Leitsatz (amtlich)
Für die Ermittlung des derzeitigen Bruttoeinkommens (BVG § 30 Abs 4) aus selbständiger Tätigkeit ist der Wert der eigenen Arbeitsleistung iS von DV 30 Abs 3 und 4 BVG § 9 Abs 1 Buchst b im Regelfall nach dem tarifrechtlichen Arbeitsentgelt zu bemessen, das einem Arbeitnehmer in vergleichbarer Stellung zu zahlen wäre.
Normenkette
BVG § 30 Abs. 3 Fassung: 1966-12-28, Abs. 4 S. 1 Fassung: 1966-12-28; BVG § 30 Abs 3 u 4 DV § 9 Abs. 1 Buchst. b Fassung: 1961-07-30
Tenor
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen vom 28. September 1971 aufgehoben, soweit es die Berechnung des derzeitigen Bruttoeinkommens des Klägers betrifft. Insoweit wird die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.
Gründe
I
Die Beteiligten streiten um den vom Kläger erhobenen Anspruch auf Berufsschadensausgleich.
Der 1909 geborene Kläger ist selbständiger Landwirt; er bewirtschaftet als Hoferbe nach seiner 1958 verstorbenen Ehefrau einen Betrieb von 20,35 ha im Kreis Wesermünde; 12,50 ha sind Eigenland, der Rest Pachtland. Außer ihm sind auf dem Hof sein 1935 geborener Sohn und eine Haushälterin tätig.
Der Kläger erhält Versorgungsleistungen nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG), die seit 1. März 1964 wegen besonderen beruflichen Betroffenseins (§ 30 Abs. 2 BVG) nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 70 % auf 80 % erhöht worden sind.
Den Antrag des Klägers auf einen Berufsschadensausgleich lehnte der Beklagte im Bescheid vom 20. Dezember 1966 mit der Begründung ab, daß ein durch die Schädigungsfolgen bedingter Einkommensverlust nicht vorliege, weil der Kläger den angestrebten Beruf eines Landwirts erreicht habe und ein wirtschaftlicher Abstieg nicht eingetreten sei. Der Widerspruch hiergegen blieb erfolglos (Bescheid vom 6. November 1967).
Auf die Klage hin führte das Sozialgericht (SG) eine Hofbesichtigung durch und holte ein Gutachten des landwirtschaftlichen Sachverständigen Dr. P ein. Dieser kam zu dem Ergebnis, daß der jährliche Einkommensausfall im Betrieb des Klägers 4.343,- DM betrage. Im Urteil vom 11. April 1969 hat das SG darauf die angefochtenen Bescheide aufgehoben und den Beklagten verurteilt, dem Kläger einen neuen Bescheid zu erteilen und dabei von einem schädigungsbedingten Einkommensverlust in Höhe von 4.343,- DM jährlich auszugehen.
Auf die Berufung des Beklagten erließ das Landessozialgericht (LSG) am 28. September 1971 folgendes Urteil:
Das Urteil des Sozialgerichts Stade vom 11. April 1969 wird abgeändert.
Der Beklagte wird verurteilt, dem Kläger vom 1. Januar 1964 an Berufsschadensausgleich zu gewähren unter Zugrundelegung des Endgrundgehalts der Besoldungsgruppe A 7 des Bundesbesoldungsgesetzes zuzüglich Ortszuschlag nach Stufe 2 und Ortsklasse A als Durchschnittseinkommen und von 2/3 des Gesamtverdienstes in die Hausgemeinschaft aufgenommener männlicher Spezial- bzw. Landarbeiter in Betrieben mit 50 und mehr ha landwirtschaftlicher Nutzfläche zuzüglich Ausgleichsrente als derzeitiges Bruttoeinkommen.
