Leitsatz (amtlich)
Eine Rentnerin, die nicht freiwilliges Mitglied der gesetzlichen Krankenversicherung ist, sondern nur in der Versicherung ihres Ehemannes als Familienangehörige mitversichert ist (RVO § 205), hat keinen Anspruch auf den Beitragszuschuß nach RVO § 381 Abs 4 S 1.
Normenkette
RVO § 205 Fassung: 1930-07-26, § 381 Abs. 4 S. 1 Fassung: 1956-06-12
Tenor
Auf die Revision der Beklagten werden die Urteile des Bayerischen Landessozialgerichts vom 25. November 1969 und des Sozialgerichts München vom 15. April 1969 aufgehoben.
Die Klage wird abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Verfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe
I
Die beklagte Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) gewährte der Klägerin mit Bescheid vom 26. Juni 1967 ab 1. Oktober 1966 Rente wegen Berufsunfähigkeit in Höhe von monatlich 56,10 DM. Ihr bei der Deutschen Angestellten-Krankenkasse (DAK) in A freiwillig versicherter Ehemann leistete 1966 Beiträge in Höhe von monatlich 70,- DM, ab 1. Januar 1967 in Höhe von 78,- DM; der darin enthaltene Anteil für die Einbeziehung der Familienhilfe betrug bis 31. Dezember 1966 zunächst 16,- DM und anschließend 20,- DM. Mit Bescheid vom 7. Juli 1967 lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin auf Gewährung eines Beitragszuschusses nach § 381 Abs. 4 Satz 1 der Reichsversicherungsordnung (RVO) mit der Begründung ab, ein derartiger Zuschuß stehe dem familienhilfeberechtigten Rentenempfänger nicht zu.
Das Sozialgericht (SG) hat die Beklagte verurteilt, der Klägerin vom 1. Oktober 1966 an den Beitragszuschuß zur Krankenversicherung - beschränkt auf den Beitragsanteil - zu gewähren, den ihr Ehemann zu seinem Beitrag zu zahlen hat. Das Landessozialgericht (LSG) hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt: Die Klägerin sei zwar nicht Mitglied der DAK; zwischen ihr und dieser Kasse beständen auch keine Rechtsbeziehungen, da der Ehemann jeweils den gesamten Beitrag schulde. Gleichwohl könne der Klägerin als Familienhilfeberechtigten der Anspruch auf einen Beitragszuschuß nach § 381 Abs. 4 Satz 1 RVO nicht versagt werden. Man könne nicht verlangen, daß der Familienhilfeberechtigte selbst Mitglied bei einem privaten Versicherungsunternehmen werden müsse, um den Zuschuß zu erhalten. Der Umstand, daß die Klägerin nicht Mitglied der DAK sei und daß der Beitrag von dem Ehemann mitentrichtet werde, spräche auch nicht gegen eine Auslegung des Gesetzes zu Gunsten der Klägerin, ebensowenig der Gesichtspunkt, daß nicht sie, sondern ihr Ehemann durch den Beitragsanteil belastet sei. Der ausscheidbare Betrag für die mitversicherte Klägerin decke auch das Versicherungsrisiko, weil es sich um mehr als 1/5 bzw. ab 1. Januar 1947 mehr als 1/4 des Gesamtbeitrages handele, mithin um Beträge, die mehr als eine Anerkennungs- oder Verwaltungsgebühr seien. Demzufolge seien auch in den Fällen des § 205 RVO die Voraussetzungen des § 381 Abs. 4 RVO erfüllt. Das LSG hat die Revision zugelassen.
Die Beklagte hat gegen das Urteil Revision eingelegt. Sie trägt vor: Die Vorschrift des § 381 Abs. 4 Satz 1 RVO lasse klar erkennen, daß nur freiwillige Mitglieder einen Anspruch auf Beitragszuschuß zu ihrem Krankenkassenbeitrag hätten. Bei der Familienhilfe nach § 205 RVO sei der Familienangehörige weder Mitglied der Krankenkasse noch deren Beitragsschuldner; auch stehe der Anspruch auf Familienkrankenpflege für den Angehörigen allein dem Versicherten zu. Dies werde auch durch Art. 1 § 1 Nr. 1 und 3 des Finanzänderungsgesetzes vom 21. Dezember 1967 (BGBl I 1259) bestätigt.
Für die Gewährung des Beitragszuschusses sei auch weitere Voraussetzung, daß die Versicherung für den Angehörigen im Rahmen des gegenseitigen Versicherungsverhältnisses "versicherungsmäßig" durchgeführt werde. Das treffe aber für die Klägerin nicht zu, da der auf sie entfallende Betrag für die Inanspruchnahme der Familienhilfe im Durchschnitt nur 1/4 des Beitrages erreiche, den der Ehemann ohne Anspruch auf Familienhilfe hätte entrichten müssen.
