Verfahrensgang
LSG für das Saarland (Urteil vom 07.12.1989) |
Tenor
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landessozialgerichts für das Saarland vom 7. Dezember 1989 aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.
Tatbestand
I
Der Kläger begehrt von der Beklagten die Bewilligung einer Rente wegen Berufsunfähigkeit. Streitig ist in diesem Zusammenhang, ob der Kläger, der einen Facharbeiterberuf ausgeübt hat, auf die nunmehr von ihm ausgeübte Tätigkeit eines Werkspförtners verwiesen werden kann.
Das Landessozialgericht für das Saarland (LSG) hat festgestellt, der Kläger sei „gelernter Stahlbauschlosser”, und als solcher in Lohngruppe 6 des Manteltarifvertrags für gewerbliche Arbeitnehmer in den Betrieben der Eisen-, Metall- und Elektroindustrie des Saarlandes ≪MTV≫ (qualifizierte Facharbeiten, die besondere Fertigkeiten und langjährige Berufserfahrung voraussetzen) eingruppiert gewesen.
Ab September 1983 wurde der Kläger aus gesundheitlichen Gründen auf die Stelle eines Werkspförtners im Werk H. … der Firma D. … S. …, bei der er schon bisher als Stahlbauschlosser tätig war, umgesetzt. Die Entlohnung erfolgte nach Lohngruppe 5 des MTV. Diese Eingruppierung beruhte nach Auskunft des Arbeitgebers darauf, daß die Pförtnerstelle mit starkem Personen-und Telefonverkehr verbunden gewesen sei. Der Arbeitgeber hat außerdem angegeben, die Einarbeitungszeit habe zwei Wochen betragen; bei Betriebsfremden sei eine Einarbeitungszeit von vier Wochen erforderlich.
Im Juni 1986 stellte der Kläger Antrag auf Versichertenrente wegen Rückenbeschwerden und an Blindheit grenzender Sehbehinderung auf dem rechten Auge, die als Folge eines Motorradunfalls seit 1957 bestehe. Die Beklagte lehnte diesen Antrag ab (Bescheid vom 14. Mai 1987). Widerspruch, Klage und Berufung blieben ohne Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 4. November 1987; Urteil des Sozialgerichts für das Saarland ≪SG≫ vom 20. April 1988; Urteil des LSG vom 7. Dezember 1989).
Das LSG hat die Auffassung vertreten, daß der Kläger zwar seinen Beruf als Stahlbauschlosser nicht mehr ausüben könne. Er könne aber zumutbar auf die von ihm verrichteten Tätigkeiten eines Werkspförtners im Werk H. … verwiesen werden. Es handele sich um die Stellung eines gehobenen Pförtners, obwohl er nur an der Pforte eines Produktionsbetriebes tätig sei. Die Stellung habe von der Zahl der Mitarbeiter her eine derartige Bedeutung, daß die Tätigkeit sowohl Schrift- wie Telefonverkehr einschließe und insoweit einem Facharbeiter zumutbar sei (BSG SozR 2200 § 1246 Nr 137). Außerdem könne die qualitative Bedeutung eines Berufs am ehesten aufgrund seiner tariflichen Eingruppierung beurteilt werden, soweit diese nicht nur aus Gründen der Verdienstsicherung oder aus sonstigen Gründen gewährt werde (BSG SozR 2200 § 1246 Nr 154). Der Kläger sei als Werkspförtner tariflich in die Lohngruppe 5 eingruppiert worden, die eine Lohngruppe für Facharbeiter sei und lediglich eine Stufe unter der Gruppe liege, nach der der Kläger bisher bezahlt worden sei. Nach Auskunft des Arbeitgebers sei hier die tarifliche Eingruppierung nicht aus Gründen der Verdienstsicherung, sondern ausschließlich wegen der qualitativen Anforderungen der Tätigkeit erfolgt. Selbst wenn die vom Kläger ausgeübte Tätigkeit des Werkspförtners der Lohngruppe 4 zuzurechnen wäre, sei ein Anspruch auf Rente wegen Berufsunfähigkeit nicht begründet.
