Entscheidungsstichwort (Thema)

Subsumierung der Teilleistung

 

Orientierungssatz

1. Neben der Vergütung einer Leistung nach Nr 965 BMÄ ist die Vergütung nach Nr 958 BMÄ (jeweils in der bis 30.6.1978 geltenden Fassung) ausgeschlossen.

2. Es entspricht einem allgemeinen vergütungsrechtlichen Grundsatz, wonach eine Teilleistung neben der Vergütung der Gesamtleistung selbst dann nicht zusätzlich zu vergüten ist, wenn neben der Gesamtleistung die zu erbringende Teilleistung besonders hervorgehoben wird.

 

Normenkette

BMÄ Nr 965; BMÄ Nr 958

 

Verfahrensgang

LSG Niedersachsen (Entscheidung vom 23.06.1980; Aktenzeichen L 5 Ka 14/77)

SG Hannover (Entscheidung vom 23.11.1977; Aktenzeichen S 10 Ka 6/67)

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Leistung Nr 965 neben der Leistung Nr 958 Bewertungsmaßstab für Ärzte in der bis 30. Juni 1978 geltenden Fassung (BMÄ) abrechnungsfähig ist.

Der Beigeladene, der als Facharzt für Radiologie zur Kassenpraxis zugelassen ist, hat aufgrund eines auf Magen- und Thoraxdurchleuchtung lautenden Überweisungsauftrages vom 4. November 1974 neben der Nr 965 BMÄ (Magen-Zwölffingerdarm-Dünndarm-Kontrastuntersuchung mit Übersichts- und Serienaufnahmen) auch die Nr 958 BMÄ (Durchleuchtung von Körperhöhlen als selbständige Leistung) abgerechnet. Die beklagte Kassenärztliche Vereinigung (KÄV) hat den Berichtigungsantrag der Allgemeinen Ortskrankenkasse (AOK) abgelehnt. Das Sozialgericht (SG) hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Landessozialgericht (LSG) das Urteil des SG und die Bescheide der Beklagten aufgehoben und die Beklagte verurteilt, die Honorarabrechnung insoweit zu berichtigen, als neben der Nr 965 BMÄ auch die Nr 958 BMÄ abgerechnet worden ist. Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der Beklagten. Sie rügt die Verletzung formellen Rechts (§ 103 Sozialgerichtsgesetz - SGG -) und beantragt, das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen vom 23. Juni 1980 - L 5 Ka 14/77 - aufzuheben und die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Hannover vom 23. November 1977 - S 10 Ka 6/76 - zurückzuweisen.

Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist nicht begründet.

1. Die Verfahrensrüge der Beklagten nach § 103 SGG greift nicht durch. Darin, daß das LSG (zu der Frage, welche Bedeutung der Thoraxdurchleuchtung nach Nr 958 BMÄ neben der Leistung nach Nr 965 BMÄ zukomme) nur e i n e n Sachverständigen und erst in der mündlichen Verhandlung gehört hat, liegt kein Verfahrensmangel. Aus dem Vorbringen der Beklagten, erfahrungsgemäß bestehe nur in den seltensten Fällen eine einhellige Auffassung darüber, was aus medizinischer Sicht sachgemäß sei, läßt sich nicht herleiten, daß das LSG sich (aus seiner Rechtssicht heraus) hätte gedrängt fühlen müssen, weitere Ermittlungen anzustellen (vgl BSGE 40, 49, 50; Meyer-Ladewig, SGG mit Erläuterungen, 2. Aufl, Rdnr 20 zu § 103). Das Vorgehen des LSG war, ganz abgesehen von der rügelosen Einlassung der Beklagten, prozeßrechtlich zulässig. Besondere Umstände, aus denen sich für das LSG die Notwendigkeit einer weiteren Aufklärung hätte ergeben müssen, wurden von der Beklagten weder in der Revision vorgebracht noch ergeben sie sich aus dem Protokoll über die mündliche Verhandlung.

Der Senat ist daher an die tatsächliche Feststellung des LSG, daß bei der Magen-Zwölffingerdarm-Dünndarm-Kontrastuntersuchung mit Übersichts- und Serienaufnahmen (Nr 965 BMÄ) stets eine Durchleuchtung der Brustorgane (Nr 958 BMÄ) vorzunehmen ist, die in Art und Umfang der ausschließlich zur Erkennung von Erkrankungen der Brustorgane erforderlichen Durchleuchtung entspricht, gebunden (§ 163 SGG).

2. Trifft diese Feststellung aber zu, dann ist die rechtliche Beurteilung des LSG, daß neben der Vergütung der Leistung des Beigeladenen nach Nr 965 BMÄ eine Vergütung seiner Leistung nach Nr 958 BMÄ ausgeschlossen ist, rechtlich nicht zu beanstanden. Die Leistungsbeschreibung der Nr 958 BMÄ, nämlich die "Durchleuchtung von Körperhöhlen als selbständige Leistung", macht schon deutlich, daß diese Leistung nur dann berechnet werden kann, wenn sie nicht schon in einer anderen, der entsprechenden Untersuchung von Körperhöhlen geltenden Leistung enthalten ist. Das war hier aber nach den Feststellungen des LSG der Fall. Ein solcher Ausschluß (- so auch Brück, Komm BMÄ, 2. Aufl, Stand: 1. April 1978, S 1005/1006 -) wurde aber auch in Nr 967 BMÄ klargestellt, wonach die Durchleuchtung der Brustorgane nicht ua neben der Nr 965 berechnet werden kann. Er entspricht im übrigen einem allgemeinen vergütungsrechtlichen Grundsatz, wonach eine Teilleistung neben der Vergütung der Gesamtleistung selbst dann nicht zusätzlich zu vergüten ist, wenn neben der Gesamtleistung die zu erbringende Teilleistung besonders hervorgehoben wird. Da nach Nr 967 BMÄ, wie oben ausgeführt, die Durchleuchtung der Brustorgane nicht neben der Nummer 965 BMÄ berechnet werden kann, entspricht der Ausschluß aber auch der vom LSG herangezogenen Vorschrift des § 4 BMÄ, wonach eine Gebühr für eine Leistung nicht berechnet werden darf, "die nach den Leistungsansätzen des Gebührenverzeichnisses Teil einer anderen Leistung ist, wenn für die letztere eine Gebühr berechnet wird" (Grundsatz der Subsumierung der Teilleistung). Noch allgemeiner heißt es in Absatz 1 der Allgemeinen Bestimmungen des Einheitlichen Bewertungsmaßstabes 1978 (BMÄ '78), daß eine Leistung dann nicht abgerechnet werden kann, wenn sie Bestandteil einer anderen abrechnungsfähigen Leistung ist. Mit dem vom LSG erzielten Beweisergebnis ist diese Voraussetzung hier gegeben. Das ist offenbar auch die Ansicht der Beklagten, was sich daraus ergibt, daß sie über die Verfahrensrüge hinaus keine materielle Rechtsverletzung geltend gemacht hat. Wie oben ausgeführt, greift die Verfahrensrüge, das LSG hätte weitere Sachverständige hören müssen, aber nicht durch.

Die Revision konnte daher keinen Erfolg haben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1661674

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