Leitsatz (amtlich)

Ausländer fallen dann nicht unter den Kreis der gemäß BVG § 7 Abs 1 Nr 3 versorgungsberechtigten Personen, wenn die Schädigung nach dem 1945-05-08 im Gebiet der sowjetischen Besatzungszone eingetreten ist.

 

Leitsatz (redaktionell)

Der unterschiedlichen Behandlung von Deutschen und Ausländern, die sich aus der Anwendung des BVG § 7 Abs 1 Nr 3 und der Begriffsbestimmung des Wortes "Deutschland" ergibt, steht schon aus dem Grunde nicht der Gleichbehandlungsgrundsatz des GG Art 3 entgegen, weil diese unterschiedliche Behandlung im Gesetz nicht willkürlich ist, sondern auf sachlich begründeten Erwägungen beruht.

 

Normenkette

BVG § 7 Abs. 1 Nr. 3 Fassung: 1950-12-20; GG Art. 3 Fassung: 1949-05-23

 

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen in Essen vom 7 . Dezember 1955 wird zurückgewiesen .

Die außergerichtlichen Kosten sind nicht zu erstatten .

Von Rechts wegen .

 

Gründe

Der Kläger ist der Staatsangehörigkeit nach Grieche . Er wurde am 25 . April 1919 in K... (Kreis G ... ) geboren und betrieb später in seinem Geburtsort ein mit Lohnackerei verbundenes Transportunternehmen . Am 12 . April 1947 erlitt er nachts bei der Rückkehr von einer Geschäftsfahrt mit dem Motorrad auf der R ... straße zwischen W ... und K ... einen Verkehrsunfall; er stieß mit seinem Motorrad , das wegen Ausfalls der Lichtmaschine unbeleuchtet war , auf der von ihm benutzten rechten Straßenseite mit einem ebenfalls unbeleuchtet fahrenden Lastkraftwagen zusammen . Im Lkw befand sich ein Major und ein Fahrer der Roten Armee . Der Kläger zog sich dabei an beiden Unterschenkeln schwere Knochenbrüche , leichte Verletzungen am Kopf und an den Händen sowie eine Verstauchung des linken Armes zu .

Durch Bescheid der Sozialversicherungskasse (SVK) G ... vom 27 . November 1948 erhielt der Kläger eine monatliche Unfallrente von 196 ,-- DM (Ost) . Später kam der Kläger - der Zeitpunkt ist nicht festgestellt - in die Bundesrepublik , und zwar , wie er vorgibt , vornehmlich wegen drohender Enteignung . Seit Mai 1950 betreibt er in Köln ein Fuhrunternehmen . Ein im März 1952 an die zuständige Berufsgenossenschaft gestellter Antrag auf Gewährung von Rente aus der gesetzlichen Unfallversicherung wurde abgelehnt . Am 14 . Juli 1952 stellte der Kläger beim Versorgungsamt (VersorgA) K... Antrag auf Versorgung nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) , den das VersorgA mit Bescheid vom 31 . Januar 1953 mit der Begründung ablehnte , der Kläger habe durch sein Fahren ohne Licht den Unfall überwiegend selbst verschuldet . Sein Einspruch war erfolglos . In der Begründung seiner Entscheidung vom 21 . April 1953 führte der Beschwerdeausschuß I beim VersorgA K ... aus , die Anwendbarkeit des § 5 Abs . 2 Buchst . a BVG sei zwar gegeben , jedoch träfe den Kläger eine wesentliche Mitschuld an dem Verkehrsunfall .

Auf die Berufung alten Rechts , die nach § 215 Abs . 4 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) als Klage auf das Sozialgericht (SG) übergegangen war , hat das SG durch Urteil vom 3. Dezember 1954 die Klage abgewiesen . Auch nach seiner Ansicht ist der Unfall als unmittelbare Kriegseinwirkung im Sinne von § 5 Abs . 2 Buchst . a BVG anzusehen , eine Rente aber zu versagen , weil eine schuldhafte Verursachung des Unfalles durch Besatzungsangehörige nicht klar erwiesen sei , sondern mit ausreichender Wahrscheinlichkeit ein überwiegendes Verschulden des Klägers Vorliege .

