Verfahrensgang
Tenor
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 14. Februar 1996 wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat dem Beklagten die Kosten des Revisionsverfahrens zu erstatten. Im übrigen sind Kosten nicht zu erstatten.
Tatbestand
I
Der 1960 geborene Kläger, der seit März 1993 Arzt für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde ist, will in Überlingen (Bodensee) zur vertragsärztlichen Tätigkeit als HNO-Arzt zugelassen werden. Er war nach seiner Approbation an verschiedenen Kliniken tätig, ua zwischen August 1988 und März 1992 an der HNO-Klinik der Universität Bonn und zeitweilig an der dieser Klinik zugeordneten Poliklinik. Mit formlosem Schreiben vom 26. Januar 1993 an den Zulassungsausschuß für Vertragsärzte bei der Kassenärztlichen Vereinigung (KÄV) Südwürttemberg beantragte er die Zulassung als Arzt für HNO-Heilkunde in Überlingen und versprach, weitere Unterlagen nachzureichen. Den im Juni 1993 vervollständigten Antrag lehnte der Zulassungsausschuß in der Sitzung vom 22. Juni 1993 ab. Er bewertete ihn als Antrag „im Rahmen des Übergangsrechts gemäß Art 33 § 3 Abs 1 GSG” und sah die Voraussetzungen dieser Vorschrift als nicht gegeben an, weil der Kläger weder bei Antragstellung noch zum Zeitpunkt der Entscheidung des Zulassungsausschusses die Voraussetzungen für die Eintragung ins Arztregister erfüllt habe. Er sei nicht sechs Monate als Assistent oder Vertreter bei einem niedergelassenen Vertragsarzt tätig gewesen. Mit seinem Widerspruch gegen diesen am 22. April 1994 zugestellten Bescheid machte der Kläger geltend, er sei am 31. Januar 1994 in das Arztregister bei der KÄV Schleswig-Holstein eingetragen worden und erfülle nunmehr alle Voraussetzungen für die Zulassung zur vertragsärztlichen Tätigkeit.
Der beklagte Berufungsausschuß wies den Widerspruch zurück. Die Voraussetzungen für eine Zulassung kraft Übergangsrechts nach Art 33 § 3 Gesundheitsstrukturgesetz (GSG) lägen nicht vor, weil der Kläger nicht zumindest sechs Monate als Assistent oder Vertreter eines Vertragsarztes tätig gewesen sei. Die Tätigkeit in der poliklinischen Ambulanz der HNO-Klinik der Universität Bonn könne ungeachtet der Tatsache, daß diese Klinik zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung ermächtigt gewesen sei, eine Tätigkeit in der vertragsärztlichen Praxis nicht ersetzen (Bescheid vom 6. Juli 1994).
Das Sozialgericht (SG) hat die Klage abgewiesen. Der Kläger könne weder nach dem zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung (5. April 1995) geltenden noch nach dem zum Zeitpunkt der Beantragung der Zulassung (Januar 1993) geltenden Recht zur vertragsärztlichen Tätigkeit in Überlingen zugelassen werden. Am 7. Juli 1993 habe der Landesausschuß der Ärzte und Krankenkassen im Planungsbereich Bodenseekreis für das Fachgebiet HNO-Heilkunde Überversorgung festgestellt und Zulassungsbeschränkungen angeordnet, so daß der Kläger dort nicht zugelassen werden könne. Auf die übergangsrechtlichen Vorschriften des Art 33 § 3 Abs 1 GSG könne er sich nicht berufen, weil er weder zum Zeitpunkt der Antragstellung noch spätestens bis zum 1. April 1993 die Voraussetzungen für die Eintragung in das Arztregister erfüllt habe. Dafür sei nach § 3 Abs 3 Ärzte-ZV eine 6-monatige Tätigkeit als Assistent oder Vertreter eines Kassenarztes erforderlich gewesen, die der Kläger nach eigenen Angaben nicht absolviert habe. Die Tätigkeit in der Poliklinik könne dem nicht gleichgestellt werden. Die durch das GSG eingeführten Vorschriften über Zulassungsbeschränkungen seien verfassungsgemäß (Urteil vom 5. April 1995).
Das Landessozialgericht (LSG) hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Der Bescheid des Beklagten sei nicht zu beanstanden, weil der Kläger unter übergangsrechtlichen Gesichtspunkten nicht zugelassen werden könne. Die Privilegierungswirkung des Art 33 § 3 Abs 1 GSG komme nur ordnungsgemäßen Zulassungsanträgen iS des § 95 Abs 2 Satz 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) zugute. Den dort geregelten Anforderungen werde der Antrag vom Januar 1993 nicht gerecht, weil ihm die Bescheinigung über die Arztregistereintragung nicht beigefügt gewesen sei. Der Kläger habe bis Ende 1993 keinen Anspruch auf Eintragung in das Arztregister gehabt, weil er nicht zumindest sechs Monate als Vertreter oder Assistent eines Vertragsarztes tätig gewesen sei. Der Zulassung des Klägers im Bodenseekreis stehe entgegen, daß dort wegen Überversorgung Zulassungsbeschränkungen für HNO-Ärzte angeordnet seien. Der Versorgungsgrad für die Arztgruppe der HNO-Ärzte sei in diesem Planungsbereich mit 147,1 % festgestellt worden und inzwischen – Ende 1995 – auf 144,8 % zurückgegangen. Die Überversorgung überschreite mithin deutlich den in § 101 Abs 1 Satz 2 SGB V festgesetzten Grenzwert für die Annahme von Überversorgung (110 %). Die gesetzlichen Vorschriften über die Anordnung von Zulassungsbeschränkungen bei Überversorgung seien mit dem Grundgesetz (GG) vereinbar (Urteil vom 14. Februar 1996).
Mit seiner vom Senat zugelassenen Revision rügt der Kläger in erster Linie die Verfassungswidrigkeit der Vorschriften über die vertragsärztliche Bedarfsplanung. Zusätzlich macht er geltend, der ursprünglich angefochtene Bescheid des Zulassungsausschusses sei im Hinblick auf die zwischen der Beschlußfassung und der Zustellung liegende Zeitspanne verfahrensfehlerhaft zustande gekommen und hätte deshalb aufgehoben werden müssen. Schließlich habe er durch seine Tätigkeit in der Poliklinik der HNO-Klinik der Universität Bonn die Voraussetzungen für die Eintragung in das Arztregister bereits zum Zeitpunkt der Beantragung der Zulassung (Januar 1993) erfüllt.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 14. Februar 1996 sowie das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 5. April 1995 abzuändern und den Bescheid des Beklagten vom 6. Juli 1994 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, ihn als Vertragsarzt (Arzt für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde) am Praxisort Überlingen zuzulassen.
Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Er ist der Ansicht, die gesetzlichen Vorschriften über die Feststellung von Überversorgung seien verfassungskonform und vom Landesausschuß zutreffend angewandt worden. Da Gegenstand des Rechtsstreits allein sein Bescheid vom 6. Juli 1994 sei, und zu diesem Zeitpunkt bereits Zulassungsbeschränkungen im Planungsbereich Bodenseekreis angeordnet waren (Beschluß des Landesausschusses vom 7. Juli 1993), sei unerheblich, daß der Zulassungsausschuß den Antrag des Klägers auf Zulassung schon vor der Anordnung von Zulassungsbeschränkungen abgelehnt habe. Auf die Übergangsvorschriften des Art 33 § 3 Abs 1 Sätze 1 und 3 GSG könne sich der Kläger nicht berufen, weil er bis Ende 1993 die damals geltenden Voraussetzungen für die Eintragung in das Arztregister nicht erfüllt habe.
Die Beigeladenen zu 1), 2), 6) und 7) beantragen ebenfalls,
die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
II
Die Revision des Klägers ist nicht begründet. Der Beklagte hat es zu Recht abgelehnt, ihn als HNO-Arzt im Bodenseekreis zuzulassen.
Gegenstand des gerichtlichen Streitverfahrens ist allein der Bescheid des Beklagten vom 6. Juli 1994 und nicht die ursprüngliche Entscheidung des Zulassungsausschusses, deren verspätete Zustellung der Kläger unter dem Gesichtspunkt des Fehlens von Gründen iS des § 35 Abs 1 SGB X als verfahrensfehlerhaft rügt. Nach der Rechtsprechung des Senats ist in Zulassungsstreitigkeiten Streitgegenstand regelmäßig nicht der ursprüngliche Verwaltungsakt des Zulassungsausschusses, sondern allein der Bescheid des Berufungsausschusses, der mit seiner Anrufung für das gesamte weitere Verfahren ausschließlich funktionell zuständig wird und dementsprechend auch allein prozeßführungsbefugt ist (BSG SozR 3-2500 § 96 Nr 1 S 5 sowie SozR 3-2500 § 116 Nr 6 S 39). Das hat zur Folge, daß Fehler im Verwaltungsverfahren vor dem Zulassungsausschuß im gerichtlichen Verfahren gegenüber einer verfahrensfehlerfrei ergangenen Entscheidung des beklagten Berufungsausschusses grundsätzlich nicht geltend gemacht werden können.
Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, ungeachtet der für den Planungsbereich Bodenseekreis in der Arztgruppe der HNO-Ärzte angeordneten Zulassungsbeschränkungen dort zur vertragsärztlichen Tätigkeit zugelassen zu werden. Ein solcher Rechtsanspruch könnte sich, von einer hier nicht in Betracht kommenden Sonderbedarfszulassung abgesehen, allein aus Art 33 § 3 Abs 1 Satz 1 GSG ergeben. Danach ist einem Antrag auf Zulassung als Vertragsarzt, der bis zum 31. Januar 1993 gestellt wird, auch dann zu entsprechen, wenn Zulassungsbeschränkungen nach dem 1. Januar 1993 gemäß § 103 Abs 1 SGB V angeordnet sind. Diese Übergangsregelung erfaßt den Kläger nicht, weil er seine Zulassung nicht wirksam bis zum 31. Januar 1993 beantragt hat.
Die Privilegierungswirkung des Art 33 § 3 Abs 1 Satz 1 GSG kommt, wie der Senat bereits mit Urteil vom 2. Oktober 1996 (BSGE 79, 152, 155 = SozR 3-2500 § 103 Nr 1 S 4) entschieden hat, nur solchen Zulassungsanträgen zugute, die nach den Vorschriften der Zulassungsordnung für Vertragsärzte (Ärzte-ZV) wirksam gestellt worden sind. Nach § 18 Abs 1 Satz 3 Ärzte-ZV ist dem Zulassungsantrag ua ein Auszug aus dem Arztregister beizufügen, aus dem der Tag der Approbation, der Tag der Eintragung in das Arztregister und ggf der Tag der Anerkennung des Rechts zum Führen einer bestimmten Gebietsbezeichnung hervorgehen müssen. Die Regelung trägt der Vorschrift des § 95 Abs 2 Satz 1 SGB V Rechnung, wonach sich um die Zulassung als Vertragsarzt jeder Arzt bewerben kann, der seine Eintragung in ein Arztregister nachweist. Diese Bestimmung ist die Grundlage für das zweistufig aufgebaute Zulassungsverfahren, dessen erste Stufe die Eintragung in das Arztregister bildet und dessen zweite Stufe die daran anschließende Entscheidung über einen konkreten Zulassungsantrag beinhaltet (vgl BSG SozR 3-2500 § 95 Nr 10 S 42). Der Kläger hat seinem formlosen Zulassungsantrag vom 26. Januar 1993 den Nachweis über eine bereits erfolgte Eintragung in ein Arztregister nicht beigefügt und seinen Antrag auch bis zum hier maßgeblichen Zeitpunkt des 31. März 1993 nicht entsprechend ergänzt.
