Orientierungssatz

Zum Begriff "probeweise Beschäftigung" in RVO § 1403 Abs 1 Buchst d bb.

Die Bescheinigung, die der Arbeitgeber gemäß RVO § 1403 Abs 4 ausstellt, enthält keine rechtliche Regelung, sondern stellt eine Beweisurkunde dar; sie ist kein Verwaltungsakt, sondern bloßes Beweismittel, das einen Gegenbeweis nicht ausschließt.

 

Normenkette

RVO § 1403 Abs. 4 Fassung: 1957-02-23; AVG § 125 Abs. 4 Fassung: 1957-02-23, Abs. 1 Buchst. d DBuchst bb Fassung: 1957-05-08; RVO § 1403 Abs. 1 Buchst. d DBuchst bb Fassung: 1957-05-08

 

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 11. Februar 1969 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat dem Beigeladenen die außergerichtlichen Kosten des Revisionsverfahrens zu erstatten.

Im übrigen sind außergerichtliche Kosten nicht zu erstatten.

 

Gründe

I

Die Beteiligten streiten über die Rückzahlung von Nachversicherungsbeiträgen, die die Klägerin für den Beigeladenen entrichtet hat.

Der Beigeladene war bei der Klägerin vom 15. April 1952 an als Beamter, zuletzt als Postassistent beschäftigt. Er schied am 30. November 1961 ohne Anspruch auf Gewährung einer beamtenrechtlichen Versorgung aus und nahm am 1. Dezember 1961 bei der Landesversicherungsanstalt (LVA) Württemberg eine versicherungspflichtige Tätigkeit als Büroangestellter auf. Nach einer Angestelltendienstzeit von fünf Jahren sollte er zu einer Übergangsprüfung für die Laufbahn des gehobenen Dienstes zugelassen werden. Nachdem das am 1. September 1962 in Kraft getretene Landesbeamtengesetz (GBl BadWürtt 1962 S. 89) eine solche Möglichkeit nicht mehr vorsah, entschloß er sich, zunächst wieder die Laufbahn des mittleren Dienstes einzuschlagen, um später als Aufstiegsbeamter für die Laufbahn des gehobenen Dienstes zugelassen zu werden. Am 7. Januar 1963 wurde er zum Beamten auf Widerruf, am 29. Mai 1963 zum Verwaltungsassistenten z. A. ernannt.

Die Klägerin übersandte der Beklagten am 14. Februar 1963 eine Bescheinigung über die Nachversicherung gemäß § 9 des Angestelltenversicherungsgesetzes (AVG) und zahlte am 20. Februar 1963 Beiträge in Höhe von 5.370,72 DM nach, ohne zu wissen, daß der Beigeladene seit dem 7. Januar 1963 wieder Beamter war. Die Beklagte erteilte dem Beigeladenen und der Klägerin am 12. März 1963 eine Bescheinigung gemäß § 124 Abs. 6 Satz 2 AVG über die Nachversicherung.

Die Klägerin forderte im Februar 1964 die entrichteten Beiträge von der Beklagten zurück; sie berief sich später darauf, nach der Verfügung des Bundesministers für das Post- und Fernmeldewesen vom 18. Oktober 1965 sei die Nachversicherung für den Beigeladenen aufzuschieben.

Die Beklagte lehnte die Rückzahlung mit Bescheid vom 25. Januar 1966 und mit Widerspruchsbescheid vom 23. Juni 1966 ab, weil die nachträgliche Geltendmachung von Aufschubgründen der Wirksamkeit der entrichteten Beiträge nicht entgegenstehe.

Das Sozialgericht (SG) Stuttgart hat mit Urteil vom 27. November 1967 die Klage im wesentlichen mit der Begründung abgewiesen, beim Ausscheiden des Beigeladenen aus der versicherungsfreien Beschäftigung seien keine Aufschubgründe geltend gemacht worden und außerdem könnten bereits entrichtete Nachversicherungsbeiträge nicht zurückgefordert werden.