Der Beklagte hat dem Kläger die Kosten beider Rechtszüge zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Nach Auffassung des LSG sind im Falle des Klägers die Voraussetzungen des § 30 Abs. 3 und 4 BVG für den Anspruch auf Berufsschadensausgleich gegeben. Die Schädigungsfolgen hätten den Kläger zwar nicht gehindert, den Beruf des selbständigen Landwirts zu erreichen. Sein derzeitiges Bruttoeinkommen aus der Landwirtschaft sei aber wegen der Schädigungsfolgen gemindert, denn die auf Verschuldung beruhende schlechte Ertragslage des Betriebes und damit der Einkommensverlust sei wesentlich durch die anerkannten Schädigungsfolgen mitverursacht. Dies folge aus dem Gutachten des vom SG gehörten Sachverständigen und aus der Stellungnahme des Obermedizinalrates Dr. H vom 2. November 1966, wonach der Kläger wegen seiner anerkannten Schädigungsfolgen nur leichte, teilweise auch mittelschwere Arbeiten mit Unterbrechungen verrichten könne.
Für die Bemessung des Einkommensverlustes sei beim Kläger als Durchschnittseinkommen i.S. von § 30 Abs. 4 Satz 1 BVG i.V.m. § 5 der Durchführungsverordnungen zu dieser Vorschrift (DVO) die Besoldungsgruppe A 7 des Bundesbesoldungsgesetzes (BBesG) zugrunde zu legen. Zur Feststellung des dieser Größe gegenüberzustellenden derzeitigen Bruttoeinkommens sei der vom SG zugrunde gelegte Einkommensverlust von 4.343,- DM jährlich allerdings nicht geeignet. Der für einen Selbständigen insoweit maßgebliche Wert der eigenen Arbeitsleistung sei vielmehr den vom Statistischen Bundesamt laufend ermittelten durchschnittlichen Bruttomonatsverdiensten der landwirtschaftlichen Arbeitskräfte zu entnehmen; im Falle des Klägers sei vom Gesamtverdienst der in die Hausgemeinschaft aufgenommenen männlichen Spezial- bzw. Landarbeiter in Betrieben mit 50 und mehr ha landwirtschaftlicher Nutzfläche auszugehen (Tabelle 6 Buchst. B der vom Statistischen Bundesamt veröffentlichten Unterlagen, BVBl 1964 S. 159). Dieser Ausgangspunkt sei trotz des kleineren Betriebes des Klägers richtig, weil die dort genannten Bruttogesamtverdienste dem Lohnanspruch vergleichbar seien, den Dr. P in seinem Gutachten für den Kläger zugrunde gelegt habe. Wegen der geminderten Leistungskraft des Klägers sei der hiernach maßgebliche Monatsverdienst um 1/3 zu kürzen. Für Januar 1964 sei daher ein Einkommensverlust von 366,34 DM zu errechnen, so daß dem Kläger ab 1. Januar 1964 Berufsschadensausgleich zustehe, dessen Höhe im einzelnen von dem Beklagten zu berechnen sei.
Gegen das am 20. Oktober 1971 zugestellte Urteil hat der Beklagte am 29. Oktober 1971 die zugelassene Revision eingelegt und begründet. Er rügt die Verletzung von § 9 Abs. 1 und 3 i.V.m. § 6 Abs. 2 Satz 3 DVO idF von 1964, § 9 Abs. 1 letzter Halbsatz DVO idF von 1968. Nach den genannten Vorschriften der DVO sei als Wert der eigenen Arbeitsleistung das Arbeitsentgelt zu berücksichtigen, das einem Arbeitnehmer in vergleichbarer Stellung zu zahlen wäre. Dieser Wert könne aber nicht der Tabelle 6 der Veröffentlichung des Statistischen Bundesamts über die durchschnittlichen Bruttomonatsverdienste der landwirtschaftlichen Arbeitskräfte entnommen werden. Weil die DVO eine individuelle Ermittlung des Arbeitsentgelts voraussetze, böten sich hier vielmehr die Sätze der jeweils geltenden Lohn- und Gehaltstarifverträge für Arbeiter und Angestellte der Landwirtschaft an. Anhand der Tätigkeitsmerkmale ließe sich ein den tatsächlichen Verhältnissen des Einzelfalles angemessenes Einkommen für eine der selbständigen Tätigkeit vergleichbare Arbeitnehmertätigkeit ermitteln.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen vom 28.9.1971 dahin abzuändern, daß als derzeitiges Bruttoeinkommen neben der Ausgleichsrente der um ein Drittel geminderte Wert der eigenen Arbeitsleistung entsprechend den Sätzen der jeweils geltenden Lohn- und Gehaltstarifverträge für Landarbeiter und Angestellte der Landwirtschaft im Bereich des Wohnsitzes des Klägers der Berechnung des Berufsschadensausgleichs zugrunde zu legen ist,
hilfsweise,
das Urteil der Vorinstanz in diesem Umfang aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen.
