Leitsatz (amtlich)
Die BA ist nur dann zuständiger Unfallversicherungsträger nach RVO § 654 Nr 2, wenn sie Maßnahmen der Berufsausbildung in eigener Verantwortung und in der Regel auf eigene Rechnung selbst durchführt, nicht aber wenn sie solche Maßnahmen von anderen durchführen läßt.
Normenkette
RVO § 539 Abs. 1 Nr. 14 Buchst. c Fassung: 1971-03-18, § 654 Nr. 2 Fassung: 1963-04-30; AVAVG § 133 Fassung: 1957-04-03
Tenor
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 19. Februar 1974 wird zurückgewiesen. Die Klägerin hat dem Beigeladenen dessen Kosten des Revisionsverfahrens zu erstatten.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob die beklagte Bundesanstalt für Arbeit - an Stelle der Klägerin - der für die Entschädigung der Folgen des Arbeitsunfalles zuständige Versicherungsträger ist, den der Beigeladene während einer Umschulung am 20. August 1968 erlitten hat.
Der 1928 geborene Beigeladene war seit Dezember 1966 arbeitslos. Er schloß am 2. Mai 1968 mit dem Elektromeister S in B einen Lehrvertrag zur Ausbildung im Elektroinstallateurhandwerk in der Zeit vom 2. Mai 1968 bis 1. November 1971 (Blatt 119 bis 122 BG-Akte). Die Lehrzeit wurde am 4. Juli 1968 auf die Zeit vom 1. Juli 1968 bis 31. Dezember 1971 geändert.
Das Arbeitsamt Leer wies den Beigeladenen mit Bescheid vom 15. Juli 1968 (Blatt 123 BG-Akte) ab 1. Juli 1968 "zur Umschulung zum Elektroinstallateur bei (Umschulungsträger) Elektromeister Wilhelm S in B ein". Die Umschulung sollte danach bis zum 31. Dezember 1970 andauern und wurde als Maßnahme nach § 133 des Gesetzes über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung (AVAVG) bezeichnet. Die Beklagte schloß am 22. Juli 1968 mit dem Elektromeister S einen Vertrag über die Durchführung der Umschulungsmaßnahme (Blatt 125 bis 127 BG-Akte). In diesem Vertrag heißt es u. a. in § 7, der Umschüler sei durch das Arbeitsamt gegen Krankheit und Unfall versichert. Ebenfalls am 22. Juli 1968 schlossen der Beigeladene und der Elektromeister S ihrerseits einen Umschulungsvertrag. Obwohl der Umschulungsvertrag keine Bestimmungen über zu gewährende Vergütungen an den Beigeladenen enthielt, zahlte der Elektromeister S ihm 100,- DM monatlich. Das Arbeitsamt gewährte dem Beigeladenen zur Sicherstellung seines Lebensunterhaltes und dessen seiner Familie ein wöchentliches Unterhaltsgeld von zuletzt 189,60 DM und erstattete ihm die Fahrtkosten zur Berufsschule sowie die Kosten für Lernmittel. Der Elektromeister S erhielt vom Arbeitsamt keine Leistungen.
Bei der Installation einer elektrischen Anlage, an der S und der Beigeladene am 20. August 1968 arbeiteten, drang dem Beigeladenen bei Stemmarbeiten ein Splitter in das rechte Auge. Die Folge ist ein Zustand nach perforierender Verletzung des rechten Auges mit Linsenlosigkeit.
Die Klägerin gewährte dem Beigeladenen vorläufige Fürsorge gemäß § 1735 Reichsversicherungsordnung (RVO) und forderte die Beklagte zur Anerkennung ihrer Entschädigungspflicht auf. Mit Schreiben vom 12. November 1969 lehnte die Beklagte ihre Entschädigungspflicht ab (Blatt 159 BG-Akte).
Das Sozialgericht hat die Klage, mit der die Klägerin die Feststellung der Entschädigungspflicht der Beklagten begehrt hatte, abgewiesen (Urteil vom 24. April 1972). Das Landessozialgericht (LSG) hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen (Urteil vom 19. Februar 1974). Es hat zur Begründung u. a. ausgeführt, letztlich könne dahingestellt bleiben, ob der Beigeladene nach § 539 Abs. 1 Nr. 1 oder Nr. 14 gegen Unfall versichert gewesen sei. In beiden Fällen ergebe sich keine Zuständigkeit der Beklagten. Habe der Lehrvertrag fortgegolten, so sei die Klägerin nach § 646 RVO der für den Betrieb des Lehrmeisters S zuständige Versicherungsträger. Aber auch, wenn der Beigeladene als Lernender während einer beruflichen Aus- und Fortbildung verunglückt sei, ergebe sich aus § 654 Nr. 2 RVO keine Zuständigkeit der Beklagten. Es habe sich zwar bei der Umschulung um eine Maßnahme im Sinne von § 133 AVAVG gehandelt, diese sei aber nicht von der Beklagten, sondern von dem Elektromeister S durchgeführt worden. Im Sinne dieser Vorschrift führe die Beklagte Maßnahmen nur dann durch, wenn es sich um eigene Maßnahmen in eigener Verantwortung und auf eigene Rechnung handele. Eine Maßnahme werde von dem Träger durchgeführt, der für die ordnungsgemäße Abwicklung der Maßnahme und die Erreichung des Zieles der Umschulung verantwortlich ist. Er müsse hierzu über eine eigene Einrichtung verfügen sowie das Lehr- bzw. Ausbildungspersonal stellen und sei auch verantwortlich für die Einhaltung der Unfallverhütungsvorschriften sowie etwaige sonstige gewerbliche Sicherheitsbestimmungen. Die Beklagte habe dem Elektromeister S die Durchführung der Umschulung übertragen, der danach für die Durchführung der Umschulung und die Erreichung des Schulungszieles verantwortlich gewesen sei. Er habe den Beigeladenen ausgebildet und habe hierfür seine betrieblichen Einrichtungen zur Verfügung gestellt und sei auch für die Einhaltung der Unfallverhütungsvorschriften und gewerblichen Sicherheitsbestimmungen verantwortlich gewesen. Die Beklagte dagegen habe nur ein allgemeines Aufsichts- und Prüfungsrecht gehabt. Umschulungsträger und Maßnahmeträger sei danach nicht die Beklagte gewesen. Selbst wenn in § 654 Nr. 2 RVO keine abschließende Regelung der Zuständigkeit der Beklagten enthalten sei und die Zuständigkeit sich nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen richte, bestimme sich der zuständige Versicherungsträger nach dem Sachkostenprinzip. Als solcher komme die Beklagte aber ebenfalls nicht in Betracht, weil sie dem Elektromeister S keine Leistungen gewährt habe. Die sächlichen Kosten der Ausbildung seien nicht von ihr, sondern von S getragen worden.
Schließlich lasse sich auch nicht aus § 7 des Umschulungsvertrages, wonach der Umschüler durch das Arbeitsamt gegen Krankheit und Unfall versichert sei, eine Entschädigungspflicht der Beklagten herleiten. Eine Anerkennung der Entschädigungspflicht im Sinne von § 1738 RVO komme deshalb nicht in Betracht, weil nicht die Klägerin, sondern S der Adressat dieser Erklärung gewesen sei.
Die Klägerin hat die vom LSG zugelassene Revision eingelegt. Zur Begründung trägt sie u. a. vor, der Beigeladene sei nicht während eines Lehrverhältnisses im Sinne von § 539 Abs. 1 Nr. 1 RVO verunglückt, sondern während einer beruflichen Bildungsmaßnahme, die die Beklagte durchgeführt habe, woraus sich nach § 654 Abs. 2 RVO iVm § 39 Abs. 3 AVAVG deren Zuständigkeit ergebe. Auch das Arbeitsamt habe am 15. April 1971 die Ansicht vertreten, daß der Lehrvertrag, der übrigens in einigen Punkten durch den Umschulungsvertrag geändert worden sei, danach praktisch keine Bedeutung mehr gehabt habe. Nicht der Elektromeister S, sondern die Beklagte habe die Umschulung durchgeführt. Sie habe sich lediglich einer Hilfsperson bzw. einer Hilfsinstitution bedient, um eine eigene und in ihren Zuständigkeitsbereich fallende Aufgabe durchzuführen. Die Frage, wer Sachkostenträger der Umschulungsmaßnahme gewesen sei, sei daher nicht von rechtlicher Bedeutung. Sie habe sich gegenüber S ausdrücklich ein allgemeines Aufsichts- und Prüfungsrecht vorbehalten. Zwar habe sie an S keine Leistungen erbracht, jedoch dem Beigeladenen ein Unterhaltsgeld gezahlt, während er von S nur eine Erziehungsbeihilfe von 100,- DM monatlich erhalten habe. Eine Sachkostenträgerschaft könne nicht nur dann angenommen werden, wenn der Unternehmer selbst Leistungen erhalte. Zu den Sachkosten gehörten nämlich auch die Beträge, die dem Versicherten zur Bestreitung seines Lebensunterhalts zur Verfügung gestellt würden. Ihre Auffassung werde schließlich auch durch § 21 Nr. 37 und Nr. 59 des Gesetzes über die Angleichung der Leistungen zur Rehabilitation vom 7. August 1974 gestützt.