Mit der Revision macht der Kläger geltend, daß der Rückgriff auf die tarifliche Eingruppierung nur eines unter mehreren Hilfsmitteln darstelle, um die objektive Qualität eines Verweisungsberufs zu bestimmen (BSG SozR 2200 § 1246 Nr 102). Hier entspreche die von ihm ausgeübte Tätigkeit als Werkspförtner in keiner Weise den Merkmalen der Lohngruppe 5. Dort heiße es wörtlich:
„Facharbeiten, die neben beruflicher Handfertigkeit und beruflichen Kenntnissen einen Ausbildungsstand verlangen, der durch eine fachentsprechende Berufslehre mit abgelegter Facharbeiterprüfung erzielt wird, oder der ein gleichzubewertendes Können voraussetzt, das den Ausführenden befähigt, aufgrund langjähriger Erfahrung alle Arbeiten des betreffenden Lehrberufs auszuführen.”
Die ausgeübte Tätigkeit als Werkspförtner sei auch keine Tätigkeit, die den Anforderungen entspreche, die das Bundessozialgericht (BSG) an den Beruf des gehobenen Pförtners stelle, auf die ein Facharbeiter verwiesen werden könne. Der 5. Senat des BSG (SozR 2200 § 1246 Nr 139) habe als Voraussetzung hierfür gefordert, daß in erheblichem Umfang schriftliche Arbeiten anfallen und Fernsprechvermittlungstätigkeit bei mehr als einem Anschluß (BSG SozR 2200 § 1241d Nr 5 und § 1246 Nr 86). Er habe aber nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme lediglich ein Verzeichnis der Autonummern und der Firmen des ein- und ausgehenden Lkw-Verkehrs führen und nur einen Telefonanschluß bedienen müssen. Außerdem habe für die Tätigkeit eine Anlernzeit von maximal vier Wochen genügt. Dies schließe die Verweisung eines Facharbeiters auf eine solche Tätigkeit aus (BSG Urteile vom 30. September 1987 – 5b RJ 20/86 –, vom 25. Juni 1987 – 5b RJ 82/86 – und vom 9. September 1986 – 5b RJ 50/84 –).
Der Kläger beantragt,
die Urteile des LSG und des SG sowie den Bescheid der Beklagten vom 14. Mai 1987 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 4. November 1987 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger Rente wegen Berufsunfähigkeit ab Antragstellung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hat sich zur Sache nicht geäußert.
Entscheidungsgründe
II
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und Zurückverweisung der Sache an das LSG. Es fehlen für die abschließende Entscheidung Feststellungen zu dem bisherigen Beruf des Klägers als Stahlbauschlosser und zu den in Betracht kommenden Verweisungstätigkeiten.
Der Kläger begehrt Berufsunfähigkeitsrente gemäß § 1246 der Reichsversicherungsordnung (RVO). Voraussetzung hierfür ist nach § 1246 Abs 2 Satz 1 RVO, daß die Erwerbsfähigkeit des Versicherten infolge von Krankheit oder anderen Gebrechen oder Schwäche seiner körperlichen oder geistigen Kräfte auf weniger als die Hälfte derjenigen eines körperlich und geistig gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten herabgesunken ist. Hierbei umfaßt gemäß § 1246 Abs 2 Satz 2 RVO der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit eines Versicherten zu beurteilen ist, alle Tätigkeiten, die seinen Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihm unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs seiner Ausbildung sowie seines bisherigen Berufes und der besonderen Anforderungen seiner bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Diesen Anforderungen, die aufgestellt worden sind, um die Qualität des bisherigen Berufs des Versicherten sowie der zumutbaren Verweisungstätigkeiten zu bestimmen, ist das Berufungsgericht noch nicht vollständig gerecht geworden.
