Leitsatz (amtlich)

Die Anrechnung des Wehrdienstes als Ersatzzeit wird durch das Recht auf Nachversicherung nach § 99 Abs 1 S 1 AKG nur bei einem Ausscheiden aus dem Wehrdienst "vor dem 8. Mai 1945" ausgeschlossen. Die Vorschrift kann nicht entgegen ihrem Wortlaut auf freiwillig Längerdienende angewandt werden, die noch am 8. Mai 1945 Wehrdienst geleistet haben.

 

Normenkette

RVO § 1251 Abs. 1 Nr. 1, § 1260c Abs. 2 Fassung: 1985-06-05; AKG § 99 Abs. 1; G131 § 72 Abs. 1; FANG Art. 6 § 18

 

Verfahrensgang

LSG Niedersachsen (Entscheidung vom 29.10.1986; Aktenzeichen L 2 J 189/85)

SG Hildesheim (Entscheidung vom 03.04.1985; Aktenzeichen S 5 J 163/84)

 

Tatbestand

Streitig ist zwischen den Beteiligten, ob dem im Jahre 1921 geborenen Kläger die Zeit vom 17. August 1943 bis zum 8. Mai 1945, in der er als freiwillig Längerdienender Wehrdienst geleistet hat, als Ersatzzeit nach § 1251 Abs 1 Nr 1 der Reichsversicherungsordnung (RVO) anzurechnen ist.

Mit Bescheid vom 8. Juni 1984 gewährte die Beklagte dem Kläger flexibles Altersruhegeld gemäß § 1248 Abs 1 RVO. In der Berechnung dieser Rente war die Zeit vom 17. August 1941 bis zum 8. Mai 1945, in der der Kläger insgesamt Wehrdienst geleistet hat, nicht enthalten.

Dagegen hat der Kläger Klage erhoben, mit der er geltend gemacht hat, die Beklagte habe zu Unrecht sowohl die Zeit des gesetzlichen Wehrdienstes vom 17. August 1941 bis einschließlich 16. August 1943 als auch die anschließende als freiwillig Längerdienender nicht als Ersatzzeit berücksichtigt. Im Laufe des erstinstanzlichen Verfahrens stellte die Beklagte mit Bescheid vom 3. September 1984 das Altersruhegeld des Klägers neu fest und rechnete die Zeit vom 17. August 1941 bis zum 16. August 1943 als Ersatzzeit an. Wegen der übrigen streitigen Zeit könne der Kläger die Nachversicherung beantragen, so daß eine Berücksichtigung als Ersatzzeit nach § 1260c RVO nicht in Betracht komme.

Das Sozialgericht (SG) hat die Bescheide der Beklagten vom 8. Juni und 3. September 1984 abgeändert und die Beklagte verurteilt, Altersruhegeld unter Anrechnung eines Nachversicherungszeitraumes vom 17. August 1943 bis zum 8. Mai 1945 zu gewähren. Im übrigen hat es die Klage abgewiesen (Urteil vom 3. April 1985). Dieses Urteil haben sowohl der Kläger als auch die Beklagte mit der Berufung angefochten. Der Kläger hat seine hilfsweise auf Anrechnung der Nachversicherungszeit gerichtete Klage während des Berufungsverfahrens zurückgenommen und ausschließlich begehrt, die noch streitige Ersatzzeit bei der Rentenberechnung zu berücksichtigen. Die Beklagte hat ihre Berufung zurückgenommen.