Das Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg hat mit Urteil vom 11. Februar 1969 die Berufung der Klägerin - unter Zulassung der Revision - zurückgewiesen. Es hat die Auffassung vertreten, die Klägerin habe die Beiträge zu Recht entrichtet, weil beim unversorgten Ausscheiden des Beigeladenen aus der versicherungsfreien Beschäftigung die Nachentrichtung von Beiträgen gemäß § 125 AVG nicht aufgeschoben gewesen sei. § 125 Abs. 1 Buchst. d bb AVG setze voraus, daß die "probeweise Beschäftigung" nach dem Willen der Vertragschließenden innerhalb von zwei Jahren wieder in eine versicherungsfreie Beschäftigung übergehen solle. Hier aber habe der Beigeladene fünf Jahre als Angestellter arbeiten sollen. Der Aufschubgrund nach § 125 Abs. 1 Buchst. d aa AVG bleibe schon deshalb außer Betracht, weil der erneute Übertritt in eine versicherungsfreie Beschäftigung nicht längstens ein Jahr nach dem Ausscheiden erfolgt sei. Die Aufschubbescheinigung gemäß § 125 Abs. 4 AVG vom 15. Mai 1968 diene lediglich Beweiszwecken, enthalte aber keine rechtliche Regelung. Vor erfolgter Beitragsentrichtung könne zwar eine Aufschubentscheidung der zuständigen Stelle gemäß § 125 Abs. 3 AVG getroffen werden. Die Verfügung des Bundesministers für das Post- und Fernmeldewesen vom 18. Oktober 1965 enthalte jedoch keine an die Beklagte gerichtete Entscheidung in diesem Sinne.

Gegen das Urteil hat die Klägerin Revision eingelegt, mit der sie sich vor allem gegen die Auffassung des Berufungsgerichts wendet, ein Aufschubgrund nach § 125 Abs. 1 Buchst. d bb AVG liege nicht vor. Die Revision meint, das Merkmal "probeweise Beschäftigung" bestimme sich nach dem tatsächlichen Verlauf des neuen Beschäftigungsverhältnisses. Der Beigeladene sei nach seinem Ausscheiden aus der versicherungsfreien Beschäftigung unmittelbar in ein probeweises Beschäftigungsverhältnis übergetreten, wobei die Probezeit nach seinem Arbeitsvertrag sechs Monate betragen habe. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts stelle auch die Verfügung des Bundesministers für das Post- und Fernmeldewesen vom 18. Oktober 1965 eine Aufschubentscheidung nach § 125 Abs. 3 AVG dar.

Die Klägerin beantragt,

die Urteile des LSG Baden-Württemberg vom 11. Februar 1969 und des SG Stuttgart vom 27. November 1967 sowie den Bescheid der Beklagten vom 25. Januar 1966 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. Juni 1966 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die für den Beigeladenen entrichteten Nachversicherungsbeiträge in Höhe von 5370,72 DM zurückzuzahlen.

Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen. Sie ist der Ansicht, die Aufschubentscheidung nach § 125 Abs. 3 AVG gebe dem Arbeitgeber lediglich eine leistungshindernde Einrede. Diese Entscheidung sei - anders als die nur Beweiszwecken dienende Aufschubbescheinigung nach § 125 Abs. 4 Satz 1 AVG - ein Verwaltungsakt, der erst durch Bekanntgabe an die Betroffenen existent werde. Die Verfügung des Bundesministers für das Post- und Fernmeldewesen vom 18. Oktober 1965 erfülle diese Voraussetzung nicht. Außerdem könne nach Eintritt der Bindungswirkung der Bescheinigung des Versicherungsträgers gemäß § 124 Abs. 6 Satz 2 AVG, die als ein die Nachversicherungspflicht abschließend regelnder Verwaltungsakt anzusehen sei, ein Aufschub mit Rückwirkung nicht mehr geltend gemacht werden.

Der Beigeladenen ist im Revisionsverfahren nicht vertreten.

Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung erklärt.

II

Die Revision der Klägerin ist nicht begründet.

Der Klägerin steht ein Rückforderungsanspruch nach § 146 Abs. 1 AVG nicht zu, weil sie die Nachversicherungsbeiträge zu Recht entrichtet hat. Die Nachentrichtung der Beiträge war nicht aufgeschoben, da es - wie das LSG zutreffend ausgeführt hat - an einem Aufschubgrund i. S. des § 125 Abs. 1 AVG fehlt.