Der Kläger, der die von ihm zunächst ebenfalls eingelegte Revision wieder zurückgenommen hat, beantragt,
die Revision des Beklagten vom 27.10.1971 gegen das Urteil des LSG Niedersachsen vom 28.9.1971 zurückzuweisen,
sowie dem Beklagten auch die außergerichtlichen Kosten dieses Verfahrens aufzuerlegen.
Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend, insbesondere auch deswegen, weil sich das LSG nicht nur auf die Lohnstatistik, sondern auch auf den im Fall des Klägers individuell ermittelten Einkommensverlust aus dem Sachverständigengutachten gestützt habe.
II
Die zulässige Revision (§§ 162 Abs. 1 Nr. 1, 164, 166 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG -) ist begründet; sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Berufungsgericht.
Der Beklagte hat das LSG-Urteil nur insoweit angefochten, als es ihn dazu verurteilt hat, bei Gewährung des Berufsschadensausgleichs an den Kläger für die Ermittlung des derzeitigen Bruttoeinkommens des Klägers i.S. von § 30 Abs. 4 Satz 1 BVG von 2/3 des Gesamtverdienstes in die Hausgemeinschaft aufgenommener männlicher Spezial- bzw. Landarbeiter in Betrieben mit 50 und mehr ha landwirtschaftlicher Nutzfläche auszugehen. Soweit es die Feststellung trifft, daß der Kläger durch die Schädigungsfolgen einen Einkommensverlust erlitten hat, und daß der Kläger zum Zwecke der Ermittlung des nach § 30 Abs. 4 Satz 1 BVG maßgeblichen Durchschnittseinkommens (Vergleichseinkommens) in die Besoldungsgruppe A 7 BBesG einzustufen ist, werden vom Beklagten weder Revisionsrügen vorgebracht noch Anträge gestellt. Insoweit ist das LSG-Urteil somit der Nachprüfung durch das Revisionsgericht entzogen (§§ 163, 165, 123 SGG).
Die wegen der Entscheidung des LSG zur Ermittlung des maßgeblichen derzeitigen Bruttoeinkommens nach § 30 Abs. 4 Satz 1 BVG erhobenen Revisionsrügen des Beklagten greifen jedoch durch. Zutreffend ist das LSG zwar davon ausgegangen, daß zur Bestimmung dieses Einkommens aus selbständiger Tätigkeit der Wert der eigenen Arbeitsleistung zugrunde zu legen und dabei nach den Bestimmungen der DVO von dem Arbeitsentgelt auszugehen ist, das einem Arbeitnehmer in vergleichbarer Stellung zu zahlen wäre (§ 9 Abs. 3 i.V.m. § 6 Abs. 2 Satz 3 DVO idF von 1964, § 9 Abs. 1 Buchst. b i.V.m. dem letzten Halbsatz DVO idF von 1968). Für die Feststellung dessen, was einem Arbeitnehmer in vergleichbarer Stellung gezahlt würde, hat das LSG jedoch nicht die nach dem Gesetz über Lohnstatistik vom 18. Mai 1956 (BGBl I 429) vom Statistischen Bundesamt laufend ermittelten und veröffentlichten durchschnittlichen Bruttomonatsverdienste der landwirtschaftlichen Arbeitskräfte (vgl. Tabelle 6 der entsprechenden Lohnstatistiken, veröffentlicht z.B. in BVBl 1964 S. 159; 1966 S. 130; 1970 S. 124; 1971 S. 124) zugrunde legen dürfen.
Wie das LSG selbst erkannt hat, verlangt die Feststellung des derzeitigen Bruttoeinkommens i.S. von § 30 Abs. 4 Satz 1 BVG eine Ermittlung der individuellen Einkommensverhältnisse. Während es sich beim Begriff des höheren Durchschnittseinkommens (Vergleichseinkommens) i.S. dieser Vorschrift, welches der Beschädigte ohne die Schädigung erzielt hätte, um eine fiktive Einkommensgröße handelt, die nach generalisierenden und pauschalierenden Maßstäben festgelegt wird (vgl. z.B. BSG in SozR Nr. 47 zu § 30 BVG), ist das derzeitige Bruttoeinkommen eines Beschädigten eine reale Größe. Sie soll im Normalfall den tatsächlichen Verhältnissen des Beschädigten entnommen werden. Allerdings bereitet ihre Feststellung im Falle eines Selbständigen naturgemäß Schwierigkeiten, weil sich der Wert der eigenen Arbeitsleistung eines Selbständigen nicht ohne weiteres so angeben läßt, wie dies bei einem lohnabhängigen Arbeitnehmer der Fall ist. Der in § 9 DVO enthaltene Gedanke, hierbei den Lohnwert der Tätigkeit eines Arbeitnehmers in vergleichbarer Stellung anzusetzen, trägt diesen Ermittlungsschwierigkeiten Rechnung und hält sich im Rahmen der dem Verordnungsgeber erteilten Ermächtigung (vgl. § 30 Abs. 7 Buchst. c BVG). Wenngleich hierbei also ebenfalls die Feststellung eines "Vergleichseinkommens" notwendig ist, steht dabei doch der Gedanke einer möglichst weitgehenden Berücksichtigung der individuellen Verhältnisse des betreffenden selbständigen Beschädigten im Vordergrund. Von mehreren sich bietenden Möglichkeiten zur Anstellung dieses Vergleichs muß daher diejenige den Vorzug erhalten, die den Wert der Arbeitsleistung eines Arbeitnehmers in vergleichbarer Stellung für die jeweils konkreten Anspruchszeiträume den tatsächlichen Verhältnissen möglichst nahekommend wiedergibt. Dies ist bei der o.a. Statistik des Statistischen Bundesamts jedoch nicht der Fall. Einmal werden dort Durchschnittswerte angegeben, d.h. es sind nur nach zwei Betriebsgrößen und nach den Gruppen Arbeiter, angelernte Arbeiter und Facharbeiter sowie nach Geschlechtern grob unterteilt die Verdienste aller landwirtschaftlicher Arbeitskräfte im Bundesgebiet zusammengefaßt. Weder regionale noch nähere berufliche Unterscheidungen werden berücksichtigt. Hinzu kommt die rückblickende Betrachtung, die für die Aufstellung dieser Statistiken zwangsläufig angewendet werden muß. Hieraus können jedenfalls keine abschließenden Angaben für den jeweils in der Gegenwart zu befriedigenden Anspruch auf Berufsschadensausgleich entnommen werden. Es kann auch nicht ohne Beachtung bleiben, daß der Verordnungsgeber auf die Lohnstatistiken nur zur Ermittlung des Durchschnittseinkommens in bestimmten Fällen zurückgegriffen hat (vgl. §§ 3, 11 DVO), während er beim derzeitigen Bruttoeinkommen stets die Berücksichtigung der tatsächlichen Verhältnisse vorschreibt (vgl. §§ 9, 12 DVO). Als Anhaltspunkt in diesem Sinne bieten sich besser als die erwähnte Statistik hier in erster Linie die entsprechenden Lohn- und Gehaltstarifverträge an. In diesen Verträgen ist die Entlohnung in verschiedener Weise nach den jeweiligen Tätigkeitsmerkmalen abgestuft. Dabei wird regelmäßig nach Lohn- oder Beschäftigungsgruppen für Arbeiter bzw. nach Vergütungsgruppen für Angestellte unterschieden. So weist z.B. der seit 1. Januar 1972 geltende Rahmentarifvertrag für die landwirtschaftlichen Betriebe im Bereich der Landwirtschaftskammer Hannover vom 23. Februar 1972 für die in der Arbeiterrentenversicherung versicherungspflichtigen Arbeitnehmer unter § 10 acht Lohngruppen mit jeweils differenziert beschriebenen Tätigkeitsmerkmalen auf. Ähnlich ist es bei dem entsprechenden Rahmentarifvertrag für die landwirtschaftlichen Betriebe im Bereich der Landwirtschaftskammer Weser-Ems. Auch für die in der Landwirtschaft beschäftigten Angestellten finden sich in den einschlägigen Tarifverträgen Vereinbarungen über Vergütungs- oder Gehaltsgruppen, in denen nach im einzelnen beschriebenen Tätigkeitsmerkmalen die Entlohnung der Angestellten entsprechend ihrer Berufsausbildung, Eignung und Leistung festgelegt ist. Für das Tarifgebiet der Landwirtschaftskammer Hannover unterscheidet z.B. der Tarifvertrag vom 28. September 1971 zwischen der Land- und Forstwirtschaftlichen Arbeitgebervereinigung Niedersachsen e.V. und dem Deutschen land- und forstwirtschaftlichen Angestelltenbund, Landesverband Niedersachsen, im Teil B, § 2 (Gehaltstafel) zunächst nach fünf Obergruppen (A. Landwirtschaftliche Angestellte; B. Büroangestellte; C. Angestellte in Landwirtschaftlichen Nebenbetrieben; D. Ländliche Hausangestellte; E. Landwirtschaftslehrlinge). Innerhalb der Gruppe A (Landwirtschaftliche Angestellte) sind die Gehaltsgruppen aufsteigend und nach Berufsjahren bzw. Familienstand gestaffelt für 1. Wirtschaftsgehilfen, 2. Leitende Wirtschafter, 3. Hof- und Feldverwalter, 4. Verwalter und Inspektoren mit längerer Praxis, die ihre Anweisungen täglich erhalten, auch Landwirtschaftsmeister in dieser Stellung, 5. Verwalter und Inspektoren, die nach allgemeinen Anweisungen selbständig disponieren, und 6. Oberinspektoren, Administratoren, Güterdirektoren. Vergleichbare Unterscheidungen finden sich - mit Ausnahme der Landwirtschaftslehrlinge - auch in den anderen o.a. Obergruppen. Auch in anderen Tarifgebieten existieren ähnliche Tarifvertragsregelungen. Hinzuweisen ist z.B. auf den ab 1.1.1972 geltenden Gehaltstarifvertrag für das Land Baden-Württemberg, abgeschlossen zwischen den zuständigen Arbeitgeberverbänden und der Gewerkschaft Gartenbau- Land- und Forstwirtschaft - Landesbezirk Baden-Württemberg - sowie dem Verband der land- und forstwirtschaftlichen Angestellten in Baden-Württemberg e.V.. In dessen § 2 sind sechs Vergütungsgruppen aufgeführt, in denen vom Landwirtschaftsgehilfen bis hin zum leitenden Angestellten oder Verwalter (Betriebsleiter), der auf größeren Betrieben selbständig wirtschaftet, für die Angestellten der Landwirtschaft und deren Nebenbetriebe (vgl. § 1 aaO) eine für die im Einzelfall erforderliche gehaltsmäßige Zuordnung differenzierte Berufs- und Tätigkeitsbeschreibung vorgenommen worden ist. Ergänzt wird diese Regelung durch die Gehaltsübersicht in § 3 aaO, wo die Entgelthöhen in den einzelnen Vergütungsgruppen nochmals nach Lebensalter, Gruppenzugehörigkeit und sog. Bewertungsgruppen festgelegt sind. Ähnlich verhält es sich z.B. auch mit dem in Bayern seit 1. Juli 1968 geltenden Rahmentarifvertrag für die Angestellten in Land- und Forstwirtschaft, Garten- und Weinbau vom 30. Mai 1968. Die als Anlage diesem Tarifvertrag beigefügte Gehaltsordnung unterscheidet hier in vielfältiger Aufgliederung nach Berufs- und Tätigkeitsmerkmalen neun Vergütungsgruppen vom Lehrling, bzw. Anlernling und Praktikanten über den Landwirtschaftsgehilfen, den Meister, den selbständigen Verwalter ohne und mit Hochschulbildung bis hin zum Güterdirektor und Rentmeister. Auch hier wird das Vergütungsgefüge ergänzt und vervollständigt durch eine detaillierte Gehaltstarifregelung (vgl. Gehaltstarifvertrag vom 10. April 1972, gültig ab 1. April 1972), bei der das Lebensalter, die Dienstzeit und andere Merkmale Berücksichtigung finden.
In gleicher Weise verhält es sich mit anderen Verträgen im Tarifbereich. Die hiernach im Regelfall unschwer zu ermittelnde vergleichbare Tätigkeit eines Arbeitnehmers entspricht auch deswegen besser als die o.a. Lohnstatistik dem mit § 30 Abs. 4 BVG i.V.m. § 9 DVO verfolgten Zweck, weil sie die aktuelle Lohnsituation auf dem Arbeitsmarkt wiedergibt. Würde der selbständige Beschädigte zu dem Zeitpunkt, zu dem er den Anspruch auf Berufsschadensausgleich erhebt, in einer vergleichbaren Stellung als Arbeitnehmer tätig sein, so würde die Annahme des ihm hierbei zustehenden Tariflohns als Wert seiner Arbeitsleistung jedenfalls den tatsächlichen Verhältnissen am nächsten kommen. Sollte ausnahmsweise eine Tarifregelung nicht bestehen oder eine an sich vorhandene Tarifregelung wegen der Besonderheiten des zu bewertenden Tätigkeitsbereichs keine auch nur annähernd passende Zuordnung ermöglichen, so würde, gegebenenfalls mit Hilfe der berufsständischen Organisation oder eines Sachverständigen, der entsprechende Ortslohn des in Betracht kommenden "Vergleichsarbeitnehmers" zu ermitteln sein.
Dem LSG ist darin zuzustimmen, daß die Regelung des § 9 Abs. 1 letzter Halbsatz DVO idF von 1968 dahin auszulegen ist, daß für den beschädigten Selbständigen nicht stets das volle tarifliche Entgelt angesetzt werden kann. Obzwar im Wortlaut der DVO nicht ausdrücklich enthalten, kann Vergleichbarkeit in dem dort genannten Sinn nur bedeuten, daß dem Beschädigten bei der Feststellung seines derzeitigen Bruttoeinkommens in der dargestellten Weise nur derjenige Teil des Entgelts für eine vergleichbare Arbeitnehmertätigkeit zugerechnet werden kann, der seiner wegen der Schädigungsfolgen eingeschränkten Leistungsfähigkeit entspricht. Bereits im Rundschreiben vom 1. März 1966 - V/2 - 5211.1 - 4021/65 - (BVBl 1966 S. 30 Nr. 20) hat der Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung (BMA) angeordnet, daß sich bei der Feststellung des derzeitigen Bruttoeinkommens Mindereinnahmen, die der Beschädigte nicht zu vertreten hat, nicht kürzend auf den Berufsschadensausgleich auswirken. Im Rundschreiben vom 20. April 1971 - V/2 - 5211.1 - 446/71 - (BVBl 1971 S. 43 Nr. 39) geht der BMA dann folgerichtig davon aus, daß als Wert der eigenen Arbeitsleistung das Tarifgehalt nur mit dem der tatsächlichen Arbeitsleistung entsprechenden Bruchteil anzusetzen ist, wenn der Beschädigte wegen seines Gesundheitszustandes nicht in der Lage ist, die üblicherweise vom Unternehmer zu verrichtenden Arbeiten auszuführen.
Die dementsprechend vom LSG angewendete Verfahrensweise, dem Kläger nur einen Teil des als Vergleich zugrunde gelegten Arbeitnehmereinkommens zuzurechnen, ist danach nicht zu beanstanden. Die Höhe des im Einzelfall zu ermittelnden Abschlags richtet sich dabei nach den tatrichterlichen Feststellungen über Umfang und Grad der Einschränkung der beruflichen Leistungsfähigkeit, soweit sie auf Schädigungsfolgen beruht. Grundlage für diese Feststellungen wird hier im Regelfall die Beurteilung durch Sachverständige bilden müssen, die der Situation des Beschädigten sowohl nach allgemein - medizinischen, wie nach arbeitsmedizinischen und berufskundlichen Gesichtspunkten Rechnung trägt.
In der Sache konnte der Senat nicht abschließend entscheiden. Für die Frage, welchen Tätigkeitsmerkmalen eines in Betracht kommenden Tarifwerk die Stellung des Klägers in seiner Position als selbständiger Landwirt entspricht oder am nächsten kommt, hat das LSG - von seinem sachlich-rechtlichen Standpunkt aus zu Recht - keine Feststellungen getroffen. Die Sache mußte daher zu diesem Zweck und zu neuer Verhandlung und Entscheidung insoweit an das LSG zurückverwiesen werden (§ 170 Abs. 2 Satz 2 SGG).
Das LSG wird abschließend auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.
Fundstellen