteil hat der Kläger mit Schriftsatz vom 12. April 1965, beim BSG am 13. April 1965 eingegangen, Revision eingelegt und diese innerhalb der bis zum 18. Juni 1965 verlängerten Revisionsbegründungsfrist mit einem am 16. Juni 1965 beim BSG eingegangenen Schriftsatz vom 14. Juni 1965 begründet.
Er beantragt zu erkennen:
1) Das Urteil des 7. Senats des Bayerischen LSG in München Az.: L 7 V 718/64 vom 26. Februar 1965 wird aufgehoben.
2) Der Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens und die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.
Der Kläger rügt eine Verletzung materiellen Rechts sowie die Verletzung der §§ 103 und 128 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) durch das LSG. Er trägt hierzu mit näherer Begründung vor, die Auffassung des LSG, daß nicht der Freistaat Bayern, sondern die Bundesrepublik Deutschland materiell-rechtlich Gläubiger und Schuldner der Ansprüche aus dem Versorgungsrechtsverhältnis ist, sei unrichtig. Insoweit werde die Verletzung des Art. 124 AGBGB gerügt. Ebenso sei die Auffassung des LSG unzutreffend, daß die Versorgungsbehörde eine Prüfung im Rahmen des § 47 Abs. 4 VerwVG erst dann vorzunehmen hat, wenn festgestellt ist, daß ein Rückforderungsanspruch besteht. Entgegen der Meinung des LSG sei der Anspruch auf Rückforderung auch verjährt. Insoweit müßten die vom BSG entwickelten Grundsätze über die Verjährung von rückständigen Rentenansprüchen auf Rückforderungsansprüche entsprechend angewandt werden, andernfalls wäre der Versorgungsberechtigte schlechter gestellt als die Versorgungsbehörde; dies verstoße aber gegen Art. 3 des Grundgesetzes (GG). Auf jeden Fall stelle die Rückforderung des Beklagten eine unzulässige Rechtsausübung dar. Der Beklagte sei in der Lage gewesen, unmittelbar nach Erlaß des Umanerkennungsbescheides die Rückforderung geltend zu machen. In dem gegen den Umanerkennungsbescheid gerichteten Verfahren sei einzig und allein die Höhe der MdE ab 1. April 1953 streitig gewesen. Die Überzahlung aus der Zeit vom 1. Oktober 1950 bis zum 31. März 1953 habe nicht im Streit gestanden, so daß die Versorgungsbehörde die Rückforderung schon damals hätte geltend machen können. Sie sei aber von 1953 bis Mai 1961 untätig geblieben. In weiteren Ausführungen rügt der Kläger noch eine Verletzung der §§ 103 und 128 durch das SGG. Im übrigen wird zur Darstellung des Vorbringens des Klägers auf die Revisionsbegründung vom 14. Juni 1965 Bezug genommen.
Der Beklagte und der Beigeladene beantragen,
die Revision des Klägers gegen das Urteil des 7. Senats des Bayerischen LSG vom 26. Februar 1965 zurückzuweisen.
Sie halten das angefochtene Urteil für zutreffend. Wegen des Vorbringens im einzelnen wird auf die Schriftsätze vom 3. August 1965 und 28. September 1965 Bezug genommen.
Die durch Zulassung gem. § 162 Abs. 1 Nr. 1 SGG statthafte Revision des Klägers ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 164, 166 SGG). Sie ist zulässig und auch begründet.
Der durch den Tod des R. am 20. Oktober 1964 unterbrochene Rechtsstreit ist durch den Testamentsvollstrecker Oberlandesgerichtsrat Dr. W wieder aufgenommen worden.
