Leitsatz (amtlich)
Härteausgleich iS des BVG § 89 kann der Braut eines Gefallenen jedenfalls dann nicht gewährt werden, wenn nicht glaubhaft gemacht ist, daß beide Verlobten ernsthaft gewillt waren, einander alsbald zu heiraten.
Leitsatz (redaktionell)
In BVG § 89 treffen Vorschriften über Ermessensausübung und Rechtsanwendung zusammen. Aus der Unterscheidung zwischen der Ermächtigung zu einer Leistung ("Kann") und ihren materiell-rechtlichen Voraussetzungen ("besondere Härten") folgt, daß auch bei Vorhandensein besonderer Umstände der Antragsteller keinen Rechtsanspruch auf die Ausgleichsleistung hat: Die Verwaltung hat vielmehr im Falle "besonderer Härten" ihr Ermessen nach den Grundsätzen der Gleichbehandlung (GG Art 3 Abs 1) und mit Pflichtgebundenheit - im Gegensatz zur Willkür - auszuüben.
Der Begriff "besonderer Härten" ist als unbestimmter Rechtsbegriff auszulegen, dh sein allgemeiner Sinngehalt ist zu ermitteln und dabei aus dem Gesetz selbst auszulegen. Richtlinien oder Erlasse des BMA vermögen ihn nicht einzuschränken oder auszudehnen; sie können das Gesetz für die Anwendung durch die Verwaltungsbehörde nur erläutern und einen Spielraum ausfüllen, den das Gesetz ebenfalls gelassen hat.
An der ständigen Rechtsprechung des BSG, wonach die Nichtzulassung der Revision bindend ist und auch nicht unter dem Gesichtspunkt des wesentlichen Verfahrensmangels nachgeprüft werden kann, wird festgehalten. Eine Aufgabe dieser Rechtsprechung könnte - vorbehaltlich der SGG §§ 42, 43 - nach Auffassung des erkennenden Senats überhaupt nur erwogen werden, wenn sich in einem anhängigen Rechtsstreit hinreichende Anhaltspunkte dafür ergeben sollten, daß eine an sich gerechtfertigte Zulassung ohne die erforderlichen Überlegungen aus sachfremden Gründen oder gar aus Willkür unterblieben wäre.
Normenkette
BVG § 89 Fassung: 1950-12-20; SGG § 42 Fassung: 1953-09-03, § 43 Fassung: 1953-09-03; GG Art. 3 Abs. 1 Fassung: 1949-05-23
Tenor
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 7. November 1961 wird als unzulässig verworfen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Von Rechts wegen.
Gründe
I. Die 1908 geborene Klägerin hat 1939 dem während des Wehrdienstes im Polenfeldzug tödlich verunglückten Luftwaffenfeldwebel d. R. Johann B (Geburtsjahrgang 1913) unehelich ein Kind geboren. Sie begehrt für ihre Person Hinterbliebenenrente (Brautversorgung) im Wege des Härteausgleichs, nachdem zuvor der von ihr erhobene Anspruch auf Witwenrente (§§ 38 ff des Bundesversorgungsgesetzes - BVG -) 1952 von der Versorgungsverwaltung verneint worden war. Die Klägerin beruft sich ua darauf, daß ihr 1940 durch Beschluß des damaligen Reichsstatthalters in Hamburg die Bezeichnung Frau sowie der Familienname des toten Soldaten zuerkannt worden seien und daß auch der gemeinsame Sohn den Namen des Vaters führe. Jener habe vor dem Kriegseinsatz sich dem Verein "Lebensborn" und seiner Mutter gegenüber bereit erklärt, die Klägerin später zu heiraten. Nur sein Tod habe das verhindert. Bis 1945 sei ihr Witwenrente nach dem Wehrmachtsfürsorge- und Versorgungsgesetz (WFVG) gezahlt worden. Der Antrag der Klägerin auf Brautversorgung wurde vom Versorgungsamt (VersorgA) ebenfalls abgelehnt (Bescheid vom 16. Dezember 