Mit der vom LSG vertretenen Auffassung ist davon auszugehen, daß für die Beurteilung, ob der Übertritt zu einer "probeweisen Beschäftigung" i. S. des § 125 Abs. 1 Buchst. d bb AVG vorliegt. der Wille der Vertragsschließenden im Zeitpunkt der Begründung des neuen Beschäftigungsverhältnisses entscheidend ist. Die Bestimmung bezieht sich nur auf solche Fälle, in denen mit dem Ausscheiden aus einer versicherungsfreien Beschäftigung unmittelbar zu einer probeweisen Beschäftigung übergetreten wird, von der erwartet wird, daß sie in absehbarer Zeit, nämlich spätestens zwei Jahre nach dem Ausscheiden in eine versicherungsfreie Beschäftigung übergeht (vgl. Hanow-Lehmann-Bogs, RVO, 4. Buch, Rentenversicherung der Arbeiter, § 1403 Rdnr. 16; Elsholz-Theile, Die gesetzliche Rentenversicherung, Syn Komm Nr. 126 Anm. 5 d; Kommentar zur Reichsversicherungsordnung, herausgegeben vom Verband Deutscher Rentenversicherungsträger VerbKomm. 6. Aufl. Anm. 8 zu § 1403/§ 125 AVG). Zwar ergibt sich das Merkmal des "erwarteten" Übergangs in die versicherungsfreie Beschäftigung nicht unmittelbar aus dem Wortlaut der Vorschrift, worauf auch die Revision hinweist. Zur Auslegung des Begriffes "probeweise Beschäftigung" im Sinne des Gesetzes und zur Bestimmung der sie näher kennzeichnenden Tatbestandsmerkmale darf die in Buchst. bb getroffene Regelung aber nicht für sich allein betrachtet werden, sondern es muß der Zusammenhang berücksichtigt werden, in den sie mit der in Buchst. d aa des § 125 Abs. 1 AVG vorgesehenen Vorschrift gestellt ist. Die Regelung in Buchst. aa ist hinsichtlich der zeitlichen Begrenzung die engere.

Nach ihr tritt der Aufschub ein, wenn die aus der versicherungsfreien Beschäftigung ausscheidende Person nicht unmittelbar, aber spätestens ein Jahr nach dem Ausscheiden in eine andere in der Rentenversicherung versicherungsfreie Beschäftigung eintritt. Demgegenüber bestimmt Buchst. bb den Aufschub für den Fall, daß der aus der versicherungsfreien Beschäftigung Ausscheidende zu einer probeweisen Beschäftigung übertritt, die spätestens zwei Jahre nach dem Ausscheiden in eine in der Rentenversicherung versicherungsfreie Beschäftigung übergeht. Die Gegenüberstellung der beiden Regelungen zeigt, daß unter dem Begriff "probeweise Beschäftigung" nicht schon jede Beschäftigung verstanden werden kann, die innerhalb der Zweijahresfrist in eine versicherungsfreie Beschäftigung übergeht. Andernfalls wäre die Regelung unter Buchst. aa nicht verständlich und sogar überflüssig. Die Fälle, die sie erfaßt, würden dann zugleich auch unter die Vorschrift des Buchst. bb fallen. Deshalb kann die Regelung in § 125 Abs. 1 Buchst. d bb AVG sich nur auf eine solche Beschäftigung beziehen, die zum einen bereits von vornherein ausgerichtet ist auf die Übernahme in das versicherungsfreie Beschäftigungsverhältnis (in der Regel in das Beamtenverhältnis), auf eine solche probeweise Beschäftigung also, mit der sich die Bewährung des Beschäftigten für die Übernahme in das versicherungsfreie Beschäftigungsverhältnis erweisen soll; zum anderen darf diese probeweise Beschäftigung auch nur für eine absehbare Zeit, nämlich längstens für einen solchen Zeitraum geplant sein, mit dem die Zweijahresfrist seit dem Ausscheiden aus der früheren versicherungsfreien Beschäftigung nicht überschritten wird. Diese zeitliche Beschränkung rechtfertigt sich aus dem Charakter der probeweisen Beschäftigung als einer bloßen Übergangszeit.

Der Beigeladene ist zwar innerhalb der Zweijahresfrist in ein in der Rentenversicherung versicherungsfreies Beschäftigungsverhältnis nämlich in das Beamtenverhältnis übernommen worden. Die Übernahme ist aber nicht aus einer "probeweisen Beschäftigung" im Sinne des Gesetzes erfolgt. Daß der Beigeladene - wie die Klägerin vorträgt - nach seinem Arbeitsvertrag mit der LVA zunächst eine sechsmonatige Probezeit abzuleisten hatte, genügt nicht. Denn diese Probezeit sollte der Bewährung für die beabsichtigte Beschäftigung des Beigeladenen als Angestellter für die Zeit von fünf Jahren dienen. Sie war aber nicht von vornherein darauf ausgerichtet und dazu bestimmt, eine Bewährung für die später erfolgte Übernahme in das Beamtenverhältnis zu sein. Zwar sollte der Beigeladene nach einer fünfjährigen Angestelltendienstzeit bei der LVA - entsprechend dem damals geltenden Landesbeamtengesetz - zu einer Übergangsprüfung in die Laufbahn des gehobenen Dienstes zugelassen werden. Diese geplante fünfjährige Angestelltenzeit kann aber schon deshalb nicht als eine "probeweise Beschäftigung" und als eine Zeit der beruflichen Bewährung im Hinblick auf eine beabsichtigte Übernahme in das Beamtenverhältnis angesehen werden, weil der Zweijahreszeitraum weit überschritten wäre.

Eine etwa mit Inkrafttreten des Landesbeamtengesetzes am 1. September 1962 begonnene Probezeit kann im Rahmen des § 125 Abs. 1 Buchst. d bb AVG nicht berücksichtigt werden, weil in diesem Falle die Voraussetzung nicht erfüllt ist, daß der Beschäftigte beim Ausscheiden aus der versicherungsfreien Beschäftigung unmittelbar zu dieser probeweisen Beschäftigung übergetreten ist; die Tatbestandsmerkmale der Vorschrift des § 125 Abs. 1 Buchst. d aa AVG sind nicht erfüllt, weil der Ausgeschiedene nicht spätestens ein Jahr nach dem Ausscheiden in eine andere in der Rentenversicherung versicherungsfreie Beschäftigung übergetreten ist.

In dem gegenwärtigen Rechtsstreit braucht damit nicht entschieden zu werden, ob die Verfügung des Bundesministers für das Post- und Fernmeldewesen vom 18. Oktober 1965, von der die Klägerin der Beklagten mit Schreiben vom 27. Oktober 1965 Mitteilung gemacht hat, als eine Entscheidung im Sinne des § 125 Abs. 3 AVG anzusehen ist, daß die Entrichtung von Beiträgen aufgeschoben wird (Aufschubentscheidung). Auch bedarf es keiner abschließenden Stellungnahme zu der Frage, ob eine Aufschubentscheidung im Sinne des § 125 Abs. 3 AVG in der "Bescheinigung" der Oberpostdirektion Stuttgart vom 15. Mai 1968 zu erblicken ist und ob die Aufschubentscheidung wirksam auch nachträglich getroffen werden kann, also nach dem unversorgten Ausscheiden des Beamten aus der versicherungsfreien Beschäftigung und nachdem die Nachversicherungsbeiträge bereits entrichtet worden sind. Der Senat hat in seinem Urteil vom 17. November 1970 - 1 RA 163/69 - entschieden, daß der Aufschub der Nachentrichtung von Beiträgen gemäß § 125 AVG kraft Gesetzes eintritt und einmal voraussetzt, daß beim unversorgten Ausscheiden des Beamten ein Aufschubgrund im Sinne des § 125 Abs. 1 AVG vorliegt und zum anderen, daß die nach § 6 Abs. 2 AVG zuständige Stelle gemäß § 125 Abs. 3 AVG entschieden hat, daß beim Vorliegen des in Frage stehenden Aufschubgrundes die Entrichtung der Beiträge aufgeschoben wird. Hier fehlt es bereits daran, daß beim Ausscheiden des Beigeladenen aus der versicherungsfreien Beschäftigung bei der Klägerin ein Aufschubgrund im Sinne des § 125 Abs. 1 AVG vorgelegen hat. Hieran ändert die von einer anderen Voraussetzung ausgehende "Bescheinigung" der Oberpostdirektion Stuttgart vom 15. Mai 1968 nichts.

