Leitsatz (amtlich)
1. Bei der Gesamtentscheidung über den angemeldeten Rentenanspruch hat der deutsche Versicherungsträger neben deutschen auch österreichische Versicherungszeiten von insgesamt nicht zwölf Monaten (Art 26 Abs 4 SozSichAbk Österreich; sogenannte Minizeiten) auf die Höhe des Leistungsanspruchs auch dann anzurechnen, wenn die Wartezeit nur unter Berücksichtigung von Versicherungszeiten erfüllt ist, die in Mitgliedstaaten der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft zurückgelegt worden sind.
2. Offen bleibt, ob der deutsche Versicherungsträger befugt oder sogar verpflichtet ist, Leistungen aus Minizeiten zu verweigern, wenn bei Eintritt des Versicherungsfalles bereits ein dritter Staat Rentenleistungen aus diesen Zeiten gewährt.
Normenkette
SozSichAbkSchlProt AUT Nr. 2 Buchst. d; SozSichAbk AUT Art. 26 Abs. 4 S. 1 Fassung: 1974-03-29, Art. 2 Abs. 3; EWGV 1408/71
Verfahrensgang
LSG Rheinland-Pfalz (Entscheidung vom 10.09.1987; Aktenzeichen L 5 A 113/86) |
SG Speyer (Entscheidung vom 20.11.1986; Aktenzeichen S 8 A 22/86) |
Tatbestand
Streitig ist die rentensteigernde Anrechnung österreichischer Beitragszeiten.
Der im Jahre 1921 in der Tschechoslowakei geborene Kläger war ua von Dezember 1952 bis April 1953 in Österreich sozialversicherungspflichtig beschäftigt. Beiträge für fünf Kalendermonate wurden an die österreichische Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten (PVA) entrichtet. Anschließend arbeitete er in Irland und England (nachgewiesene Versicherungszeiten: 14 Monate und 156 Monate) und erwarb die britische Staatsangehörigkeit. Seit April 1969 lebte er in der Bundesrepublik Deutschland. Hier war er bis zum 30. Juni 1981 versicherungspflichtig beschäftigt (159 Monate Versicherungszeiten) und bezog anschließend bis zum 29. Juni 1982 Arbeitslosengeld.
Im Juni 1985 lehnte die PVA, bestätigt durch das Urteil des Schiedsgerichts der Sozialversicherung für Wien vom 17. Dezember 1985, die Gewährung einer vorzeitigen Alterspension ua mit der Begründung ab, für die Leistungsberechnung seien nicht mindestens 12 österreichische Versicherungsmonate zu berücksichtigen.
Mit dem streitigen Bescheid vom 11. April 1983 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. Januar 1986 bewilligte die beklagte Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) ab 1. Juli 1982 vorgezogenes Altersruhegeld nach § 25 Abs 2 des Angestelltenversicherungsgesetzes (AVG) aufgrund eines am 29. Juni 1982 eingetretenen Versicherungsfalles. Für die Erfüllung der Wartezeit rechnete sie neben den deutschen die irischen und englischen Versicherungszeiten an, ließ aber die fünf in Österreich zurückgelegten Beitragsmonate bei der Wartezeit- und Rentenberechnung außer Acht.
Das Sozialgericht (SG) Speyer hat die Beklagte unter Abänderung der angefochtenen Bescheide verurteilt, die in Österreich zurückgelegten Beitragszeiten in Höhe von fünf Kalendermonaten beim Altersruhegeld des Klägers zu berücksichtigen (Urteil vom 20. November 1986). Auf die Berufung der Beklagten hat das Landessozialgericht (LSG) Rheinland-Pfalz das erstinstanzliche Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen (Urteil vom 10. September 1987). Es hat ausgeführt: Zwar falle der Kläger unter den persönlichen Anwendungsbereich des deutsch-österreichischen Sozialversicherungsabkommens (DÖSVA). Jedoch seien die umstrittenen fünf Beitragsmonate nicht zu berücksichtigen, weil er die Wartezeit für den Anspruch auf vorgezogenes Altersruhegeld nur unter Anrechnung der in Großbritannien und Irland zurückgelegten Versicherungszeiten erfüllt habe. Dem DÖSVA lasse sich dagegen entnehmen, daß österreichische Versicherungszeiten vom deutschen Versicherungsträger nur abzugelten seien, wenn der Rentenanspruch ausschließlich aufgrund der in beiden Vertragsstaaten zurückgelegten Versicherungszeiten gegeben sei. Ziffer 2 Buchst d) des am 1. Juli 1982 in Kraft getretenen Schlußprotokolls zum DÖSVA idF des 3. Zusatzabkommens vom 29.August 1980 enthalte ein Verbot der Zusammenrechnung aller, auch in Drittstaaten zurückgelegter Versicherungszeiten. Die auf den Kläger anzuwendende Verordnung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) Nr 1408/71 bestimme nichts Gegenteiliges. Der vom Großen Senat (GS) des Bundessozialgerichts (BSG) im Beschluß vom 29. Mai 1984 (BSGE 57, 23 = SozR 2200 § 1250 Nr 20) festgestellte Zweck der zwischenstaatlichen Vereinbarungen, die Freizügigkeit der Wanderarbeitnehmer in sozialer Hinsicht abzusichern, könne ebensowenig zu einem anderen Ergebnis führen wie das vom Europäischen Gerichtshof (EuGH) entwickelte Günstigkeitsprinzip.
Mit der - vom LSG zugelassenen - Revision rügt der Kläger die Verletzung des Art 26 Abs 4 DÖSVA, dessen Anwendung weder durch die EWGV 1408/71 noch durch Bestimmungen des DÖSVA selbst ausgeschlossen sei. Schon der GS des BSG (aaO) habe ausgeführt, Art 2 Abs 2 DÖSVA stehe einer multilateralen Zusammenrechnung verschiedener ausländischer Versicherungszeiten mit deutschen Versicherungszeiten nicht entgegen. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus Ziffer 2 Buchst d) des Schlußprotokolls. Ein Versicherter aus der Europäischen Gemeinschaft sei so zu stellen, als ob er sämtliche Versicherungszeiten nur in einem Mitgliedstaat zurückgelegt hätte. Deshalb sei auch ein von einem Mitgliedstaat mit einem dritten Staat abgeschlossenes Abkommen über soziale Sicherheit anwendbar.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 10. September 1987 aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Speyer vom 20. November 1986 zurückzuweisen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Die Sozialversicherungsabkommen, die keine eigenen Rentenansprüche begründeten, seien grundsätzlich allein dazu bestimmt, die Berücksichtigung der im jeweils anderen Land zurückgelegten Versicherungszeiten sicherzustellen. Sie hätten nicht die Aufgabe zu regeln, wie sich dies im Verhältnis zu Beiträgen in Drittstaaten auswirke. Art 26 Abs 4 DÖSVA sei nicht anwendbar, weil der Rentenanspruch des Klägers nicht allein nach Art 26 Abs 1 DÖSVA bestehe. Die Einfügung der Ziffer 2 Buchst d) im Schlußprotokoll zum DÖSVA habe insoweit keine neue materiell-rechtliche Regelung geschaffen, sondern diene nur der Klarstellung.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Revision des Klägers ist begründet. Er hat gemäß Art 26 Abs 4 Satz 1 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Österreich über Soziale Sicherheit (DÖSVA) vom 22. Dezember 1966 (BGBl II 1969, S 1235) idF des Zweiten Zusatzabkommens vom 29. März 1974 (BGBl II 1975, S 254) Anspruch auf Zahlung des - bindend zuerkannten - vorgezogenen Altersruhegeldes unter Anrechung der fünf in Österreich zurückgelegten Beitragsmonate.
Gemäß Art 26 Abs 4 Satz 1 DÖSVA gewährt der Träger des Vertragsstaates, nach dessen Rechtsvorschriften für den Rentenbewerber Versicherungszeiten (dh Beitragszeiten und gleichgestellte Zeiten, Art 1 Nr 12 DÖSVA) von nur weniger als 12 Monaten für die Berechnung der Rente vorhanden sind, keine, der Träger des anderen Vertragsstaates die ohne die Anwendung des Art 27 Abs 4 (pro-rata-temporis-Berechnung) errechnete Rente. Nach Art 48 Abs 2 DÖSVA ist diese Bestimmung auch auf Versicherungszeiten anzuwenden, die vor dem Inkrafttreten des DÖSVA am 1. November 1969 (BGBl II 1969, S 2056) zurückgelegt worden sind. Die Vorschriften des DÖSVA, das keine Bestimmung seines persönlichen Geltungsbereichs enthält, gelten auch für den Kläger, einen britischen Staatsbürger, weil es als sog offenes Abkommen stets anzuwenden ist, wenn im Rahmen seines sachlichen Anwendungsbereiches rechtserhebliche Tatbestände erfüllt sind (vgl BSG SozR 2200 § 1250 Nr 11 S 14 mwN). Schließlich steht der Anwendung des Art 26 Abs 4 Satz 1 DÖSVA der Satz 2 der Vorschrift nicht entgegen, nach dem Satz 1 aaO nicht gilt, wenn nach den Rechtsvorschriften des ersten Vertragsstaates ohne Anwendung des Abs 1 Pensionsanspruch (Rentenanspruch) besteht, weil der Kläger keinen Anspruch auf eine österreichische Pension hat (Urteil des Schiedsgerichts der Sozialversicherung für Wien vom 17. Dezember 1985).
Nach Satz 1 aaO hat die Beklagte das vorgezogene Altersruhegeld, das sie dem Kläger gewährt, unter Berücksichtigung der fünf in Österreich zurückgelegten Beitragsmonate zu errechnen. Voraussetzung ist, daß sie nach den Rechtsvorschriften des Staates, in dem sie zurückgelegt worden sind, hier: Österreich, für die Rentenberechnung berücksichtigungsfähig sind und daß nach den Rechtsvorschriften, die im anderen Vertragsstaat, dh in der Bundesrepublik Deutschland, anzuwenden sind, eine Rente zu zahlen ist (vgl Koch/Hartmann/Schmidt, Die Rentenversicherung im Sozialgesetzbuch, Zwischenstaatliches Sozialversicherungsrecht Bd I, Stand: Dezember 1986, Allgemeiner Teil, Anm 7.2.1 und ebendort, Österreich, Teil B, Art 26 Anm 5; Zielke/Reinhard, DAngVers 1977, 193, 204). Nach der für die Beklagte maßgeblichen Auskunft der PVA (Mitteilung vom 29. August 1985) sind die in Österreich zurückgelegten Beitragszeiten dort anrechenbar. Der Kläger bezieht von der Beklagten vorgezogenes Altersruhegeld (Bescheid vom 11. April 1983). Weder die Feststellungen des LSG noch der Inhalt der von ihm in Bezug genommenen Akten bieten Anhaltspunkte dafür, daß dem Kläger bei Eintritt des Versicherungsfalles am 29. Juni 1982 von einem dritten Staat Rentenleistungen unter Anrechnung der fünf österreichischen Beitragsmonate gewährt worden sind. Es ist daher nicht zu entscheiden, ob die Beklagte im Falle einer solchen "Drittberücksichtigung" ggf befugt oder sogar verpflichtet wäre, Leistungen aus den hier umstrittenen Zeiten zu verweigern.
Dem Wortlaut des Vertrages, der - wie allgemein bei zwischenstaatlichen Sozialversicherungsabkommen (BSG SozR 6850 Art 5 Nr 1 S 3 mwN) - der Interpretation enge Grenzen setzt, sind keine weiteren Bedingungen für die Abgeltung österreichischer Versicherungszeiten von "insgesamt nicht 12 Monaten" (sog Minizeiten) durch den deutschen Versicherungsträger zu entnehmen. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus Sinn und Zweck der Vorschrift. Sie dient dazu, Kleinstrenten zu vermeiden, die Verwaltungsverfahren zu vereinfachen, gleichwohl dazu beizutragen, daß der Rentenanspruch des Wanderarbeitnehmers möglichst aus allen zurückgelegten Versicherungszeiten errechnet wird, und auf diese Weise die Freizügigkeit der Wanderarbeitnehmer zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Österreich rentenrechtlich, also in sozialer Hinsicht abzusichern (vgl BSGE 57, 23, 33 = SozR 2200 § 1250 Nr 20; Kania, DRV 1983, 465, 466). Zwar gehen diese Minizeiten nicht - wie bei einer echten Versicherungslastregelung - mit allen Konsequenzen in die Versicherung des anderen Vertragsstaates über, sondern bleiben für ihn ausländische Zeiten (Kania, aaO, S 474, Zielke/Reinhard, aaO, S 203). Sie sind jedoch - auflösend bedingt bis zum Erreichen des Mindestumfangs von 12 Monaten - den Versicherungszeiten des zur Leistung verpflichteten Vertragsstaates gleichgestellt (vgl Beschluß des erkennenden Senats vom 10. August 1982 - 4 RJ 107/80 - S 24, im wesentlichen veröffentlicht bei Wanders, Amtl. Mitt. LVA Rheinprovinz 1983, 281, 285). Dieser hat sie sowohl für den Anspruchserwerb als auch für die Höhe der Leistung nach Maßgabe seiner innerstaatlichen Rechtsvorschriften zu berücksichtigen (Denkschrift zum DÖSVA, BT-Drucks V/2584 zu Art 26 Abs 4, S 34).
Der Ansicht des Berufungsgerichts und der Beklagten, Art 26 Abs 4 Satz 1 DÖSVA greife nicht ein, weil der Kläger die nach § 25 Abs 7 Satz 2 AVG für das vorgezogene Altersruhegeld vorausgesetzte Wartezeit von 180 Kalendermonaten nicht allein mit seinen in der Bundesrepublik Deutschland zurückgelegten Versicherungszeiten oder mit diesen iVm den umstrittenen österreichischen Zeiten, sondern nur unter Zusammenrechnung mit den englischen und/oder irischen Versicherungszeiten erfüllt habe, kann nicht beigepflichtet werden. Das verlangt das DÖSVA nicht. Art 26 Abs 1 DÖSVA, auf den sich die Vorinstanz und die Beklagte stützen, regelt die Zusammenrechnung der nach den Rechtsvorschriften beider Vertragsstaaten zurückgelegten Versicherungszeiten -soweit sie nicht auf dieselbe Zeit entfallen - ua für den Erwerb des Leistungsanspruchs (Satz 1 aaO). Dabei richtet sich nach Satz 2 aaO das Ausmaß, in dem die Versicherungszeiten zu berücksichtigen sind, nach den Rechtsvorschriften des Vertragsstaates, in dessen Versicherung sie zurückgelegt worden sind (hier: Österreich). Daß der Rentenanspruch allein durch deutsche und/oder österreichische Versicherungszeiten oder durch Zusammenrechnung solcher Zeiten begründet sein müßte, bestimmt diese Vorschrift nicht, zumal - wie die Beklagte zutreffend vorträgt - Sozialversicherungsabkommen keine eigenständigen Rentenansprüche begründen, sondern nur die innerstaatlich wirksamen rentenrechtlichen Regelungen der Vertragsstaaten koordinieren, indem sie einen Anspruch auf Rente ausschließlich nach innerstaatlich wirksamem Recht ggf unter Berücksichtigung ausländischer Versicherungszeiten entstehen lassen. Ob infolge dieser Koordinierung die Wartezeit für die begehrte Leistung erfüllt ist und ein Rentenanspruch besteht, richtet sich also ausschließlich nach dem Recht, das der zur Zahlung verpflichtete Leistungsträger anzuwenden hat (vgl Art 27 Abs 1 DÖSVA; Gobbers, Gestaltungsgrundsätze des zwischenstaatlichen und überstaatlichen Sozialversicherungsrechts, 1980, S 91; derselbe SGb 1978, 417, 419). Zu den "deutschen Rechtsvorschriften über die Rentenversicherung (ua) der Angestellten" (Art 1 Nr 3 DÖSVA), an welche die Beklagte als Teil der vollziehenden Gewalt gebunden ist (Art 20 Abs 3 des Grundgesetzes - GG), die sie also anzuwenden hat, gehört indessen nicht nur das AVG und das vom Deutschen Bundestag mit Zustimmung des Bundesrates nach Art 59 Abs 2 Satz 1 GG erlassene Zustimmungsgesetz zum DÖSVA vom 3. Juli 1969 (BGBl II S 1223), durch welches der Inhalt dieses völkerrechtlichen Vertrages nicht nur für die staatlichen Organe der Bundesrepublik Deutschland, sondern auch für die Beklagte und den Kläger verbindlich gemacht (transformiert) worden ist. Die Beklagte ist darüber hinaus auch - was keiner Darlegung bedarf - an die Bestimmungen der Verordnung (EWG) Nr 1408/71 (EWGV 1408/71) des Rates über die Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern, vom 14. Juni 1971 idF der EWGV 2001/83 vom 2. Juni 1983 (Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften - ABl EG - 1983 Nr L 230, 6) gebunden, die in allen Mitgliedstaaten der EWG unmittelbar geltendes Recht ist (Art 189 Abs 2 EWGVtr) und die sich auch auf den Kläger, einen britischen Staatsbürger, erstreckt (Art 2 Abs 1 EWGV 1408/71). Die Beklagte hat daher zutreffend neben den deutschen auch die englischen und irischen Versicherungszeiten des Klägers für die Erfüllung der Wartezeit (§ 25 Abs 7 Satz 2 AVG) und die Errechnung der Rente berücksichtigt. Da jede Versicherungszeit, welche die Beklagte nach einer von ihr innerstaatlich anzuwendenden Rechtsnorm zu berücksichtigen hat, in bezug auf ihre Fähigkeit, in die vom deutschen Recht der gesetzlichen Rentenversicherung geforderte Wartezeit einzugehen, die gleiche rechtliche Qualität hat (BSGE 57, 23, 30 = SozR 2200 § 1250 Nr 20; BSG SozR 6555 Art 34 Nr 1 S 6 = DAngVers 1982, 215, 217 f; Urteil des erkennenden Senats vom 29. November 1984 - 4 RJ 107/80; Winkler, SGb 1973, 123, 125; Gobbers, aaO, S 93; Lüdtke, BArbBl 1974, 324, 326), hatte sie auch die hier umstrittenen fünf österreichischen Beitragsmonate anrechnen müssen.
Eine für die Beklagte verbindliche Rechtsnorm, die es ihr untersagt, bei der Gesamtentscheidung über den angemeldeten Rentenanspruch des Klägers gemäß § 204 AVG iVm § 1631 der Reichsversicherungsordnung neben den Vorschriften der deutschen gesetzlichen Angestelltenversicherung (AVG und ergänzende Bestimmungen) und dem deutschen Zustimmungsgesetz zum DÖSVA andere sie bindende einschlägige Rechtsnormen (hier: EWG-Recht) anzuwenden, gibt es nicht, so daß es keiner Erörterung bedarf, ob ein solches Rechtsanwendungsverbot ohne Widerspruch ua gegen das Grundgesetz (GG) erlassen werden könnte. Soweit die Beklagte auf Art 2 Abs 3 DÖSVA hinweist, wonach "Rechtsvorschriften, die sich aus zwischenstaatlichen Verträgen mit dritten Staaten oder aus überstaatlichem Recht ergeben ..., im Verhältnis zwischen den Vertragsstaaten nicht zu berücksichtigen" sind, hat das BSG bereits in ständiger Rechtsprechung entschieden, daß diese Regelung einer Zusammenrechnung verschiedener ausländischer Zeiten mit deutschen Zeiten nicht entgegensteht (BSGE 57, 23, 30= SozR 2200 § 1250 Nr 20; BSG SozR 2200 aaO Nr 11 S 11 und 12). Die Vorschrift konkretisiert lediglich den völkerrechtlichen Grundsatz, daß kein Staat ohne seine Zustimmung durch Verträge oder durch Hoheitsakte internationaler Organisationen, an denen er nicht beteiligt ist, belastet werden darf (vgl Art 34, 35 des Wiener Übereinkommens über das Recht der Verträge vom 23. Mai 1969 - Wiener Vertragsrechtskonvention -, BGBl II 1985, S 926).
Auch Ziffer 2 Buchst d) des Schlußprotokolls zum DÖSVA idF des Dritten Zusatzabkommens vom 29. August 1980 (BGBl II 1982, S 415), das gemäß Art 49 DÖSVA Bestandteil des Abkommens ist, rechtfertigt nicht, die Rente des Klägers ohne seine in Österreich zurückgelegten Beitragsmonate zu errechnen. Nach dieser Vorschrift läßt der deutsche Träger, wenn außer den Voraussetzungen für die Anwendung des DÖSVA auch die Voraussetzungen für die Anwendung eines anderen Abkommens oder einer überstaatlichen Regelung erfüllt sind, bei Anwendung des DÖSVA das andere Abkommen oder die überstaatliche Regelung unberücksichtigt, soweit diese nichts anderes bestimmen. Diese Bestimmung ist am 1. Juli 1982 in Kraft getreten (BGBl II S 748), also erst nach Eintritt des Versicherungsfalles am 29. Juni 1982. Sie ist somit jedenfalls im vorliegenden Fall nicht anwendbar (vgl BSGE 57, 23, 34 = SozR 2200 § 1250 Nr 20). Es bedarf daher keiner Entscheidung, ob sie lediglich die frühere Rechtslage, die durch die Entscheidung des GS des BSG vom 29. Mai 1984 geklärt worden ist, klarstellend festgeschrieben hat oder aber - rechtsändernd - es dem deutschen Versicherungsträger verbieten soll, bei der Gesamtentscheidung über den Rentenanspruch für ihn verbindliches Europarecht und gültige Zustimmungsgesetze zu Sozialversicherungsabkommen mit Drittstaaten anzuwenden (zum Problemstand: Schuler/Schulte SGb 1981, 314, 316; Kania, aaO, S 471; Frank DAngVers 1985, 50, 51; von Maydell SGb 1985, 516, 517; Ebenhöch Kompass 1987, 269, 324; Baumeister RV 1985, 64, 65; Wanders, aaO, 291; Gobbers, aaO, 139).
Schließlich stehen Bestimmungen des Rechts der EWG, insbesondere der EWGV 1408/71 der Anrechnung österreichischer Versicherungszeiten neben britischen, irischen und deutschen Zeiten nicht entgegen, weil sich keine Bestimmung des Gemeinschaftsrechts über die Koordinierung der Sozialversicherungssysteme der Mitgliedstaaten hinaus - belastend - mit den Versicherungszeiten befaßt, die in einem Nichtmitgliedstaat zurückgelegt worden sind (EuGH SozR 6040 EWGV 3 Art 28 Nr 7; EuGH Urteil vom 5. Juli 1988 in der Rechtssache 21/87).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG).
Fundstellen