Das BSG hat zur Berufsunfähigkeit iS von § 1246 Abs 2 RVO die bisherigen Berufe der Versicherten nach ihrer Wertigkeit in verschiedene Gruppen eingeteilt. Die Einteilung in diese Gruppen bestimmt dabei auch die Berufstätigkeit, auf die der Versicherte verwiesen werden kann. Die von der Rechtsprechung hierfür zugrunde gelegten Berufsgruppen sind ausgehend von der Bedeutung, die die Ausbildung für die Qualität eines Berufes hat, gebildet worden. Sie sind charakterisiert durch den Leitberuf des Vorarbeiters mit Vorgesetztenfunktion bzw des besonders hochqualifizierten Facharbeiters, des Facharbeiters (anerkannter Ausbildungsberuf mit einer Ausbildungszeit von mehr als zwei Jahren), des angelernten Arbeiters (sonstiger Ausbildungsberuf mit einer Regelausbildungszeit von bis zu zwei Jahren) und des ungelernten Arbeiters.
Der Gruppe mit dem Leitberuf des Facharbeiters ist zuzuordnen, wer einen anerkannten Ausbildungsberuf iS von § 25 des Berufsbildungsgesetzes (BBiG) mit mehr als zweijähriger Ausbildung erlernt und bisher ausgeübt hat (vgl zB BSG SozR 2200 § 1246 Nrn 107, 140). Gleichgestellt ist derjenige Versicherte, der in einem nach dem BBiG anerkannten Ausbildungsberuf arbeitet, ohne die hierfür erforderliche Ausbildung durchlaufen zu haben, wenn er neben der tariflichen Einstufung und Entlohnung als Facharbeiter „in voller Breite” über die theoretischen Kenntnisse und praktischen Fertigkeiten verfügt, die von einem Facharbeiter dieser Art „gemeinhin” erwartet werden, die also denjenigen eines vergleichbaren Facharbeiters mit abgeschlossener Ausbildung entsprechen (vgl zB BSG SozR 2200 § 1246 Nrn 53, 168). Verlangt wird, daß der Versicherte nicht nur eine seinem individuellen Arbeitsplatz entsprechende Arbeitsleistung erbringt, sondern auch über die für diesen Beruf erforderlichen Fähigkeiten in dem Umfang verfügt, daß er mit ausgebildeten Arbeitnehmern gleichen Alters auf dem Arbeitsmarkt wettbewerbsfähig ist.
Das LSG hat dazu (für den erkennenden Senat bindend) festgestellt, daß der Kläger in Lohngruppe 6 (Facharbeitergruppe) eingruppiert war. Die weitere Feststellung des LSG, der Kläger sei gelernter Stahlbauschlosser, enthält jedoch keine hinreichend klare Aussage, die eine Bewertung des bisherigen Berufs in Anwendung der aufgezeigten Grundsätze erlaubte. Es ist weder ersichtlich, daß er eine in einer Berufsordnung vorgeschriebene Abschlußprüfung abgelegt hat, noch daß er aufgrund seiner langen Tätigkeit in diesem Beruf nachweisbar über alle erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten verfügt, die von einem Stahlbauschlosser zu erwarten sind (vgl SozR 2200 § 1246 Nrn 168 betr Maurer und 169 betr Zimmerer). Letzteres bedarf noch der Aufklärung, falls der Kläger keine Abschlußprüfung abgelegt hat.
Sollte nach den noch zu treffenden Feststellungen weiterhin davon auszugehen sein, daß der Kläger bis zu seiner Umsetzung auf den neuen Arbeitsplatz an der Werkspforte Facharbeiter war, genießt er auch als solcher Berufsschutz in der Rentenversicherung. Dieser Berufsschutz ist nicht dadurch verlorengegangen, daß er den Facharbeiterberuf „Stahlbauschlosser” aufgegeben hat, denn diese Umsetzung erfolgte nach den Feststellungen des LSG allein aus gesundheitlichen Gründen. In solchen Fällen bleibt der Berufsschutz erhalten (BSG SozR 2200 § 1246 Nr 53 S 161 mwN).
Weitere Feststellungen sind erforderlich zur Frage des Verweisungsberufs. Die Annahme des LSG, daß es Tätigkeiten gibt, auf die der Kläger zumutbar verwiesen werden kann, könnte in zweifacher Weise begründet werden:
Erstens könnte die von ihm ausgeübte Tätigkeit als Werkspförtner eine zumutbare Verweisungstätigkeit sein.
