Leitsatz (amtlich)
1. Das LSG ist in der Sitzung, in der das angefochtene Urteil ergangen ist, zB am 1961-05-30, nicht vorschriftswidrig besetzt, wenn in einer früheren Sitzung, zB am 1961-03-01, anstelle eines erkrankten Landessozialrichters nicht der Vertreter nach der vom Präsidium beschlossenen Vertreterliste, sondern der in der Hauptliste folgende Landessozialrichter herangezogen worden ist und sich dadurch für die Sitzungen nach dem 1961-03-01, für die die weitere Reihenfolge nach der Hauptliste eingehalten worden ist und somit auch für die Sitzung am 1961-05- 30 die Reihenfolge der Landessozialrichter nach der Hauptliste "verschoben" hat.
2. Die als Anlage zur Sitzungsniederschrift genommene, vom Sachverständigen diktierte Äußerung muß jedenfalls den Beteiligten (SGG § 69) vorgelesen und von ihnen genehmigt werden; ist aus der Sitzungsniederschrift nicht zu ersehen, daß dies geschehen ist, so leidet das Verfahren an einem wesentlichen Mangel (Fortsetzung BSG 1961-07-19 11 RV 140/60 = SozR Nr 4 zu § 122 SGG).
Normenkette
ZPO § 162 Fassung: 1950-09-12, § 160 Abs. 1 Nr. 3 Fassung: 1950-09-12; SGG § 69 Fassung: 1953-09-03, § 122 Abs. 3 Fassung: 1953-09-03, § 26 Fassung: 1953-09-03, § 36 Fassung: 1953-09-03
Tenor
Das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 30. Mai 1961 wird aufgehoben; die Sache wird zu neuer Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen.
Gründe
I. Der Kläger beantragte am 30. Dezember 1955 Versorgung wegen eines Hautleidens (Erythematodes); dieses Leiden führte er auf Einflüsse des Wehrdienstes, besonders der russischen Kriegsgefangenschaft, zurück. Der Antrag wurde vom Versorgungsamt Kiel durch Bescheid vom 28. Juli 1956 wegen Versäumung der Antragsfrist (§§ 56, 57 Abs. 1 des Bundesversorgungsgesetzes - BVG - in der Fassung bis zum Inkrafttreten des Ersten Neuordnungsgesetzes vom 27. Juni 1960) abgelehnt. Den Widerspruch wies das Landesversorgungsamt Schleswig-Holstein durch Bescheid vom 11. März 1957 zurück. Das Sozialgericht (SG) Schleswig hob durch Urteil vom 2. April 1959 diese Bescheide auf und verurteilte den Beklagten, dem Kläger einen neuen Bescheid über Versorgung mit der Maßgabe zu erteilen, daß der Erythematodes als Schädigungsfolge im Sinne der Entstehung an erkannt und der Rentenberechnung ab 1. Dezember 1955 eine Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 40 % zugrunde gelegt werde. Der Beklagte legte Berufung ein. Nach Beiziehung mehrerer ärztlicher Gutachten verkündete das Schleswig-Holsteinische Landessozialgericht (LSG) in der mündlichen Verhandlung am 30. Mai 1961 den Beschluß, den Facharzt für Hautkrankheiten Dr. E... als ärztlichen Sachverständigen darüber zu hören, ob die Diagnose Erythematodes für das Hautleiden zutreffe, ob dieses Leiden mit dem Wehrdienst bzw. der Kriegsgefangenschaft ursächlich zusammenhänge und inwieweit die Erwerbsfähigkeit des Klägers dadurch gemindert sei. Nach der Sitzungsniederschrift hörte das LSG in der mündlichen Verhandlung diesen Sachverständigen, der Sachverständige diktierte anschließend eine Zusammenfassung seines mündlichen Gutachtens, diese wurde von ihm unterschrieben und als Anlage der Sitzungsniederschrift beigefügt. Durch Urteil vom selben Tage wies das LSG die Berufung des Beklagten zurück. Es führte aus, der Kläger habe die Antragsfrist gewahrt (§57 Abs. 1 Nr. 2 BVG in der Fassung vor dem Inkrafttreten des Ersten Neuordnungsgesetzes vom 27. Juni 1960); das SG habe auch zu Recht entschieden, daß das Hautleiden des Klägers - lupus erythematodes discoides chronicus - wahrscheinlich auf Einwirkungen des Wehrdienstes, besonders der Kriegsgefangenschaft, zurückgehe, dies ergebe sich aus den Gutachten der Hautfachärzte, vor allem der Universitätshautklinik Hamburg-Eppendorf (Prof. Dr. M..., der Universitätshautklinik Kiel (Prof. Dr. P...) und des in der Sitzung gehörten Dr. E... Das Leiden falle seiner Natur nach in das hautfachärztliche Gebiet, ein weiteres internistisches Gutachten erübrige sich damit. Den Argumenten der Ärzte der Versorgungsverwaltung, von denen das Leiden als lupus erythematodes acutus angesehen worden sei, habe das LSG nicht folgen können. Das SG habe auch zu Recht die Rente nach einer MdE um 40 v. H. gewährt. Das Urteil wurde dem Beklagten am 18. Juli 1961 zugestellt.