Das Landessozialgericht (LSG) hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen (Urteil vom 29. Oktober 1986). Es hat ausgeführt, soweit das SG über die Anrechnung einer Nachversicherungszeit positiv entschieden habe, sei das Urteil durch Klagerücknahme gegenstandslos geworden. Eine Ersatzzeit ab 17. August 1943 könne nicht berücksichtigt werden; denn der Kläger erfülle die Voraussetzungen für eine Nachversicherung iS des § 1260c Abs 2 Satz 1 RVO. Als freiwillig Längerdienender wäre er nach § 1242b Abs 1 RVO aF nachzuversichern gewesen, wozu es durch den Zusammenbruch des Deutschen Reiches am 8. Mai 1945, nicht mehr kommen konnte. Der Kläger gelte aber nach § 99 Abs 1 Satz 1 des Gesetzes zur allgemeinen Regelung durch den Krieg und den Zusammenbruch des Deutschen Reiches entstandener Schäden (Allgemeines Kriegsfolgengesetz - AKG) vom 5. November 1957 (BGBl I 1747) als nachversichert. Zwar betreffe diese Vorschrift ihrem Wortlaut nach "vor" dem 8. Mai 1945 ausgeschiedene Angehörige des öffentlichen Dienstes. Es sei aber kein vernünftiger Grund dafür zu sehen, daß der Gesetzgeber jene Personen von der Vergünstigung einer Nachversicherung habe ausschließen wollen, deren Dienstverhältnis erst unmittelbar mit dem Zusammenbruch am 8. Mai 1945 beendet worden sei. Die Regelung des § 1260c RVO sei nicht verfassungswidrig. Sie könne allerdings dazu führen, daß freiwillig Längerdienende schlechter gestellt würden als sonstige Versicherte, die Kriegsdienst geleistet hätten. Darin liege aber kein Verstoß gegen Art 3 Abs 1 des Grundgesetzes (GG).

Der Kläger hat dieses Urteil mit der vom LSG zugelassenen Revision angefochten. Er rügt eine Verletzung des § 1260c RVO iVm § 99 AKG. Er habe weder als freiwillig Längerdienender Dienst geleistet, noch falle er unter die Vorschrift des § 99 AKG. Folglich habe er keinen Anspruch auf Nachversicherung, und die Beklagte sei verpflichtet, die streitige Zeit als Ersatzzeit zu berücksichtigen.

Der Kläger beantragt, das angefochtene Urteil, das Urteil des SG vom 3. April 1985 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung ihrer Bescheide vom 8. Juni und 3. September 1984 zu verurteilen, das Altersruhegeld unter zusätzlicher Anrechnung einer Ersatzzeit vom 17. August 1943 bis zum 8. Mai 1945 zu berechnen und zu bewilligen.

Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

 

Entscheidungsgründe

Die zulässige Revision des Klägers ist begründet. Die noch streitige Ersatzzeit vom 17. August 1943 bis zum 8. Mai 1945 ist eine anrechnungsfähige Versicherungszeit (§ 1250 Abs 1 Buchst b RVO).

Nach § 1251 Abs 1 Nr 1 RVO werden Zeiten des militärischen Dienstes, der ua während des Krieges geleistet worden ist, als Ersatzzeiten angerechnet. Diese Voraussetzungen sind beim Kläger erfüllt. Allerdings werden gemäß § 1260c Abs 2 RVO in der durch Art 2 Nr 4 des Rentenanpassungsgesetzes 1985 (RAG 1985) vom 5. Juni 1985 (BGBl I 913) geänderten Fassung (nF) Ersatzzeiten nicht berücksichtigt, soweit für dieselbe Zeit eine Nachversicherung nur wegen eines fehlenden Antrags nicht durchgeführt worden ist. In diesen Fällen ist der Versicherungsträger berechtigt, die Voraussetzungen für die Nachversicherung festzustellen. Diese Vorschrift ist - wie das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) bestätigt hat (vgl SozR 2200 § 1260c Nr 17) mit dem GG vereinbar. Zwar hat der Kläger einen Antrag auf Nachversicherung nicht gestellt. Diese ist aber nicht nur deswegen nicht durchzuführen, vielmehr sind auch sonstige Voraussetzungen dafür nicht erfüllt.

Zutreffend gehen die Beteiligten und die Vorinstanzen davon aus, daß eine Nachversicherung des Klägers nur nach § 99 AKG in Betracht kommen könnte. Hauptgruppe der danach nachversicherungspflichtigen Personen sind freiwillig Längerdienende der früheren Wehrmacht, die in einem nichtversicherungspflichtigen Dienstverhältnis zum Deutschen Reich gestanden haben und unversorgt ausgeschieden sind (vgl Nachversicherung, herausgegeben von der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte - BfA - 1985, Seite 80; Brosche, Kommentar zum Gesetz zu Art 131 GG, 3. Aufl, §§ 72 - 72b, Anm 46 zu § 99 AKG, Seite 574). Das LSG hat die Voraussetzungen des § 99 AKG im Falle des Klägers als erfüllt angesehen. Ob er sich nach damals geltendem Recht mit Wirkung vom 17. August 1943 an als freiwillig Längerdienender verpflichten konnte, was die Revision anzweifelt, kann hier unentschieden bleiben. Auch wenn insoweit der Revision nicht zu folgen ist, sind die Voraussetzungen dieser Vorschrift nicht erfüllt.