Zweitens könnte es unabhängig davon zumutbare Verweisungstätigkeiten geben. Auf diese müßte er sich verweisen lassen, auch wenn die von ihm tatsächlich ausgeübte Tätigkeit keine zumutbare Verweisungstätigkeit wäre.
Das LSG hat sich auf die erste Alternative gestützt. Die dagegen gerichteten Angriffe des Klägers sind insofern begründet, als noch weitere Feststellungen zum Inhalt der Lohngruppen des MTV und der ausgeübten Tätigkeit erforderlich sind.
Bei der Tätigkeit des Pförtners handelt es sich nicht um einen anerkannten Lehrberuf. Das schließt allerdings nicht aus, sie im Einzelfall dennoch den sonstigen Ausbildungsberufen oder gar Facharbeitertätigkeiten gleichzustellen. Dies ist jedoch nur möglich, wenn die qualitativen Anforderungen der betreffenden Pförtnertätigkeit denjenigen entsprechen, die an die Tätigkeit eines angelernten Arbeiters oder Facharbeiters gestellt werden.
Von allen Senaten des BSG, die für die Arbeiterrentenversicherung zuständig und an der Entwicklung des Vierstufenschemas beteiligt waren, ist immer wieder deutlich gemacht worden, daß ausschlaggebend für die Zuordnung einer bestimmten Tätigkeit zu einer der Gruppen des Schemas allein die Qualität der verrichteten Arbeit ist, dh der aus einer Mehrzahl von Faktoren zu ermittelnde Wert der Arbeit für den Betrieb. Grundlage für die Bestimmung der Qualität einer Arbeit in diesem Sinne sind die in § 1246 Abs 2 Satz 2 RVO am Ende genannten Merkmale der Dauer und des Umfanges der Ausbildung sowie des bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen der bisherigen Berufstätigkeit. Es kommt also auf ein Gesamtbild an.
In diesem Rahmen hat das BSG – wie das LSG zu Recht hervorhebt -zwei Gesichtspunkten Bedeutung beigemessen: Zum einen der abstrakten – „tarifvertraglichen” – Klassifizierung einer Tätigkeitsart (im Sinne eines verselbständigten Berufsbildes) innerhalb eines nach Qualitätsstufen geordneten Tarifvertrags (vgl dazu BSG SozR 2200 § 1246 Nrn 46, 111, 116, 122, 123, 164), zum anderen der – „tariflichen” – Zuordnung der konkreten zuletzt ausgeübten Tätigkeit eines Versicherten zu einer Berufssparte, dh seiner individuellen tariflichen Eingruppierung durch den Arbeitgeber (vgl BSG SozR 2200 § 1246 Nrn 168 und 169). In beiden Bereichen sind die Folgerungen für die Wertigkeit einer Arbeit jedoch verschieden.
Soweit die Tarifvertragsparteien eine bestimmte Berufsart im Tarifbereich aufführen und einer Tarifgruppe zuordnen, kann in der Regel davon ausgegangen werden, daß die tarifvertragliche Einstufung der einzelnen in einer Tarifgruppe genannten Tätigkeiten auf deren Qualität beruht (BSG SozR 2200 § 1246 Nrn 46, 111, 116, 122, 123, 164). Denn die Tarifpartner als die unmittelbar am Arbeitsleben Beteiligten nehmen relativ zuverlässig eine Bewertung von Berufstätigkeiten vor, die den Anforderungen auch des Mehrstufenschemas und der Qualität des Berufs in bezug auf die nach § 1246 Abs 2 RVO maßgeblichen Merkmale entspricht. Demgemäß läßt die abstrakte (tarifvertragliche) Einordnung einer bestimmten Berufstätigkeit in eine Tarifgruppe, die hinsichtlich der Qualität der in ihr aufgeführten Arbeiten durch den Leitberuf des Facharbeiters geprägt ist, in der Regel den Schluß zu, daß diese Berufstätigkeit als Facharbeitertätigkeit zu qualifizieren ist (zusammenfassend Urteil des erkennenden Senats vom 28. Mai 1991 – 13/5 RJ 69/90 – SozR 3-2200 § 1246 Nr 14).