1954). Sie müsse als unverheiratet gelten; die seinerzeit mögliche nachträgliche Eheschließung von Frauen mit gefallenen Angehörigen der Wehrmacht habe sie nicht erwirkt. Die Voraussetzungen des § 89 BVG seien deshalb nicht erfüllt. Widerspruch (Widerspruchsbescheid vom 12. Juli 1955), Klage (Urteil vom 6. November 1958) und Berufung (Urteil vom 7. November 1961) führten nicht zum Erfolg. Das Landessozialgericht (LSG) stellte im Urteil fest, weder habe die Klägerin vorgetragen noch sei sonst ersichtlich, daß die Versorgungsbehörde bei der Anwendung des § 89 BVG, die eine Ermessensentscheidung darstelle, von ihrem Ermessen einen sachwidrigen Gebrauch gemacht oder dessen Grenzen überschritten habe. Zur Brautversorgung im Wege des Härteausgleichs habe das Bundesministerium für Arbeit (BMA) Richtlinien aufgestellt, nach denen insbesondere Voraussetzung sei, daß die beiderseitige ernsthafte Absicht zur alsbaldigen Eheschließung dargetan werde (vgl. BMA-Erlaß vom 24. August 1959 - Va 6 - 5299.5 - 3180/59 -). Bei dem vorliegenden Sachverhalt könne nicht als dargetan angesehen werden, daß die beiderseitige ernsthafte Absicht zu alsbaldiger Eheschließung bestand, wenn Johannes B, wie in dem Schreiben der "Lebensborn e. V." vom 17. August 1940 angegeben sei, "davon gesprochen habe", er werde die Klägerin "später" heiraten. Etwa in dieser Frage einen Mangel in der Würdigung der zu berücksichtigenden Tatsachen und damit einen Ermessensfehler festzustellen, sei nicht begründet. Revision wurde nicht zugelassen.
II. Die Klägerin legte form- und fristgerecht Revision ein. Sie rügt zunächst, daß das LSG die Revision nicht zugelassen habe, obwohl es sich um Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung handele (§ 162 Abs. 1 Nr. 1 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG -). Ferner sei der Sachverhalt nicht erschöpfend aufgeklärt. Die beabsichtigte alsbaldige Eheschließung sei von der Klägerin nicht nur behauptet, sondern diese Absicht sei von ihr für Herbst 1939 sowohl durch die Schreiben des "Lebensborn e. V." vom 17. August 1940 und 11. März 1941 wie auch durch die Erklärung der Mutter B vom 22. November 1954 dargetan und bewiesen worden. Letztere insbesondere sei in der Entscheidung des LSG nicht ausgewertet und beachtet worden (§ 128 SGG). Falls trotzdem das LSG den Sachverhalt für noch nicht genügend geklärt ansehen wollte, hätte es Zeugen aus der damaligen Umgebung der Verlobten hören müssen (§§ 103, 106 SGG). Die fehlende Beweisaufnahme sei ein Mangel im Verfahren. Ermessensentscheidung ohne vollständige Grundlage sei immer Ermessensmißbrauch. Schon die Versorgungsbehörde habe von ihrem Ermessen einen sachwidrigen Gebrauch gemacht und dessen Grenzen überschritten. Dabei seien auch wohlerworbene Rechte übergangen worden, denn der Klägerin sei vor 1945 bereits Witwenrente gewährt worden und nach "Treu und Glauben" habe sie diese Bezüge wieder erhalten müssen. Ein Verfahrensmangel zu Lasten des LSG liege schließlich in der Nichtberücksichtigung des Erfahrungssatzes des täglichen Lebens, daß vielfach in dem besonders vitalen Bayern gerade die ernsthaftesten Ehekandidaten zunächst sich von der Möglichkeit, von einer Frau Nachkommen zu bekommen, überzeugen, ehe sie diese ehelichen.