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Bescheid vom 25. Mai 1961 rechtmäßig ist, wonach R. die im Umanerkennungsbescheid vom 17. Juni 1953 errechneten überzahlten Rentenbeträge in Höhe von DM 907,95 an den Beklagten zurückzuzahlen hat. Das LSG hat zu Unrecht die Rückerstattungsverpflichtung des R. bejaht; denn diese Geltendmachung der Rückforderung durch den Beklagten stellt jedenfalls eine unzulässige Rechtsausübung dar. Es kann somit dahinstehen, ob die Rückerstattungsforderung dem Freistaat Bayern als Gläubiger zusteht und daher diese Forderung bei Erlaß des Rückforderungsbescheides schon gem. Art. 124 AGBGB wegen der seit der Feststellung der Überzahlung abgelaufenen drei Jahre erloschen war, oder ob vielmehr die Bundesrepublik Deutschland die Gläubigerin der Rückerstattungsforderung ist (s. dazu BGHZ 30, 162 und LSG Bremen in BVBl 1961, 26), so daß sie noch nicht erloschen war und erst nach 30 Jahren verjähren würde. Dadurch, daß die Versorgungsbehörde von der Feststellung der Überzahlung im Umanerkennungsbescheid vom 17. Juni 1953 bis zum Erlaß des hier streitigen Rückforderungsbescheides vom 25. Mai 1961 fast acht Jahre untätig geblieben ist, hat sie ihr Recht zur Geltendmachung der Rückforderung verwirkt. Wie der erkennende Senat in seinem Urteil vom 17. April 1964 (BSG 21, 27) eingehend ausgeführt hat, stellt es eine unzulässige Rechtsausübung dar, wenn die Versorgungsbehörde Rückforderungsansprüche nach § 47 Abs. 2 VerwVG für einen Zeitraum geltend macht, der mehr als vier Jahre seit Beginn des Jahres zurückliegt, in dem der Rückforderungsbescheid ergangen ist. Die Versorgungsansprüche eines Berechtigten wie der Rückforderungsanspruch der Versorgungsbehörde im Falle zu Unrecht gezahlter Versorgungsbezüge beruhen auf demselben Rechtsverhältnis. Daher muß für die Geltendmachung beider Ansprüche in zeitlicher Hinsicht im Hinblick auf den Grundsatz von Treu und Glauben, der auch das öffentliche Recht beherrscht, eine entsprechende gleiche Regelung für die zeitliche Geltendmachung beider Ansprüche Platz greifen. Rentenansprüche nach dem BVG verjähren nach dem auf diesem Rechtsgebiet entsprechend anzuwendenden § 197 BGB in vier Jahren (BSG 19, 88). Wenn auch für den Rückforderungsanspruch der Versorgungsbehörde keine derart kurze Verjährungsfrist vorgesehen ist, so stellt es nach Auffassung des Senats aber eine unzulässige Rechtsausübung dar, wenn die Versorgungsbehörde Rückforderungsansprüche nach § 47 VerwVG für einen Zeitraum geltend macht, der mehr als vier Jahre seit Beginn des Jahres zurückliegt, in dem der Rückforderungsbescheid ergangen ist, und der Versorgungsberechtigte der Auffassung sein konnte, der Rückforderungsanspruch werde nicht mehr geltend gemacht werden (vgl. zur Verwirkung allgemein BSG 7 S. 199/200). Unter Berücksichtigung des Grundsatzes von Treu und Glauben muß sich für beide Beteiligten eine gleiche Rechtslage aus einer Untätigkeit ergeben. Wenn der Versorgungsberechtigte, der nach Ablauf der Verjährungsfrist Rentenansprüche geltend macht, diese wegen Verjährung nicht mehr durchsetzen kann, so entspricht es bei einem Rückforderungsanspruch, welcher demselben Rechtsverhältnis entspringt und welchem eine Überzahlung auf einen Versorgungsanspruch hin zugrunde liegt, der Billigkeit, den Rückforderungsanspruch der Versorgungsbehörde in entsprechender Weise zu beschränken und für einen Zeitraum, der über vier Jahre zurückliegt, wegen unzulässiger Rechtsausübung zu verneinen. Hierbei ist wegen der damit beabsichtigten Gleichstellung der Beteiligten zu berücksichtigen, daß die Verjährung des Versorgungsanspruchs in entsprechender Anwendung des § 197 BGB nach § 201 BGB erst mit dem Schluß des Jahres beginnt, in welchem der nach den §§ 198 bis 209 BGB maßgebende Zeitpunkt eintritt. Im umgekehrten Falle kann also entsprechend beim Rückforderungsanspruch der Versorgungsbehörde bei der Berechnung der Frist von 4 Jahren das Jahr nicht berücksichtigt werden, in dem der Rückforderungsbescheid nach § 47 VerwVG ergangen ist (vgl. BSG Urt. v. 