Zulassungsanträge, denen die Bestätigung über eine bereits erfolgte Eintragung in das Arztregister nicht beigelegen hat, können die begünstigende Wirkung des Art 33 § 3 Abs 1 Satz 1 GSG allenfalls dann auslösen, wenn der Zulassungsbewerber bis zum 31. März 1993 tatsächlich in ein Arztregister eingetragen war bzw einen Rechtsanspruch darauf gehabt hat, spätestens zu diesem Zeitpunkt in das Arztregister eingetragen zu werden. Nach § 95 Abs 2 Satz 3 SGB V – in der bis zur Neufassung durch das GSG mit Wirkung vom 1. Januar 1994 (Art 35 Abs 3 iVm Art 1 Nr 51 Buchstabe b, Doppelbuchstabe c GSG) weitergeltenden und deshalb hier noch anwendbaren Fassung des Gesundheits-Reformgesetzes (vom 20. Dezember 1988, BGBl I S 2477) iVm § 3 Abs 2 Buchst b Ärzte-ZV – ebenfalls in der bis zum 31. Dezember 1993 geltenden Fassung – war Voraussetzung für die Eintragung in das Arztregister die Ableistung einer einjährigen Vorbereitungszeit, von der mindestens sechs Monate als Assistent oder Vertreter eines Kassenarztes zu absolvieren waren (§ 3 Abs 3 Satz 1 Ärzte-ZV aF). Die gesamte Vorbereitungszeit mußte spätestens bis zum 31. März 1993 abgeschlossen sein, damit über einen im Januar 1993 gestellten Zulassungsantrag ohne Berücksichtigung von Zulassungsbeschränkungen entschieden werden konnte. Das ergibt sich aus Art 33 § 3 Abs 1 Satz 3 GSG, wonach abweichend von § 95 Abs 2 Satz 1 SGB V ein Zulassungsantrag bis zum 31. Januar 1993 auch dann gestellt werden konnte, wenn die Vorbereitungszeit vor dem 5. November 1992 begonnen hat und vor dem 1. April 1993 abgeschlossen worden ist. Aus dieser Vorschrift folgt, daß dann, wenn ein Zulassungsbewerber bis zum 31. Januar 1993 noch nicht in ein Arztregister eingetragen war, ein privilegierter Zulassungsanspruch nur besteht, wenn die fehlende Arztregistereintragung allein darauf beruht, daß der Bewerber die Vorbereitungszeit noch nicht vollständig absolviert hatte, diese (letzte) Voraussetzung für die Arztregistereintragung aber spätestens bis zum 31. März 1993 nachgewiesen wird.
Sinn und Zweck der Übergangsvorschrift des Art 33 § 3 Abs 1 GSG ist es, diejenigen Ärzte zu begünstigen, die vor Inkrafttreten des GSG am 1. Januar 1993 die Voraussetzungen für die Zulassung zur vertragsärztlichen Tätigkeit erfüllt hatten und nicht mit der Einführung von Zulassungsbegrenzungen hatten rechnen müssen (vgl BSGE 79, 152, 155 = SozR 3-2500 § 103 Nr 1 S 5). Diese Begünstigungswirkung sollte auch solche Ärzte erfassen, die vor Bekanntwerden des „Lahnsteiner Entwurfs” zum GSG am 5. November 1992 ihren Wunsch nach Aufnahme der kassen- bzw vertragsärztlichen Tätigkeit dadurch ins Werk gesetzt hatten, daß sie die für die Eintragung in das Arztregister erforderliche Tätigkeit als Assistent oder Vertreter eines Kassenarztes bereits aufgenommen hatten. Diejenigen Ärzte dagegen, die bis zum 5. November 1992 noch nicht damit begonnen hatten, durch die Aufnahme zur Vorbereitungszeit nach § 3 Abs 2 Buchstabe b Ärzte-ZV in der bis zum 31. Dezember 1993 geltenden Fassung die Voraussetzungen für ihre Zulassung zur vertragsärztlichen Tätigkeit zu schaffen, sollten nicht mehr in den Genuß einer Zulassung auch in überversorgten Gebieten gelangen.
Der Kläger, der zu keinem Zeitpunkt als Assistent oder Vertreter in einer vertragsärztlichen Praxis tätig war, wird damit von Art 33 § 3 Abs 1 GSG nicht erfaßt. Entgegen seiner Auffassung kann er auch nicht aufgrund seiner bisherigen Tätigkeit so gestellt werden, als hätte er die Vorbereitungszeit in einer vertragsärztlichen Praxis zurückgelegt. Seine Tätigkeit als Assistenzarzt an der Poliklinik der Universität Bonn vom 1. August 1988 bis zum 30. September 1989 steht nicht der von § 3 Abs 3 Satz 1 Ärzte-ZV aF geforderte Beschäftigung als Assistent oder Vertreter eines Vertragsarztes gleich, weil zwischen diesen Tätigkeiten gewichtige Unterschiede gegeben sind. Die Ableistung eines Teils der für die Eintragung in das Arztregister notwendigen Vorbereitungszeit in der Praxis eines zugelassenen Vertragsarztes soll, wie der Senat für die vertragszahnärztliche Versorgung entschieden hat, sicherstellen, daß der Arzt die Bedingungen und Erfordernisse der Erbringung vertragsärztlicher Leistungen in eigener Tätigkeit in der Praxis eines niedergelassenen Vertragsarztes kennengelernt hat, bevor er selbst als Vertragsarzt in eigener Praxis zugelassen wird (Urteil vom 8. Mai 1996, BSG SozR 3-2500 § 95 Nr 10 S 42). In diesem Urteil hat der Senat die Tätigkeit als zur Versorgung der Versicherten der (früheren) Primärkassen ermächtigter und an der (früheren) vertragsärztlichen Versorgung der Versicherten beteiligter Zahnarzt für Kieferorthopädie in eigener Praxis der Beschäftigung als Assistent oder Vertreter eines Vertragszahnarztes grundsätzlich gleichgestellt, weil die Tätigkeit als ermächtigter Kieferorthopäde im wesentlichen unter den gleichen Bedingungen wie diejenige als zugelassener Vertragszahnarzt ausgeübt worden sei (aaO S 42/43). Eine entsprechende Gleichstellung der Tätigkeit als angestellter Arzt in einer Universitäts-Poliklinik und als Assistent oder Vertreter eines niedergelassenen Vertragsarztes ist indessen nicht möglich. Anders als der zur kieferorthopädischen Versorgung ermächtigte und in eigener Praxis tätige Zahnarzt wird der angestellte Arzt in einer Poliklinik weder mit den Problemen der Führung einer eigenen Praxis und der damit verbundenen Personalverantwortung gegenüber den Mitarbeitern noch mit der Erbringung und Abrechnung vertragsärztlicher Leistungen unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebotes (vgl § 72 Abs 2 SGB V) in einer freien Praxis (vgl § 32 Abs 1 Satz 1 Ärzte-ZV) vertraut gemacht.
