Entscheidungsstichwort (Thema)

Schädelverletzung. Mindest-MdE. Mindesthundertsatz. Schwerstbeschädigter

 

Orientierungssatz

1. Nicht jede Schädelnarbe mit Verlust von Knochenmasse kann als erheblicher äußerer Körperschaden bezeichnet werden.

2. Wann der Verlust von Schädelknochenmasse gering ist und keinerlei Auswirkungen auf die Erwerbsfähigkeit hat, so steht seine Bewertung nach einem Mindesthundertsatz um 30 % den Begriff erheblich in § 30 Abs 1 S 3 BVG entgegen.

 

Normenkette

BVG § 31 Abs. 5 Fassung: 1966-12-28, § 30 Abs. 1 S. 3

 

Verfahrensgang

LSG Nordrhein-Westfalen (Entscheidung vom 25.09.1969)

 

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 25. September 1969 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

I

Der Kläger bezieht seit 1. August 1961 wegen der mit Zugunstenbescheid vom 29. Januar 1966 nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) rückwirkend anerkannten Schädigungsfolgen "geringgradige Schwäche der Fuß- und Zehenstrecker links und zeitweilige Schwindelanfälle nach Hirnverletzung, Knochendefekt am Schädeldach, Narben am Unterkiefer, Narben an der rechten Hüfte und am linken Oberschenkel mit kleineren Granatsplittern in den linksseitigen Oberschenkelweichteilen, hirsekorngroßer Granatsplitter in den Wadenweichteilen links, Verlust des rechten Armes" Rente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 100 v. H.