Die Beklagte beantragt,
die Urteile des Bayerischen LSG vom 25. November 1969 und des SG München vom 15. April 1969 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Beide Beteiligten sind mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden.
Die Revision ist begründet.
Nach § 381 Abs. 4 Satz 1 RVO in der vor dem 1. Januar 1968 gültigen und für den vorliegenden Fall maßgebenden Fassung - die sich aber in dem entscheidenden Punkt mit der jetzt gültigen Fassung deckt - erhalten Personen, welche die Voraussetzungen für den Bezug einer Rente .... erfüllen, aber nicht zu den in § 165 Abs. 1 Nr. 3 und 4 RVO bezeichneten Personen gehören, auf Antrag von den zuständigen Trägern der Rentenversicherung zu ihrem Krankenversicherungsbeitrag einen hier näher bezeichneten Betrag, wenn sie nachweisen, daß sie als freiwillige Mitglieder in der gesetzlichen Krankenversicherung versichert sind. Diese Voraussetzung erfüllt die Klägerin nicht. Sie ist nicht selbst freiwilliges Mitglied, sondern in der freiwilligen Versicherung ihres Ehemannes nach § 205 RVO mitversichert. Unter einem "freiwilligen Mitglied" versteht das Gesetz aber nur den Versicherten selbst, nicht aber den mitversicherten Familienangehörigen. Wie in BSG 20, 159, 160 kann hier offen bleiben, ob eine Mitversicherung unter entsprechenden versicherungsmäßigen Prämien im Rahmen der Familienversicherung bei einem Privatversicherungsunternehmen als freiwillige Versicherung im Sinne des § 381 Abs. 4 Satz 2 RVO anzusehen ist. Jedenfalls verlangt § 381 Abs. 1 Satz 1 RVO die Mitgliedschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung als Voraussetzung für einen Beitragszuschuß. Daher haben rentenberechtigte Familienangehörige, die Familienhilfe nach § 205 RVO erhalten, keinen Anspruch auf den Beitragszuschuß nach § 381 Abs. 1 Satz 1 RVO, wie der Senat bereits in seinem Urteil vom 28. April 1965 - 3 RK 18/62 - ausgesprochen hat.
Zu Unrecht erblickt das LSG eine Härte für den nicht in der Rentnerkrankenversicherung pflichtversicherten Rentenberechtigten darin, daß er seinen Krankenversicherungsschutz nur über eine eigene freiwillige Versicherung erwerben konnte. War er nach § 176 Abs. 1 Nr. 4 RVO aF versicherungsberechtigt, so konnte er freiwilliges Mitglied in der gesetzlichen Krankenversicherung werden, und zwar nach der Praxis der Krankenkassen ohne zusätzlichen Aufwand für ihn unter Verrechnung des Beitragszuschusses nach § 381 Abs. 4 Satz 1 RVO mit dem geschuldeten Beitrag. Daß der Beitragszuschuß dabei voll für seinen Krankenversicherungsschutz in Anspruch genommen wurde und nicht wie im Fall einer Gewährung an den Familienhilfeberechtigten ganz oder teilweise ihm verblieben wäre, ist keine Unbilligkeit. Vielmehr entspricht dies dem Sinn des Gesetzes, die Versicherungsträger für die Last der Rentnerkrankenversicherung soweit wie möglich wirtschaftlich zu entschädigen. War der Rentner aber nicht versicherungsberechtigt in der gesetzlichen Krankenversicherung, so gehörte er zu dem Personenkreis, der außerhalb der gesetzlichen Krankenversicherung für seinen Krankenversicherungsschutz selbst sorgen mußte und daher ggf. auch höhere Aufwendungen aufbringen mußte.
Allenfalls hätte in dieser Begrenzung des Zutritts zur gesetzlichen Krankenversicherung eine Härte für den ausgeschlossenen Rentner erblickt werden können. Ihr hat der Gesetzgeber jedoch dadurch Rechnung getragen, daß seit dem 1. Januar 1968 nach § 165 Abs. 1 Nr. 3 RVO idF des Art. 1 § 1 Nr. 1 a des Finanzänderungsgesetzes 1967 vom 21. Dezember 1967 (BGBl I S. 1259) alle Personen, welche die Voraussetzung für den Bezug einer Rente erfüllen und diese beantragt haben, ohne Rücksicht auf eine Vorversicherungszeit in der gesetzlichen Krankenversicherung pflichtversichert sind (sofern sie sich nicht nach § 173 a RVO befreien lassen). Für sie hat nunmehr der Rentenversicherungsträger nach § 381 Abs. 2 RVO Beiträge zu zahlen.
Auf die Revision der Beklagten müssen daher die Urteile der Vorinstanzen aufgehoben worden; die Klage muß abgewiesen werden.
Die Kostenentscheidung ergeht in entsprechender Anwendung des § 193 SGG.
Fundstellen