Die Klägerin beantragt,
unter Aufhebung des angefochtenen Urteils den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin Witwenrente in dem bisher beantragten Umfange zu zahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Revision als unzulässig zu verwerfen.
Die Entscheidung des LSG sei frei von Verfahrensmängeln. Die Rüge der Klägerin, daß das Berufungsgericht die ihm nach § 162 Abs. 1 Nr. 1 SGG obliegende Prüfung der Frage der Revisionszulassung nicht vorgenommen habe, sei eine durch nichts gerechtfertigte bloße Annahme, mit der die Statthaftigkeit der Revision nicht zu begründen sei. Eine Verletzung der Sachaufklärungspflicht (§§ 103, 106 SGG) liege nicht vor, denn bei Ermessensentscheidungen hätten die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit nur zu prüfen, ob die Verwaltungsbehörde von dem ihr eingeräumten Ermessen einen sachwidrigen Gebrauch gemacht oder die Ermessensgrenzen überschritten habe. Sie dürften dabei nur von dem Sachverhalt ausgehen, wie er im Zeitpunkt der Ermessensentscheidung bekannt war, dessen Überprüfung also nur im Rahmen des von der Versorgungsverwaltung festgestellten und ihrer Entscheidung zugrunde gelegten Sachverhalts vornehmen. Eine Würdigung der vorliegenden Beweise durch die Sozialgerichte komme bei Ermessensentscheidungen schon deshalb nicht in Frage, weil kein Gericht sein eigenes Ermessen an die Stelle des Ermessens der Verwaltung setzen dürfe.
III. Da die Revision vom LSG nicht zugelassen wurde, ist sie nur statthaft, wenn in dessen Verfahren ein wesentlicher Mangel gerügt wird und auch vorliegt (§ 162 Abs. 1 Nr. 2 SGG; BSG 1, 150) oder wenn bei der Beurteilung des ursächlichen Zusammenhangs einer Gesundheitsstörung oder des Todes mit einer Schädigung im Sinne des BVG das Gesetz verletzt ist (§ 162 Abs. 1 Nr. 3 SGG).
Eine Verletzung der versorgungsrechtlichen Kausalitätsnorm (Nr. 3) kommt im vorliegenden Rechtsstreit nicht in Betracht, da der Tod des im Wehrdienst verunglückten Johann Brunner als Schädigungsfolge außer Streit steht.
Die Voraussetzungen der Nr. 2 aber sind nicht erfüllt.
Gegenstand der Klage ist der Bescheid der Versorgungsverwaltung vom 16. Dezember 1954 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12. Juli 1955, mit dem die Gewährung von Witwenrente (Brautversorgung) an die Klägerin im Wege des Härteausgleichs (§ 89 BVG) abgelehnt worden ist. Die zunächst von der Klägerin erhobene Rüge, das LSG habe wegen der grundsätzlichen Bedeutung der einschlägigen Rechtsfragen die Revision zulassen müssen (§ 162 Abs. 1 Nr. 1 SGG), greift nicht durch. Das Bundessozialgericht (BSG) hat in ständiger Rechtsprechung entschieden, daß die Nichtzulassung der Revision bindend ist und daß sie auch nicht unter dem Gesichtspunkt des wesentlichen Verfahrensmangels nachgeprüft werden kann (BSG in SozR SGG § 162 Bl. Da 1 Nr. 1; Da 14 Nr. 55; BSG 2, 45 ff und 81 ff). Eine Aufgabe dieser Rechtsprechung könnte - vorbehaltlich der §§ 42, 43 SGG - nach Auffassung des erkennenden Senats überhaupt nur erwogen werden, wenn sich in einem anhängigen Rechtsstreit hinreichende Anhaltspunkte dafür ergeben sollten, daß eine an sich gerechtfertigte Zulassung ohne die erforderlichen Überlegungen aus sachfremden Gründen oder gar aus Willkür unterblieben wäre. Diesbezüglich sind jedoch von der Klägerin substantiierte Angaben nicht gemacht worden, und Anhaltspunkte sind auch sonst nicht zu finden. Daher ist, da nur eine positive Entscheidung über die Zulassung des Rechtsmittels in das Urteil aufgenommen werden muß, davon auszugehen, daß das Berufungsgericht die nach § 162 Abs. 1 Nr. 1 SGG gebotene Prüfung dem Gesetz gemäß vorgenommen hat.