Das Landessozialgericht (LSG) hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen . In seiner Entscheidung hat es ausgeführt , daß der Staatsangehörigkeit des Klägers keine entscheidende Bedeutung zukomme . Aus § 7 Nr . 3 BVG aF sei nicht zu entnehmen , daß im Bundesgebiet ansässige Ausländer im Vergleich zu Deutschen in der Kriegsopferversorgung schlechter gestellt und ihnen Ansprüche nur in einem enger gezogenen Rahmen gewährt werden sollten . Aus dem Wortlaut dieser Vorschrift könne das allerdings nicht hergeleitet werden , die Aufteilung und die besondere Fassung der Nr . 3 des § 7 BVG aF spreche im Gegenteil mehr für eine Einschränkung . Weil aber § 18 des früher geltenden Personenschädengesetzes vom 15 . Juli 1922 (RGBl I 620) idF vom 22 . Dezember 1927 (RGBl I 515 , 533) nur deutschen Staatsangehörigen Entschädigungen für erlittene Personenschäden einräume und das BVG vom 20 . Dezember 1950 idF vom 19 . Januar 1955 (BGBl I 25) den Kreis der Versorgungsberechtigten im allgemeinen weiter ziehe , hätte vom Gesetzgeber eine dennoch für Ausländer gewollte Beschränkung klar zum Ausdruck kommen müssen . Es sei von dem Grundgedanken auszugehen , daß die Opfer des Krieges entschädigt werden sollten , und zwar für Einwirkungen der feindlichen Streitkräfte sowie wegen der Auswirkungen von Feindseligkeiten . Dabei sei kein Unterschied zu machen , ob der Schaden als Soldat oder Zivilist , als Deutscher oder als Ausländer erlitten wurde . Insoweit enthalte § 7 BVG keine Abstufung . Der Grundsatz der Gleichbehandlung dürfe nicht an der fehlenden Staatsangehörigkeit scheitern . Selbst wenn jedoch eine solche Abstufung gewollt sei , so träfe sie nicht auf den Kläger zu , weil dieser immer in Deutschland gewesen sei und nicht einmal griechisch spreche . Ebenso sei es nicht gerechtfertigt , den Begriff der unmittelbaren Kriegseinwirkung im Sinne des § 7 Nr . 3 BVG aF anders auszulegen , als er in den §§ 1 und 5 BVG definiert sei .

Es könne dahingestellt bleiben , ob der Kläger gegen sein Heimatland wegen des schädigenden Ereignisses Ansprüche im Sinne des § 7 Nr . 3 letzter Halbsatz BVG aF habe . Ebenso könne dahinstehen , ob ein Anspruch auf Rente aus der gesetzlichen Unfallversicherung bestehe und deshalb möglicherweise eine zu gewährende Rente nach dem BVG ruhe . Auch die Frage des Verschuldens an dem Unfallgeschehen könne unerörtert bleiben , weil dem Kläger weder nach § 1 Abs . 2 Buchst . a iVm § 5 Abs . 1 Buchst . e und § 5 Abs . 2 Buchst . a BVG noch nach § 1 Abs . 2 Buchst . a iVm § 5 Abs . 1 Buchst . d BVG ein Anspruch zustehe . Der Verkehrsunfall aus dem Jahre 1947 erfülle nicht die Voraussetzungen des § 5 Abs . 2 Buchst . a BVG , da es sich hier nicht um eine Auffangnorm handele , sofern Leistungen nach anderen Vorschriften nicht gewährt würden . Auf Grund der offensichtlich gewollten zeitlichen Begrenzung müsse geschlossen werden , daß § 5 Abs . 2 Buchst . a nur eine Untergruppe von Abs . 1 Buchst . e BVG darstelle . So gesehen fehle es an einer Unmittelbarkeit der Kriegseinwirkung . Ein Anspruch nach §§ 1 und 5 Abs . 1 Buchst . d BVG sei nicht gegeben , weil der Unfall nicht mehr Folge der Besetzung des sächsischen Raumes sei und auch keine besondere Gefahr für den Kläger vorgelegen habe . In der Sowjetischen Besatzungszone (SBZ) müsse der Besetzungsakt etwa Mitte 1946 als beendet angesehen werden .