Da der Kläger mithin die Voraussetzungen für eine privilegierte Zulassung nach Art 33 § 3 Abs 1 GSG nicht erfüllt, hätte der Zulassungsausschuß über seinen Zulassungsantrag gemäß Art 33 § 3 Abs 2 GSG nicht entscheiden dürfen, bevor der Landesausschuß der Ärzte und Krankenkassen die Feststellung über das Bestehen von Überversorgung nach § 103 Abs 1 Satz 1 SGB V getroffen hat. Der Kläger ist jedoch nicht dadurch in seinen Rechten verletzt, daß der Zulassungsausschuß seinen Antrag bereits am 22. Juni 1993 abgelehnt hat, während der Landesausschuß erst am 7. Juli 1993 die Feststellung der Überversorgung getroffen und entsprechend Zulassungsbeschränkungen angeordnet hat. Aus Art 33 § 3 Abs 2 Satz 2 GSG ergibt sich, daß Zulassungsanträge, die nach dem 31. Januar 1993 gestellt worden oder zumindest rechtlich so zu behandeln sind, wegen Zulassungsbeschränkungen auch dann abgelehnt werden müssen, wenn diese bei Antragstellung noch nicht angeordnet waren. Dem hat der Beklagte mit seinem Bescheid vom 6. Juli 1994, der allein Gegenstand des gerichtlichen Verfahrens ist, im Ergebnis zutreffend Rechnung getragen.
Der angefochtene Bescheid des Beklagten könnte danach nur dann fehlerhaft sein, wenn die Vorschriften über die Anordnung von Zulassungsbeschränkungen in den §§ 101, 103 SGB V falsch angewandt worden oder mit höherrangigem Recht unvereinbar sind. Beides ist nicht der Fall.
Die Regelungen über die Zulassungsbeschränkungen und die ihr zugrundeliegende Bedarfsplanung ergeben sich aus §§ 99 ff SGB V iVm §§ 12 ff Ärzte-ZV und aus den aufgrund der § 92 Abs 1 Satz 2 Nr 9, § 101 Abs 1 und 2 SGB V zu erlassenden und bereits erlassenen Richtlinien über die Bedarfsplanung (Bedarfsplanungs-Richtlinien-Ärzte vom 9. März 1993, BAnz Nr 110a vom 18. Juni 1993, mit späteren Änderungen). Für den allgemeinen bedarfsgerechten Versorgungsgrad legt der Bundesausschuß der Ärzte und Krankenkassen in den Richtlinien Verhältniszahlen fest (§ 101 Abs 1 Nr 1 SGB V), und zwar für die verschiedenen Arztgruppen getrennt, jeweils nach dem Verhältnis der Zahl der Einwohner zur Zahl der Kassen- und Vertragsärzte nach dem Stand vom 31. Dezember 1990 (Richtlinien aaO Nrn 7 und 8, mit Modifizierungen nach der mehr städtischen oder ländlichen Gebietsart gemäß Nrn 9, 10, 12). Die Abgrenzung der Planungsbereiche erfolgt in Anlehnung an die kommunalen Gliederungen (§ 101 Abs 1 Satz 5 SGB V, § 12 Abs 3 Satz 2 Ärzte-ZV iVm Richtlinien aaO Nrn 5 und 11 iVm Anlage 3). Wenn in einem Planungsbereich der bedarfsgerechte Versorgungsgrad bei einer Arztgruppe um 10 % überschritten wird, liegt eine Überversorgung vor (§ 101 Abs 1 Satz 2 SGB V, § 16b Abs 1 Ärzte-ZV iVm Richtlinien aaO Nrn 13 bis 15, 20, 21, mit Modifizierungen nach Nrn 16 bis 19), und der Landesausschuß der Ärzte und Krankenkassen ordnet für diesen Bereich und diese Arztgruppe Zulassungsbeschränkungen an (§ 103 Abs 1 und 2 SGB V, § 16b Abs 2 und 4 Ärzte-ZV).
Zulassungsbeschränkungen sind bisher in keiner Arztgruppe für alle Planungsbereiche angeordnet worden. Somit ist in keinem Fachgebiet dem Arzt die Möglichkeit der Zulassung völlig versperrt. Vielmehr hat es bislang für jede Arztgruppe noch immer eine nennenswerte Zahl zugänglicher Planungsbereiche gegeben (vgl die Meldungen der KÄVen über den Stand Anfang 1998: 25 % offene Planungsbereiche ≪Anfang 1997: 28 %≫, zusammengestellt in DÄ 1998, Beilage zu Heft 22/1998, S 5). Dies gilt auch für die hier betroffene Arztgruppe der HNO-Ärzte. Wie sich aus der genannten Zusammenstellung ergibt, waren Anfang 1998 bei den HNO-Ärzten 23 % der Planungsbereiche offen (Anfang 1997: 24 %). Seit dem 1. Juli 1997 ist auch gesetzlich abgesichert, daß für jede Arztgruppe eine ausreichende Zahl von Planungsbereichen zugänglich bleibt. Gemäß § 101 Abs 2 Nr 3 SGB V (eingefügt durch Art 1 Nr 35b des 2. GKV-Neuordnungsgesetzes ≪2. GKV-NOG≫ vom 23. Juni 1997, BGBl I S 1520) muß der Zugang zur vertragsärztlichen Versorgung für eine ausreichende Mindestzahl von Ärzten in den einzelnen Arztgruppen gewährleistet bleiben, weshalb nötigenfalls die bedarfsbezogenen Verhältniszahlen anzupassen oder neu festzulegen sind. Mithin können sich aus den Zulassungsbeschränkungen keine „absoluten” Zugangshindernisse ergeben. Es handelt sich vielmehr nur um örtliche Zulassungssperren.
Nach den vom Kläger im Revisionsverfahren nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts hat der Landesausschuß der Ärzte und Krankenkassen für den Planungsbereich Bodenseekreis und die Arztgruppe der Hals-Nasen-Ohren-Ärzte Zulassungsbeschränkungen angeordnet, weil insoweit ein Versorgungsgrad von 147,1 % festgestellt worden und damit der allgemeine bedarfsgerechte Versorgungsgrad um mehr als 110 % (vgl § 101 Abs 1 Satz 2 SGB V) überschritten worden ist.