Ein solcher Fall liegt hier indes nicht vor, da der für den Kläger geltende Tarifvertrag keine Berufe nennt, sondern für die Einordnung in die Lohngruppen lediglich Tätigkeitsmerkmale vorgibt.
Die Tarifvertragsparteien haben in diesem Tarifvertrag nicht selbst durch Zuordnung der Berufe als solcher (im Sinne von Berufstypen) zu den Lohngruppen des Tarifvertrages die Wertigkeit der verschiedenen Berufe bestimmt, sondern abstrakte Merkmale festgelegt, an denen zu messen ist, in welche Lohngruppe eine bestimmte Berufstätigkeit gehört. Auch solche Tarifverträge sind für die nach § 1246 Abs 2 RVO vorzunehmende Beurteilung von Bedeutung. Die Tarifvertragsparteien als unmittelbar am Arbeitsleben Beteiligte nehmen nicht nur relativ zuverlässig die Bewertung von Berufen vor, die sie im Tarifvertrag konkret benennen, sondern bewerten aufgrund ihrer Erfahrung und Sachnähe in der Regel ebenso sachgerecht die einzelnen Tätigkeitsmerkmale, die sie als Voraussetzung der Eingruppierung von Arbeitnehmern in eine bestimmte Tarifgruppe festlegen. Deshalb können diese ebenfalls als Maßstab für die Wertigkeit eines Berufs zugrundegelegt werden, sofern es sich nicht um qualitätsfremde Merkmale handelt.
Unterschiede ergeben sich jedoch hinsichtlich der Bedeutung, die der Eingruppierung des einzelnen Arbeitnehmers durch den Arbeitgeber (ggf unter Mitwirkung des Betriebsrats nach § 99 des Betriebsverfassungsgesetzes) beizumessen ist je nachdem, ob die Eingruppierung durch Zuordnung zu einer im Tarifvertrag genannten Berufsart oder unter Anwendung tariflicher Tätigkeitsmerkmale erfolgt. Die tarifliche Eingruppierung des einzelnen Versicherten durch den Arbeitgeber ist, sofern die Zuordnung zu einer im Tarifvertrag genannten Berufsart erfolgt, ein Indiz dafür, daß die von dem Versicherten konkret ausgeübte Tätigkeit in ihren Merkmalen und ihrer Wertigkeit der Berufs- und Tarifgruppe entspricht, nach der er bezahlt wird. (Die Richtigkeit dieser tariflichen Eingruppierung kann insoweit aber durchaus widerlegt werden; vgl BSG SozR 2200 § 1246 Nr 77).
Sofern es jedoch – wie hier bei der Pförtnertätigkeit des Klägers – um die tarifliche Einstufung einer Tätigkeit geht, für die es keine Berufsordnung gibt und die als solche auch nicht im Tarifvertrag erwähnt ist, läßt sich aus der Eingruppierung durch den Arbeitgeber (auch wo sie unter Mitwirkung des Betriebsrats erfolgt) kein verläßliches Indiz für die Wertigkeit der ausgeübten Berufstätigkeit ableiten. Die Eingruppierung ist in solchen Fällen anhand der im Tarifvertrag aufgeführten abstrakten Tätigkeitsmerkmale zu überprüfen und nur noch im Zweifel entscheidend (vgl Urteil des erkennenden Senats vom 28. Mai 1991 – 13/5 RJ 4/90 –). Sie kann sich nämlich nicht – wie bei der Nennung einer Berufsgruppe im Tarifvertrag – an einem Berufsbild orientieren, sondern ist größeren Unsicherheiten ausgesetzt, welche die Bedeutung der Eingruppierung für die Beurteilung der Wertigkeit der Tätigkeit erheblich mindern, so daß nur noch in Zweifelsfällen wegen der größeren Sachnähe des Arbeitgebers und des Betriebsrats von seiner Beurteilung ausgegangen werden kann.