IV. Unter den Beteiligten ist unbestritten, daß die Klägerin nicht mit dem im Wehrdienst tödlich verunglückten Johann Brunner verheiratet war, folglich nicht seine Witwe im Sinne der §§ 38 ff BVG ist und daher keinen Rechtsanspruch auf Hinterbliebenenrente besitzt. Für die von ihr begehrte Brautversorgung kommt daher allein § 89 BVG in Betracht. Nach dessen Wortlaut und Inhalt kann, sofern sich in einzelnen Fällen aus den Vorschriften dieses Gesetzes besondere Härten ergeben, mit Zustimmung des BMA ein Ausgleich gewährt werden. Mithin handelt es sich um eine Kannvorschrift und die Klägerin erstrebt eine Leistung, deren Gewährung im Ermessen des Beklagten steht. Ihre Klage richtet sich gegen die Ablehnung der Kannleistung. Sie stellt eine Aufhebungsklage, verbunden mit einer Klage auf Verpflichtung des Beklagten zum Erlaß eines neuen Bescheides dar (§ 54 Abs. 1 und 2 SGG; vgl. BSG 7, 46 ff). In solchen Fällen dürfen die Gerichte nur nachprüfen, ob die Versorgungsbehörde bei der Entscheidung über die Kannleistung die gesetzlichen Grenzen ihres Ermessens überschritten oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat (vgl. SozR zu BVG § 54 Bl. Ca 1 Nr. 1; BSG 10, 51 ff). Auch soweit das Gesetz neben der Ermächtigung zu Ermessenshandlungen und bei der Anwendung von Rechtsbegriffen einen Beurteilungsspielraum läßt, darf der Richter nur die Grenzen des Beurteilungsspielraums ziehen, diesen jedoch nicht einengen oder durch eigene Beurteilung ersetzen, wenn ihm die Beurteilung durch die Versorgungsbehörde zwar als vertretbar, indessen nicht als angemessen erscheint (vgl. Deutsches Verwaltungsblatt 1958, 435 und 837).
In § 89 BVG treffen Vorschriften über Ermessensausübung und Rechtsanwendung zusammen. Daß die Versorgungsverwaltung in den Fällen des § 89 Abs. 1 BVG zu Leistungen nach ihrem Ermessen berechtigt ist, ergibt sich aus dem Gesetzeswortlaut "kann gewähren" bzw. "kann gewährt werden". Mit den vorausgegangenen Worten, sofern sich in einzelnen Fällen "besondere Härten" ergeben, werden materiell-rechtliche Voraussetzungen hinzugefügt, bei deren Erfüllung die Versorgungsbehörde zur Gewährung eines Ausgleichs ermächtigt ist. Aus dieser Unterscheidung zwischen der Ermächtigung zu einer Leistung ("kann") und ihren materiell-rechtlichen Voraussetzungen ("besondere Härten") folgt, daß auch bei Vorhandensein besonderer Umstände der Antragsteller keinen Rechtsanspruch auf die Ausgleichsleistung hat. Die Verwaltung hat vielmehr selbst im Falle "besonderer Härten" ihr Ermessen nach dem Grundsatz der Gleichbehandlung (Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes - GG -) und mit Pflichtgebundenheit - im Gegensatz zur Willkür - auszuüben (vgl. Forsthoff, Lehrbuch des Verwaltungsrechts, Allgem. Teil, 7. Aufl. S. 84 ff). Der Begriff "besondere Härten" ist ein unbestimmter Rechtsbegriff, weil sein Inhalt und Umfang weitgehend ungewiß ist (vgl. Engisch, Einführung in das juristische Denken, S. 108). Das Gericht muß ihn also auslegen, d. h. seinen allgemeinen Sinngehalt ermitteln und dabei nachprüfen, ob die von der Versorgungsbehörde angewendete Auslegung dem Gesetz entspricht. Die unrichtige Auslegung eines Rechtsbegriffs durch die Verwaltung kann die Ausübung ihres Ermessens im konkreten Falle fehlerhaft machen, wenn sie sich dabei in ihrer Ermessensausübung gegenüber den Möglichkeiten, die das Gesetz bei richtiger Auslegung eröffnet, zu Unrecht eingeschränkt glaubt. Daß ein unbestimmter Rechtsbegriff hier im Rahmen einer Ermessensvorschrift verwendet wird, steht der Nachprüfung der Auslegung durch das Gericht nicht entgegen.