Die Klägerin beantragt sinngemäß, die Urteile des Landessozialgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 19. Februar 1974 und des Sozialgerichts Köln vom 24. April 1972 aufzuheben und festzustellen, daß die Beklagte für die Entschädigung des Arbeitsunfalles des Beigeladenen vom 20. August 1968 zuständiger Versicherungsträger ist,
hilfsweise Zurückverweisung der Sache an das LSG.
Die Beklagte beantragt, die Revision der Klägerin zurückzuweisen. Sie hält das LSG-Urteil für zutreffend.
Der Beigeladene schließt sich dem Antrag der Beklagten an.
Entscheidungsgründe
Die durch Zulassung statthafte, sowie form- und fristgerecht eingelegte Revision der Klägerin ist unbegründet. Zutreffend haben beide Vorinstanzen entschieden, daß die Beklagte nicht der für die Entschädigung der Folgen des Arbeitsunfalls zuständige Versicherungsträger ist, den der Beigeladene während seiner Umschulung am 20. August 1968 erlitten hat.
Die Zulässigkeit des Klagebegehrens im Rahmen einer Feststellungsklage unterliegt keinem Zweifel. Letztlich kann dahingestellt bleiben, ob es sich um einen Fall des § 55 Abs. 1 Nr. 1 oder Nr. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) handelt. Der Senat neigt allerdings der von dem 2. Senat in seinem Urteil vom 25. August 1961 (SozR Nr. 28 zu § 55 SGG) vertretenen Auffassung zu, daß gerade der Streit zwischen Versicherungsträgern über die Zuständigkeit, nachdem eine vorläufige Fürsorge gewährt wurde (§ 1735 RVO), ein Anwendungsfall des § 55 Abs. 1 Nr. 2 und nicht der Nr. 1 SGG ist, die der 4. Senat des BSG (SozR Nr. 26 zu § 55 SGG) für den Fall anwenden will, wenn die Feststellung der Zuständigkeit eines bestimmten Versicherungsträgers von einem Versicherten begehrt wird (vgl. SozR aaO Nr. 28 am Ende).
Der Senat stimmt den Vorinstanzen auch darin zu, daß es rechtlich unbedeutend ist, ob der Beigeladene, als er am 20. August 1968 verunglückte, aufgrund eines Lehrverhältnisses beschäftigt und deshalb nach § 539 Abs. 1 Nr. 1 gegen Unfall versichert oder Lernender während der beruflichen Aus- und Fortbildung in einer Betriebsstätte war (§ 539 Abs. 1 Nr. 14 in der Fassung des Unfallversicherungs-Neuregelungsgesetzes vom 30. April 1963 BGBl I S. 241 - UVNG - in der bis zum 31. März 1971 geltenden Fassung - vgl. §§ 1, 5 des Gesetzes über Unfallversicherung für Schüler und Studenten sowie Kinder in Kindergärten vom 18. März 1971 - BGBl I, 237). Lediglich im letzteren Fall könnte, was unter den Beteiligten unstreitig ist, eine Zuständigkeit der Beklagten nach § 654 Nr. 2 RVO idF des UVNG in Betracht kommen. Aber auch die Voraussetzungen dieser Vorschrift liegen nicht vor. Weder der Wortlaut noch die Entstehungsgeschichte noch schließlich der Sinn und Zweck des Gesetzes rechtfertigen die von der Klägerin vertretene Auffassung, die Beklagte sei immer dann zuständiger Unfallversicherungsträger, wenn es sich um eine einer bestimmten Person von der Bundesanstalt für Arbeit gewährte Aus- oder Fortbildungsmaßnahme handele.
Nach § 654 Nr. 2 RVO ist die Beklagte Träger der Unfallversicherung in den Fällen des § 539 Abs. 1 Nr. 14, wenn es sich um Maßnahmen der Berufsausbildung und Bildungsmaßnahmen nach den §§ 39 Abs. 3, 133, 136 und 153 AVAVG handelt (vgl. jetzt §§ 2, 33 bis 62, 91 bis 99 des Arbeitsförderungsgesetzes - AFG - vom 25. Juni 1969 - BGBl I, 582), die von ihr durchgeführt werden . Dieser Wortlaut ergibt zunächst eindeutig, daß nicht jede Maßnahme im Sinne der angeführten Vorschriften des AVAVG bzw. des AFG eine Zuständigkeit der Beklagten begründet, was auch bei der Vielzahl der unterschiedlichen Maßnahmen weder sinnvoll noch vom Gesetzgeber gewollt sein kann.
Das Gesetz zur Änderung und Ergänzung des AVAVG vom 23. Dezember 1956 - BGBl I S. 1018 (ÄndG AVAVG) führte erstmals den Unfallversicherungsschutz für Teilnehmer an Förderungsmaßnahmen der Beklagten ausdrücklich ein (Art. X § 4 Nr. 1), indem es den § 537 a in die RVO einfügte und gleichzeitig mit dem § 626 aF (Art. X § 4 Nr. 5) den zuständigen Versicherungsträger bestimmte. Der Bundesminister für Arbeit hatte allerdings schon mit seinem Erlaß vom 16. Juni 1952 - IV a 8 - 2920/52 (DOK 1952 S. 385) erklärt, der Bund sei Träger der gesetzlichen Unfallversicherung für die Teilnehmer an Einrichtungen im Sinne von § 537 Nr. 11 RVO aF, soweit die Bundesanstalt oder ihre Gliederungen Kostenträger dieser Einrichtungen seien. § 626 RVO idF des ÄndG AVAVG bestimmte nunmehr die Bundesanstalt zum zuständigen Unfallversicherungsträger in den Fällen des § 537 a Nr. 1 (Teilnehmer an Maßnahmen nach den §§ 133, (früher: 135), 136 (früher: 138) AVAVG - Fassung der Bekanntmachung vom 3. April 1957 BGBl I 321, 706 -, sofern die Teilnehmer nicht aufgrund anderer Vorschriften gegen Arbeitsunfall versichert sind), soweit sie selbst diese Maßnahmen eingerichtet hat. Dagegen war in den Fällen des § 537 a Nr. 1 RVO die Bundesanstalt nicht Unfallversicherungsträger, wenn das Vorhaben von einer Gemeinde, einem Gemeindeverband, einem Land, einem in deren Auftrag handelnden gemeinnützigen Unternehmen auf eigene Rechnung oder durch Dritte durchgeführt wird; ebenso nicht für die in § 537 a Nr. 2 aufgeführten Beschäftigten nach §§ 142, (früher § 140) und 153 (früher § 141 i) AVAVG (§ 626 Abs. 2 RVO aF). Mit dem UVNG wurde die Zuständigkeit der Bundesanstalt in § 654 RVO geregelt, der in seiner hier in Betracht kommenden Nr. 2 bislang unverändert geblieben ist. Nach der Begründung zum UVNG (vgl. BT-Drucks. IV 120 zu § 655 - S. 64 -) sollte durch die Neufassung eine rechtlich bedenkenfreie Grundlage für die Erstattungspflicht der Aufwendungen im Anschluß an den oben schon zitierten Erlaß des Bundesarbeitsministers vom 16. Juni 1952 (aaO) geschaffen werden. Eine sachliche inhaltliche Änderung war also offenbar nicht beabsichtigt, insbesondere nicht in den Fällen der beruflichen Aus- und Fortbildung. Auch durch die Erweiterung des Versicherungsschutzes auf Schüler, Studenten und Kinder (§ 539 Abs. 1 Nr. 14 Buchstaben a, b und d) sowie neuerdings auf Rehabilitanten (§ 539 Abs. 1 Nr. 17 idF des Rehabilitationsangleichungsgesetzes vom 7. August 1974 - BGBl I, 1881 - § 21 Nr. 37) ist § 654 Nr. 2 RVO nicht berührt worden. Inwieweit die neugeschaffene nur subsidiäre Zuständigkeit der Beklagten für Rehabilitanten gemäß § 539 Abs. 1 Nr. 17 in § 654 Nr. 1 (vgl. § 21 Nr. 59 des Gesetzes vom 7. August 1974) sich auf weitere, nicht unter Nr. 2 fallende Maßnahmen erstreckt, ist hier nicht von Bedeutung, weil diese Bestimmung erst seit dem 1. Oktober 1974, dem Inkrafttreten des Rehabilitations-Angleichungsgesetzes, gilt (vgl. § 45 aaO).
Nach dem für den vorliegenden Fall anwendbaren § 133 AVAVG konnte die Beklagte Maßnahmen, die der Vorbereitung auf den Beruf der beruflichen Fortbildung und Umschulung dienen oder geeignet sind, die Kenntnisse und Fähigkeiten von Beziehern von Arbeitslosengeld zu erhalten oder zu erweitern und damit die Vermittlung in Arbeit zu fördern, unterstützen oder durchführen oder das übliche Schulgeld für die Teilnahme zahlen. Mit dem Relativsatz, "die von der Bundesanstalt ... durchgeführt werden" in § 654 Nr. 2 (früher § 626 RVO aF "soweit sie selbst diese Maßnahmen eingerichtet hat") ist klargestellt, daß die Zuständigkeit der Beklagten weder gegeben ist, wenn sie Maßnahmen fördert noch wenn sie Schulgeld zahlt, sondern nur, wenn sie die Maßnahme (selbst) durchführt (§ 39 Abs. 3 Satz 2 AVAVG sprach insoweit ausdrücklich von "selbst durchführen" im Gegensatz zur Förderung von Einrichtungen, die geeignete Maßnahmen durchführen). Damit kommt hinreichend klar zum Ausdruck, daß bei Maßnahmen, die die Beklagte durchführen läßt , sie nicht der zuständige Träger der Unfallversicherung ist. Die von Draeger/Buchwitz/Schönefelder (Gesetz über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung Bd. II 1960 § 133 Nr. 14) vertretene Auffassung, daß "Durchführen im Sinne von § 133 AVAVG auch die nur organisatorische Einschaltung unter Nutzung der Einrichtungen und Lehrkräfte anderer Träger ermögliche, erscheint jedenfalls in bezug auf § 654 Nr. 2 RVO zu weitgehend. Dagegen ist Hoppe (Arbeit, Beruf und Arbeitslosenhilfe 1972 S. 218, 221) zuzustimmen, der voraussetzt, daß die Bundesanstalt selbst Träger der Maßnahme ist, d. h. für deren ordnungsgemäße Abwicklung und die Erreichung des Zieles der beruflichen Fortbildungs- oder Umschulungsmaßnahme verantwortlich ist. Zutreffend folgert Hoppe weiter, "durchführen" setze die Abhaltung von Bildungsveranstaltungen in eigener Verantwortung und in der Regel auch auf eigene Rechnung voraus. Als Träger der Maßnahme müsse die Bundesanstalt über eine eigene Einrichtung (Räume, Werkstatt, Maschinen, Werkzeuge) verfügen und das Lehr- bzw. Ausbildungspersonal stellen und schließlich verantwortlich für die Einhaltung der Unfallverhütungsvorschriften und etwaiger sonstiger gewerblicher Sicherheitsbestimmungen sein. Dem ist grundsätzlich zuzustimmen. Vor allem im Hinblick auf die letzteren Erwägungen wäre es unverständlich, wenn man verschiedene UV-Träger für Beschäftigte in ein und demselben Betrieb annehmen wollte, je nachdem, ob es sich um ein Beschäftigungs- oder Lehrverhältnis oder um eine Umschulung handelt, wenn sie sich von einer Lehre im wesentlichen nur dadurch unterscheidet, daß die Umschulungszeit - wie hier z. B. - um 1 Jahr kürzer ist als die Lehrzeit. Zutreffend ist daher auch der Elektromeister S in dem zwischen der Bundesanstalt und diesem geschlossenen "Vertrag über die Durchführung einer Umschulungsmaßnahme" vom 22. Juli 1968 als "Umschulungsträger" bezeichnet. Selbst wenn man der Frage, wer Kostenträger der Maßnahme ist, seien es Sach- oder Personalkosten, keine entscheidende Bedeutung beimißt, weil in § 654 Nr. 2 RVO - im Gegensatz etwa zu den §§ 653 Abs. 1 Nr. 5, 655 Abs. 1, 657 Abs. 1 Nr. 5 RVO - nicht von der Kostenträgerschaft gesprochen wird, kann das nicht zu einem anderen Ergebnis führen. Unabhängig von den Kosten kann Träger einer Maßnahme, der sie als solcher "durchführt" - nur derjenige sein, der sie in sachlicher Hinsicht wesentlich selbstverantwortlich ausgestaltet und beaufsichtigt und weitgehende praktische Eingriffs- und Weisungsmöglichkeiten hat. Ein allgemeines Aufsichts- und Prüfrecht, wie es der Beklagte nach § 11 des Vertrages zwischen ihr und dem Meister S zustand, genügt hierfür nicht, zumal die Überwachung der Leistungen des Umschülers ausdrücklich dem Umschulungsträger (Meister S) auferlegt war (§ 3 des Vertrages). Auf die praktische Ausgestaltung der Umschulung hatte die Beklagte keinen Einfluß. Diese war dem Meister S ebenso vorbehalten wie bei anderen Lehrlingen. Daß die Umschulung nach einem Lehrplan zu erfolgen hatte (§ 1 Abs. 1 des Vertrages), folgt ebenso wie die übrigen von dem Umschulungsträger im Hinblick auf eine sachgerechte Ausbildung übernommenen Verpflichtungen (§ 2 des Vertrages) aus der Natur der Umschulung und entspricht im wesentlichen den Aufgaben und Pflichten eines Lehrherrn gegenüber den in seinem Betrieb auszubildenden Lehrlingen, hinsichtlich derer die fachlich zuständige Berufsgenossenschaft zweifelsfrei Träger der Unfallversicherung ist (§ 646 RVO). Die vom Senat für richtig gehaltene Lösung entspricht auch dem eigentlichen und ursprünglichen Sinn und Zweck der gesetzlichen Unfallversicherung, der dahingeht, den in einem gewerblichen Unternehmen eingesetzten Personen für die dort auftretenden Unfälle durch die für das gewerbliche Unternehmen zuständige Berufsgenossenschaft eine Unfallentschädigung zu gewähren.
Die Bestimmung als zuständigen Unfallversicherungsträger nach dem Grundsatz der Sachkostenträgerschaft, wie sie der 2. Senat in seinen Entscheidungen vom 31. Juli 1962 (BSG 17, 217, 221) für die Besucher von Berufsschulen aufgrund des Erlasses des Reichsarbeitsministers vom 23. Oktober 1943 (AN 1943, 471) vorgenommen hat, scheidet im vorliegenden Fall schon deshalb aus, weil eine Umschulung in einem gewerblichen Betrieb nicht zu den in Nummer 1 a bis c des genannten Erlasses aufgeführten Veranstaltungen gehört. Es ist daher nicht von entscheidender rechtlicher Bedeutung, wer die Sachkosten der Umschulung getragen hat und demnach unwesentlich, daß die Beklagte dem Beigeladenen während der Umschulung Unterhaltsgeld gezahlt und dem Meister S keine Leistungen gewährt hat. Mit der Unterhaltszahlung an den Kläger (für sich und seine Familie) ermöglichte die Beklagte im wesentlichen nur die Umschulung des Klägers in vorgerücktem Alter, führte sie aber nicht selbst durch.
Schließlich haben die Vorinstanzen zutreffend auch keine Zuständigkeit der Beklagten aus § 7 des Vertrages vom 22. Juli 1968, wonach der Umschüler durch das Arbeitsamt gegen Krankheit und Unfall versichert ist, hergeleitet. Der zuständige Unfallversicherungsträger bestimmt sich allein nach dem Gesetz und kann nicht durch eine vertragliche Vereinbarung festgestellt werden. Deshalb kann es dahinstehen, ob diese Vereinbarung nur klarstellen sollte, wer die Beiträge zur Kranken- und Unfallversicherung zu tragen hat.
Eine Anerkennung einer Entschädigungspflicht im Sinne von § 1738 RVO liegt im übrigen schon deshalb nicht vor, weil diese, wie sich aus den Worten "der andere Versicherungsträger (§ 1735)" ergibt, nur gegenüber einem Versicherungsträger, der eine vorläufige Fürsorge (§ 1735 RVO) gewährt hat, erklärt werden kann.
Das LSG hat somit zu Recht die Berufung der Klägerin zurückgewiesen, so daß ihre Revision gegen das angefochtene Urteil zurückzuweisen war.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Fundstellen