Leitsatz (amtlich)

1. Der Mitunternehmer eines in Form einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts bewirtschafteten landwirtschaftlichen Unternehmens gibt das Unternehmen wirksam iS von GAL § 2 Abs 3 ab, wenn er sich unter Auflösung der Gesellschaft von dem von ihm in die Gesellschaft eingebrachten Land (Landanteilen) in der in GAL § 2 Abs 3 geforderten Weise trennt.

2. Die Abgabe "zum Zwecke der Strukturverbesserung" erforderte auch schon in GAL § 42 Abs 1 (Fassung: 1970-12-21) einen Landwechsel von einem abgebenden zu einem "anderen" landaufnehmenden Unternehmen; die entsprechende Änderung im Gesetzestext bei der Neufassung des GAL durch das 6. und 7. Änderungsgesetz (GAL 1972 und 1974) hat insoweit nur klarstellende Bedeutung.

 

Normenkette

GAL § 41 Abs. 1 Buchst. c Fassung: 1970-12-21, § 42 Abs. 1 Fassung: 1970-12-21, § 2 Abs. 3 S. 1 Fassung: 1965-09-14

 

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 23. Oktober 1974 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Der 1912 geborene Kläger und sein Sohn Kaspar W bewirtschaften ein landwirtschaftliches Unternehmen, das aus zum Anwesen U gerechneten 8,44 ha Eigenland und 4,87 ha Pachtland sowie - seit 1969 - aus dem Anwesen U Nr. 11 zugeordneten Flurstücken von 3,05 ha Größe bestand. An 7,62 ha Flurstücken des Anwesens U hatten der Kläger und seine mit ihm in Gütergemeinschaft lebende Ehefrau 1964 dem Sohn einen Hälfteanteil zu Eigentum übertragen. Im Juni 1972 schied der Kläger aus der Bewirtschaftung aus, nachdem er seinem Sohn den anderen Hälfteanteil an den 7,62 ha, dem Anwesen U zugeordnete Forstgrundstücke von 0,74 ha sowie 1,93 ha landwirtschaftlichen Besitz von U Nr. 11 bis Mai 1986 verpachtet und ihm insoweit das Vorkaufsrecht eingeräumt hatte. Im Dezember 1973 übergaben er und seine Ehefrau ihren - um ein Grundstück von 0,23 ha Größe verminderten - Hälfteanteil und die 1,92 ha Forst ihrem Sohn und dessen Ehefrau zu deren ehelichem Gesamtgut.

Den Antrag des Klägers auf Gewährung von Landabgaberente lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 10. Juli 1972 ab. Seiner Klage gab das Sozialgericht (SG) für die Zeit ab 1. Juni 1972 statt (Urteil vom 3. Oktober 1973). Das Landessozialgericht (LSG) wies sie mit Urteil vom 23. Oktober 1974 ab: Die Verpachtung des Miteigentümeranteils an einem landwirtschaftlichen Unternehmen an einen Miteigentümer und Mitunternehmer sei keine Abgabe zum Zwecke der Strukturverbesserung im Sinne von § 41 Abs. 1 Buchst. c GAL 1971, weil das Unternehmen dadurch weder vergrößert noch die Struktur sonst verbessert wurde. Die Neufassung des § 42 Abs. 1 Buchst. a GAL im 6. und 7. Änderungsgesetz (ÄndG) habe klargestellt, daß eine strukturverbessernde Abgabe nur vorliege, wenn die Grundstücke an ein anderes landwirtschaftliches Unternehmen abgegeben würden.

Mit der Revision beantragt der Kläger,

das angefochtene Urteil aufzuheben.

Er rügt die Verletzung des § 42 Abs. 1 Buchst. a GAL 1971 und des § 103 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG). Als strukturverbessernd habe jede Abgabe zu gelten, die dem Wortlaut des Gesetzes genüge. Das sei hier der Fall. Die Verbesserung der Agrarstruktur könne überdies darin gesehen werden, daß der Sohn seine Unternehmerpersönlichkeit frei entfalten und nach eigenen Vorstellungen wirtschaften könne. Das LSG habe nicht aufgeklärt, ob und seit wann der Sohn die Fremdgrundstücke gepachtet habe. Deshalb sei zu Unrecht offengeblieben, ob diese Grundstücke für sich allein eine Existenzgrundlage nach § 1 Abs. 4 GAL dargestellt hätten.

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist nicht begründet.

Rechtsgrundlage des geltend gemachten Anspruchs sind - zunächst - die §§ 41, 42 GAL i. d. F. des 5. ÄndG (GAL 1971). Hiernach kommt es für die Gewährung von Landabgaberente u. a. darauf an, daß der Kläger sein landwirtschaftliches Unternehmen zum Zwecke der Strukturverbesserung abgegeben hat (§ 41 Abs. 1 Buchst. c GAL). Dieses Erfordernis ist nicht erfüllt.