Der Senat hat in dem angeführten Urteil dargelegt, daß es sich bei den Aufschubentscheidungen nach § 125 Abs. 3 AVG für das Versicherungsrecht nur um eine von der nach § 6 Abs. 2 zuständigen Stelle zu beurteilenden auf dem Gebiet des Verwaltungs- oder Arbeitsrechts liegende Vorfrage handelt, mit der, wie dies auch für die Gewährleistungsentscheidungen gemäß § 6 Abs. 2 AVG der Fall ist, nur für den jeweiligen Bereich der öffentlichen Verwaltung eine Regelung getroffen wird, hier also ob Nachversicherungsbeiträge für einen ohne beamtenrechtliche Versorgung ausscheidenden Beamten beim Vorliegen eines Aufschubgrundes im Sinne des § 125 Abs. 1 AVG gezahlt werden sollen oder nicht. Mit dieser Aufschubentscheidung wird aber nicht im Sinne des Rentenrechts darüber entschieden, ob im Einzelfall für den ausgeschiedenen Beamten der Aufschub der Nachentrichtung von Beiträgen gemäß § 125 AVG eingetreten ist. Sie ist vielmehr neben dem Aufschubgrund im Sinne des § 125 Abs. 1 AVG nur eine materielle Voraussetzung dafür, ob im Sinne der Rentenversicherung die Nachentrichtung von Beiträgen aufgeschoben ist. Ob die materiell-rechtlichen Voraussetzungen hierfür vorliegen, entscheidet der Träger der Rentenversicherung ggf. durch rechtsmittelfähigen Bescheid (vgl. hierzu BSG 11, 278 ff).

Die Bescheinigung, die der Arbeitgeber gemäß § 125 Abs. 4 AVG ausstellt, enthält keine rechtliche Regelung, sondern stellt eine Beweisurkunde dar; sie ist kein Verwaltungsakt sondern bloßes Beweismittel, das einen Gegenbeweis nicht ausschließt (vgl. Verb. Komm. a. a. O. § 1403/§ 125 AVG Anm. 12). Sie ist dazu bestimmt, die in ihr festgestellten Tatsachen über die Nachversicherungszeiten und den gewährten Entgelt für den Fall zu bezeugen, daß zu einem späteren Zeitpunkt Nachversicherungsbeiträge zu entrichten sind. Diese Bescheinigung setzt voraus, wie sich auch aus dem Wortlaut ergibt, daß die Entrichtung der Beiträge bereits aufgeschoben ist. Sie enthält deshalb weder selbst eine Entscheidung über den Aufschub der Entrichtung von Beiträgen im Sinne des § 125 Abs. 3 AVG noch macht sie von einer solchen Entscheidung Mitteilung. Im Interesse der Klarheit sollte die in § 125 Abs. 4 AVG als reine Beweisurkunde vorgesehene Bescheinigung auch nicht mit derartigen sachlichen Entscheidungen oder mit Mitteilungen über solche Entscheidungen verbunden werden (vgl. hierzu Hanow-Lehmann-Bogs a. a. O. § 1403 Rdnr. 20, wo dies vorgeschlagen wird).

Auch darauf, ob die gemäß § 124 Abs. 6 Satz 2 AVG von der Beklagten ausgestellte Aufrechnungsbescheinigung vom 12. März 1963 ein Verwaltungsakt ist, mit dem sie über die Pflicht der Klägerin zur Nachentrichtung der streitigen Beiträge gemäß § 9 in Verbindung mit §§ 124, 125 AVG im Sinne des § 77 SGG in der Sache für die Klägerin bindend entschieden hat - was der Senat in seinem Urteil vom 17. November 1970 - 1 RA 91/69 - in einem gleichgelagerten Fall abgelehnt hat - kommt es für den vorliegenden Rechtsstreit nicht mehr an. Ebenso ist nicht entscheidend, ob der Arbeitgeber Beiträge, die er in der irrtümlichen Annahme seiner Pflicht zur Nachentrichtung der Beiträge gezahlt hat, nach § 146 AVG als zu Unrecht entrichtet zurückfordern kann, weil ein entsprechender Sachverhalt hier nicht vorliegt. Der Senat hat diese Frage in seinem Urteil vom 17. November 1970 - 1 RA 163/69 - bejaht.

Die Revision kann aus diesen Gründen keinen Erfolg haben.

Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 193 SGG.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1670335

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