Ein Anspruch des Klägers, ungeachtet der Zulassungsbeschränkungen zugelassen zu werden, läßt sich nicht aus verfassungsrechtlichen Gewährleistungen herleiten. Die gegen die Zulassungsbeschränkungen und die ihr zugrundeliegende Bedarfsplanung erhobenen verfassungsrechtlichen Bedenken greifen nicht durch. Ein Verstoß gegen Art 12 Abs 1 GG liegt nicht vor. Es ist auch nicht zu beanstanden, daß die Einzelregelungen in Richtlinien enthalten sind.
Was den grundrechtlichen Schutz der Berufsfreiheit gemäß Art 12 GG betrifft, so begrenzen die Zulassungsbeschränkungen nicht die stärker geschützte Freiheit der Berufswahl, sondern lediglich die Berufsausübung (zur Stufentheorie grundlegend BVerfGE 7, 377, 403 ff). Wird der Zugang nur zur kassen- bzw vertragsärztlichen Tätigkeit und nicht zum Arztberuf insgesamt eingeschränkt, so ist nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) und des Senats lediglich die Berufsausübung und nicht die Berufswahl betroffen (BVerfGE 11, 30, 41 ff; BSGE 73, 223, 226 = SozR 3-5520 § 25 Nr 1 S 4). Innerhalb der Berufsausübungsregelungen bestehen Abstufungen hinsichtlich des erforderlichen Gewichts der den jeweiligen Eingriff rechtfertigenden Gründe. So werden erhöhte Anforderungen gestellt, falls sie Beschränkungen der Berufswahl nahekommen. Dies ist zB dann der Fall, wenn der Zugang zur kassen- bzw vertragsärztlichen Tätigkeit – wie bis zum Jahre 1960 – umfassend gesperrt wird (BVerfGE 11, 30, 42-45; ebenso BVerfGE 12, 144, 147). Als berufswahlnahe Regelung hat der erkennende Senat auch die gesetzliche Zulassungssperre für über 55 Jahre alte Ärzte angesehen (BSGE 73, 223, 226 = SozR 3-5520 § 25 Nr 1 S 4; vgl ferner – betr Großgeräte-Standortplanung – BSGE 70, 285, 303 f = SozR 3-2500 § 122 Nr 3 S 22 f). Ein Eingriff, der einer Beschränkung der Berufswahl nahekommt, liegt demgegenüber bei den Zulassungsbeschränkungen aufgrund der §§ 99 ff SGB V, §§ 12 ff Ärzte-ZV nicht vor (ebenso zB Hess, KassKomm, § 103 SGB V, RdNr 3). Denn es handelt sich, wie dargestellt, nicht um absolute Zugangshindernisse, sondern lediglich um örtliche Zulassungsbeschränkungen. Dem Vertragsarzt ist der Zugang zur vertragsärztlichen Versorgung nur in bestimmten Planungsbereichen verwehrt, in anderen dagegen nicht. Es verhält sich hier ebenso wie bei anderen Berufen, bei denen nicht an jedem Ort, sondern nur in bestimmten Bereichen noch freie Arbeitsplätze zu finden sind. In dem Bestehen nur örtlicher Zulassungsbeschränkungen zeigt sich ein maßgeblicher Unterschied gegenüber den Zulassungsbeschränkungen, die Gegenstand des Kassenarzt-Urteils des BVerfG vom 23. März 1960 (BVerfGE 11, 30) waren und die die Zulassung zur kassenärztlichen Versorgung im gesamten Bundesgebiet vom Vorliegen eines Bedarfs aufgrund von starren Verhältniszahlen abhängig gemacht hatten.
Die strengeren Rechtmäßigkeitsanforderungen, die bei berufswahlnahen Ausübungsregelungen für Beschränkungen gemäß Art 12 Abs 1 Satz 2 GG erfüllt sein müssen, gelten mithin für die hier maßgeblichen Zulassungsbeschränkungen der §§ 99 ff SGB V, §§ 12 ff Ärzte-ZV nicht. Zur Rechtfertigung dieser nur örtlichen Zugangssperren reicht es vielmehr aus, wenn den allgemein für Berufsausübungsregelungen geltenden Anforderungen entsprochen ist. Sie müssen durch ausreichende Erwägungen des Gemeinwohls gerechtfertigt sein und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entsprechen; das gewählte Mittel muß also zur Erreichung des verfolgten Zwecks geeignet sowie erforderlich sein. Ferner muß bei einer Gesamtabwägung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht der ihn rechtfertigenden Gründe die Grenze der Zumutbarkeit gewahrt sein (vgl zB BVerfGE 94, 372, 390; 70, 1, 28; 68, 193, 218; ebenso BSGE 80, 256, 261 = SozR 3-2500 § 73 Nr 1 S 6 f).
Eine Überprüfung anhand dieser Maßstäbe ist den Gerichten allerdings nur begrenzt möglich. Es ist vorrangig die Aufgabe des Gesetzgebers, zu entscheiden, ob und welche Maßnahmen er im Interesse des Gemeinwohls ergreifen will. Ihm steht dabei eine weitgehende Gestaltungsfreiheit sowie ein weiter Einschätzungs- und Prognosespielraum zu (vgl BVerfGE 77, 84, 106; BSGE 73, 223, 226 f, 229 = SozR 3-5520 § 25 Nr 1 S 4 f, 7; BSGE 80, 9, 14 = SozR 3-2500 § 98 Nr 4 S 13). Nur wenn die Erwägungen des Gesetzgebers so offensichtlich fehlsam sind, daß sie vernünftigerweise keine Grundlage für gesetzgeberische Maßnahmen abgeben können, wenn also die Einschätzung des Gesetzgebers unvertretbar ist, können die Gerichte diese beanstanden (BVerfGE 91, 1, 29; 77, 84, 106; BSGE 73, 223, 227 = SozR 3-5520 § 25 Nr 1 S 4).
Nach den vorgenannten Grundsätzen stellen die mit dem GSG eingeführten Zulassungsbeschränkungen (§§ 99 ff SGB V, §§ 12 ff Ärzte-ZV) rechtmäßige Berufsausübungsregelungen iSd Art 12 Abs 1 Satz 2 GG dar. Ihnen liegen ausreichende Erwägungen des Gemeinwohls zugrunde, und der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ist nicht verletzt.