Der Begriff "besondere Härten" in § 89 Abs. 1 BVG ist aus dem Gesetz selbst auszulegen. Richtlinien oder Erlasse des BMA vermögen ihn nicht einzuschränken oder auszudehnen; sie können das Gesetz für die Anwendung durch die Verwaltungsbehörde nur erläutern und einen Spielraum ausfüllen, den das Gesetz allenfalls gelassen hat (vgl. BSG 7, 75 ff). Deshalb ist auch in dem von den Beteiligten angeführten Erlaß des BMA vom 24. August 1959 - Va 6 - 5299.5 - 3180/59 (vgl. "Der Versorgungsbeamte" 1959, 108) lediglich eine Erläuterung des Gesetzes und eine Anleitung zur gleichmäßigen Handhabung des Ermessens zu sehen, zumal der BMA in Fragen der Brautversorgung eine allgemeine Zustimmung nach § 89 Abs. 2 BVG nicht erteilt hat.
V. Die vom LSG für die Anwendung des § 89 Abs. 1 BVG festgestellten Tatsachen sind sowohl für die Ausübung des vom Gesetz zugewiesenen Ermessens (Kannleistung) wie auch für die Auslegung des Begriffs "besondere Härten" ausreichend. Das LSG hat festgestellt, daß die in Fällen der Brautversorgung allgemein als Voraussetzung für die Anwendung des Härteausgleichs gemäß § 89 BVG zu fordernde beiderseitige ernsthafte Absicht der Verlobten zur alsbaldigen Eheschließung aus den Schreiben des "Lebensborn e. V." nicht glaubhaft gemacht wird; sie bekunden nur, daß der verstorbene Johann B "davon gesprochen hat", er werde die Klägerin "später" heiraten. Dieser Feststellung steht auch die Erklärung der Mutter B vom 22. November 1954 nicht entgegen, denn sie gibt lediglich deren subjektive eigene Meinung wieder und ist zudem mit erheblichem Zeitabstand nachträglich abgegeben worden. Jene Erklärung steht außerdem in Widerspruch zur Haltung der Mutter B im Jahre 1938, wie aus der Revisionsbegründung ersichtlich wird.
Schriftverkehr des verunglückten Wehrmachtangehörigen selbst über ein etwaiges Eheversprechen (Verlöbnis), über Heiratsvorbereitungen und dergleichen aus der Zeit vor und nach der Geburt des Kindes oder nach seiner Einberufung wurden nicht beigebracht. Infolgedessen brauchte sich das LSG nicht gedrängt zu fühlen, von seinem Rechtsstandpunkt aus in weitere Ermittlungen über den Grad der Heiratsabsicht und über den Zeitpunkt künftiger Eheschließung einzutreten. In diesem Zusammenhang erscheint im übrigen nicht unbeachtlich, daß die Klägerin rund fünf Jahre älter ist als der verunglückte Johann B.