Am 20. Juli 1961 legte der Beklagte Revision ein, er beantragte,
die Urteile der 12. Kammer des SG Schleswig vom 2. April 1959 und des 5. Senats des Schleswig-Holsteinischen LSG in Schleswig vom 30. Mai 1961 aufzuheben und die Klage abzuweisen,
hilfsweise,
die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Schleswig-Holsteinische LSG zurückzuverweisen.
Innerhalb der verlängerten Revisionsbegründungsfrist begründete der Beklagte die Revision am 30. September 1961: Das LSG habe gegen § 122 Abs. 2 und Abs. 3 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) verstoßen. Aus der Sitzungsniederschrift ergebe sich nicht, daß die Niederschrift über die Aussagen des Sachverständigen Dr. E... in der Sitzung dem Sachverständigen und den Beteiligten vorgelesen oder zur Durchsicht vorgelegt und daß sie von dem Sachverständigen und den Beteiligten genehmigt worden sei, dies sei auch nicht geschehen. Der Sachverständige habe in der mündlichen Verhandlung auch noch weitere mündliche Ausführungen gemacht, diese seien in der Niederschrift nicht enthalten und in den Gründen des angefochtenen Urteils nur teilweise verwertet, obwohl die nicht protokollierten und nicht verwerteten Aussagen für die Entscheidung erheblich gewesen seien. Der Sachverständige habe u. a. auf Befragen erklärt, letztlich sei die genaue Ursache der Erkrankung des Klägers unbekannt, es lasse sich auch nicht sagen, warum das Leiden bei den Kameraden des Klägers, die den gleichen Lebensbedingungen ausgesetzt gewesen seien, nicht aufgetreten sei, das LSG habe, wenn es dies berücksichtigt hätte, möglicherweise deshalb den Zusammenhang des Leidens mit dem Wehrdienst verneinen müssen. Das LSG sei auch in der Sitzung am 30. Mai 1961 nicht vorschriftsmäßig besetzt gewesen. Nach der vom Präsidium des LSG am 23. Dezember 1960 beschlossenen Liste über die Reihenfolge der Landessozialrichter aus dem Kreise der mit der Kriegsopferversorgung vertrauten Personen im Jahre 1961 habe in der Sitzung am 30. Mai 1961 Landessozialrichter D... teilnehmen müssen, nicht Landessozialrichter A..., der in der Sitzung mitgewirkt habe. Das LSG habe ferner gegen die §§ 103, 128 SGG verstoßen, es habe noch ein Gutachten von Prof. Dr. H... oder Prof. Dr. H..., jedenfalls aber ein internistisches Gutachten einholen müssen.
Der Kläger beantragte,
die Revision als unzulässig zu verwerfen.
Der Senat hat eine Äußerung des Präsidenten des Schleswig-Holsteinischen LSG vom 26. Februar 1962 eingeholt, diese ist den Beteiligten mitgeteilt worden. Danach hat das Präsidium des LSG am 23. Dezember 1960 - neben dem Geschäftsverteilungsplan für 1961 - auch die Aufteilung der Landessozialrichter auf die einzelnen Senate für das Jahr 1961 beschlossen und für jeden Senat eine "Hauptliste" und eine "Vertreterliste" aufgestellt. An den ersten drei Sitzungen, die das LSG im Jahre 1961 am Sitzungsort Schleswig abgehalten hat, haben in der vorgesehenen Reihenfolge der Hauptliste für den Sitzungsort Schleswig die ersten drei Landessozialrichter aus dem Kreise der mit der Kriegsopferversorgung vertrauten Personen teilgenommen. Für die Sitzung am 1. März 1961 ist Landessozialrichter R... nach der Hauptliste an der Reihe gewesen, der damals seit längerer Zeit krank war und gebeten hatte, ihn bis zur Entscheidung über sein Entlassungsgesuch nicht mehr zu Sitzungen heranzuziehen. An seiner Stelle ist zu der Sitzung am 1. März 1961 nicht, wie es der Reihenfolge der Vertreterliste entsprochen hat, Dr. Q... als Landessozialrichter herangezogen worden, sondern der auf Landessozialrichter R... in der Hauptliste folgende Landessozialrichter B... In den folgenden Sitzungen ist in der Reihenfolge der Hauptliste fortgefahren und damit für die Sitzung am 30. Mai 1961 Landessozialrichter A... herangezogen worden. Wenn statt Landessozialrichter R... am 1. März 1961 als sein Vertreter Landessozialrichter Dr. Q... herangezogen worden wäre, wäre am 30. Mai 1961 nach der Hauptliste Landessozialrichter D... an der Reihe gewesen.