25.8.66 - 9 RV 544 § 65 -). Ob die Verwirkung von Rückforderungsansprüchen unter besonderen Umständen auch in kürzeren Zeiträumen eingetreten sein kann (vgl. BSG - Urt. v. 6.12.66 - 9 RV 568/64 und v. 21.3.67 - 9 RV 392/64), bedarf hier keiner Erörterung. Jedenfalls ist regelmäßig das Recht auf Rückforderung zu Unrecht gezahlter Versorgungsbezüge dann verwirkt, wenn die Versorgungsbehörde in einem Zeitraum untätig gewesen ist, der mehr als 4 Jahre seit Beginn des Jahres zurückliegt, in dem der Rückforderungsbescheid ergangen ist, so daß der Versorgungsberechtigte nach Treu und Glauben annehmen konnte, die Versorgungsbehörde werde einen Rückforderungsanspruch nicht mehr geltend machen. Bei Anwendung dieser Grundsätze stellt es im vorliegenden Fall eine unzulässige Rechtsausübung dar, wenn der Beklagte im Jahre 1961 mit seinem Rückforderungsbescheid vom 25. Mai 1961 erstmals den Erstattungsanspruch gegenüber R. wegen einer Forderung geltend gemacht hat, die er bereits mit Bescheid vom 17. Juni 1953 als überzahlt errechnet hatte. Dieser Bescheid selbst stellte noch keine Geltendmachung einer Rückforderung dar, wie das LSG zutreffend erkannt hat. In dem Umanerkennungsbescheid vom 17. Juni 1953 hatte die Versorgungsbehörde nur die Rente nach dem BVG umgestellt und eine Rentenüberzahlung in Höhe von DM 907,95 festgestellt. Die Rückerstattung dieses Betrages war nicht gefordert, sondern hierzu gesagt worden: "Wegen der Rückforderung erhalten Sie nach nochmaliger Prüfung Ihrer Einkommens- und Wirtschaftsverhältnisse später gesondert Bescheid". Damit hatte die Versorgungsbehörde zu erkennen gegeben, daß sie eine Rückforderung noch nicht geltend machen, sondern sich dies vorbehalten wolle. Wenn sie - ohne hinsichtlich der vorbehaltenen Rückforderung Erklärungen abzugeben oder Handlungen vorzunehmen - dann erst nach etwa acht Jahren von ihrem Recht, die überzahlten Beträge zurückfordern, Gebrauch gemacht hat, so stellt dies im vorliegenden Fall eine unzulässige Rechtsausübung dar, ihr Anspruch war bereits verwirkt. Der Versorgungsberechtigte R. konnte annehmen, daß die Versorgungsbehörde nach so langer Zeit die überzahlten Rentenbeträge nicht mehr zurückfordern werde. Der gegenteiligen Auffassung des LSG, der Anspruch sei nicht verwirkt gewesen, kann nicht gefolgt werden. Diese Ansicht läßt sich nicht mit dem Hinweis rechtfertigen, die Versorgungsbehörde hätte erst nach Abschluß des gerichtlichen Verfahrens über die Rechtmäßigkeit des Umanerkennungsbescheides vom 17. Juni 1953 den Rückforderungsanspruch geltend machen können, auch hätte der Kläger noch in diesem gerichtlichen Verfahren durch eine Klageerweiterung "etwa für den Zeitraum vom 1. Oktober 1950 bis 1. März 1953 auch Rente nach einem höheren Grade der MdE als um 60 v. H. und auch die Ausgleichsrente zu fordern" können, so daß von dem Ausgang dieses Verfahrens der Rückforderungsanspruch dem Grunde und der Höhe nach abhängig gewesen sei. Durch das erwähnte Verfahren war die Versorgungsbehörde jedoch nicht gehindert, ihren Rückforderungsanspruch geltend zu machen. In jedem Verfahren hatte R. den Umanerkennungsbescheid vom 17. Juni 1953 nur insoweit angefochten, als ihm ein Rentenanspruch für die Zeit nach dem 1. April 1953 von der Versorgungsbehörde versagt worden war. Das LSG hat daher in jenem Verfahren nur über die Gewährung einer Rente für die Zeit vom 1. April 1953 an entscheiden dürfen und hat tatsächlich auch nur in dem rechtskräftig gewordenen Urteil vom 2. März 1961 insoweit entschieden. Der Umanerkennungsbescheid vom 17. Juni 1953 war hinsichtlich der errechneten Rentenüberzahlung in Höhe von 907,95 DM nach Ablauf von 1 Monat bereits deshalb verbindlich geworden, weil R. sowohl seinen Widerspruch als auch seine Klage nur auf die Gewährung von Rente vom 1. April 1953 an beschränkt und die Höhe der Überzahlung nicht angefochten hatte, so daß insoweit eine Klageerweiterung in dem früheren Verfahren überhaupt nicht zulässig gewesen wäre. Selbst wenn die Versorgungsbehörde der Auffassung gewesen sein sollte, der