VI. Die zur Berücksichtigung besonderer Umstände hinsichtlich der Hinterbliebenenrente einer Witwe nach den Verwaltungsvorschriften (VV) zu § 38 Abs. 2 BVG entwickelten Grundsätze sind für den Fall der Klägerin nicht einmal vergleichsweise anwendbar. Eine Braut ist nicht allein nach Begriff und Sprachgebrauch, sondern ebenso nach der allgemeinen Auffassung des durch die Mehrheit der männlichen und weiblichen Staatsbürger gebildeten Volkes einer Ehefrau nicht gleichzusetzen. Das gilt selbst dann, wenn sie dem Verlobten bereits außer der Ehe ein Kind geboren hat. Die Klägerin hat im übrigen aber auch nichts darüber dargetan, daß sie mit dem Verstorbenen vor seiner Einberufung, aus Anlaß der zu erwartenden Geburt des Kindes oder zu sonstigen Zeiten eine dauerhafte Verbindung von Person zu Person, z. B. eine engere Wohn- und Lebensgemeinschaft unterhalten oder dessen persönliche Betreuung laufend wahrgenommen hat. Ferner fehlt jeglicher Beweis dafür, daß die Klägerin etwa im Hinblick auf eine bevorstehende Eheschließung ihre wirtschaftliche Existenz aufgegeben oder ihre eigene Lebensführung wesentlich verändert hat (vgl. VV Nr. 2 zu § 38 Abs. 2 BVG). Schließlich ist nichts darüber nachgewiesen, daß die Klägerin selbst oder ihr Kind jemals bei Verwandten des im Wehrdienst verunglückten Johann B Aufnahme gefunden oder mit ihnen familienähnliche Bindungen von Dauer gepflogen hat.
Nach alledem war nicht von einem besonderen Härtefall im Sinne des § 89 BVG auszugehen. Ein solcher ist auch um deswillen nicht gegeben, weil für den gemeinsamen Sohn die Hinterbliebenenversorgung als Waise für die gesetzliche Dauer gewährt worden ist, die Klägerin persönlich aber ihren Lebensunterhalt anderweit erworben hat. Ein Ermessens- oder Beurteilungsfehler liegt insoweit auch nicht etwa darin, daß der Klägerin eine möglicherweise bis zum Zusammenbruch 1945 gewährte Rente nicht weiterhin bewilligt worden ist. Es besteht kein Vertrauensschutz in Ansehung von Zahlungen, die während des Kriegsverlaufs unter anderen politischen, weltanschaulichen, ökonomischen und rechtlichen Vorstellungen vielleicht zuerkannt worden waren, falls gegenwärtig eine Rechtsgrundlage für derartige Leistungen nicht vorhanden ist.
Ein besonderer Erfahrungssatz des Inhalts endlich, daß in Bayern Ehekandidaten regelmäßig oder überwiegend erst eine Probe auf Nachkommenschaft vollziehen, ehe sie heiraten, hat keine Geltung. Im übrigen wäre ein solcher Brauch oder Mißbrauch auch nicht geeignet, einen besonderen Härtefall im Sinne des § 89 BVG zu schaffen.
VII. Insgesamt sind also weder Verstöße gegen §§ 103, 106 SGG noch gegen § 128 SGG nachweisbar. Der Sachverhalt ist frei von Ermessensfehlern und unter richtiger Auslegung des Rechtsbegriffs "besondere Härten" dem gesetzlichen Tatbestand nach § 89 BVG untergeordnet worden, wie das LSG zutreffend festgestellt hat. Zu dessen Lasten liegen wesentliche Verfahrensmängel nicht vor.
Die Revision ist daher nicht nach § 162 Abs. 1 Nr. 2 SGG statthaft. Sie muß mithin als unzulässig verworfen werden (§ 169 Satz 1 und 2 SGG).
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen