Leitsatz (redaktionell)
Zum Beitragszuschuß nach RVO § 381 Abs 4:
Rentenberechtigte Personen, die lediglich Familienhilfe nach den RVO §§ 205 ff erhalten, haben keinen Anspruch auf den Beitragszuschuß nach RVO § 381 Abs 4 S 1.
Normenkette
RVO § 381 Abs. 4 S. 1 Fassung: 1967-12-21
Verfahrensgang
SG Nürnberg (Entscheidung vom 24.02.1969) |
Tenor
Auf die Revision der Beklagten werden die Urteile des Bayerischen Landessozialgerichts vom 14. Oktober 1969 und des Sozialgerichts Nürnberg vom 24. Februar 1969 aufgehoben.
Die Klage wird abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
I
Die beklagte Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) gewährt der Klägerin seit 1. Januar 1958 Ruhegeld. Seit 1. Juli 1960 ist ihr Ehemann, der bis dahin bei der Barmer Ersatzkasse (BEK) pflichtversichert war, bei dieser freiwillig weiterversichert. Er zahlte zunächst Beiträge in Höhe von 42,- DM, die sich dann bis 1967 auf monatlich 79,- DM steigerten. Der Anteil an diesen Beiträgen für die Klägerin schwankte in den Jahren 1960 bis 1967 zwischen 13 und 15 DM monatlich.
Am 29. September 1967 beantragte die Klägerin die Gewährung des Beitragszuschusses nach § 381 Abs. 4 der Reichsversicherungsordnung (RVO). Diesen lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 16. Januar 1968 mit der Begründung ab, ein derartiger Zuschuß stehe den familienhilfeberechtigten Rentenempfängern nicht zu.
Das Sozialgericht (SG) hat die Beklagte verurteilt, der Klägerin für die Zeit vom 1. Juli 1960 bis 31. Dezember 1967 den Beitragszuschuß gemäß § 381 Abs. 4 RVO - beschränkt auf den jeweiligen Beitragsanteil, den der Ehemann der Klägerin zu seinem freiwilligen Krankenversicherungsbeitrag an die BEK in diesen Zeiträumen gezahlt hat - zu gewähren. Das Landessozialgericht (LSG) hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Klägerin sei zwar nicht Mitglied der BEK. Zwischen ihr und dieser Kasse beständen auch keine Rechtsbeziehungen, da der Ehemann jeweils den gesamten Beitrag schulde. Gleichwohl könne der Klägerin als Familienhilfeberechtigter der Anspruch auf einen Beitragszuschuß nach § 381 Abs. 4 Satz 1 RVO nicht versagt werden. Man könne nicht verlangen, daß der Familienhilfeberechtigte selbst Mitglied bei einem privaten Versicherungsunternehmen werden müsse, um den Zuschuß zu erhalten. Der Umstand, daß die Klägerin nicht Mitglied der BEK sei und daß der Beitrag von dem Ehemann mitentrichtet werde, spräche auch nicht gegen eine Auslegung des Gesetzes zugunsten der Klägerin, ebensowenig der Gesichtspunkt, daß nicht sie, sondern ihr Ehemann durch den Beitragsanteil belastet sei. Der ausscheidbare Betrag für die mitversicherte Klägerin decke auch das Versicherungsrisiko.
Gegen dieses Urteil hat die Beklagte die zugelassene Revision eingelegt. Sie trägt vor, die Vorschrift des § 381 Abs. 4 Satz 1 RVO lasse klar erkennen, daß nur freiwillige Mitglieder einen Anspruch auf den Beitragszuschuß zu ihrem Krankenkassenbeitrag hätten. Bei der Familienhilfe nach § 205 RVO sei der Familienangehörige weder Mitglied der Krankenkasse noch deren Beitragsschuldner. Auch stehe der Anspruch auf Familienkrankenpflege für den Angehörigen allein dem Versicherten zu. Dies werde ebenfalls durch Art. 1 § 1 Nr. 1 und 3 des Finanzänderungsgesetzes (FinÄndG) vom 21. Dezember 1967 (BGBl I 1259) bestätigt. Außerdem sei für die Gewährung des Beitragszuschusses weiter Voraussetzung, daß die Versicherung für den Angehörigen im Rahmen des gegenseitigen Versicherungsverhältnisses "versicherungsmäßig" durchgeführt werde.
Die Beklagte beantragt,
das angefochtene Urteil und das Urteil des SG Nürnberg vom 24. Februar 1969 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin ist nicht vertreten.
Die Beteiligten sind mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden (§ 124 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG -).
II
Die Revision ist begründet.
Wie der Senat in seinem Urteil vom 28. August 1970 - 3 RK 15/70 - (SozR Nr. 25 zu § 381 RVO) entschieden hat, steht einer Rentnerin, die nicht selbst freiwilliges Mitglied der gesetzlichen Krankenversicherung ist, sondern nur in der Versicherung ihres Ehemannes als Familienangehörige mitversichert ist (§ 205 RVO), kein Anspruch auf den Beitragszuschuß nach § 381 Abs. 4 Satz 1 RVO zu. Nach der genannten Vorschrift in der vor dem 1. Januar 1968 gültigen und für den vorliegenden Fall maßgebenden Fassung - sie deckt sich in dem entscheidenden Punkt mit der jetzt gültigen Fassung - erhalten Personen, die die Voraussetzungen für den Bezug einer Rente erfüllen, aber nicht zu den in § 165 Abs. 1 Nr. 3 und 4 RVO bezeichneten Personen gehören, auf Antrag von den zuständigen Trägern der Rentenversicherung zu ihrem Krankenversicherungsbeitrag einen hier näher bezeichneten Betrag, wenn sie nachweisen, daß sie als freiwillige Mitglieder in der gesetzlichen Krankenversicherung versichert sind. Die Klägerin erfüllt diese Voraussetzungen nicht. Sie ist nicht selbst freiwilliges Mitglied, sondern in der freiwilligen Versicherung ihres Ehemannes nach § 205 RVO mitversichert. Das Gesetz versteht unter einem "freiwilligen Mitglied" jedoch nur den Versicherten selbst, nicht aber den mitversicherten Familienangehörigen. Ob eine Mitversicherung unter entsprechenden versicherungsmäßigen Prämien im Rahmen der Familienversicherung bei einem Privatversicherungsunternehmen als freiwillige Versicherung im Sinne des Satzes 2 des § 381 Abs. 4 RVO anzusehen ist, kann hier - wie in BSG 20, 159, 160 - offen bleiben. Jedenfalls verlangt § 381 Abs. 4 Satz 1 RVO die Mitgliedschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung als Voraussetzung für einen Beitragszuschuß. Rentenberechtigte Familienangehörige, die Familienhilfe nach § 205 RVO erhalten, haben daher keinen Anspruch auf den Beitragszuschuß nach § 381 Abs. 4 Satz 1 RVO. Dies hat der Senat bereits in seinem Urteil vom 28. April 1965 - 3 RK 18/62 - ausgesprochen.
Das LSG erblickt zu Unrecht eine Härte für den nicht in der Rentnerkrankenversicherung pflichtversicherten Rentenberechtigten darin, daß er seinen Krankenversicherungsschutz nur über eine eigene freiwillige Versicherung erwerben konnte. War er nach § 176 Abs. 1 Nr. 4 RVO aF versicherungsberechtigt, so konnte er nach der Praxis der Krankenkassen ohne zusätzlichen Aufwand für ihn und unter Verrechnung des Beitragszuschusses nach § 381 Abs. 4 Satz 1 RVO mit dem geschuldeten Beitrag freiwilliges Mitglied in der gesetzlichen Krankenversicherung werden. Daß der Beitragszuschuß dabei voll für seinen Krankenversicherungsschutz in Anspruch genommen wurde und nicht, wie im Fall einer Gewährung an den Familienhilfeberechtigten, ganz oder teilweise ihm verblieben wäre, stellt keine Unbilligkeit dar. Es entspricht dies vielmehr dem Sinn des Gesetzes, die Versicherungsträger für die Last der Rentnerkrankenversicherung soweit wie möglich wirtschaftlich zu entschädigen. War der Rentner aber in der gesetzlichen Krankenversicherung nicht versicherungsberechtigt, so gehörte er zu dem Personenkreis, der außerhalb der gesetzlichen Krankenversicherung für seinen Krankenversicherungsschutz selbst sorgen und daher unter Umständen auch höhere Aufwendungen aufbringen mußte.
Allenfalls könnte man in dieser Begrenzung des Zutritts zur gesetzlichen Krankenversicherung eine Härte für den ausgeschlossenen Rentner erblicken. Dieser hat der Gesetzgeber jedoch dadurch Rechnung getragen, daß seit dem 1. Januar 1968 nach § 165 Abs. 1 Nr. 3 RVO idF des Art. 1 § 1 Nr. 1 Buchst. a FinÄndG alle Personen, welche die Voraussetzung für den Bezug einer Rente erfüllen und diese auch beantragt haben, ohne Rücksicht auf eine Vorversicherungszeit in der gesetzlichen Krankenversicherung pflichtversichert sind, sofern sie sich nicht nach § 173 a RVO befreien lassen. Für sie hat nunmehr der Rentenversicherungsträger nach § 381 Abs. 1 RVO Beiträge zu zahlen.
Auf die Revision der Beklagten müssen daher die Urteile der Vorinstanzen aufgehoben und die Klage abgewiesen werden.
Die Kostenentscheidung ergeht in entsprechender Anwendung des § 193 SGG.
Fundstellen