Bei der Überprüfung der hier erfolgten tariflichen Eingruppierung ist zunächst nur von den im Tarifvertrag genannten Merkmalen auszugehen; bei Unklarheiten ist die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) zu berücksichtigen. Weitere Anhaltspunkte für die Überprüfung der vom Arbeitgeber vorgenommenen Bewertung können der bisherigen Rechtsprechung des BSG zur Tätigkeit von Pförtnern nur entnommen werden (BSG SozR 2200 § 1246 Nrn 86, 137, 139 und § 1241d Nr 5), wenn der zu beurteilende Arbeitsplatz Tätigkeitsmerkmale aufweist, die über das Profil der an sich in Betracht kommenden Tarifgruppe hinausgehen.
Das LSG hat festgestellt, daß der Kläger als Pförtner in die Lohngruppe 5 eingestuft wurde und dies eine Lohngruppe für Facharbeiter ist. Ferner wird die Auffassung vertreten, daß er auf seine Tätigkeit als Werkspförtner auch dann verweisbar wäre, wenn diese der Lohngruppe 4 zuzuordnen wäre. Dem Urteil ist indes nicht im einzelnen zu entnehmen, welche Tätigkeitsmerkmale im Tarifvertrag für eine Einstufung in die Lohngruppe 5 oder 4 vorausgesetzt werden. Ebensowenig ist erkennbar geprüft worden, ob die Ausgestaltung der Tätigkeit des Klägers diesen Merkmalen entspricht.
Legt man den vom Kläger eingereichten Tarifvertrag zugrunde, so käme nach den tariflichen Merkmalen möglicherweise sogar nur eine Einstufung in die Lohngruppe 03 in Betracht (vgl dazu auch BAG, Urteil vom 28. November 1984 – 4 AZR 612/82 –; BAG AP Nr 14 zu § 1 TVG Tarifverträge: Rundfunk und Nr 49 Tarifverträge: Bau). Die allgemeinen Aussagen des LSG, daß im Hinblick auf die Zahl der Mitarbeiter des Betriebes die Tätigkeit des Klägers die eines qualifizierten Pförtners sei, und daß bei der Bewertung eines Berufs auch personenbezogene Qualitätsmerkmale, wie schnelle Auffassungsgabe, Höflichkeit, Sprachgewandtheit, Autorität und sicheres Auftreten, zu berücksichtigen seien, haben keinen Bezug zu dem Tarifvertrag und lassen auch keine hinreichend konkrete Rechtfertigung einer übertariflichen Einstufung durch besondere Anforderungen der konkreten Tätigkeit erkennen. Es reicht auch nicht, daß der Arbeitgeber mitteilt, die Einstufung sei nicht zur Verdienstsicherung erfolgt, sondern wegen der Qualität der Anforderungen. Das Gericht muß sich selbst ein konkretes Bild über die einzelnen Anforderungen der betreffenden Berufstätigkeit machen, wenn die Einstufung umstritten ist.
Sollte das LSG aufgrund der noch erforderlichen Feststellungen zu dem Ergebnis kommen, daß der Kläger auf die von ihm ausgeübte Tätigkeit nicht verwiesen werden kann, sind weitere Feststellungen erforderlich, ob es auf dem Arbeitsmarkt andere zumutbare Verweisungstätigkeiten gibt.
Dazu hat der 5. Senat des BSG entschieden, daß die tarifvertragliche Einstufung einer Berufsart nicht nur für den Wert des bisherigen Berufs bedeutsam ist, sondern in gleicher Weise für den Wert der Verweisungstätigkeiten (Urteil vom 12. September 1991 – 5 RJ 34/90 – zur Veröffentlichung vorgesehen). Diese Aussage bezieht sich aber erkennbar nur auf die Wertigkeit der für eine Verweisung in Betracht kommenden Berufsarten. Hinzukommen muß die Ermittlung, ob und inwieweit der Kläger mit dem verbliebenen Restleistungsvermögen, seinen Kenntnissen und Fähigkeiten sowie dem Ausmaß seiner Umstellungsfähigkeit den Anforderungen der Verweisungstätigkeiten gewachsen ist. Dabei ist das Gesamtbild der die berufliche Tätigkeit kennzeichnenden Merkmale zu berücksichtigen und nicht nur Umfang von Ausbildung und Einweisung.
Die Kostenentscheidung bleibt dem abschließenden Urteil vorbehalten.
Fundstellen