Leitsatz (amtlich)

Letzter Beitrag im Sinne des AnVNG Art 2 § 14 S 2 ist derjenige Pflichtbeitrag, der als letzter vor 1957 entrichtet wurde.

 

Normenkette

AnVNG Art. 2 § 14 S. 2 Fassung: 1957-02-23; ArVNG Art. 2 § 14 S. 2 Fassung: 1957-02-23

 

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 10. Dezember 1959 wird zurückgewiesen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

Von Rechts wegen.

 

Gründe

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Pauschale für Ausfallzeiten vor dem 1. Januar 1957 nach Art. 2 § 14 des Angestelltenversicherungs-Neuregelungsgesetzes (AnVNG) nur soweit anzurechnen ist, als Zeiträume zwischen dem ersten und dem letzten Pflichtbeitrag vor dem 1. Januar 1957 nicht schon mit Versicherungszeiten belegt sind - wie die Beklagte meint - oder ob auch der Zeitraum zwischen diesem letzten Beitrag und dem 31. Dezember 1956 dann in derselben Weise mit zu berücksichtigen ist, wenn der Versicherte nach dem 31. Dezember 1956 weitere Versicherungsbeiträge entrichtet hat; diese Berechnungsweise begehrt der Kläger.

Der Kläger erhält seit der Vollendung seines 65. Lebensjahres (Juni 1958) von der Beklagten ein Altersruhegeld. Er hat vor 1957 bis Januar 1955 für 466 Monate Pflichtbeiträge geleistet und will ein Zehntel hiervon = 47 Monate als pauschale Ausfallzeit angerechnet haben. In der Zeit von Februar 1955 bis Dezember 1956 hat er keine, nach dem 1. Januar 1957 dagegen weitere Beiträge entrichtet, die das Landessozialgericht (LSG) nicht näher festgestellt hat. Die Beklagte hat die Pauschale auf 25 Monate gekürzt, weil der Zeitraum zwischen dem ersten und letzten Beitrag vor 1957 (April 1910 bis Januar 1955) nur in diesem Umfange Lücken enthält. Die Klage und die Berufung des Klägers waren ohne Erfolg. Nach der Ansicht des LSG wird der Zeitraum, der der pauschalen Berechnung der Ausfallzeit zugrunde liegt, durch Satz 2 des Art. 2 § 14 AnVNG auf die Zeit bis zum letzten Pflichtbeitrag vor 1957 begrenzt.

Mit der zugelassenen Revision beantragte der Kläger,

die Urteile der Vorinstanzen und teilweise auch den Bescheid der Beklagten aufzuheben und diese zur Erteilung eines neuen Bescheides zu verpflichten, der eine Ausfallzeit von 47 Monaten berücksichtigt.

Der Kläger hält Art. 2 § 14 AnVNG für verletzt.

Die Beklagte beantragte,

die Revision zurückzuweisen.

Die Beteiligten sind mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden.

Die Revision ist zulässig, aber unbegründet.

Die Anrechnung des Zehntels der mit Pflichtbeiträgen vor dem 1. Januar 1957 belegten Zeit ist unabhängig davon, ob überhaupt Ausfallzeiten i. S. des § 36 Abs. 1 des Angestelltenversicherungsgesetzes (AVG) vorhanden und ob die weiteren Voraussetzungen der Absätze 2, 3 für ihre Anrechenbarkeit erfüllt sind. Dagegen enthält Art. 2 § 14 in seinem zweiten Satz ein Gegenstück zu der Vorschrift des § 35 AVG Abs. 1, daß Versicherungszeiten und Ausfallzeiten bei der Ermittlung der anrechnungsfähigen Versicherungsjahre nur soweit zusammengerechnet werden dürfen, als sie nicht auf dieselbe Zeit entfallen. Das Gesetz hat aber für die Ausfüllung der vor 1957 liegenden Lücken im Versicherungsverlauf durch die pauschale Ausfallzeit des Art. 2 § 14 Satz 1 nicht den ganzen Zeitraum vom Eintritt in die Versicherung bis zum 31. Dezember 1956 zugrunde gelegt, sondern nur die Zeit "zwischen dem ersten und dem letzten Beitrag". Schon der Umstand, daß im vorausgehenden Satz derselben Vorschrift von Pflichtbeiträgen aus einer bestimmten Zeit die Rede ist, spricht dafür, daß mit dem ersten und letzten Beitrag im zweiten Satz nur Beiträge aus demselben Zeitraum gemeint sind. Eine solche Verknüpfung entspricht dem allgemeinen Sprachgebrauch. Die sprachliche Fassung der Vorschrift bietet dagegen keinen Anhalt für die vom Kläger vertretene Auffassung, auch jeder nach dem 31. Dezember 1956 entrichtete Beitrag könnte "letzter Beitrag" sein und die Einbeziehung der nicht mit Versicherungszeiten belegten Zeiträume zwischen dem letzten Pflichtbeitrag vor 1957 und dem 31. Dezember 1956 in die Pauschale rechtfertigen. Im übrigen würde diese Auslegung aber auch dazu führen, daß durch die Entrichtung auch nur eines weiteren Beitrages nach dem Inkrafttreten des Gesetzes eine (höhere) Anrechnung pauschaler Ausfallzeiten vor 1957 erreicht werden könnte. Die Neuregelungsgesetze haben aber an so vielen Stellen die Möglichkeit spekulativer Entrichtung von Versicherungsbeiträgen ausgeschlossen (z. B. für die Fortsetzung der Selbstversicherung und der freiwilligen Weiterversicherung oder für die Zulässigkeit der Vergleichsberechnung), daß der Senat es für unzulässig hält, den Satz 2 des § 14 entgegen dem allgemeinen Sprachgebrauch auszulegen; er ist vielmehr mit dem 5. Senat des Bundessozialgerichts (Urteil vom 27. Juni 1963 - 5 RKn 63/61-) der Ansicht, daß für die Auslegung der Worte "zwischen dem ersten und dem letzten Beitrag" sowohl der in Satz 1 bezeichnete Zeitraum vor dem 1. Januar 1957 als auch der dort bezeichnete Charakter der Beiträge als Pflichtbeitrag maßgebend ist. Mit dem "letzten Beitrag" i. S. des Art. 2 § 14 Satz 2 AnVNG ist daher der Pflichtbeitrag gemeint, der als letzter vor 1957 entrichtet wurde.

Die Revision des Klägers mußte somit zurückgewiesen werden.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI2379881

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