Nach ständiger Rechtsprechung des Senats (vgl. SozR Nr. 1 zu § 41 GAL 1965; Urteil vom 20. September 1973 - 11 RLw 10/72 -) wird hierzu eine doppelte Prüfung verlangt. Ob das betreffende Land "zum Zwecke der Strukturverbesserung" abgegeben ist, kann erst geklärt werden, wenn zuvor festgestellt wird, daß es überhaupt "abgegeben" wurde. Die Antwort hierauf ist aus § 2 Abs. 3 i. V. m. § 41 Abs. 2 GAL zu entnehmen. Danach ist "Abgabe" die Übergabe eines landwirtschaftlichen Unternehmens oder ein sonstiger Verlust der Unternehmereigenschaft (§ 2 Abs. 3 Satz 1 GAL); sofern mit der Abgabe nicht der Übergang des Eigentums verbunden ist, muß die Abgabe für die in § 2 Abs. 3 Satz 2 bzw. die in § 41 Abs. 2 Satz 2 bestimmte Zeit schriftlich vereinbart sein.

Im vorliegenden Fall ist zwar eine wirksame Abgabe des "Unternehmens" durch den Kläger erfolgt. Wie das LSG unangefochten festgestellt hat, hatten der Kläger und sein Sohn bis Mai 1972 die den Anwesen U. Nr. 8 und Nr. 11 zuzuordnenden Flächen sowie das fremdgepachtete Land gemeinsam bewirtschaftet, mithin auf gemeinsame Rechnung ein landwirtschaftliches Unternehmen geführt. Das konnte nur in der Rechtsform einer Gesellschaft des bürgerlichen Rechts nach §§ 705 ff des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) geschehen sein. Anders war es ihnen nicht möglich, mit so unterschiedlich zu beurteilenden Anteilen wie Miteigentum an Grundstücken gemäß §§ 741 ff, 1008 ff BGB, fremdem Pachtland sowie im Eigentum eines von ihnen stehenden Flurstücken eine Zweckgemeinschaft mit dem Ziel der Betreibung eines Unternehmens zu gründen und funktionsfähig zu erhalten. Die vom Kläger und seinem Sohn eingebrachten Anteile machten dabei das Unternehmen in seiner Gesamtheit aus; Mitunternehmer und damit Unternehmer waren aber beide, d. h. jeder für sich (BSG, Urteil vom 17. März 1970 - 11/7 RLw 15/66; SozR Nr. 5 zu § 1 GAL 1965; SozR 5850 § 41 GAL Nr. 5).

Diese Gesellschaft wurde im Juni 1972 aufgelöst, als sich der Kläger von der Bewirtschaftung zurückzog. Damit hat seine Unternehmereigenschaft geendet. Das Gesetz verlangt für die Abgabe allerdings - wie sich aus § 2 Abs. 3 GAL ergibt - einen "prinzipiell endgültigen" Verlust der Unternehmereigenschaft; dem bisherigen Unternehmer soll es verwehrt sein, alsbald die Bewirtschaftung wiederaufzunehmen. Bei Auflösung einer Gesellschaft muß sich deshalb der Gesellschafter, der eine wirksame Abgabe nachzuweisen hat, auch von dem von ihm eingebrachten Land in der in § 2 Abs. 3 GAL geforderten Weise trennen. Das hat der Kläger getan. Er hat den "Hälfteanteil" an den Grundstücken des Anwesens U. Nr. 8 ebenso wie die dem Anwesen U. Nr. 11 zugeordneten Flurstücke für die in § 2 Abs. 3 Satz 2 GAL bestimmte Zeit verpachtet; dabei kann bezüglich des Anwesens U. Nr. 8 offenbleiben, ob hier nicht in Wahrheit Kläger (mit Ehefrau) und Sohn gemeinsam als Verpächter die Grundstücke an den Sohn als Pächter verpachtet haben; für die Frage der Abgabe im Sinne des § 2 Abs. 3 GAL macht dies keinen Unterschied. Bei dem fremdgepachteten Land kann dahinstehen, ob der Kläger oder der Sohn zuletzt vertraglich dessen Pächter war; war es der Kläger, so genügte er der Abgabepflicht für dieses Land, indem er nicht mehr Pächter blieb; das war spätestens im Juni 1972 der Fall.

Die Abgabe ist jedoch nicht" zum Zwecke der Strukturverbesserung" erfolgt. Dem Kläger ist zwar zuzugeben, daß das Gesetz in § 42 ausdrücklich bestimmt, wann eine Abgabe zum Zwecke der Strukturverbesserung gemäß § 41 Abs. 1 Buchst. c vorliegt, und daß er die in § 42 GAL 1971 hierzu geforderten Tatbestandsmerkmale wohl erfüllt hat, wenn auf die von ihm in die Gesellschaft mit dem Sohn eingebrachten Anteile abgestellt wird: Sein Eigenland bzw. den Miteigentumsanteil hat er unter Einräumung eines Vorkaufsrechts verpachtet; der Pächter -d. h. der Sohn - war seit mindestens einem Jahr landwirtschaftlicher Unternehmer im Sinne des § 1 GAL; das vom Sohn während dieser Zeit gemeinsam noch mit dem Kläger bewirtschaftete Unternehmen hatte zudem wohl das Doppelte der nach § 1 Abs. 4 GAL festgesetzten Mindesthöhe erreicht. Hinsichtlich des gepachteten Fremdlandes war, falls es vom Kläger gepachtet war, die Sonderbestimmung des § 42 Abs. 2 GAL anwendbar; danach gilt bei Abgabe durch einen Pächter an den Eigentümer - die bei Wechsel auf der Pächterseite anzunehmen ist - die Voraussetzung des § 41 Abs. 1 Buchst. c als erfüllt. Gleichwohl ist keine strukturverbessernde Abgabe gegeben. Denn die Definition der strukturverbessernden Abgabe in § 42 GAL 1971 ist, wie schon im GAL 1969, das die Landabgaberente eingeführt hat, noch unvollständig. Die Landabgaberente bezweckte von Anfang an nicht nur, den Inhabern kleinerer landwirtschaftlicher Betriebe das Ausscheiden aus der Landwirtschaft zu erleichtern; mit ihr wurde und wird vielmehr ferner erstrebt, die dadurch freiwerdenden Flächen der Verbesserung vor allem der Agrarstruktur durch Aufstockung anderer Unternehmen nutzbar zu machen. Das erfordert aber einen Landwechsel von einem abgebenden zu einem landaufnehmenden Unternehmen und schließt eine Identität zwischen beiden Unternehmen aus. Die Neufassungen des GAL durch das 6. und 7. ÄndG vom 26. Juli 1972 und 19. Dezember 1973 - GAL 1972 und 1974 - bezeichnen das landaufnehmende Unternehmen dementsprechend als "anderes" landwirtschaftliches Unternehmen. Diese Änderung im Gesetzestext hat insoweit aber nur klarstellende Bedeutung. Die gleiche Folgerung ergab sich zuvor schon aus dem erkennbaren Sinn und Zweck der Landabgaberente, insbesondere ihrer Voraussetzung der Abgabe "zum Zwecke der Strukturverbesserung". Im übrigen ließ bereits die Fassung des § 42 Abs. 1 Buchst. a GAL 1971 hinreichend deutlich erkennen, daß ein Landwechsel von einem Unternehmen an ein anderes stattfinden muß; dort wird nämlich alternativ verlangt, daß das vom übernehmenden Unternehmer bewirtschaftete Unternehmen "durch die Landaufnahme" mindestens das Dreifache der nach § 1 Abs. 4 festgesetzten Mindesthöhe erreicht.

Im vorliegenden Fall ist kein Landwechsel von einem Unternehmen zu einem anderen Unternehmen erfolgt. Das Unternehmen ist vor und nach dem Ausscheiden des Klägers aus der Bewirtschaftung und den damit zusammenhängenden Vorgängen (Auflösung der Gesellschaft mit dem Sohn, Verpachtung eingebrachter Anteile an diesen) das gleiche geblieben; es wurde nur vom Sohn nun allein weiterbetrieben. Das Ausscheiden eines Mitunternehmers aus einem bisher gemeinsam betriebenen Unternehmen bedeutet indessen keine Strukturverbesserung in dem vom Gesetzgeber gewollten Sinne. Wenn ein Mitunternehmer sein in eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts eingebrachtes Land an einen anderen Mitunternehmer und Mitgesellschafter abgibt, findet nur ein Austausch innerhalb desselben Unternehmens ohne Veränderung der Unternehmensgröße statt. Damit wird die vom Gesetz gewollte Verbesserung der Struktur nicht erreicht.

Hiernach hat das LSG die Klage zu Recht abgewiesen. Zu einer weiteren Beweisaufnahme mußte es sich nicht gedrängt fühlen. Von wem die 4,87 ha fremden Pachtlandes vor dem Ausscheiden des Klägers aus der gemeinsamen Bewirtschaftung zuletzt gepachtet waren, ist ohne Bedeutung. Ebenso unerheblich für die Entscheidung ist, daß der Kläger und seine Ehefrau im Dezember 1973 einen weiteren Hälfteanteil an Grundstücken und Forstland an den Sohn und dessen Ehefrau übereignet haben. Dem Kläger können auch nicht die Gesetzesänderungen im GAL 1972 und GAL 1974 von einem späteren Zeitpunkt als dem 1. Juni 1972 an zu einem Anspruch auf Landabgaberente verhelfen; sie verdeutlichen im Gegenteil noch mehr, daß hier keine Abgabe zum Zwecke der Strukturverbesserung stattgefunden hat. Sonach kann offen bleiben, ob die übrigen Anspruchsvoraussetzungen erfüllt wären, was die Beklagte für § 41 Abs. 1 Buchst. d GAL bestreitet.

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG.

 

Fundstellen

BSGE, 250

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