Der Gesetzgeber des GSG hat sich veranlaßt gesehen, der dramatischen finanziellen Entwicklung der gesetzlichen Krankenversicherung entgegenzuwirken (Begründung Entwurf zum GSG, BT-Drucks 12/3608 S 66, 72, 97). Er ist – gestützt auf gutachterliche Stellungnahmen der Enquete-Kommission „Strukturreform der gesetzlichen Krankenversicherung” und des Sachverständigenrates für die Konzertierte Aktion im Gesundheitswesen – zu der Auffassung gelangt, daß ein wesentlicher Grund für die dramatische Finanzentwicklung der gesetzlichen Krankenversicherung in dem Überangebot von Vertragsärzten liege. Die Ausgaben stiegen nämlich mit wachsender Arztzahl, weil der Arzt das Angebot und zugleich die Nachfrage nach medizinischen Leistungen mitbestimme (sog angebotsinduzierte Nachfrage, aaO S 72, 97 f). Daraus hat der Gesetzgeber gefolgert, daß der Ausgabenentwicklung durch eine Beschränkung der Zahl der Ärzte begegnet werden müsse, weil gleich wirksame andere Maßnahmen – wie Vergütungsregelungen – nicht vorhanden seien (aaO S 98 f). Deshalb hat er – neben anderen Maßnahmen, die direkt der Ausgabenbegrenzung dienen (aaO S 159 f) – den weiteren Zugang von Kassen- bzw Vertragsärzten in überversorgten Gebieten begrenzt, um eine dauerhafte finanzielle Entlastung der gesetzlichen Krankenversicherung zu erreichen und zur Beitragssatzstabilität beizutragen (aaO S 160 f iVm S 96 ff).
Die Einschätzung und Prognose des Gesetzgebers, daß eine Begrenzung des Zugangs von Ärzten zur finanziellen Stabilisierung der gesetzlichen Krankenversicherung beitragen werde, hat der Senat schon früher seinen Entscheidungen zugrunde gelegt und nicht beanstandet. Hieran wird festgehalten. Im Urteil vom 24. November 1993 (BSGE 73, 223, 227 ff = SozR 3-5520 § 25 Nr 1 S 5 ff) wird auf den in zahlreichen Untersuchungen herausgearbeiteten Mechanismus der „anbieterinduzierten Nachfrage” hingewiesen, wonach Ärzte in überversorgten Gebieten sich veranlaßt sehen könnten, die infolge geringerer Patientenzahlen je Arzt drohenden Einkommenseinbußen durch eine Ausweitung ihres Leistungsvolumens je Patient auszugleichen. Daher kann eine Begrenzung der Zahl der Vertragsärzte entscheidend dazu beitragen, den als untragbar angesehenen Ausgabenzuwachs in der gesetzlichen Krankenversicherung einzudämmen. Der Einwand, daß es – zB im Wege von Veränderungen im Vergütungssystem – andere gleich wirksame, aber weniger fühlbare Eingriffe gegeben hätte, greift nicht durch (BSGE 73, 223, 229 f = SozR 3-5520 § 25 Nr 1 S 7 f). Auf diese Bewertungen hat der Senat in seinem Urteil vom 18. Dezember 1996 Bezug genommen. Wie dort ausgeführt worden ist, sind die Einschätzungen zwar nicht unwidersprochen geblieben, aber auch nicht widerlegt worden (vgl BSGE 80, 9, 13 f = SozR 3-2500 § 98 Nr 4 S 12 für den zahnärztlichen Bereich). Sie sind ausreichend plausibel und hinsichtlich ihrer prognostischen Aussagen vertretbar (BSGE 73, 223, 229 = SozR 3-5520 § 25 Nr 1 S 7). Hieran hat sich bis heute nichts geändert (ebenso zB Breyer/Zweifel, Gesundheitsökonomie, 2. Aufl 1997, S 143, 145, 242 ff, 258). Mithin ist die Annahme des Gesetzgebers, daß sich durch eine Beschränkung der Zahl der Ärzte eine – durch die Morbiditätsentwicklung der Versicherten und den medizinischen Fortschritt nicht gerechtfertigte – Ausweitung der Leistungen und damit auch der Anstieg der Kosten begrenzen lasse, von seinem Einschätzungs- und Prognosespielraum gedeckt und kann nicht beanstandet werden.
Da die Regelungen über örtliche Zulassungsbeschränkungen zur finanziellen Stabilität und Funktionsfähigkeit der Gesetzlichen Krankenversicherung beitragen sollen, dienen sie einem Gemeinwohlbelang von hoher Bedeutung (BVerfGE 68, 193, 218; 70, 1, 30; 82, 209, 230; ferner BVerfGE 77, 84, 107), der sogar Eingriffe, die Beschränkungen der Berufswahl nahekommen, rechtfertigen würde (vgl BVerfGE 77, 84, 106 ff und BVerfGE 82, 209, 229 ff). Mithin ist er auf jeden Fall eine tragfähige Grundlage zur Rechtfertigung von örtlichen Zulassungsbeschränkungen, die sich nur als Berufsausübungsregelung erweisen. Demgemäß hat der Senat bereits in zwei früheren Urteilen ausgeführt, daß die Vereinbarkeit von Zulassungsbeschränkungen mit dem Grundrecht der zulassungswilligen Ärzte aus Art 12 GG sich erst dann als problematisch darstellen würde, wenn ein Arzt seinen Zulassungswunsch weder an dem von ihm gewünschten Ort noch in einem anderen Planungsbereich verwirklichen könnte (BSGE 79, 152, 157 f = SozR 3-2500 § 103 Nr 1 S 7 f und Urteil vom 3. Dezember 1997 – 6 RKa 64/96 –, zur Veröffentlichung vorgesehen).