Im Februar 1966 beantragte der Kläger die Gewährung einer Schwerstbeschädigtenzulage. Diesen Antrag lehnte das Versorgungsamt (VersorgA) im Hinblick auf die versorgungsärztliche Stellungnahme des Dr. W vom 3. März 1966, wonach der Kläger nur eine Punktzahl von 120 erreiche, mit Bescheid vom 9. März 1966 ab. Widerspruch, Klage und Berufung blieben erfolglos. Das Landessozialgericht (LSG) ließ im Urteil vom 25. September 1969 die Revision zu. Es führte zu der streitigen Frage aus: Die Auffassung des Klägers, für die anerkannte Schädigungsfolge "Knochendefekt am Schädeldach" stehe ihm nach der Verwaltungsvorschrift (VerwV) Nr. 4 zu § 30 BVG vom 23. Januar 1965 eine Mindest-MdE um 30 v. H. zu, gehe fehl. Durch § 30 Abs. 1 Satz 3 BVG sei die Bundesregierung nach dem klaren Wortlaut des Gesetzes zwar ermächtigt worden, für "erhebliche äußere Körperschäden" Mindesthundertsätze festzusetzen, nicht aber zu bestimmen, was erhebliche äußere Körperschäden seien, also diesen unbestimmten Rechtsbegriff auszufüllen. Demgemäß sei die Auffassung des Klägers irrig, es handle sich ausnahmslos bei allen in der VerwV Nr. 4 zu § 30 BVG aufgeführten Körperschäden um "erhebliche äußere Körperschäden" im Sinne von § 30 Abs. 1 Satz 3 BVG. Zwar habe die VerwV Nr. 4 zu § 30 BVG nach dem Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 26. November 1968 (SozR Nr. 35 zu § 30 BVG = BSG 29, 41) den Charakter einer Rechtsnorm mit Allgemeinverbindlichkeitswirkung, die über die Wirkung von allgemeinen Verwaltungsvorschriften im Sinne von Art. 84 Abs. 2 des Grundgesetzes hinausgehe. Jedoch sei die VerwV Nr. 4 nur insoweit gesetzmäßig, als sie von der Ermächtigung in § 30 Abs. 1 Satz 3 BVG getragen werde, sonach nur, soweit sie Mindesthundertsätze für Schädigungsfolgen auswerfe, die tatsächlich "erhebliche äußere Körperschäden" seien. Ob es sich um derartige Schäden handele, richte sich sowohl nach dem Funktionsausfall verlorener Körperteile als auch (ausschließlich oder zusätzlich) nach dem durch sie hervorgerufenen Entstellungseffekt. Daß die VerwV Nr. 4 zu § 30 BVG von diesen Gesichtspunkten ausgegangen sei und habe ausgehen wollen, ergebe sich aus ihrem Gesamtinhalt. Außer den Positionen "Schädelnarben mit Verlust von Knochenmasse ohne Funktionsstörungen des Gehirns" und "abstoßend wirkende Entstellung des Gesichts" bewerte diese VerwV offensichtlich in jedem Falle nur "erhebliche äußere Körperschäden". Bei der Position "Entstellung des Gesichts" setze sie eine Mindest-MdE nur für den Fall fest, daß es sich um eine "abstoßend wirkende" Entstellung handle. Bei der Position "Schädelnarben mit Verlust von Knochenmasse ohne Funktionsstörungen des Gehirns" sei allerdings unklar, welche Art. von Schädelnarben mit Verlust von Knochenmasse sie meine. Es sei davon auszugehen, daß Schädelnarben mit Verlust von Knochenmasse ohne Funktionsstörungen des Gehirns - ihrerseits in funktioneller Hinsicht - stets nahezu bedeutungslos seien. Etwas anderes gelte für "große Knochenlücken ohne Funktionsstörung des Gehirns", die nach den "Anhaltspunkten für die ärztliche Gutachtertätigkeit im Versorgungswesen" (Anhaltspunkte), Neuausgabe 1965, mit einer MdE um 30 bis 40 v. H. zu bewerten seien, und auch für "kleine Knochenlücken, Substanzverluste am knöchernen Schädel", denen nach den Anhaltspunkten eine MdE um O bis 20 v. H. zukomme. Der Begriff von Knochenlücken am Schädel beinhalte, daß es sich um einen durchgehenden Knochensubstanzverlust von der Lamina externa bis durch die Lamina interna hindurch handle, also um ein "Loch" im Schädel, dies gelte auch für kleine Knochenlücken. Denn derartige "Löcher" im Schädeldach gefährdeten die darunterliegenden Gehirnpartien durch äußere Einwirkungen in erheblichem Maße, während dies bei Schädelnarben mit Verlust von Knochenmasse oder bei Substanzverlusten am knöchernen Schädel in diesem Maße nicht der Fall sei. Beim Kläger liege eine Knochenlücke im vorgenannten Sinne nicht vor, sondern lediglich eine Schädelnarbe mit Verlust von Knochenmasse. Eine solche könne aber, weil sie funktionell nahezu bedeutungslos sei, entsprechend der Ermächtigung in § 30 Abs. 1 Satz 3 BVG von der VerwV Nr. 4 zu § 30 BVG mit einer Mindest-MdE um 30 v. H. nur für den Fall bewertet worden sein, daß es sich um einen "erheblichen" äußeren Körperschaden handle. Erheblich könne er aber nur sein, wenn er dergestalt entstellend wirke, daß er die Blicke eines unvoreingenommenen Beobachters auch ohne gewolltes scharfes Hinsehen auf sich ziehe, und von ihm als erheblich störend empfunden werde. Hiervon könne jedoch, wie die Augenscheinseinnahme durch den Senat im Verhandlungstermin ergeben habe, beim Kläger nicht die Rede sein. Die Schädelnarbe, deren Ausdehnung der Beschreibung im Gutachten des Dr. M - M entspreche und die nach dem Gutachten des Versorgungsarztes Dr. B vom 26. Oktober 1945 nicht durch die innere Knochenschicht des Schädeldaches hindurchgehe, werde durch das Haupthaar des Klägers vollständig verdeckt und habe keinerlei entstellenden Effekt. Es handle sich bei ihr also nicht um einen erheblichen äußeren Körperschaden im Sinne von § 30 Abs. 1 Satz 3 BVG und der hiervon ausgehenden VerwV Nr. 4 zu § 30 BVG. Ihr komme übereinstimmend mit der Beurteilung durch Dr. W unter Berücksichtigung der Anhaltspunkte in ihrer Eigenschaft als "Substanzverlust am knöchernen Schädel" eine MdE um höchstens 20 v. H. (= 0 Punkte) zu. Durch die anerkannten Schädigungsfolgen (§ 31 Abs. 5 BVG) werde nur eine MdE des Klägers um 50 plus 70 v. H. (also 120 Punkte) bedingt, so daß dem Kläger durch die angefochtenen Bescheide zutreffend die Gewährung einer Schwerstbeschädigtenzulage versagt worden sei.

Mit der zugelassenen Revision macht der Kläger geltend, für den anerkannten Knochendefekt am Schädeldach müsse eine MdE um 30 v. H. bzw. müßten hierfür 15 Punkte zugebilligt werden, so daß Schwerstbeschädigtenzulage der Stufe I zustehe. Die Verwaltungsvorschriften seien eine allgemeinverbindliche Rechtsvorschrift, nach der die Versorgungsbehörde gehalten sei, ihre Entscheidung zu treffen. Bei dem Knochendefekt handle es sich nach dem Gutachten des Hirnverletzten-Instituts in Langenberg vom Juni 1947 um einen solchen mit Pulsation, also um einen durchgehenden Defekt, der unter den Begriff der Knochenlücke falle, die einen erheblichen äußeren Körperschaden darstelle. Dabei komme es nicht darauf an, ob der Knochendefekt sichtbar sei, also entstellende Wirkung habe. Grundsätzlich sei jede Knochenlücke ein erheblicher äußerer Körperschaden. Ein Knochendefekt im Ausmaß von 10 x 13 mm müsse daher in jedem Falle unter die Begriffsbestimmung der VerwV Nr. 4 zu § 30 Abs. 1 BVG fallen. Im übrigen hätte der Gutachter im Vorverfahren gefragt werden müssen, ob es sich um eine Knochenlücke im Sinne der VerwV Nr. 4 zu § 30 Abs. 1 BVG handle.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des LSG Nordrhein-Westfalen vom 25. September 1969 und das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 21. Dezember 1967 sowie den Bescheid vom 9. März 1966 und den Widerspruchsbescheid vom 16. Juni 1966 abzuändern und den Beklagten zu verpflichten, dem Kläger ab 1. Februar 1966 Schwerstbeschädigtenzulage zu gewähren.

Der Beklagte beantragt,

die Revision des Klägers gegen das Urteil des LSG zurückzuweisen.

Nach den von der Revision nicht angegriffenen Feststellungen des LSG handle es sich bei der Gesundheitsstörung "Knochendefekt am Schädeldach" um eine Schädelnarbe mit Verlust von Knochenmasse ohne Funktionsstörungen des Gehirns. Die Narbe gehe nicht durch die innere Knochenschicht des Schädeldaches hindurch. Der Knochendefekt befinde sich unter dem Haupthaar und sei ohne Auseinanderteilung der Haare nicht sichtbar. Um ein "Loch" im Schädel handle es sich nicht. Nicht schlechthin jede Schädelnarbe mit Verlust von Knochenmasse könne als erheblicher äußerer Körperschaden bezeichnet werden. Es würde einen Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz bedeuten, wollte man für jeden noch so geringen und unbedeutenden Verlust an Knochenmasse stets eine Mindest-MdE von 30 v. H. zugrunde legen. Da auch von der Revision insoweit keine substantiierten Rügen erhoben seien, sei davon auszugehen, daß der Knochendefekt am Schädel keinen erheblichen äußeren Körperschaden darstelle. Die VerwV Nr. 4 zu § 30 BVG sei hier nicht anzuwenden, da sie nur für erhebliche Verluste von Knochenmasse gelten solle. Die MdE bestimme sich daher hier nur nach § 30 Abs. 1 Satz 1 BVG. In freier Beweiswürdigung, gestützt auf die medizinischen Gutachten, habe das LSG für den näher beschriebenen Körperschaden eine MdE von O bis 20 v. H. angenommen, so daß für die Schädigungsfolge "Knochendefekt am Schädeldach" keine Punkte bei der Punktbewertung zu berücksichtigen seien. Das LSG habe auch zu Recht eine "abstoßend wirkende Entstellung des Gesichts" im Sinne der VerwV Nr. 4 zu § 30 BVG, für die eine höhere MdE als 20 v. H. in Betracht kommen könnte, verneint.

II

Die durch Zulassung statthafte Revision ist form- und fristgerecht eingelegt und auch begründet worden und daher zulässig (§§ 162 Abs. 1 Nr. 1, 164, 166 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG); sachlich kann sie keinen Erfolg haben.

Streitig ist nur, ob dem Kläger ab 1. Februar 1966 Schwerstbeschädigtenzulage der Stufe I zusteht (§ 31 Abs. 5 BVG idF des 2. und 3. Neuordnungsgesetzes - NOG - vom 21. Februar 1964 - BGBl I 85 - und 28. Dezember 1966 - BGBl I 750 -). Dies wäre dann der Fall, wenn der beim Kläger als Schädigungsfolge anerkannte "Knochendefekt am Schädeldach" als erheblicher äußerer Körperschaden im Sinne des § 30 Abs. 1 Satz 3 BVG i. V. m. der VerwV Nr. 4 zu § 30 BVG bei der für die Schwerstbeschädigtenzulage maßgeblichen Punktbewertung zu berücksichtigen wäre. § 30 Abs. 1 letzter Satz BVG idF des 2. und 3. NOG bestimmt: "Für erhebliche äußere Körperschäden können Mindesthundertsätze festgesetzt werden". Nach dieser Ermächtigung sind in Nr. 4 der VerwV zu § 30 BVG idF vom 23. Januar 1965 (BAnz Nr. 19 vom 19. Januar 1965) und vom 26. Juni 1969 (Beilage zum BAnz Nr. 119 vom 4. Juli 1969) für erhebliche äußere Körperschäden Mindesthundertsätze festgesetzt worden, und zwar für "Schädelnarben mit Verlust von Knochenmasse ohne Funktionsstörungen des Gehirns" ein Mindesthundertsatz von 30 v. H.. Dieser Mindesthundertsatz darf, sofern das Merkmal des "erheblichen äußeren Körperschadens" vorliegt, grundsätzlich auch dann nicht unterschritten werden, wenn die MdE im Einzelfall nach den Anhaltspunkten für die ärztliche Gutachtertätigkeit im Versorgungswesen geringer einzustufen wäre (vgl. Wilke, Komm. zum BVG 3. Aufl. Anm. I zu § 30 BVG S. 236 und Urteil des erkennenden Senats vom 11. Juni 1970 - SozR Nr. 42 zu § 30 BVG -). Denn der erkennende Senat hat bereits am 26. November 1968 (SozR Nr. 35 zu § 30 BVG) entschieden, daß die VerwV Nr. 4 zu § 30 BVG den Ausfluß einer gesetzlichen Ermächtigung für die Festsetzung der MdE mit Rechtssatzcharakter und Allgemeinverbindlichkeitswirkung darstellt, weshalb ihr die rechtliche Bedeutung einer Rechtsnorm zukommt. Wie der Senat in dem Urteil vom 11. Juni 1970 ausgeführt hat, gelten trotzdem die Mindesthundertsätze für die in der VerwV Nr. 4 erwähnten Körperschäden dann nicht, wenn es sich um geringfügige äußere Schäden - d. h. im vorliegenden Falle um einen geringfügigen Verlust von Knochenmasse - handelt. Dies fordert das Prinzip der Gleichbehandlung Beschädigter, das auch bei der VerwV Nr. 4 zu § 30 BVG zu beachten ist. Danach kann nicht jede Schädelnarbe mit Verlust von Knochenmasse als erheblicher äußerer Körperschaden bezeichnet werden. Denn der Verlust von Knochenmasse kann so gering und unbedeutend sein und keinerlei Auswirkungen auf die Erwerbsfähigkeit haben, daß seine Bewertung nach einem Mindesthundertsatz um 30 v. H. dem Begriff "erheblich" in § 30 Abs. 1 Satz 3 BVG und Nr. 4 der VerwV entgegenstünde. Entgegen der Auffassung der Revision kommt es für die Anwendung der VerwV Nr. 4 also gerade auf das Ausmaß des Verlustes an Knochenmasse entscheidend an. Würde diese Vorschrift anders ausgelegt werden, stünde dies im Gegensatz zum Gesetz, das ausdrücklich nur für "erhebliche" äußere Körperschäden zur Festsetzung von Mindesthundertsätzen ermächtigt. Auf die nähere Begründung in dem Urteil vom 11. Juni 1970 wird verwiesen. Im vorliegenden Falle konnte das LSG aus dem eingehenden Gutachten des Dr. M-M vom 6. Januar 1969 entnehmen, daß der beim Kläger als Schädigungsfolge anerkannte "Knochendefekt am Schädeldach" aus einer kleinen Knochenlücke nach durchgeführter Schädeltrepanation (10x13 mm) ohne Gehirnpulsation besteht. Daß eine an den Sachverständigen gerichtete Frage insoweit zu einer anderen Auffassung des Gutachters hätte führen können, ist nicht ersichtlich. Im übrigen hat der Kläger zwar in der Revisionsbegründung vorgetragen, es handle sich nach dem Gutachten des Hinrverletzten-Instituts Langenberg vom Juni 1947 um einen Knochendefekt mit Pulsation; er hat aber nicht in der durch § 164 Abs. 2 Satz 2 SGG gebotenen Form dargelegt, warum das LSG deshalb das Gutachten von Dr. M-M nicht habe als überzeugend ansehen dürfen. Die Feststellung des LSG ist damit nach § 163 SGG für das BSG bindend. Wenn das LSG zu dem Ergebnis gelangt ist, diese kleine Knochenlücke ohne Hirnpulsation, für die der Sachverständige 1969 "keine besondere MdE" angenommen hat, stelle keinen erheblichen äußeren Körperschaden dar, der mit einem Mindesthundertsatz von 30 v. H. zu bewerten wäre, so ist dies sachlich-rechtlich nicht zu beanstanden. In den Anhaltspunkten Nr. 88 S. 114 wird zwischen großen und kleinen Knochenlücken unterschieden. Danach sind kleinere deutliche Knochenlücken mit einer MdE um O bis 20 v. H., große Knochenlücken mit erheblichem Verlust von Knochenmasse dagegen mit einer MdE von 30 bis 40 v. H. zu bewerten. Die Anhaltspunkte sagen jedoch nichts darüber aus, wie groß der Verlust von Knochenmasse sein muß, damit er als "erheblicher äußerer Körperschaden" im Sinne der VerwV Nr. 4 zu § 30 BVG anzusehen ist. Hierauf kommt es aber nach dem Urteil des erkennenden Senats vom 11. Juni 1970 entscheidend an. Der Senat kann dahingestellt lassen, ob ein "Knochendefekt am Schädeldach" mit einer kleinen Knochenlücke etwa trotzdem unter dem Gesichtspunkt einer "abstoßend wirkenden Entstellung des Gesichts" als erheblicher äußerer Körperschaden anzusehen wäre. Jedenfalls liegt eine solche Gesichtsentstellung nach der von der Revision nicht angegriffenen Feststellung des LSG hier nicht vor. Das LSG hat daher zu Recht bei der Punktbewertung nach § 2 Abs. 3 Satz 2 der Verordnung zu § 31 Abs. 5 BVG idF der Änderungsverordnung vom 17. Juli 1964 und § 2 Abs. 4 Satz 2 der Verordnung zu § 31 Abs. 5 BVG idF der Änderungsverordnung vom 19. August 1969 - DVO - die beim Kläger festgestellte Schädigungsfolge "Knochendefekt am Schädeldach", weil sie eine MdE von weniger als 25 v. H. bedingt, für die Gewährung einer Schwerstbeschädigtenzulage außer acht gelassen. Dies hat zur Folge, daß von einer Punktbewertung von 120 Punkten (50 + 70) für die anerkannten Schädigungsfolgen auszugehen ist - wie das LSG zutreffend angenommen hat -. Sonach sind die Voraussetzungen für eine Schwerstbeschädigtenzulage (§ 5 Abs. 1 DVO zu § 31 Abs. 5 BVG) nicht gegeben.

Das LSG ist auch zu Recht auf die Frage, ob die vom Kläger durch Vorlage von ärztlichen Zeugnissen der Dres. C und H vom 23. Juli und 10. September 1969 in der mündlichen Verhandlung vom 25. September 1969 geltend gemachten psychischen Störungen (Wesensänderung mit Hirnleistungsschwäche) mit einer MdE um wenigstens 30 v. H. (= 15 Punkte) zu bewerten seien, nicht näher eingegangen (vgl. hierzu Urteil des BSG vom 9. November 1965 - BSG 24, 91 -). Der Kläger hat hierzu mit der Revision auch nichts mehr vorgetragen. Im übrigen ist nach dem Wortlaut des § 2 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung zu § 31 Abs. 5 BVG bei der Punktbewertung von der Höhe der MdE auszugehen, die die einzelnen anerkannten Schädigungsfolgen bedingen. Diese Formulierung schließt bereits die Berücksichtigung noch nicht anerkannter Schädigungsfolgen bei der Punktbewertung aus.

Da nach alledem die Voraussetzungen für eine Schwerstbeschädigtenzulage nicht vorgelegen haben, war das angefochtene Urteil nicht zu beanstanden, weshalb die Revision des Klägers als unbegründet zurückzuweisen war.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1648636

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge