Orientierungssatz
1. Wird ein im Streit befindlicher Verwaltungsakt während des Berufungsverfahrens durch einen neuen abgeändert oder ersetzt, so wird der neue Verwaltungsakt nach SGG § 96 auch dann Gegenstand des Verfahrens, wenn die Berufung gegen den ersten Verwaltungsakt nach den SGG §§ 144 ff nicht statthaft ist. Es liegt ein wesentlicher Mangel des Verfahrens vor, wenn das LSG in einem solchen Falle nicht über den neuen Verwaltungsakt entschieden hat (Anschluß an BSG 1956-10-24 2 RU 114/55 = BSGE 4, 24).
2. Da sich die Statthaftigkeit der Berufung nach SGG § 150 Nr 3 nach dem Inhalt des Urteils der ersten Instanz richtet, kann der Kläger in einem Rechtsstreit, bei dem die Berufung nach SGG § 148 Nr 3 ausgeschlossen ist, nicht den Weg zum Berufungsverfahren dadurch eröffnen, daß er mit der Berufung eine neue Gesundheitsstörung als Schädigungsfolge geltend macht. Die Berufung könnte in einem solchen Falle nur dann statthaft sein, wenn das Gericht erster Instanz den Anspruch auf Feststellung einer höheren Rente auch deshalb als unbegründet angesehen hat, weil eine neue Gesundheitsstörung keine Schädigungsfolge sei; Hierbei ist es nicht erforderlich, daß der Kläger ausdrücklich beantragt hat, das neue Leiden als Schädigungsfolge festzustellen.
Normenkette
SGG § 96 Abs. 1 Fassung: 1953-09-03, § 144 Fassung: 1953-09-03, § 145 Fassung: 1958-06-25, § 146 Fassung: 1958-06-25, § 147 Fassung: 1958-06-25, § 150 Nr. 3 Fassung: 1953-09-03, § 148 Nr. 3 Fassung: 1958-06-25, § 149 Fassung: 1958-06-25
Tenor
1) Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts für das Saarland vom 19. Mai 1961 wird zurückgewiesen, soweit seine Berufung gegen das Urteil des Versorgungsgerichts für das Saarland vom 3. Januar 1958 als unzulässig verworfen worden ist.
2) Der Rechtsstreit wird an das Landessozialgericht für das Saarland zur Entscheidung über die in dem Rentenänderungsbescheid des Versorgungsamts N vom 6. Mai 1959 festgestellte Höhe der Rente zurückverwiesen.
3) Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens bleibt dem abschließenden Urteil vorbehalten.
Von Rechts wegen.
Gründe
Bei dem Kläger wurde durch Bescheid des Versorgungsamts (VersorgA) N vom 17. Oktober 1952 "Stecksplitter im Gehirn mit mehreren Kalkherden in der Umgebung desselben" als Versorgungsleiden nach dem Reichsversorgungsgesetz (RVG) bei einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 40 v. H. anerkannt. Im Juli 1955 stellte der Kläger einen Erhöhungsantrag, weil er wegen der infolge des anerkannten Leidens auftretenden Krampfanfälle seinen Beruf als Kraftfahrer nicht mehr ausüben könne. Nach Durchführung einer Kur im Hirnverletztenheim B wurde durch Rentenänderungsbescheid des VersorgA N vom 7. Juli 1956 nunmehr "Stecksplitter im Gehirn mit mehreren Kalkherden in der Umgebung desselben und mit nachfolgendem Krampfleiden" anerkannt und Rente nach einer MdE um 70 v. H. gewährt.
Gegen diesen Bescheid hat der Kläger Berufung (alten Rechts) beim Versorgungsgericht für das Saarland eingelegt und die Gewährung einer höheren Rente sowie eine Pflegezulage beantragt. Das Versorgungsgericht hat noch ein Gutachten von den Universitätskliniken im Landeskrankenhaus H - Nervenklinik - vom 12. November 1957 eingeholt. Der Sachverständige Oberarzt Dr. P hat ausgeführt, daß bei dem Kläger sicherlich eine Bereitschaft zu Krampfanfällen bestehe (endogenes Krampfleiden), daß aber auch nicht übersehen werden könne, daß eine Granatstecksplitterverletzung des Gehirns mit verkalkten Blutungsherden, also eine echte Hirnverletzung vorliege. Durch diese Hirnverletzung sei es zu einer Provokation der endogenen Anfallbereitschaft gekommen; die Einschätzung der MdE sei unter dem Aspekt von endogenen Faktoren bei den Krampfanfällen durchaus wohlwollend. Eine höhere Festsetzung der MdE über 70 v. H. hinaus komme nicht in Frage, solange nicht nachgewiesen sei, daß die Hirnverletzung selbst zu weiteren Komplikationen geführt habe. In dieser Hinsicht hätten sich jedoch bei der Untersuchung des Klägers keine Anhaltspunkte ergeben. In psychischer Hinsicht sei bei ihm eine dementive Entwicklung zu beobachten, während eine eigentliche epileptische Wesensänderung noch wenig in Erscheinung trete. Durch Urteil vom 3. Januar 1958 hat das Versorgungsgericht für das Saarland die Berufung des Klägers gegen den Bescheid des VersorgA N vom 7. Juli 1956 zurückgewiesen. Es hat sich dem Gutachten des Dr. P vom 12. November 1957 angeschlossen und eine MdE um 70 v. H. für ausreichend angesehen. Nach Ansicht des Versorgungsgerichts waren die Voraussetzungen zur Gewährung von Pflegezulage nicht gegeben, da der Kläger noch in der Lage sei, seiner Beschäftigung als Tankwart und Lagerarbeiter nachzugehen.
Gegen dieses Urteil des Versorgungsgerichts hat der Kläger Rekurs eingelegt, der mit der Einführung der Sozialgerichtsbarkeit im Saarland als Berufung auf das Landessozialgericht (LSG) für das Saarland übergegangen ist (§ 1 Nr. 9 des Gesetzes Nr. 629 vom 18. Juni 1958 - Amtsbl. 1958 S. 1224). Auf einen erneuten Verschlimmerungsantrag vom 18. Juni 1958 ist während des Berufungsverfahrens vor dem LSG ein Rentenänderungsbescheid des VersorgA N vom 6. Mai 1959 ergangen, durch den die MdE auf 80 v. H. festgesetzt und eine Pflegezulage in Höhe von monatlich 7500 frs gewährt worden ist.
In der mündlichen Verhandlung vor dem LSG am 19. Mai 1961 haben die Parteien übereinstimmend erklärt, daß eine Wesensänderung als Folge der Verwundung vorliegt. Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung beantragt, unter entsprechender Abänderung des Bescheides vom 7. Juli 1956 und des angefochtenen Urteils vom 3. Januar 1958 Pflegezulage der Stufe I für die Zeit vom 1. Oktober 1957 bis 31. Mai 1958 sowie unter zusätzlicher Anerkennung der Wesensänderung als DB-Folge unter Abänderung der Bescheide vom 7. Juli 1956 und 6. Mai 1959 und des angefochtenen Urteils vom 3. Januar 1958 Rente nach einer MdE um 100 v. H. zu gewähren. Das LSG für das Saarland hat den Beklagten unter entsprechender Abänderung der Bescheide vom 7. Juli 1956 und 6. Mai 1959 sowie des Urteils des Versorgungsgerichts vom 3. Januar 1958 verurteilt, dem Kläger die durch Bescheid vom 6. Mai 1959 festgesetzte Pflegezulage schon ab 1. Oktober 1957 zu gewähren. Im übrigen hat das LSG die Berufung als unzulässig verworfen; es hat die Revision zugelassen.
Das LSG ist in den Entscheidungsgründen seines Urteils, auf die im einzelnen Bezug genommen wird, davon ausgegangen, daß über die Pflegezulage weder in dem Bescheid vom 17. Oktober 1952 noch in dem Abänderungsbescheid vom 7. Juli 1956, sondern erstmalig durch das Urteil des Versorgungsgerichts vom 3. Januar 1958 entschieden worden ist. Hinsichtlich der Pflegezulage sei daher die Berufung des Klägers zulässig und auch begründet, da ihm die durch den Abänderungsbescheid vom 6. Mai 1959 vom 1. Juni 1958 an gewährte Pflegezulage schon vom 1. Oktober 1957 an zustehe. Zu diesem Zeitpunkt sei die Invalidisierung des Klägers wegen der Krampfanfälle erfolgt und dieser nicht mehr in der Lage gewesen, einer Arbeit nachzugehen. Spätestens von diesem Zeitpunkt an sei er auf die ständige Anwesenheit einer Pflegeperson angewiesen gewesen.
Das LSG hat weiter ausgeführt, daß die Berufung, soweit der Kläger mit ihr die Zahlung einer Rente nach einer MdE um 100 v. H. begehre, unzulässig sei. Insoweit handle es sich um die Neufestsetzung der Rente wegen Änderung der Verhältnisse; der Rekurs des Klägers sei hinsichtlich des Anspruchs auf Erhöhung der Rente nach § 92 des Gesetzes über das Verfahren in Versorgungssachen (VersorgverfG) unzulässig. Dabei könne dahingestellt bleiben, ob es sich bei der Wesensänderung - ihr Vorliegen unterstellt - um eine Gesundheitsstörung i. S. des RVG handle oder ob sie lediglich ein Symptom der als Versorgungsleiden anerkannten Hirnverletzung sei. Wenn der Rekurs aber unzulässig sei, so ergebe sich daraus nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) auch die Unzulässigkeit der Berufung (neuen Rechts). Im übrigen sei die Berufung auch nach § 148 Nr. 3 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) unzulässig, da weder die Schwerbeschädigteneigenschaft oder die Gewährung der Grundrente streitig sei noch ein Ausnahmefall des § 150 SGG vorliege. Auch sei eine sachliche Prüfung hinsichtlich der Höhe der Rente nicht deshalb geboten, weil nach Einlegung des Rechtsmittels ein neuer Bescheid - der Änderungsbescheid vom 6. Mai 1959 - ergangen ist, durch den die Rente im Hinblick auf die inzwischen eingetretene Verschlimmerung auf 80 v. H. heraufgesetzt und darüber hinaus Pflegezulage in Höhe von 7500 frs monatlich gewährt worden ist. Der Bescheid vom 6. Mai 1959 sei nur insoweit Gegenstand des Berufungsverfahrens geworden, als er über die Pflegezulage entschieden habe. Im übrigen schließe aber die Unzulässigkeit der Berufung die Anwendung des § 96 SGG aus. Der entgegenstehenden Auffassung des BSG (BSG 4, 24) könne nicht gefolgt werden, da das BSG eine überzeugende Begründung für seine Auffassung nicht gegeben habe. Es sei ihm zwar zuzustimmen, daß ein Verfahren i. S. des § 96 SGG nur dann vorliegt, wenn es sich um ein "rechtshängiges" Verfahren handelt. Es sei jedoch entscheidend zu berücksichtigen, daß § 705 der Zivilprozeßordnung (ZPO) über § 202 SGG auch für das sozialgerichtliche Verfahren gelte. Nach § 705 Satz 2 ZPO werde der Eintritt der Rechtskraft nur durch die rechtzeitige - und formgerechte - Einlegung des Rechtsmittels gehemmt. Bei Unzulässigkeit der Berufung wegen Fristversäumnis oder Nichtbeachtung der Formvorschriften könne daher mit Ablauf der Rechtsmittelfrist ein neuer Verwaltungsakt nicht mehr Gegenstand des Verfahrens i. S. des § 96 SGG werden. In den Fällen, in denen das Rechtsmittel der Berufung seiner Art nach gegen Urteile der Sozialgerichte gegeben sei, im Einzelfall jedoch bei Vorliegen der Berufungsausschließungsgründe der §§ 144 ff SGG bzw. des § 92 VersorgVerfG jedoch nicht statthaft sei, werde allerdings der Eintritt der Rechtskraft nach § 705 ZPO zunächst einmal gehemmt. Mit der Verwerfung der Berufung erlasse aber das Rechtsmittelgericht keine konstitutive Entscheidung, vielmehr komme dem Urteil eine deklaratorische Wirkung dahingehend zu, daß das angefochtene Urteil wegen Unzulässigkeit der Berufung spätestens mit Ablauf der Berufungsfrist rechtskräftig geworden ist. In einem solchen Falle müsse somit davon ausgegangen werden, daß das die Berufung verwerfende Urteil die Rechtshängigkeit rückwirkend beseitige. Das habe zur Folge, daß die Anwendung des § 96 SGG bei unzulässiger Berufung nicht in Betracht komme, sei es daß der neue Verwaltungsakt von Anfang an wegen Fehlens der Rechtshängigkeit nicht Gegenstand des Berufungsverfahrens werden kann, sei es daß er durch die rückwirkende Beseitigung der Rechtshängigkeit der Nachprüfbarkeit durch das Berufungsgericht im Rahmen des anhängigen Verfahrens entzogen wird. Der neue Verwaltungsakt könne bei unzulässiger Berufung also nur mit den üblichen Rechtsbehelfen angefochten werden.
Dem könne auch nicht ein aus den Gesetzesmaterialien erkennbarer Wille des Gesetzgebers hinsichtlich der Anwendbarkeit des § 96 SGG auch bei unzulässiger Berufung entgegengehalten werden. Ein solcher Wille habe im Gesetz selbst keinen Ausdruck gefunden, da der ursprünglich für § 96 SGG vorgesehene Abs. 3 mit dem Wortlaut "Endet die Rechtshängigkeit der Klage gegen den früheren Verwaltungsakt, so bleibt der neue Verwaltungsakt Gegenstand des Verfahrens" gestrichen worden sei. Dagegen sei aus dem Gesetz der Wille des Gesetzgebers ersichtlich, daß in den Fällen, in denen die Berufung nach den §§ 144 ff SGG ausgeschlossen ist, grundsätzlich weder das LSG noch das BSG eine Entscheidung in sachlicher Hinsicht treffen sollten. Die Vorschriften der §§ 144 ff SGG würden aber umgangen, wenn der neue Verwaltungsakt auch bei unzulässiger Berufung eine sachliche Überprüfung durch das LSG, die sich damit im allgemeinen auch auf den vorhergehenden Verwaltungsakt erstrecken müßte, ermöglichen würde. Auch der Einwand, daß im Falle der Nichtanwendbarkeit des § 96 SGG bei unzulässiger Berufung eine erhebliche Rechtsunsicherheit heraufbeschworen würde, vermöge nicht durchzugreifen, da es dem Kläger bei Unklarheit darüber, ob die Berufung zulässig ist oder nicht, zugemutet werden könne, sicherheitshalber gegen den Abänderungsbescheid auch die allgemein vorgesehenen Rechtsbehelfe einzulegen. Komme es infolge der unklaren Formulierung des § 96 SGG trotzdem zu einer Fristversäumnis, so könne der betroffenen Partei Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt werden.
Gegen das am 29. Juni 1961 zugestellte Urteil des LSG hat der Kläger mit Schriftsatz vom 13. Juli 1961, eingegangen beim BSG am 14. Juli 1961, Revision eingelegt; er beantragt,
unter Aufhebung des Urteils des LSG für das Saarland vom 19. Mai 1961 die Sache zur erneuten Entscheidung an dieses Gericht zurückzuverweisen.
Der Kläger rügt in der Revisionsbegründung, auf die im einzelnen Bezug genommen wird, eine Verletzung des § 92 VersorgVerfG und der §§ 143, 150 Nr. 3, 96 SGG mit der Begründung, das LSG habe die gegen das Urteil des Versorgungsgerichts vom 3. Januar 1958 gerichtete Berufung zu Unrechtteilweise als unzulässig verworfen und unberechtigt über den Änderungsbescheid des Beklagten vom 6. Mai 1959 nicht vollständig entschieden. Mit Schriftsatz vom 18. Februar 1959 sei die Anerkennung einer "beginnenden epileptischen Demenz mit Wesensänderungen" als weitere Schädigungsfolge beantragt worden. Da es für die Beurteilung des Versorgungsanspruchs entscheidend darauf ankomme, daß alle vorliegenden Schädigungsfolgen bescheidmäßig anerkannt seien, sei der Rekurs gegen das Urteil des Versorgungsgerichts nach § 92 Abs. 1 Satz 2 VersorgVerfG zulässig gewesen. Er sei auch nach Übergang auf das LSG als Berufung nach den §§ 143, 150 Nr. 3 SGG zulässig geblieben. Bis zur mündlichen Verhandlung vor dem LSG habe zwischen den Beteiligten über die Anerkennung der beginnenden epileptischen Demenz mit Wesensänderungen Streit bestanden. Diese als Schädigungsfolge geltend gemachte Gesundheitsstörung stelle nicht ein Symptom der bereits anerkannten Gesundheitsschädigung, sondern eine besonders anzuerkennende Schädigungsfolge dar, da nicht jede Gehirnverletzung mit einer Demenz und Wesensänderung verbunden sei. Sei aber der als Berufung auf das LSG übergegangene Rekurs zulässig gewesen, hätte auch nach der Rechtsansicht des LSG über den Änderungsbescheid des Beklagten vom 6. Mai 1959 nach den §§ 96, 153 SGG nicht nur hinsichtlich der Pflegezulage, sondern in vollem Umfange entschieden werden müssen. Aber selbst wenn die Auffassung des LSG über die teilweise Unzulässigkeit der Berufung zutreffen sollte, sei das angefochtene Urteil zumindest insoweit fehlerhaft, als nach Ansicht des LSG die Unzulässigkeit der Berufung hinsichtlich des geltend gemachten Anspruchs auf Rente nach einer MdE um 100 v. H. die Anwendung des § 96 SGG ausschließe. Der Bescheid vom 6. Mai 1959 erfülle die in dieser Vorschrift geforderten Voraussetzungen. Bei Erlaß dieses Bescheides habe noch keine rechtskräftige Entscheidung über den angefochtenen Bescheid vom 7. Juli 1956 vorgelegen, da die Sache auch bei einer unzulässigen Berufung bis zur Entscheidung des Berufungsgerichts rechtshängig sei. Der Rechtsprechung des BSG und der hierzu gegebenen Begründung sei zuzustimmen, während die gegenteilige Auffassung des LSG demgegenüber nicht zu überzeugen vermöge. Das LSG hätte daher trotz der Unzulässigkeit der Berufung hinsichtlich der Höhe der Rente über den Bescheid vom 6. Mai 1959 mit entscheiden müssen.
Der Beklagte beantragt die Zurückweisung der Revision als unbegründet; er hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Die durch Zulassung statthafte Revision des Klägers (§ 162 Abs. 1 Nr. 1 SGG) ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 164, 166 SGG); sie ist daher zulässig. Die Revision ist jedoch nur zum Teil begründet.
Das LSG hat im vorliegenden Falle in sachlicher Hinsicht lediglich über den von dem Kläger geltend gemachten Anspruch auf Pflegezulage entschieden. Es hat seine Berufung gegen das Urteil des Versorgungsgerichts vom 3. Januar 1958 als unzulässig verworfen, soweit es sich um den Anspruch des Klägers auf Zahlung einer Rente nach einer MdE um 100 v. H. handelt. Zu dem während des Berufungsverfahrens ergangenen Zweitbescheid vom 6. Mai 1959, durch den die MdE von 70 auf 80 v. H. heraufgesetzt und eine Pflegezulage in Höhe von monatlich 7500 frs gewährt worden ist, hat das LSG die Auffassung vertreten, daß dieser Verwaltungsakt nur hinsichtlich der Pflegezulage, im übrigen dagegen (Höhe der Rente) nicht Gegenstand des Berufungsverfahrens i. S. des § 96 SGG geworden ist. Die Gewährung einer Pflegezulage schon vom 1. Oktober 1957 an ist durch das Urteil des LSG rechtskräftig entschieden, da der Beklagte keine Revision eingelegt hat und auch der Kläger mit seiner Revision eine Gewährung der Pflegezulage von einem früheren Zeitpunkt an nicht begehrt.
Der Kläger wendet sich mit seiner Revision zunächst dagegen, daß das LSG seine Berufung gegen das Urteil des Versorgungsgerichts für das Saarland vom 3. Januar 1958, soweit es sich nicht um die Pflegezulage handelt, als unzulässig verworfen hat. Er macht ferner mit der Revision geltend, daß das LSG über den während des Berufungsverfahrens ergangenen Änderungsbescheid vom 6. Mai 1959 auch dann in vollem Umfange hätte sachlich entscheiden müssen, wenn die Berufung gegen das Urteil des Versorgungsgerichts unzulässig gewesen sein sollte, weil hinsichtlich dieses Bescheides die Vorschrift des § 96 SGG eingreife. Der Kläger schließt sich insoweit der vom BSG bisher vertretenen Rechtsauffassung (BSG 4, 24) an, von der das LSG abgewichen ist.
Das LSG hat in den Entscheidungsgründen unter II zunächst die Frage geprüft, ob der als Berufung auf das LSG für das Saarland übergegangene Rekurs des Klägers schon nach dem vor dem SGG geltenden Verfahrensrecht unzulässig war. Das LSG ist hierbei zu der Auffassung gelangt, daß der Rekurs nach § 92 VersorgVerfG unzulässig war, weil es sich um die Neufestsetzung der Rente wegen Änderung der Verhältnisse handle. Im übrigen sei auch die Berufung nach § 148 Nr. 3 SGG unzulässig, da weder die Schwerbeschädigteneigenschaft noch die Gewährung der Grundrente streitig sei noch ein Ausnahmefall des § 150 SGG vorliege. Es kann dahingestellt bleiben, ob der Rekurs des Klägers nach dem vor dem Inkrafttreten des SGG im Saarland geltenden Verfahrensrecht unzulässig war; denn die Statthaftigkeit des als Berufung auf das LSG übergegangenen Rekurses richtet sich nach den Vorschriften des SGG (§ 1 Nr. 9 des saarländischen Gesetzes Nr. 629 vom 18. Juni 1958 i. V. mit § 215 SGG). Es kommt demnach darauf an, ob die bei Inkrafttreten des SGG rechtshängigen Sachen, die als Berufungen auf das LSG übergegangen sind, nach §§ 144 bis 149 SGG unzulässig sind (vgl. BSG 1, 62), es sei denn, daß die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat und die Berufung nach § 150 Nr. 1 SGG zuzulassen gewesen wäre. Die vom Versorgungsgericht hinsichtlich des Erstbescheides vom 7. Juli 1956 zu entscheidenden Rechtsfragen hatten jedoch keine grundsätzliche Bedeutung, so daß das LSG zutreffend die Berufung gegen das Urteil des Versorgungsgerichts als unzulässig verworfen hat, wenn sie nach den §§ 144 ff SGG nicht etwa zulässig ist. Der Kläger meint nun, die Berufung gegen das Urteil des Versorgungsgerichts, die nach dem Sachverhalt an sich unzweifelhaft nach § 148 Nr. 3 SGG ausgeschlossen ist, sei im vorliegenden Falle nach § 150 Nr. 3 SGG statthaft. Er trägt hierzu vor, daß er in dem Schriftsatz vom 18. Februar 1959 die Anerkennung einer "beginnenden epileptischen Demenz mit Wesensänderungen" als weitere Schädigungsfolge beantragt habe, ohne daß das LSG über diesen Antrag entschieden habe. Da somit der ursächliche Zusammenhang einer Gesundheitsstörung mit einer Schädigung i. S. des BVG streitig gewesen sei, greife § 150 Nr. 3 SGG ein mit der Folge, daß die Berufung gegen das Urteil des Versorgungsgerichts zulässig sei. Der Kläger übersieht jedoch hierbei, daß die Anerkennung dieser Gesundheitsstörung erst im Berufungsverfahren mit Schriftsatz vom 18. Februar 1959 beantragt worden ist. Maßgebend für die Statthaftigkeit der Berufung nach § 150 Nr. 3 SGG ist jedoch, ob der ursächliche Zusammenhang einer Gesundheitsstörung mit einer Schädigung i. S. des BVG bereits im Verfahren vor dem Sozialgericht streitig war. Nach dem Akteninhalt und dem Urteil des Versorgungsgerichts ist dies jedoch nicht der Fall gewesen, weil der Streit im Verfahren vor diesem Gericht lediglich um die Höhe der MdE und die Gewährung einer Pflegezulage ging. Da sich die Statthaftigkeit der Berufung nach § 150 Nr. 3 SGG nach dem Inhalt des Urteils der ersten Instanz richtet (vgl. BSG 3, 271), kann der Kläger in einem Rechtsstreit, bei dem die Berufung nach § 148 Nr. 3 SGG ausgeschlossen ist, nicht den Weg zum Berufungsverfahren dadurch eröffnen, daß er mit der Berufung eine neue Gesundheitsstörung als Schädigungsfolge geltend macht. Die Berufung könnte in einem solchen Falle nur dann statthaft sein, wenn das Gericht erster Instanz den Anspruch auf Feststellung einer höheren Rente auch deshalb als unbegründet angesehen hat, weil eine neue Gesundheitsstörung keine Schädigungsfolge sei; hierbei ist es nicht erforderlich, daß der Kläger ausdrücklich beantragt hat, das neue Leiden als Schädigungsfolge festzustellen (vgl. BSG in SozR SGG § 148 Bl. Da 12 Nr. 26). Wie bereits ausgeführt, hat weder der Kläger im Verfahren vor dem Versorgungsgericht die Anerkennung einer beginnenden epileptischen Demenz mit Wesensänderungen als Schädigungsfolge beantragt noch hat das Versorgungsgericht in seinem Urteil den Anspruch auf Feststellung einer höheren Rente deshalb als unbegründet angesehen, weil diese Gesundheitsstörung keine Schädigungsfolge sei. Das LSG hat somit die Berufung gegen das Urteil des Versorgungsgerichts vom 3. Januar 1958 zu Recht als unzulässig verworfen.
Bei der weiteren Frage, ob der Änderungsbescheid vom 6. Mai 1959 auch hinsichtlich der Höhe der Rente Gegenstand des Berufungsverfahrens i. S. des § 96 SGG geworden ist, ist hiernach davon auszugehen, daß die Berufung gegen den Erstbescheid vom 7. Juli 1956 nach § 148 Nr. 3 SGG nicht statthaft ist. Das BSG hat in ständiger Rechtsprechung zu § 96 SGG ausgesprochen, daß ein während des Berufungsverfahrens ergangener Zweitbescheid auch dann Gegenstand dieses Verfahrens wird, wenn die Berufung gegen den Erstbescheid sich als unzulässig erweist (BSG 4, 24; 5, 158).
Es hat seine Auffassung insbesondere darauf gestützt, daß auch unzulässige Klagen und Berufungen die Rechtshängigkeit begründen und es für die Anwendung des § 96 SGG allein entscheidend sei, daß der Anspruch rechtshängig geworden ist und die Rechtshängigkeit noch fortbestand. Selbstverständlich muß auch die weitere Voraussetzung des § 96 SGG - wie im vorliegenden Falle - gegeben sein, daß der neue Verwaltungsakt den ersten abändert oder ersetzt.
Das LSG stimmt dem BSG in dem angefochtenen Urteil noch insoweit zu, als es zugibt, daß in Fällen, in denen die Berufung nach den §§ 144 ff SGG nicht statthaft ist, das Verfahren über den Erstbescheid auch noch im Berufungsverfahren rechtshängig ist, weil nach § 705 Satz 2 ZPO der Eintritt der Rechtskraft durch die rechtzeitige Einlegung des Rechtsmittels gehemmt wird. Da im vorliegenden Falle das Rechtsmittel gegen das Urteil des Versorgungsgerichts rechtzeitig eingelegt wurde, war somit auch nach Auffassung des LSG das Verfahren über den Erstbescheid im Zeitpunkt des Erlasses des Zweitbescheides vom 6. Mai 1959 noch rechtshängig. Das LSG meint aber, daß die Rechtshängigkeit hinsichtlich des Erstbescheides durch die Verwerfung der Berufung gegen das Urteil des Versorgungsgerichts rückwirkend auf den Zeitpunkt des Ablaufs der Rechtsmittelfrist beseitigt worden sei. Selbst wenn also im vorliegenden Falle der Zweitbescheid vom 6. Mai 1959 zunächst wegen der Rechtshängigkeit des Verfahrens über den Erstbescheid Gegenstand des Berufungsverfahrens geworden sein sollte, wäre diese Wirkung mit der Verwerfung der Berufung gegen das Urteil des Versorgungsgerichts als unzulässig weggefallen. Daraus will das LSG schließen, daß nicht nur in den Fällen, in denen die Rechtskraft des Urteils wegen verspäteter oder nicht formgerechter Einlegung des Rechtsmittels mit Ablauf der Rechtsmittelfrist eintritt (§ 705 Satz 1 ZPO), sondern auch in allen anderen Fällen von unzulässigen Berufungen, in denen der Eintritt der Rechtskraft nach § 705 Satz 2 ZPO zunächst gehemmt war, ein während des Berufungsverfahrens ergangener Zweitbescheid wegen mangelnder Rechtshängigkeit hinsichtlich des Erstbescheides nicht Gegenstand des Berufungsverfahrens werden kann.
Das LSG verkennt hierbei den für die Anwendung des § 96 SGG entscheidenden Gesichtspunkt, daß allein maßgebend der Zeitpunkt ist, in dem der Zweitbescheid ergangen ist. Es kommt also nur darauf an, ob in diesem Zeitpunkt tatsächlich das Verfahren über den Erstbescheid noch rechtshängig war. Außer Betracht bleiben muß aber eine spätere Entscheidung über die Zulässigkeit der Berufung gegen das den Erstbescheid betreffende Urteil der ersten Instanz. Zwar ist es grundsätzlich richtig, daß die Rechtshängigkeit auf dieselbe Weise endet wie der Prozeß, also bei unzulässiger Berufung oder z. B. im Falle der Klagerücknahme rückwirkend (vgl. hierzu auch Rosenberg, Lehrbuch des deutschen Zivilprozeßrechts, 8. Aufl. S. 480). Dies betrifft jedoch nur die Rechtshängigkeit hinsichtlich des Verfahrens über den Erstbescheid. Der Zweitbescheid ist im Zeitpunkt seines Erlasses während des damals noch rechtshängigen Berufungsverfahrens (§ 705 Satz 2 ZPO) ebenfalls über § 96 SGG rechtshängig geworden. Diese Rechtshängigkeit betreffend den Zweitbescheid kann ihrerseits nur durch rechtskräftiges Urteil, Vergleich, Klagerücknahme usw. beendet werden. Das LSG irrt somit, wenn es ohne weiteres davon ausgeht, die Beendigung der Rechtshängigkeit des einen Anspruchs (hier Rechtshängigkeit des Verfahrens über den ersten Verwaltungsakt) beende - oder beseitige sogar rückwirkend - auch die Rechtshängigkeit hinsichtlich eines anderen rechtshängigen Anspruchs (hier Verfahren über den zweiten Verwaltungsakt), der nach § 96 SGG im Wege einer gesetzlichen Klageerweiterung Gegenstand des Berufungsverfahrens geworden ist. Es kann daher dahingestellt bleiben, ob in den Fällen des § 705 Satz 2 ZPO die Rechtshängigkeit mit der Verwerfung der Berufung als unzulässig rückwirkend endet oder nicht, da diese Frage den Zweitbescheid deswegen nicht betreffen kann, weil Voraussetzung für die Anwendung des § 96 SGG nach der bisherigen Rechtsprechung des BSG, von der das LSG abgewichen ist, insoweit nur ist, daß das Verfahren über den Erstbescheid "im Zeitpunkt des Erlasses des Zweitbescheides" noch rechtshängig war. Auch vom Ergebnis und von der Rechtssicherheit her gesehen wäre es wenig sinnvoll, das Verfahren über den Zweitbescheid nach § 96 SGG von Gesetzes wegen Gegenstand des Berufungsverfahrens werden zu lassen, weil das Verfahren über den Erstbescheid noch rechtshängig ist, und dann die Rechtshängigkeit hinsichtlich des Zweitbescheides wieder als beseitigt anzusehen, weil im Verfahren über den Erstbescheid die Rechtshängigkeit weggefallen ist.
Auch eine weitere Erwägung bestätigt die Richtigkeit der vom BSG hierzu vertretenen Auffassung. Das LSG entscheidet über einen während des Berufungsverfahrens erlassenen neuen Verwaltungsakt i. S. des § 96 SGG als erste Instanz (BSG 18, 231; der 10. Senat hat seine hiervon abweichende Auffassung in BSG 11, 146 inzwischen aufgegeben). Wenn hiernach das Verfahren über den Zweitbescheid kraft Klage beim LSG anhängig geworden ist, weil im Zeitpunkt seines Erlasses das Verfahren über den Erstbescheid noch rechtshängig war, so kann die Rechtshängigkeit dieser "Klage", über die das LSG auf Grund der Ausnahmeregelung des § 96 SGG als erste Instanz zu entscheiden hat, nicht durch den - gegebenenfalls rückwirkenden - Wegfall der Rechtshängigkeit des beim LSG als Berufungsgericht anhängigen Verfahrens über den Erstbescheid berührt werden. Folgerichtig hat das BSG in Bd. 18 S. 231 auch ausgeführt, daß für die Vorschriften über den Berufungsausschluß (§§ 144 ff SGG) hinsichtlich des Zweitbescheides kein Raum ist, weil es sich insoweit nicht um eine Berufung handelt. Es besteht hiernach auf Grund der Ausführungen des LSG kein Anlaß, die bisherige Rechtsprechung in den Fällen aufzugeben, in denen während des Berufungsverfahrens ein weiterer Bescheid i. S. des § 96 SGG ergangen ist und die Berufung gegen den Erstbescheid als nicht statthaft und daher unzulässig verworfen wird. Im übrigen wird die Auffassung des BSG - wenn auch teilweise mit etwas anderer oder ergänzender Begründung - fast einhellig in Rechtsprechung und Literatur geteilt (vgl. LSG Baden-Württemberg in Breith. 1955 S. 318; Bayer. LSG in Breith. 1955 S. 545 und 1956 S. 544; LSG Schleswig in KOV 1955 Rechtspr. Nr. 129; Gerl in SGb 1961 S. 406 und insbesondere Miesbach mit sehr eingehender Begründung in seiner Schrift "Die Abänderung oder Ersetzung des angefochtenen Verwaltungsakts während des sozialgerichtlichen Verfahrens"; ferner über den hier zu entscheidenden Fall noch hinausgehend Peters/Sautter/Wolff, Kommentar zur SGb Anm. 2 b zu § 96).
Das LSG hat in der angefochtenen Entscheidung als weitere Stütze seiner Auffassung noch angeführt, es sei prozeßökonomisch und sachlich nicht sinnvoll, daß einerseits in den Fällen einer verspäteten Berufungseinlegung infolge des Eintritts der Rechtskraft nach Ablauf der Berufungsfrist die Anwendung des § 96 SGG nicht in Betracht komme, weil es dann an einem rechtshängigen Verfahren fehle, daß aber andererseits bei Unzulässigkeit der Berufung aus anderen Gründen wegen der Hemmung der Rechtskraft (§ 705 Satz 2 ZPO) die Vorschrift des § 96 SGG Anwendung finde. Dieser Umstand allein kann jedoch auf die vorstehend dargelegte, bisher vom BSG vertretene Rechtsauffassung keinen Einfluß haben. Wenn man allerdings davon ausgeht, daß § 96 SGG nur Anwendung finden kann, wenn das Verfahren über den Erstbescheid "noch rechtshängig" ist, könnte in Fällen einer verspäteten Berufung ein neuer Verwaltungsakt nicht Gegenstand des Berufungsverfahrens werden, weil die Rechtskraft nach § 705 Satz 1 ZPO mit Ablauf der Berufungsfrist eingetreten ist (so auch LSG Rheinland-Pfalz in Breith. 1958 S. 287; ferner Gerl und Miesbach aaO; Peters/Sautter/Wolff wollen auch in diesen Fällen - vgl. Anm. 2 b zu § 96 SGG - den Zweitbescheid zum Gegenstand des Berufungsverfahrens werden lassen). Der § 96 SGG könnte aber nach seinem Wortlaut und dem vom Gesetzgeber beabsichtigten Zweck auch dahin ausgelegt werden, daß es für seine Anwendung genügt, wenn ein Berufungsverfahren "anhängig" ist, in dem über eine verspätet eingelegte Berufung noch entschieden werden muß. Jedenfalls sprechen die Gesetzesmaterialien (vgl. hierzu auch BGH in NJW 1962 S. 1719) dafür, daß der Gesetzgeber davon ausgegangen ist, daß der neue Verwaltungsakt immer dann Gegenstand des Verfahrens wird, wenn die Berufung unzulässig ist, und zwar ohne Rücksicht darauf, ob es sich um eine verspätet eingelegte Berufung (§ 705 Satz 1 ZPO) oder um eine aus anderen Gründen unzulässige Berufung (§ 705 Satz 2 ZPO) handelt. In dem Entwurf einer Sozialgerichtsordnung (SGO) hatte § 43 (jetzt § 96 SGG) folgenden Abs. 3: "Endet die Rechtshängigkeit der Klage gegen den früheren Verwaltungsakt, so bleibt der neue Verwaltungsakt Gegenstand des Rechtsstreits" (vgl. BT-Drucks. 1. Wahlperiode 1949 Nr. 4357). Der Bundesrat hat die Streichung des Abs. 3 mit folgender Begründung beantragt: "Da nach Abs. 1 die einheitliche Klage nunmehr sowohl den früheren als auch den neuen Verwaltungsakt umfaßt, kann eine Beendigung der Rechtshängigkeit allein gegenüber dem früheren Verwaltungsakt nicht mehr in Betracht kommen. Die als Vorbild für Abs. 3 dienende Regelung des § 1608 Abs. 3 der Reichsversicherungsordnung ging demgegenüber davon aus, daß gegen den neuen Verwaltungsakt ein besonderes Rechtsmittel einzulegen war." Daraufhin ist der vorgesehene Abs. 3 in § 43 SGO (jetzt § 96 SGG) gestrichen worden. Mag auch die vom Bundesrat gegebene Begründung für die Streichung des Abs. 3 hinsichtlich der Anwendbarkeit des § 96 SGG im Berufungsverfahren nicht ganz klar sein, so ergibt sich doch daraus, daß der Gesetzgeber im Hinblick auf prozeßökonomische Gründe und insbesondere auf das Vertrauen des Rechtsuchenden in die Anhängigkeit der Klage über den Erstbescheid in allen Fällen, in denen die Berufung über den Erstbescheid unzulässig ist, den Zweitbescheid zum Gegenstand des Berufungsverfahrens machen wollte. Man könnte daher daran denken, entsprechend der Auffassung von Peters/Sautter/Wolff aaO auch bei verspäteter Einlegung der Berufung den § 96 SGG anzuwenden. Diese Frage war jedoch im vorliegenden Falle, in dem die Berufung gegen das Urteil des Versorgungsgerichts für das Saarland vom 3. Januar 1958 nicht verspätet eingelegt worden ist, nicht zu entscheiden, so daß der Senat hierzu nicht abschließend Stellung zu nehmen hatte. Da im vorliegenden Fall jedenfalls das LSG somit zu Unrecht über den während des Berufungsverfahrens ergangenen Rentenänderungsbescheid vom 6. Mai 1959 insoweit nicht entschieden hat, als er die Höhe der Rente betrifft, mußte der Rechtsstreit zur Entscheidung über die in dieser Hinsicht noch rechtshängige "Klage" gegen diesen Bescheid an die Vorinstanz zurückverwiesen werden.
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens war dem abschließenden Urteil vorzubehalten, weil der Senat nicht zu übersehen in der Lage war, inwieweit der Kläger hinsichtlich der Höhe der Rente, über die das LSG auf Grund der insoweit ausgesprochenen Zurückverweisung noch zu entscheiden haben wird, obsiegen oder unterliegen wird.
Fundstellen