Die Vereinbarkeit der örtlichen Zulassungsbeschränkungen mit Art 12 Abs 1 GG kann auch nicht mit Blick auf das in Satz 1 der Vorschrift besonders genannte Recht auf freie Wahl des Arbeitsplatzes in Frage gestellt werden. Dieses gewährt keinen grundsätzlich erhöhten Schutz, zumal keinen Anspruch auf Bereitstellung eines Arbeitsplatzes eigener Wahl (vgl BVerfGE 84, 133, 146 f; siehe auch BVerfGE 85, 360, 372 f; 92, 140, 150 f). Es kann jedenfalls in Fällen der hier vorliegenden Art nicht verletzt sein, in denen – wie ausgeführt – die Beschränkungen durch den wichtigen Gemeinwohlbelang der finanziellen Stabilität und Funktionsfähigkeit der gesetzlichen Krankenversicherung gerechtfertigt sind.
Die Zulassungsbeschränkungen unterliegen auch nicht deshalb rechtlichen Bedenken, weil – wie oben dargestellt – gemäß § 92 Abs 1 Satz 2 Nr 9, §§ 99, 101 SGB V, § 12 Abs 3 Ärzte-ZV zahlreiche Regelungen in Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen enthalten sind.
Der erkennende Senat geht im Ergebnis ebenso wie der 1. Senat des Bundessozialgerichts – BSG – (BSGE 81, 54, 64 = SozR 3-2500 § 135 Nr 4 S 20; BSGE 81, 73, 84 = SozR 3-2500 § 92 Nr 7 S 60) davon aus, daß sich dem GG nicht das Verbot entnehmen läßt, für einen begrenzten Sachbereich Satzungsautonomie auch auf eine Einrichtung zu übertragen, die von zwei Körperschaften gebildet und durch diese demokratisch legitimiert ist. Einer solchen Einrichtung kann die Befugnis zur Satzungsgebung eingeräumt werden, wenn von den Mitgliedern beider Körperschaften her eine (verbands-)demokratische Legitimation besteht. Dann kann die Einrichtung verbindliche Regelungen gegenüber den Mitgliedern beider Körperschaften treffen, und die Bindungswirkung kann auch auf die Mitglieder jeweils nachgeordneter weiterer Körperschaften erstreckt werden. Eine derartige Struktur weist der Bundesausschuß der Ärzte und Krankenkassen auf, dem die Befugnis eingeräumt ist, Regelungen mit normativer Wirkung für die ihn tragenden Körperschaften und für deren Mitglieder sowie für die Angehörigen der weiteren nachgeordneten Körperschaften zu erlassen. Der Bundesausschuß kann Richtlinien erlassen mit bindender Wirkung sowohl für die KÄVen und ihre Mitglieder – die Ärzte – als auch für die Krankenkassen und ihre Mitglieder – die Versicherten –. Von beiden Gruppen her, sowohl von den Ärzten als auch von den Versicherten, besteht eine ausreichende (verbands-)demokratische Legitimation. Hierfür ist – in Anlehnung an die Rechtsprechung des BVerfG zum allgemeinen Demokratieprinzip – eine kontinuierliche (ununterbrochene) Legitimationskette erforderlich, wobei ein nur mittelbarer Legitimationszusammenhang – eventuell vermittelt über mehrere Stufen – grundsätzlich ausreicht (vgl BVerfGE 47, 253, 275; 52, 95, 130; 77, 1, 40; 83, 60, 72 f). Eine solche Kette ergibt sich bei den betroffenen Ärzten dadurch, daß diese ihre Vertreter in die Vertreterversammlung der KÄV wählen (§ 80 Abs 1 Satz 1 SGB V), diese ihrerseits Vertreter in die Vertreterversammlung der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) wählt (§ 80 Abs 1 Satz 3 SGB V) und diese wiederum ihre Vertreter in den Bundesausschuß wählt (§ 5 Abs 2 der Satzung der KBV). Eine demokratische Legitimation besteht im übrigen aber auch (entgegen Ossenbühl NZS 1997, 497, 502) bei den Versicherten. Diese wählen im Rahmen der Sozialversicherungswahlen (§ 45 Sozialgesetzbuch – Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung ≪SGB IV≫) ihre Vertreter in den Verwaltungsrat der Krankenkasse (§ 46 iVm § 31 Abs 3a SGB IV), dieser wählt dann – sofern die Krankenkasse nicht ohnehin die Rechte und Pflichten des Landesverbandes wahrnimmt – seine Vertreter in den Verwaltungsrat des Landesverbandes (§ 209 Abs 2 Satz 2 iVm Abs 3 SGB V), dieser wiederum wählt seine Vertreter in den Verwaltungsrat des Bundesverbandes der Krankenkassen (§ 215 Abs 1 Satz 1 SGB V), und dieser bestimmt seine Vertreter für die Bundesausschüsse (vgl zB § 12 Abs 7 Nr 4 der Satzung des AOK-Bundesverbandes). Die Schlußfolgerung, daß der Bundesausschuß der Ärzte und Krankenkassen aufgrund seiner Struktur als gemeinsames Gebilde der ihn tragenden Körperschaften – der KBV und der Bundesverbände der Krankenkassen – verbandsdemokratisch legitimiert ist und dadurch die Verleihung autonomer Rechtsetzungsbefugnisse keinen verfassungsrechtlichen Bedenken unterliegt, läßt sich zusätzlich stützen durch den folgenden Vergleich. Die gleichen Ergebnisse und normativen Wirkungen hätte der Gesetzgeber erreichen können, indem er die Körperschaften ermächtigt, durch Verträge miteinander bindende Normen für ihre jeweiligen Mitglieder und diejenigen der weiteren nachgeordneten Körperschaften zu schaffen (sog Normsetzungsverträge, vgl zu deren Zulässigkeit zusammenfassend BSGE 81, 73, 83 f = SozR 3-2500 § 92 Nr 7 S 59). In der Weise zu differenzieren, daß zwar diese Struktur zulässig, die Bildung eines körperschaftsübergreifenden Ausschusses und der Erlaß untergesetzlicher Normen durch ihn aber unzulässig sein könnte, wäre verfassungsrechtlich nicht gerechtfertigt.