Das LSG hat die Revision zugelassen , weil die vorgenommene Auslegung des § 5 Abs . 1 Buchst . d und Abs . 2 Buchst . a BVG eine Frage von grundsätzlicher Bedeutung betreffe .

Der Kläger hat gegen dieses am 21 . Januar 1956 zugestellte Urteil mit einem beim Bundessozialgericht (BSG) am 18. Februar 1956 eingegangenen Schriftsatz Revision eingelegt und beantragt:

1 . das angefochtene Urteil aufzuheben ,

2 . den Bescheid des VersorgA K ... vom 31 . Januar 1953 und den des Beschwerdeausschusses I beim VersorgA K ... vom 21 . April 1953 aufzuheben ,

3. den Beklagten für verpflichtet zu erklären , dem Kläger den Verlust des linken Beines und die Lähmung des rechten Beines als Folge unmittelbarer Kriegseinwirkung anzuerkennen und eine Rente in Höhe der MdE zu gewähren ,

hilfsweise ,

das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und anderweitigen Entscheidung an das LSG in Essen zurückzuverweisen .

Mit der Revisionsbegründung vom 16 . März 1956 , eingegangen beim BSG am 19. März 1956 , rügt der Kläger die Verletzung materiellen und formellen Rechts. Er hält die Ausführungen des LSG für zutreffend , wonach die Ausländereigenschaft die Entstehung von Versorgungsansprüchen nach dem BVG nicht hindert . Verfehlt seien jedoch die Entscheidungssätze , mit denen das LSG die Anwendung des § 5 Abs . 2 Buchst . a BVG verneine . Der Ansicht des LSG , daß der Stichtag in allen Zonen der 1 . August 1945 sei , dürfe nicht gefolgt werden . Sie verstoße gegen den klaren Wortlaut des Gesetzes und auch gegen die erkennbaren Motive des Gesetzgebers . Insoweit habe der 10 . Senat des BSG in seiner Entscheidung vom 7. Juli 1955 ausgeführt , daß der Stichtag für alle Schäden , die Angehörige der westlichen Besatzungsmächte verursacht hätten , der 1 . August 1945 sei , nicht aber für solche Schäden , die durch Angehörige der russischen Besatzungsmacht entstanden wären . Es bestünden keine Vorschriften , nach denen für derartige Schäden Leistungen nach anderen gesetzlichen Vorschriften gewährt würden . Somit gebe es für alle durch die sowjetische Besatzungsmacht verursachten Personenschäden zur Zeit noch keinen Anspruch auf Leistungen nach anderen Vorschriften , gleichgültig wann diese Schäden verursacht worden seien . Der § 5 Abs . 2 Buchst . a BVG enthalte aber auch keine kalendermäßige Beschränkung hinsichtlich des Eintritts des Besatzungsschadens , sondern lediglich eine zeitlich unbestimmte Einschränkung .

Das LSG habe ferner gegen § 103 SGG verstoßen und tatsächliche Umstände unberücksichtigt gelassen . Wäre es den in der Berufungsinstanz gestellten Beweisanträgen pflichtgemäß nachgegangen , so hätte es feststellen müssen , daß den Kläger kein Verschulden an dem Unfall treffe .

Die Berufsgenossenschaft für Fahrzeughaltungen hat mit Bescheid vom 27. November 1959 mit Wirkung vom 1 . April 1952 den Unfall als Arbeitsunfall im Sinne der gesetzlichen Unfallversicherung anerkannt und dem Kläger Rente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 70 v . H . gewährt .

Der Beklagte beantragt ,

die Revision zurückzuweisen .

Er hält die materiell-rechtliche Auffassung des LSG in dem angefochtenen Urteil für richtig und die Angriffe des Klägers gegen das Verfahren der Berufungsinstanz für unbegründet .

Die vom LSG zugelassene Revision ist statthaft (§ 162 Abs . 1 Nr . 1 SGG) . Da der Kläger sie auch form- und fristgerecht eingereicht und begründet hat (§ 164 SGG) , ist sie damit zulässig . Sie . konnte jedoch keinen Erfolg haben .

Entgegen der Auffassung des LSG gehört der Kläger nicht zu dem Personenkreis , der für die Folgen der in der SBZ im April 1947 erlittenen Schädigung Versorgungsansprüche geltend machen kann , gleichgültig ob der § 7 BVG in seiner alten , vor dem Gesetz zur Änderung und Ergänzung des Kriegsopferrechts vom 27 . Juni 1960 (Erstes Neuordnungsgesetz -NOG- ) geltenden Fassung oder in der seit dem NOG geltenden Fassung anzuwenden ist . (Soweit beide Fassungen sich im Wortlaut unterscheiden , wird dies hervorgehoben werden . ) Der § 7 BVG , der den Personenkreis bestimmt , der überhaupt Ansprüche nach dem BVG erheben kann , unterscheidet zunächst Deutsche (§ 7 Abs . 1 Nr . 1 und 2 BVG nF) und Ausländer (§ 7 Abs . 1 Nr . 3 BVG nF) . Schon insofern werden demnach Deutsche und Ausländer unterschiedlich behandelt , als von dem Grundsatz , daß Versorgungsansprüche nur erheben kann , wer seinen Wohnsitz oder ständigen Aufenthalt im Geltungsbereich des BVG hat (§ 7 Abs . 1 Nr . 1 und Nr . 3 BVG nF) , nur für Deutsche eine Ausnahme unter den Voraussetzungen der Nr . 2 dieser Vorschrift zugelassen ist . Ob infolge dieser unterschiedlichen Behandlung von Ausländern und Deutschen überhaupt der Gleichheitsgrundsatz des Art . 3 des Grundgesetzes (GG) berührt sein kann , mag dahinstehen , denn im vorliegenden Falle hat der Kläger seinen Wohnsitz im Gebiet der Bundesrepublik und ist durch diese im § 7 BVG vorgesehene unterschiedliche Behandlung nicht betroffen .

Jedoch schränkt der § 7 Abs . 1 Nr . 3 BVG nF den Personenkreis der anspruchsberechtigten Ausländer gegenüber den Deutschen noch in anderer Beziehung ein . Das gilt für Ausländer zunächst insofern , als sie nicht in allen Fällen des militärischen oder militärähnlichen Dienstes nach §§ 2 bis 4 BVG wie Deutsche anspruchsberechtigt sind , sodann aber auch insofern , als sie bei unmittelbaren Kriegseinwirkungen , denen sie als Zivilpersonen ausgesetzt waren , nicht im gleichen Umfang wie Deutsche unter den versorgungsberechtigten Personenkreis fallen . Da im vorliegenden Fall der Kläger seine Ansprüche nicht daraus herleitet , daß er militärischen oder militärähnlichen Dienst geleistet habe , kann dahinstehen , wie weit in dieser Beziehung Ausländer nicht im gleichen Maße wie Deutsche Versorgungsschutz erhalten . Im vorliegenden Fall beansprucht der Kläger Versorgung für einen Unfall , den er als Zivilperson durch eine unmittelbare Kriegseinwirkung im Sinne des § 5 BVG erlitten haben will . Während nun das BVG bei einer Schädigung durch unmittelbare Kriegseinwirkung Deutschen grundsätzlich immer einen Versorgungsanspruch gewährt , gleichgültig wo sie von der unmittelbaren Kriegseinwirkung betroffen worden sind - soweit sich nicht aus § 5 BVG selbst schon gewisse räumliche Begrenzungen für den Eintritt der Kriegseinwirkung ergeben - , gewährt § 7 Abs . 1 Nr . 3 letzter Halbsatz BVG nF Ausländern den Versorgungsschutz bei Schädigung durch unmittelbare Kriegseinwirkungen nur dann , wenn die Schädigung "in Deutschland oder in einem zZt der Schädigung von der deutschen Wehrmacht besetzten Gebiet" eingetreten ist . Der Senat ist der Auffassung , daß die Schädigung des Klägers nicht in dem "Deutschland" im Sinne dieser Vorschrift eingetreten ist , so daß schon aus diesem Grunde ein Versorgungsanspruch des Klägers entfallen muß , ohne daß im einzelnen noch untersucht zu werden braucht , ob bei dem Unfall eine unmittelbare Kriegseinwirkung im Sinne des § 5 BVG vorlag , auf welche der Kläger seine Gesundheitsstörung zurückführt .

Welches Gebiet erfaßt wird , wenn das BVG den Begriff "Deutschland" in § 7 Abs . 1 Nr . 3 gebraucht , läßt sich aus dem Wort selbst nicht herleiten . Selbst im Sprachgebrauch ist dieser Begriff nicht eindeutig; darunter kann sowohl das deutsche Sprachgebiet als auch das staatsrechtlich zum früheren Deutschen Reich gehörende Gebiet verstanden werden . Im letztgenannten Sinne kann dieser Begriff wiederum nur zusammen mit einer Zeitbestimmung ein Gebiet bestimmten Umfangs bezeichnen , weil das Gebiet des deutschen Reiches nicht zu allen Zeiten dasselbe gewesen ist . Das BVG selbst erläutert den Begriff "Deutschland" nicht und auch aus anderen im BVG gebrauchten Gebietsbestimmungen sind keine Rückschlüsse darauf zu ziehen , was darunter zu verstehen ist (§ 2 Abs . 3 BVG = Gebiet des Deutschen Reiches nach dem Stande vom 31 . Dezember 1937; § 4 Abs . 1 BVG jetzige Grenze des Bundesgebietes; § 5 Abs . 1 Buchst . d = Deutsches Gebiet; § 5 Abs . 2 Buchst . b = Deutsches Reichsgebiet; §§ 8 , 64 BVG Geltungsbereich dieses Gesetz = Bundesrepublik) . Hinzu kommt , daß das Gebiet , das nach § 7 Abs . 1 Nr . 3 BVG nF erfaßt werden sollte und mußte , im Laufe der Zeit - wie bereits erwähnt - seinen Umfang verändert hat und somit eine staatsrechtlich wie sonst begrifflich feststehende kurze Bezeichnung , die diesem Umstand Rechnung getragen hätte , gar nicht vorhanden war . Das BVG umfaßt nämlich unmittelbare Kriegseinwirkungen , die "im Zusammenhang mit einem der beiden Weltkriege stehen" (§ 5 Abs . 1 BVG) und solche , die "in Verbindung mit dem zweiten Weltkrieg" (§ 5 Abs . 2 Buchst . a BVG) oder "in Verbindung mit dem ersten Weltkrieg" (§ 5 Abs . 2 Buchst . b BVG) verursacht worden sind . Das Gebiet "Deutschland" , auf dem Schädigungen durch eine unmittelbare Kriegseinwirkung eingetreten sein können , ist sonach nicht unverändert fest umrissen , sondern hat im Wandel der Zeiten , für welche die Bestimmungen des BVG gelten , seinen Umfang verändert . Mit der Bezeichnung Deutschland soll demnach ein Gebiet erfaßt werden , das jeweils dem Staatsgebiet des Deutschen Reiches zur kaiserlichen Zeit , sodann verändert zZt der Weimarer Republik , sodann verändert zZt des Naziregimes und nunmehr der Bundesrepublik entspricht . Nicht erfaßt wird jedenfalls von dem im § 7 Abs . 1 Nr . 3 BVG erwähnten Deutschland das Gebiet der derzeitigen sowjetischen Besatzungszone . Hierbei betrifft die Auslegung dieser Vorschrift in bezug auf den dort verwandten Begriff "Deutschland" - das sei ausdrücklich hervorgehoben - weder die Frage der Existenz zweier deutscher Staaten noch etwa die Charakterisierung der SBZ als Ausland . Vorstehend handelt es sich nicht um die Frage , in welchem Verhältnis die SBZ zur Bundesrepublik steht , sondern allein darum , welches Gebiet das BVG gemeint hat , wenn es in § 7 Abs . 1 Nr . 3 BVG von Deutschland spricht , nämlich ein Gebiet , das im Laufe der Zeit , die für den Anwendungsbereich dieser Vorschrift in Frage kommt , des öfteren seinen Umfang geändert hat . Wegen des Gebrauchs des Wortes Deutschland für ein dem Umfang nach Veränderungen unterworfenes Gebiet kann nicht geschlossen werden , daß damit auch die SBZ umfaßt sei , weil sonst das Gesetz vom Gebiet der Bundesrepublik spreche . Dieser Schluß wäre nur möglich , wenn lediglich ein derzeit bestehender Gebietsumfang erfaßt werden sollte , so daß man dann folgern könnte , das BVG , das schlechthin von der Bundesrepublik und dem Geltungsbereich des BVG spreche , müsse ein anderes Gebiet gemeint haben , wenn es von Deutschland spreche , so daß nur das ungeteilte Deutschland einschließlich der SBZ gemeint sein könne .