Von § 99 Abs 1 Satz 1 AKG werden Personen erfaßt, die vor dem 8. Mai 1945 aus dem öffentlichen Dienst ausgeschieden sind. Dazu gehört der Kläger nicht; denn er hat noch am 8. Mai 1945 Wehrdienst geleistet, der erst mit dem Zusammenbruch des Deutschen Reiches an jenem Tage endete. Die Zeit der Verpflichtung als freiwillig Längerdienender war beim Kläger auch nicht vor dem genannten Tag abgelaufen.

Die Vorschriften, in denen die Nachversicherung ehemaliger Berufssoldaten der früheren Wehrmacht geregelt ist, enthalten unterschiedliche Stichtage. Während der Gesetzgeber in § 99 AKG es auf das Ausscheiden vor dem 8. Mai 1945 abgestellt hat, fallen unter § 72 Abs 1 Satz 1 des Gesetzes zur Regelung der Rechtsverhältnisse der unter Art 131 des Grundgesetzes fallenden Personen (G 131) idF der Neubekanntmachung vom 13. Oktober 1965 (BGBl I 1686) Personen, die vor Ablauf des 8. Mai 1945 wegen ihrer Beschäftigung im öffentlichen Dienst versicherungsfrei waren oder der Versicherungspflicht nicht unterlagen. Schließlich sind nach Art 6 § 18 Abs 1 des Fremdrenten- und Auslandsrenten-Neuregelungsgesetzes (FANG) vom 25. Februar 1960 (BGBl I 93) diejenigen nachzuversichern, die vor dem 9. Mai 1945 aus dem deutschen öffentlichen Dienst ausgeschieden und von anderen Rechtsträgern außerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzes als dem Deutschen Reich und den ausdrücklich genannten anderen Rechtsträgern nachzuversichern waren und nicht nachversichert worden sind.

Nach Meinung von Brosche (aaO Anm 48 S 575 und Anm 60 zu Art 6 § 18 FANG S 581) hat der Gesetzgeber in § 99 AKG keinesfalls die Personen ausschließen wollen, die am 8. Mai 1945 eine versicherungspflichtige Beschäftigung ausgeübt haben, jedoch vor diesem Zeitpunkt für eine versicherungsfreie Beschäftigung nachzuversichern waren. Durch die Formulierung "vor dem 8. Mai 1945" habe vermieden werden sollen, daß sich die Nachversicherungsvorschriften des AKG mit § 72 G 131 überschnitten. Wegen des zweitrangigen Charakters des § 99 AKG habe man diesen Gesichtspunkt bei der Gestaltung der Parallelvorschrift des Art 6 § 18 FANG fallen gelassen und die vor dem 9. Mai 1945 ausgeschiedenen Angehörigen des öffentlichen Dienstes angesprochen. Dieser Maßstab werde auch bei § 99 AKG anzuwenden sein. In ähnlicher Weise hat sich der Bundesminister der Finanzen (BMF) geäußert (Erlaß vom 29. Oktober 1960 - VI A/3 - 04013 B-55/60). Darauf und auf die Ansicht von Brosche (aaO) stützt sich das LSG, das zu der Auffassung gelangt ist, es sei kein vernünftiger Grund dafür vorhanden, daß der Gesetzgeber diejenigen Personen von der Nachversicherung nach § 99 AKG habe ausschließen wollen, die erst am 8. Mai 1945 aus ihrem Dienstverhältnis ausgeschieden seien. Auf diesem Standpunkt steht auch die BfA nach der von ihr herausgegebenen Darstellung der Nachversicherung (aaO S 80 f) und ihr zufolge teilen die Versorgungsdienststellen der Länder diesen Standpunkt zum überwiegenden Teil.

Der erkennende Senat vermag dem LSG nicht zu folgen. Will man ein Ausscheiden aus dem öffentlichen Dienst am 8. Mai 1945 in die Nachversicherungspflicht einbeziehen, so erfordert das eine erweiternde Auslegung des § 99 Abs 1 Satz 1 AKG gegen dessen eindeutigen Wortlaut. Eine solche Erweiterung würde eine planwidrige Unvollständigkeit des Gesetzes bei der Beschränkung auf die Zeit vor dem 8. Mai 1945 voraussetzen. In solchen Fällen hat die Rechtsprechung den Wortlaut des Gesetzes zu beachten und davon auszugehen, daß dieser den Willen des Gesetzgebers zutreffend zum Ausdruck bringt, sofern sich nicht aus der Entstehungsgeschichte, dem Zweck und dem Inhalt der Vorschrift konkrete Anhaltspunkte ergeben, die mit hinreichender Sicherheit den Schluß auf ein planwidriges Unterlassen des Gesetzgebers zulassen (so BSGE 43, 128, 129 mwN sowie das zur Veröffentlichung bestimmte Urteil des Senats vom 29. September 1987 - 5b RJ 32/86). Eine derartige Schlußfolgerung läßt sich weder aus der Entstehungsgeschichte des § 99 AKG noch aus dem systematischen Gesamtzusammenhang des Gesetzes oder aus dem Vergleich mit § 72 G 131 und Art 6 §§ 18 f FANG ziehen.

Der Senat hält die bisher zu dieser Frage ergangene verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung für zutreffend. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (VGH) hat mit Urteil vom 12. August 1981 (Az 3 B 81 A. 826) und ihm folgend das Verwaltungsgericht (VG) Hannover am 14. Mai 1987 (Az 2 Hi VG a 44/85 - nicht rechtskräftig) entschieden, es bestehe kein Anhaltspunkt dafür, daß der Wortlaut des § 99 Abs 1 Satz 1 AKG nicht dem vom Gesetzgeber beabsichtigten Zweck entspreche. Grundsätzlich ist von § 1 Abs 1 Nr 1 AKG auszugehen, wonach Ansprüche gegen das Deutsche Reich erlöschen, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt. Diese Erlöschensklausel ist die zentrale Bestimmung, mit der unter die Verpflichtungen des Deutschen Reiches ein Schlußstrich gezogen werden sollte. Ausnahmen davon gelten nach § 1 Abs 2 AKG für Ansprüche, die in früheren Gesetzen vorgesehen sind (vgl Feaux de la Croix, Die Kriegsfolgenschlußgesetzgebung, § 1 AKG Anm 6). Da das G 131 die Ansprüche der freiwillig Längerdienenden auf Nachversicherung nicht geregelt hat, fallen auch sie unter die Erlöschensklausel (Feaux de la Croix, aaO Anm 15).

Zu dem durch § 99 AKG begründeten Anspruch hat das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) entschieden (vgl Urteil vom 14. Juli 1965 in BVerwGE 21, 343, 350), die Vorschrift bezwecke einen Ausgleich für Verpflichtungen, die das Deutsche Reich oder die anderen in § 1 Abs 1 AKG genannten Rechtsträger gegenüber ihren früheren, vor dem 8. Mai 1945 ausgeschiedenen Angehörigen des öffentlichen Dienstes nicht mehr erfüllen könnten. In Übereinstimmung damit geht auch der erkennende Senat davon aus, daß nach dem eindeutigen Wortlaut des § 99 Abs 1 Satz 1 AKG nur die fiktive Nachversicherung der vor Beginn des genannten Stichtages Ausgeschiedenen vorgesehen ist. Es muß sich also um eine Verpflichtung des Deutschen Reiches handeln, die zu diesem Zeitpunkt bereits bestanden hatte, zB aber aufgeschoben war. Hingegen fallen unter diese Ausnahme von der Erlöschensklausel nicht Ansprüche, die sich erst aus dem Untergang des Deutschen Reiches und dem dadurch bedingten Ausscheiden aus dem öffentlichen Dienst ergaben.

In dieser Auffassung sieht sich der erkennende Senat durch die Begründung zum Entwurf des AKG bestätigt. Darin heißt es zu § 86, dem späteren § 99 AKG (BT-Drucks 2/1659 S 89 Nr 221), für die unter Art 131 fallenden Personen sei durch § 72 G 131 eine Regelung getroffen worden. Darüber hinaus lägen Fälle vor, in denen Personen vor dem 8. Mai 1945 aus dem versicherungsfreien Beschäftigungsverhältnis im öffentlichen Dienst ohne Versorgung ausgeschieden seien, für die Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung nicht nachentrichtet worden seien. Es erscheine notwendig, diesen Personen die Alters- oder Hinterbliebenenversorgung zu verschaffen, die sie ohne den Zusammenbruch gehabt hätten. Erkennbar ist also der Gesetzgeber davon ausgegangen, daß nur vor dem 8. Mai 1945 bereits bestehende Ansprüche auf Nachversicherung übernommen werden sollten.