Vor dem Hintergrund dieser Legitimationsbasis hat der Senat schon bisher die Befugnis des Bundesausschusses zur Normkonkretisierung anerkannt, auch gerade im Bereich der Bedarfsplanung (vgl Senatsurteile vom 19. März 1997, BSG SozR 3-2500 § 101 Nr 1 S 3, und vom 3. Dezember 1997 – 6 RKa 64/96 –, zur Veröffentlichung vorgesehen). Er hat damit an seine Entscheidung zu den Richtlinien über die Einführung neuer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden (NUB-RL) angeknüpft (vgl das sog Methadon-Urteil vom 20. März 1996, BSGE 78, 70, 74 ff = SozR 3-2500 § 92 Nr 6 S 29 ff). Ebenso haben auch andere Senate des BSG die Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen als Maßstab richterlicher Kontrolle angesehen, ihre Bindungswirkung also grundsätzlich bejaht (betr NUB-RL Urteile des 1. Senats vom 16. September 1997, BSGE 81, 54, 63 ff = SozR 3-2500 § 135 Nr 4 S 18 ff; BSGE 81, 73, 80 ff = SozR 3-2500 § 92 Nr 7 S 55 ff; ebenfalls betr NUB-RL Beschluß des 10. Senats vom 9. Dezember 1997 – 10/4 BK 1/96 –; siehe weiterhin schon früher im Grundsatz ebenso, wenn auch mit anderer Begründung, das Urteil des 4. Senats vom 16. Dezember 1993, BSGE 73, 271, 287 ff = SozR 3-2500 § 13 Nr 4 S 27 ff betr Heil- und Hilfsmittel-Richtlinien des Bundesausschusses; vgl ferner das Urteil des 3. Senats vom 19. November 1997 – 3 RK 6/96 –, zur Veröffentlichung vorgesehen, betr NUB-RL mit Bezugnahme auf die Urteile des 1. und 6. Senats).
Der Senat hat es auch gebilligt, daß die Regelungen in den Richtlinien des Bundesausschusses nicht nur für diejenigen verbindlich sind, die bereits an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmen und dadurch in den Selbstverwaltungsgremien und auch in dem Bundesausschuß repräsentiert sind, sondern normative Wirkung gegenüber weiteren Betroffenen entfalten. Eine derartige Geltung – auch als Außenseitererstreckung bezeichnet – ist jedenfalls dann zulässig, wenn den Richtlinien-Bestimmungen gesetzliche Vorschriften zugrunde liegen, die deren Inhalt, Zweck und Ausmaß vorgeben und in denen die wesentlichen Fragen geregelt sind. Dieses Erfordernis hat der Senat in seinen Urteilen vom 19. März 1997 und vom 3. Dezember 1997 bei den für jene Fälle maßgeblichen Bestimmungen der Bedarfsplanungs-Richtlinien als erfüllt angesehen und sie dementsprechend seinen Entscheidungen über Klagen auf Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung zugrunde gelegt (BSG SozR 3-2500 § 101 Nr 1 S 3 und Urteil vom 3. Dezember 1997 – 6 RKa 64/96 –, zur Veröffentlichung vorgesehen; – jeweils anknüpfend an BSGE 78, 70, 80, 83 f = SozR 3-2500 § 92 Nr 6 S 35, 38 f).
Entsprechende engmaschigen Gesetzesvorgaben, die die Geltung gegenüber Außenstehenden rechtfertigen, bestehen auch für diejenigen Vorschriften der Bedarfsplanungs-Richtlinien-Ärzte, die Maßstab für das von dem Kläger – als noch Außenstehender – geltend gemachte Zulassungsbegehren sind (vgl deren 2., 3. und 4. Abschnitt). Die gesetzlichen Regelungen ergeben sich aus dem SGB V und der Ärzte-ZV (die insoweit als Gesetz erlassen ist, vgl Art 9 GSG, Art 102 des EWR-Ausführungsgesetzes vom 27. April 1993, BGBl I S 512, 2436, Art 14 des 2. GKV-NOG vom 23. Juni 1997, BGBl I S 1520). In § 92 Abs 1 Satz 2 Nr 9 SGB V ist allgemein bestimmt, daß der Bundesausschuß der Ärzte und Krankenkassen – und ebenso der Bundesausschuß der Zahnärzte und Krankenkassen – Richtlinien über die Bedarfsplanung beschließt. Die Vorschriften der §§ 99, 101 Abs 1 und 2 SGB V, § 12 Ärzte-ZV enthalten nähere Vorgaben für den Inhalt der Bedarfspläne und für die Abgrenzung der Planungsbereiche (vgl zu letzterem BSG, Urteil vom 3. Dezember 1997 – 6 RKa 64/96 –, zur Veröffentlichung vorgesehen) sowie für die Maßstäbe, Grundlagen und Verfahren zur Feststellung des allgemeinen Versorgungsgrades und der Überversorgung. Darin ist zB angeordnet, daß Verhältniszahlen für den allgemeinen bedarfsgerechten Versorgungsgrad festzulegen und bei Änderung maßgeblicher Umstände – oder auch zur Gewährleistung des Zugangs einer ausreichenden Mindestzahl von Ärzten in den einzelnen Arztgruppen zur vertragsärztlichen Versorgung – anzupassen bzw neu festzulegen sind (§ 101 Abs 1 Nr 1 SGB V und dessen Ergänzung durch den am 1. Juli 1997 in Kraft getretenen Abs 2). Gesetzlich geregelt ist auch, daß eine Überversorgung anzunehmen ist, wenn der allgemeine Versorgungsgrad um 10 % überschritten ist (§ 101 Abs 1 Satz 2 SGB V, § 16b Abs 1 Ärzte-ZV), und daß bei Überversorgung Zulassungsbeschränkungen – räumlich begrenzt und fachgruppenbezogen – anzuordnen sind (§ 103 Abs 1 und 2 SGB V, § 16b Abs 2 und 4 Ärzte-ZV).
Bei einem so dichten Gesetzesprogramm (vgl BSGE 78, 70, 83 = SozR 3-2500 § 92 Nr 6 S 38 f) ist es unbedenklich, daß die Richtlinien-Bestimmungen im Sinne einer sog Außenseitererstreckung auch Wirkung für Dritte entfalten, nämlich auch für diejenigen Ärzte, die bisher noch nicht an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmen und dadurch nicht in den Selbstverwaltungsgremien und dem Bundesausschuß repräsentiert sind, sondern ihre Zulassung erst erreichen wollen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs 1 und Abs 4 Sozialgerichtsgesetz.
Fundstellen
ArztR 1999, 2 |
MedR 1998, 553 |
SGb 1998, 264 |