Beim Fehlen jeglicher Anhaltspunkte dafür , was unter dem Begriff Deutschland gebietlich für die Zeit nach dem 8 . Mai 1945 - und nur insoweit bedarf im vorliegenden Fall dieser Begriff einer Auslegung - zu verstehen ist , muß demnach auf den Zweck dieser Vorschrift zurückgegangen werden . In diesem Zusammenhang ist nochmals hervorzuheben , daß bei Deutschen , die durch eine unmittelbare Kriegseinwirkung geschädigt worden sind , es grundsätzlich nach dem BVG unerheblich ist - soweit nicht im § 5 BVG selbst sich räumliche Begrenzungen für den Eintritt unmittelbarer Kriegseinwirkungen ergeben wo die Schädigung eingetreten ist . Dem Grundgedanken des Gesetzes entsprechend , die Opfer der beiden Weltkriege zu entschädigen , ist es bei Deutschen , deren Heimatstaat in die beiden Weltkriege verwickelt worden war , gleichgültig , wo sie von den Folgen des Krieges getroffen wurden und wo ihr Heimatstaat sie nicht genügend schützen konnte , so daß sie Leben oder Gesundheit. opfern mußten . Anders ist die Sachlage bei Ausländern . Sicherlich haben auch Ausländer ein Recht auf Schutz des Staates , wenn und solange sie sich auf staatlichem Hoheitsgebiet aufhalten; sie haben sodann nach dem Grundgedanken des Gesetzes auch einen Anspruch auf Versorgungsschutz , wenn sie der Staat , in dem sie sich aufhalten , nicht vor den Einwirkungen des Krieges schützen konnte . Sinngemäß kann der Staat aber diesen Schutz bei Ausländern nur für das von ihm beherrschte Gebiet übernehmen , und nur dann auch Entschädigung gewähren , wenn die Schädigung auf dem von ihm beherrschten Gebiet eingetreten ist . Dieser Gedanke kommt unmißverständlich im § 7 Abs . 1 Nr . 3 BVG zum Ausdruck , wo das BVG neben "Deutschland" auch das "von der deutschen Wehrmacht besetzte Gebiet" erwähnt . Dieser Gleichsetzung kann nur der erwähnte Gedanke zugrunde liegen , daß der Staat den Schutz der Ausländer auf dem von ihm jeweils beherrschten Gebiet zu übernehmen hat , daß zu diesem Gebiet aber nicht nur das staatsrechtlich beherrschte Gebiet , sondern das auch von ihm tatsächlich auf Grund der Besetzung beherrschte Gebiet gehört . Nur so ist zu verstehen , daß nach dem BVG der Versorgungsschutz bei unmittelbaren Kriegseinwirkungen nur dann besteht , wenn die Schädigung in Deutschland oder in dem von der deutschen Wehrmacht besetzten Gebiet eingetreten ist . Der dieser Regelung zugrunde liegende Gedanke schließt aber aus , in den Begriff "Deutschland" die SBZ einzubeziehen , in der seit dem Ende des zweiten Weltkrieges (8 . Mai 1945) jedenfalls nicht die Bundesrepublik oder an ihrer Stelle ein anderer Hoheitsträger als tatsächlicher oder rechtlicher Vorgänger irgendeinen Schutz über die dort befindlichen Ausländer ausüben kann , sondern praktisch allein das in der SBZ herrschende Regime und die dort befindliche Besatzungsmacht . Das schließt aber auch aus , daß die Bundesrepublik Entschädigungen gewährt an Ausländer , die dort nach dem 8 . Mai 1945 von unmittelbaren Kriegseinwirkungen betroffen worden sind . Es kann dem Sinn des BVG nicht entsprechen , Ausländern etwa Versorgung zu gewähren für Schädigungen durch unmittelbare Einwirkungen des Krieges , die sie nach dem 8 . Mai 1945 in der SBZ , etwa bei dem Besuch einer Messe oder einem Aufenthalt aus sonstigem Grund erleiden .

Dieser unterschiedlichen Behandlung von Deutschen und Ausländern , die sich sonach aus der Anwendung des § 7 Abs . 1 Nr . 3 BVG und der Begriffsbestimmung des Wortes "Deutschland" ergibt , steht schon aus dem Grunde nicht der Gleichbehandlungsgrundsatz des Art . 3 GG entgegen , weil diese unterschiedliche Behandlung im Gesetz nicht willkürlich ist , sondern - wie eben dargelegt - auf sachlich begründeten Erwägungen beruht . Demnach kann der Kläger als Ausländer , der eine Schädigung nach dem 8 . Mai 1945 auf dem Gebiet der SBZ erlitten hat , eine Versorgung schon aus dem Grunde nicht beanspruchen , weil er nicht unter den Personenkreis des § 7 BVG fällt , so daß dahingestellt bleiben kann , ob sein Unfall im April 1947 im übrigen als unmittelbare Kriegseinwirkung im Sinne des § 5 BVG anzusehen wäre .

Der Kläger ist nicht etwa deswegen als Deutscher im Sinne des § 7 Abs . 1 Nr . 1 BVG nF oder als deutscher Volkszugehöriger im Sinne derselben Vorschrift alter Fassung anzusehen , weil er, wie er vorträgt , im Gebiet des Deutschen Reichs geboren ist , nur deutsch spricht und die griechische Sprache nicht versteht . Die neuere Fassung des BVG verwendet den Begriff "Deutsche" in dem Sinne , wie er im Art . 116 GG umrissen ist . Danach ist der Kläger nicht Deutscher , weil er nicht als Flüchtling oder Vertriebener Aufnahme im Gebiet des Deutschen Reiches gefunden (Art . 116 Abs . 1 GG) und auch nie die deutsche Staatsangehörigkeit besessen hat (Art . 116 Abs . 2 GG) . Er ist auch nicht deutscher Volkszugehöriger im Sinne der früheren Fassung des § 7 Nr . 1 BVG . Dabei kann dahingestellt bleiben , ob es sich bei der Änderung des § 7 Nr . 1 BVG durch das NOG und den Gebrauch des Wortes "Deutsche" an Stelle der früher gebrauchten Wörter "deutsche Staatsangehörige und deutsche Volkszugehörige" nur um eine redaktionelle oder auch um eine Änderung des Inhalts dieser Vorschrift handelt . Selbst wenn man der Ansicht ist , daß der frühere Begriff deutsche Volkszugehörige weiter ging , und wenn man unterstellt , daß die Angaben des Klägers über seine Sprache , Erziehung und Kultur zutreffen , ist er nicht als deutscher Volkszugehöriger im Sinne der früheren Fassung dieser Vorschrift anzusehen . Deutsche Volkszugehörige in diesem Sinne können grundsätzlich nur Personen nichtdeutscher Staatsangehörigkeit oder Staatenlose sein , die im Ausland leben oder wenigstens gelebt haben . Damit ist nicht ausgeschlossen , daß auch im Inland lebende Personen deutschen Volkstums , die noch nicht die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen , für begrenzte Zeiträume und unter besonderen Umständen noch als deutsche Volkszugehörige angesehen werden können . Ein solcher Fall liegt aber nicht beim Kläger vor , der von Geburt an im jeweiligen Gebiet des Deutschen Reiches , der SBZ und der Bundesrepublik gelebt hat . Der Kläger fällt somit auch nicht unter den versorgungsberechtigten Personenkreis des § 7 Nr . 1 BVG aF , solange diese Vorschrift bis zum 1 . Juli 1960 in der vor dem NOG gültigen Fassung wirksam war und den Begriff deutscher Volkszugehörigkeit verwendete .

Soweit der Kläger gegen die Auslegung des § 5 BVG durch das LSG und die dazu vom LSG getroffenen Feststellungen Rügen erhebt , können diese seinen erhobenen Anspruch nicht begründen . Auf diese Feststellungen und deren rechtliche Unterordnung unter einen der Tatbestände des § 5 BVG kommt es nicht mehr an , weil der Kläger nicht unter den versorgungsberechtigten Personenkreis des § 7 BVG fällt . Seine Revision gegen das im Ergebnis zutreffende Urteil des LSG mußte daher zurückgewiesen werden .

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG .

 

Fundstellen

BSGE, 67

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