Die Erläuterungen von Feaux de la Croix zu § 99 AKG (aaO Anm 1) sind mit Wortlaut, Zweck und Entstehungsgeschichte dieser Vorschrift nicht zu vereinbaren. Es heißt dort, § 72 G 131 erfasse nicht die vor dem 8. Mai 1945 aus einem versicherungsfreien Beschäftigungsverhältnis ausgeschiedenen Angehörigen des öffentlichen Dienstes, die nicht nachversichert worden seien. § 99 AKG schließe diese Lücke und stelle hinsichtlich der Alters- und Hinterbliebenenversorgung dieser Personen sicher, daß sie nicht schlechter gestellt würden, als sie es nach dem G 131 sein würden, wenn sie erst am 8. Mai 1945 ausgeschieden wären. Der erkennende Senat sieht keine Möglichkeit, ohne erkennbare gesetzgeberische Willensäußerung die unterschiedlichen Zeitangaben "vor dem 8. Mai 1945" und "mit Ablauf des 8. Mai 1945" gleichzustellen. Schließlich war dem Gesetzgeber bei der Verabschiedung des AKG die Fixierung des Stichtags in § 72 G 131 bekannt.

Soweit von Brosche (aaO) und im bereits erwähnten Erlaß des BMF vom 29. Oktober 1960 aus Art 6 §§ 18, 19 FANG gefolgert wird, die Nachversicherung sei auch bei § 99 AKG auf sämtliche Fälle des Ausscheidens vor dem 9. Mai 1945 auszudehnen, vermochte der Senat diesem Argument nicht beizupflichten. Auch darin stimmt er mit dem Bayerischen VGH und dem VG Hannover in deren Urteilen vom 12. August 1981 und 14. Mai 1987 aaO überein. Für den Gesetzgeber hätte es bei der Verabschiedung des - späteren - FANG nahegelegen, die unterschiedlichen Stichtage zu harmonisieren, wenn er das gewollt hätte. Das gilt umso mehr, als durch Art 6 § 20 FANG § 99 Abs 1 AKG um die Sätze 2 ff ergänzt worden ist. Aus der Tatsache, daß der Stichtag "vor dem 8. Mai 1945" in Satz 1 AKG beibehalten worden ist, kann nur der Schluß auf eine beabsichtigte unterschiedliche Regelung gezogen werden. Der Senat sieht nach alledem keine Möglichkeit, diese Bestimmung gegen ihren Wortlaut auszulegen.

Die Voraussetzungen für eine fiktive Nachversicherung gemäß § 99 AKG müssen nach den im Zeitpunkt des Ausscheidens geltenden Vorschriften der Reichsversicherungsgesetze erfüllt gewesen sein (vgl BVerwG aaO S 349 ff; 40, 303, 305 f und in ZfS 1966, 310). Schieden Soldaten, die sich über die Dienstpflicht hinaus zu einer längeren Dienstzeit verpflichtet hatten, nach zweijähriger Dienstzeit in Ehren und ohne Versorgung aus, so waren sie nach § 1242b Abs 1 Satz 1 RVO aF - eingefügt durch das Gesetz über den Aufbau der Rentenversicherung vom 21. Dezember 1937 (RGBl I 1393) mit Wirkung ab 1. Oktober 1935 - auf Kosten des Reiches unter bestimmten Voraussetzungen nachzuversichern. Die zweijährige Wartefrist hatte der Kläger am 17. August 1943 erfüllt (vgl BVerwGE 40, 303, 305 f). Der Anspruch auf Nachversicherung von da ab ist aber erloschen (§ 1 Abs 1 AKG) und wegen des Ausscheidens aus dem öffentlichen Dienst erst am 8. Mai 1945 von § 99 AKG nicht übernommen worden. Damit hindert § 1260c Abs 2 RVO die Anrechnung der streitigen Zeit als Ersatzzeit nicht.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 des Sozialgerichtsgesetzes.

 

Fundstellen

Haufe-Index 1663641

BSGE, 246

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