Kläger könne im Wege der Klageerweiterung den Bescheid vom 17. Juni 1953 auch insoweit anfechten, als darin eine Überzahlung von 907,95 DM festgestellt ist, so war auch bei dieser Auffassung die Versorgungsbehörde gehalten, in einem angemessenen Zeitraum vor Ablauf von vier Jahren nach Erlaß des Umanerkennungsbescheides entweder einen Bescheid über die Rückforderung zu erlassen oder sonst Handlungen vorzunehmen, aus denen R. entnehmen mußte, daß er mit der Geltendmachung der Rückforderung rechnen müsse. Das Wesensmerkmal der Verwirkung liegt ua in der Erweckung der Vorstellung beim Schuldner, daß eine Forderung gegen ihn nicht geltend gemacht werde; diese Vorstellung wurde aber nicht dadurch zerstört und der Eintritt der Verwirkung verhindert, daß die Versorgungsbehörde eine Ansicht vertrat, die sie dem Kläger nicht mitteilte und zu deren Entstehung der Kläger auch nicht beigetragen hatte, da er niemals in jenem Verfahren die Feststellung der Überzahlung in seinen Prozeßanträgen in Frage gestellt hat. Mit dem Abschluß des früheren gerichtlichen Verfahrens wurde nur die Einziehung der Überzahlung erleichtert. Eine derartige Erleichterung der Einziehung zu Unrecht gezahlter Rentenbeträge, d. h. die Erleichterung der Befriedigung eines geltend zu machenden Rückforderungsanspruches stellt aber keinen ausreichenden Grund dar, um fast acht Jahre die Entscheidung darüber hinauszuschieben, ob die im Bescheid vom 17. Juni 1953 berechneten überzahlten Rentenbeträge von dem Berechtigten zurückgefordert werden sollen. Die Frage, ob und in welchem Umfange ein Gläubiger die Befriedigung seiner Forderung durch Zahlung des Schuldners, durch Aufrechnung oder durch eine Zwangsvollstreckung erreichen kann, berührt ebensowenig wie den Ablauf von Verjährungsfristen auch nicht den Ablauf anderer Fristen, die - wie hier bei der Verwirkung trotz Bestehens der Forderung - deren Geltendmachung später ausschließen. Der Ablauf solcher Fristen tritt unabhängig davon ein, welche Motive oder andere Erwägungen den Gläubiger bewogen haben, seine Forderung nicht innerhalb einer solchen Frist so geltend zu machen, daß er vor Rechtsverlusten bewahrt wird. Was für den privaten Gläubiger gilt, muß insoweit auch für den Gläubiger einer öffentlich-rechtlichen Forderung gelten. Die Versorgungsbehörde wußte mit der Neuberechnung der Rente nach dem BVG im Umanerkennungsbescheid vom 17. Juni 1953, daß ein Rentenbetrag von 907,95 DM an R. überzahlt worden war. Irgendwelche Hindernisse, die der Geltendmachung der Rückforderung dieses überzahlten Rentenbetrages entgegenstanden, waren aber für die Versorgungsbehörde nicht vorhanden. Die Umstände des vorliegenden Falles rechtfertigen es daher, den Zeitablauf von fast acht Jahren zwischen der Feststellung der Überzahlung im Bescheid vom 17. Juni 1953 und der Geltendmachung der Rückforderung im Bescheid vom 25. Mai 1961 als so erheblich anzusehen, daß R. mit einer Geltendmachung der Rückforderung nicht mehr zu rechnen brauchte und sich die Geltendmachung durch die Versorgungsbehörde als eine unzulässige Rechtsausübung im Sinne der oben zitierten Rechtsprechung des BSG darstellt. Der Anspruch auf Rückerstattung der festgestellten Überzahlung war also bei Erlaß des angefochtenen Rückforderungsbescheides vom 25. Mai 1961 verwirkt, so daß der Beklagte die in der Zeit vom 1. Oktober 1950 bis 30. Juni 1953 an R. überzahlte Rente in Höhe von 907,95 DM nicht mehr zurückfordern darf und der angefochtene Bescheid rechtswidrig ist.
Das angefochtene Urteil des LSG war daher aufzuheben. Da das SG in seinem Urteil vom 23. April 1964 den Rückforderungsbescheid vom 25. Mai 1961 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. Dezember 1961 im Ergebnis zutreffend als rechtswidrig angesehen und diesen Bescheid aufgehoben hat, war die Berufung des Beklagten gegen dieses Urteil als unbegründet zurückzuweisen. Der Beklagte wird nunmehr den bereits einbehaltenen Betrag von DM 907,95 an den Kläger auszuzahlen haben.
Die Kostenentscheidung ergeht gemäß § 193 Abs. 1 SGG.
Fundstellen