II. Die Revision ist statthaft (§ 162 Abs. 1 Nr. 2 SGG). Der Beklagte rügt zu Recht, das Verfahren des LSG leide an einem wesentlichen Mangel.
Zwar greift die Rüge, das LSG sei in der Sitzung am 30. Mai 1961, auf die hin das angefochtene Urteil ergangen ist, nicht vorschriftsmäßig besetzt gewesen, nicht durch. Es kann dahingestellt bleiben, ob der 5. Senat des LSG in der Sitzung am 1. März 1961, an der statt des erkrankten Landessozialrichters R... nicht sein Vertreter nach der Vertreterliste, sondern der in der Hauptliste auf Landessozialrichter R... folgende Landessozialrichter herangezogen worden ist, vorschriftsmäßig besetzt gewesen ist. Aus der Stellungnahme des Präsidenten des LSG und dem beigezogenen Beschluß des Präsidiums vom 23. Dezember 1960 ergibt sich jedenfalls, daß zu den Sitzungen nach dem 1. März 1961 die Landessozialrichter in der Reihenfolge herangezogen worden sind, die sich aus der Hauptliste ergeben halt. Auch der Beklagte hat mit der Revision nichts anderes dargelegt. Nach den §§ 36, 26 SGG hat das Präsidium des LSG die Landessozialrichter im voraus für das Geschäftsjahr - mindestens für ein Vierteljahr - den Senaten zuzuteilen, die Reihenfolge für ihre Beiziehung festzustellen und ihre Vertretung für den Fall der Verhinderung zu regeln. Das ist hier nach dem vom Präsidenten des LSG vorgelegten Präsidialbeschluß geschehen. Sinn und Zweck dieser gesetzlichen Regelung ist es, zu verhindern, daß die berufenen ehrenamtlichen Mitglieder vom Vorsitzenden willkürlich herangezogen oder von der Mitwirkung ausgeschlossen werden (vgl. Urteil des BVG vom 28. Oktober 1960, Verwaltungsrechtsprechung Bd. 13 Nr. 153, 511, 512). Dem Sinn und Zweck dieser gesetzlichen Regelung hat die Besetzung des 5. Senats des LSG jedenfalls in den Sitzungen nach dem 1. März 1961 und damit auch in der Sitzung am 30. Mai 1961 entsprochen. Selbst wenn das LSG in der Sitzung am 1. März 1961 nicht vorschriftsmäßig besetzt gewesen wäre, so sind doch für die folgenden Sitzungen des Jahres 1961, jedenfalls bis einschließlich der Sitzung am 30. Mai 1961, die Landessozialrichter nicht willkürlich, sondern in der Reihenfolge der vom Präsidium beschlossenen Hauptliste herangezogen worden. Die Besetzung des 5. Senats in den Sitzungen nach dem 1. März 1961 ist nicht schon deshalb gesetzwidrig gewesen, weil sich die Reihenfolge für die Heranziehung nach der Hauptliste dadurch geändert hat, daß der Vertreter von Landessozialrichter R... am 1. März 1961 "übergangen" worden ist. Die Revision hat auch nichts dafür geltend gemacht, daß der Vertreter von Landessozialrichter R... am 1. März 1961 etwa deshalb "übergangen" worden sei, um "willkürlich" Landessozialrichter D... von der Mitwirkung in der Sitzung am 30. Mai 1961 auszuschließen oder für die Sitzung am 30. Mai 1961 "willkürlich" Landessozialrichter A... heranzuziehen. Der 5. Senat des LSG ist also am 30. Mai 1961 vorschriftsmäßig besetzt gewesen.
Die Revision ist jedoch deshalb statthaft, weil der Beklagte zu Recht rügt, das LSG habe gegen § 122 SGG in Verbindung mit den §§ 162, 160 Abs. 2 Nr. 3 der Zivilprozeßordnung (ZPO) verstoßen. Nach § 122 Abs. 2 SGG ist die Niederschrift über die Aussage eines Sachverständigen diesem vorzulesen oder zur Durchsicht vorzulegen; in der Niederschrift ist zu vermerken, daß dies geschehen und sie genehmigt ist oder welche Einwendungen erhoben sind; die Genehmigung des Sachverständigen bezieht sich auf die Richtigkeit des von ihm Erklärten. Nach § 122 Abs. 3 SGG gelten im übrigen die §§ 159 bis 165 ZPO entsprechend; nach § 160 Abs. 2 Nr. 3 ZPO sind durch Aufnahme in das Protokoll u. a. festzustellen die Aussagen des Sachverständigen; nach § 162 ZPO ist das Protokoll insoweit, als es die Nr. 1 bis 4 des (Abs. 2 des) § 160 betrifft, den Beteiligten vorzulesen oder zur Durchsicht vorzulegen, in dem Protokoll ist zu vermerken, daß dies geschehen und die Genehmigung erfolgt ist oder welche Einwendungen erhoben sind; insoweit bezieht sich die Genehmigung auf die Richtigkeit der Wiedergabe (Wieczorek, ZPO, Anm. B II zu § 162 ZPO). Nach der Niederschrift über die mündliche Verhandlung des LSG am 30. Mai 1961 hat der Sachverständige Dr. E... die als Anlage zur Sitzungsniederschrift genommene Aussage diktiert; diese Aussage ist jedoch nach der Sitzungsniederschrift nicht vorgelesen oder zur Durchsicht vorgelegt und nicht vom Sachverständigen und von den Beteiligten genehmigt worden. Es kann dahingestellt bleiben, ob das LSG damit, wie der Beklagte rügt, gegen § 122 Abs. 2 SGG verstoßen hat oder ob das Vorlesen oder das Vorlegen zur Durchsicht und die Genehmigung durch den Sachverständigen nicht erforderlich sind, wenn der Sachverständige seine Aussage diktiert (vgl. hierzu Stein/Jonas, ZPO, 18. Aufl. zu § 162 ZPO Anm. I; Baumbach/Lauterbach, ZPO, 26. Aufl. zu § 162 ZPO; Eyermann/Froehler, Verwaltungsgerichtsordnung, zu der gleichlautenden Vorschrift des § 105 Abs. 3 Verwaltungsgerichtsordnung, Anm. II 4; das Urteil des erkennenden Senats vom 19. Juli 1961, auszugsweise veröffentlicht SozR Nr. 4 zu § 122 SGG, hat nicht einen Fall betroffen, in dem der Sachverständige die als Anlage zur Sitzungsniederschrift genommene Äußerung in der mündlichen Verhandlung diktiert hat). Es kann auch dahingestellt bleiben, ob § 161 ZPO, wonach die Aussagen der Zeugen und Sachverständigen nicht in dem Protokoll festgestellt zu werden brauchen, wenn das Endurteil der Berufung nicht unterliegt im sozialgerichtlichen Verfahren überhaupt anzuwenden ist. (vgl. hierzu BSG aaO, ferner Stein/Jonas, ZPO, 18. Aufl. zu § 161 ZPO II; Baumbach/Lauterbach, ZPO, 26. Aufl. zu § 161 Anm. 2). In jedem Falle hat aber die als Anlage zur Sitzungsniederschrift genommene, vom Sachverständigen diktierte Äußerung nach § 122 Abs. 3 SGG i. V. m. den §§ 162, 160 Abs. 1 Nr. 3 ZPO den Beteiligten, das sind im anhängigen Verfahren der Kläger und der Beklagte (§ 69 Nr. 1 und 2 SGG), vorgelesen oder zur Durchsicht vorgelegt und von ihnen genehmigt werden müssen. Da aus dem Protokoll nicht ersichtlich ist, daß dies geschehen ist, leidet das Verfahren des LSG an einem wesentlichen Mangel (vgl. BSG aaO). Zwar steht der Aufnahme in das Protokoll die Aufnahme in eine Schrift gleich, die dem Protokoll als Anlage beigefügt und in ihm als solche bezeichnet ist (§ 160 Abs. 3 ZPO i. V. m. § 122 Abs. 3 SGG); dies besagt aber nur, daß die Anlage ein Teil des Protokolls ist, die Anlage ist damit nicht von den Förmlichkeiten ausgenommen, die für das Protokoll zu beachten sind. Das Diktieren der Äußerung durch den Sachverständigen in der Verhandlung ersetzt nicht das Vorlesen durch den Urkundsbeamten, denn das Vorsprechen beweist nicht, was niedergeschrieben ist (Baumbach/Lauterbach aaO zu § 162 ZPO). Auch die Unterschrift des Sachverständigen unter der diktierten Äußerung ersetzt nicht das Vorlesen oder das Vorlegen an die Beteiligten und die Genehmigung der Beteiligten. Weder das Diktieren durch den Sachverständigen noch seine Unterschrift gewährleisten - was Sinn und Zweck der vorgeschriebenen Förmlichkeiten ist -, daß die Äußerung den Beteiligten zusammenhängend und abschließend mitgeteilt worden ist, daß sie sich davon überzeugen können, daß die Äußerung des Sachverständigen erschöpfend und richtig wiedergegeben ist und daß ihnen Gelegenheit gegeben worden ist, auf eine Ergänzung der Äußerung des Sachverständigen hinzuwirken.
Das LSG hat sonach jedenfalls gegen § 122 Abs. 3 SGG i. V. m. den §§ 162, 160 Abs. 1 Nr. 3 ZPO verstoßen, der Beklagte hat diesen Mangel zu Recht gerügt. Der Beklagte hat das Recht zur Rüge dieses Verfahrensmangels im vorliegenden Fall nicht dadurch verloren, daß er im Anschluß an die Beweisaufnahme weiter mündlich zur Sache verhandelt und den Mangel des Protokolls nicht gerügt hat (§ 295 ZPO i. V. m. § 202 SGG; vgl. Urteil des BSG SozR Nr. 3 zu § 295 ZPO); der Verfahrensmangel ist dem Beklagten erkennbar damals nicht bekannt gewesen und er hat ihm auch nicht bekannt sein müssen; das Urteil des Bundessozialgerichts vom 19. Juli 1961 (aaO), das Förmlichkeiten des Protokolls betroffen hat und in einem Verfahren ergangen ist, an dem der Beklagte beteiligt gewesen ist, hat bei der mündlichen Verhandlung des LSG im vorliegenden Fall noch nicht vorgelegen. Aus der Sitzungsniederschrift ist auch nicht zu ersehen, daß die Beteiligten auf die Beachtung der für das Protokoll vorgeschriebenen Förmlichkeiten verzichtet haben, es kann deshalb dahingestellt bleiben, ob ein solcher Verzicht rechtlich überhaupt wirksam wäre (vgl. insoweit Urteil des BAG vom 27. Juli 1961, AP Nr. 1 zu § 162 ZPO). Die Revision ist daher statthaft nach § 162 Abs. 1 Nr. 2 SGG. Es kommt damit für die Statthaftigkeit der Revision nicht mehr darauf an, ob das LSG, wie der Beklagte behauptet, noch weitere Erhebungen hätte anstellen müssen (§ 103 SGG) und ob es sich in den Grenzen seines Rechts, die Beweise frei zu würdigen (§128 SGG; BSG 2, 236 ff), gehalten hat.
Da die Revision auch frist- und formgerecht eingelegt und begründet worden ist, ist sie sonach zulässig. Sie ist auch begründet. Es ist möglich, daß das LSG, wenn den Beteiligten die Äußerung des Sachverständigen vorgelesen oder zur Durchsicht vorgelegt worden wäre, zu anderen tatsächlichen Feststellungen und damit zu einer anderen Entscheidung gelangt wäre; dies ist jedenfalls dann möglich, wenn es, wie der Beklagte behauptet, zutrifft, daß der Sachverständige mündlich noch erklärt habe, letztlich sei die Ursache der Erkrankung des Klägers unbekannt und es sei auch nicht zu erklären, warum die Erkrankung nur bei dem Kläger, nicht aber bei seinen den gleichen Lebensbedingungen ausgesetzten Kameraden aufgetreten sei, oder wenn die Beteiligten Einwendungen gegen den Inhalt der Äußerung des Sachverständigen erhoben haben, die nicht protokolliert, aber für die Entscheidung erheblich gewesen sind. Das Urteil des LSG ist daher aufzuheben. Der Senat kann nicht selbst in der Sache entscheiden, da die Feststellungen des LSG, soweit sie auch auf der Äußerung des Sachverständigen Dr. E... beruhen, für das Bundessozialgericht nicht bindend sind (§ 163 SGG). Die Sache ist daher zu neuer Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen (§ 170 Abs. 2 Satz 2 SGG).
Die Kostenentscheidung bleibt dem abschließenden Urteil des LSG vorbehalten.
Fundstellen