Leitsatz (amtlich)
1. Zur Frage, wann Waldgenossenschaften altdeutschen Rechts nach Aufgaben und Zielsetzung Körperschaft des öffentlichen Rechts sind.
2. Von BKGG § 7 Abs 1 Nr 4 werden Unternehmungen nicht erfaßt, die nach ihrer Zielsetzung nicht mehr zur öffentlichen Hand zu rechnen sind, weil ihr Betätigungsfeld nicht im Bereich der Daseinsvorsorge liegt und für das wirtschaftliche Ergebnis letztlich auch nicht allein die öffentliche Hand einzustehen hat (Weiterentwicklung von BSG 1970-11-20 7 RKg 18/68 = BSGE 32, 102, 103; BSG 1973-01-30 7 RKg 31/70 = BSGE 35, 156, 159).
Normenkette
BKGG § 7 Abs. 1 Nrn. 3-4
Tenor
Auf die Revisionen der Kläger und der Beigeladenen wird das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 13. Oktober 1971 aufgehoben.
Der Rechtsstreit wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.
Gründe
I
Die Kläger sind Arbeitnehmer der Beigeladenen. Diese ist eine Waldgenossenschaft mit dem Zweck, die ihr gehörigen Waldungen möglichst gewinnbringend zu bewirtschaften (§ 2 Abs. 1 der Satzung). Genossenschafter der Beigeladenen ist, wer sogenannte Waldrechte zu Eigentum erworben hat (§ 6 Abs. 1 der Satzung). Die Waldungen sind zu dem genannten Zweck unter staatliche Bewirtschaftung gestellt (§ 2 Abs. 2 der Satzung). Die Kosten für das staatliche Forstamt II Forbach trägt die Beigeladene zur Hälfte (§ 4 Abs. 1 der Satzung). Der Mehrbetrag der Einnahmen oder der Ausgaben wird den Genossenschaftern am Jahresschluß gutgeschrieben oder belastet (§ 4 Abs. 2 der Satzung). Zur Deckung von Mehrausgaben werden von den Genossenschaftern Beiträge im Verhältnis ihrer Waldrechte erhoben (§ 4 Abs. 3 der Satzung). Mehr als die Hälfte der Waldrechte sind in der Hand des "B D".
Die Arbeitsverhältnisse der Kläger werden durch die zwischen der Beigeladenen und der Gewerkschaft Gartenbau, Land- und Forstwirtschaft geschlossenen Tarifverträge (TV) vom 8. Dezember 1964 und 25. Januar 1971 geregelt. Darin übernehmen die Tarifvertragsparteien die Manteltarifverträge (MTV) für die staatlichen Forstbetriebe in Baden-Württemberg vom 1. Oktober 1964 und 16. Juli 1970. Sie vereinbarten jedoch einige Abweichungen vom jeweils geltenden MTV. Diese beziehen sich u. a. auf die Anrechnung von Vordienstzeiten, Besitzstandswahrung bei Vorarbeiterzulagen, Ergänzungen der technischen Zulage und Beihilfen zur Werkzeugbeschaffung. Der TV vom 8. Dezember 1964 enthielt auch eine besondere Regelung des Kinderzuschlags im MTV. Sachlich wich diese jedoch von dem MTV nicht ab.
Die Beklagte entzog dem Kläger zu 1) mit Bescheid vom 12. Mai 1969 ab April 1967 gezahltes Kindergeld (Kg) und forderte es zurück. Ferner entzog sie noch für einzelne Monate zwischen April 1965 und November 1966 bewilligtes Kg, ohne aber Rückzahlung zu verlangen. Dem Kläger zu 2) entzog die Beklagte mit Bescheid vom 17. April 1969 das Kg ab Mai 1965 für näher bezeichnete Monate und forderte Überzahlungen ab Januar 1967 zurück. Gleichzeitig leitete sie Ansprüche der Kläger gegen die Beigeladene auf Ersatzkindergeld nach § 7 Abs. 6 des Bundeskindergeldgesetzes (BKGG) auf den Bund über. Zur Begründung führte die Beklagte aus: Die Arbeitsverhältnisse der Kläger unterlägen einem für die Forstarbeiter des Landes vergleichbaren TV, so daß der gesetzliche Ausschlußtatbestand des § 7 Abs. 1 Nr. 4 BKGG erfüllt sei. Die Widersprüche der Kläger blieben erfolglos (Widerspruchbescheide vom 4. Juli und 25. Juni 1969). Die hiergegen gerichteten Klagen, mit denen die Kläger die Aufhebung der Entziehungs- und Rückforderungsbescheide verfolgen, hat das Sozialgericht (SG) Karlsruhe durch Urteil vom 22. Mai 1970 nach Verbindung der Verfahren zu gemeinsamer Verhandlung und Entscheidung abgewiesen. Die dagegen eingelegten Berufungen der Kläger und der Beigeladenen hat das Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg durch Urteil vom 13. Oktober 1971 zurückgewiesen. In den Entscheidungsgründen, auf die Bezug genommen wird, hat es ausgeführt: Die Kläger seien Arbeitnehmer einer Unternehmung, die auf ihre Arbeitsverhältnisse zumindest eine den Tarifverträgen für Arbeitnehmer des Landes vergleichbare tarifvertragliche Regelung anwende. Ein Anspruch der Kläger auf Kg sei damit gemäß § 7 Abs. 1 Nr. 4 BKGG ausgeschlossen. Der Begriff der Unternehmung sei nicht auf Unternehmen mit bestimmter - am Gemeinwohl orientierter - Zielsetzung begrenzt. Die Begründung des Regierungsentwurfs (Bundestags-Drucks. IV/818) lasse erkennen, daß es dem Gesetzgeber auf ein objektives Unterscheidungsmerkmal ankomme. Dieses Merkmal sei die Anwendung einer den Tarifverträgen für Landesbedienstete vergleichbaren tariflichen Regelung. Sie lasse einen Schluß auf den "quasi-öffentlichen Charakter" eines Unternehmens zu, ohne daß es auf die "Besonderheit des Einzelfalls der Beigeladenen" ankomme. Die bisherige Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) (BSG SozR Nr. 4 zu § 7 BKGG; BSG 32, 102) lasse nicht erkennen, daß der Ausschlußtatbestand auf Arbeitnehmer zu begrenzen sei, die in Betrieben der öffentlichen Daseinsvorsorge beschäftigt seien. Eine solche Einschränkung führe zu Abgrenzungsschwierigkeiten, die das BKGG im Interesse der Rechtsklarheit habe vermeiden wollen. Gegen dieses Urteil haben die Kläger und die Beigeladene - die vom LSG zugelassene - Revision eingelegt. Sie rügen eine Verletzung des § 7 Abs. 1 Nr. 4 BKGG und führen dazu aus: Das Berufungsgericht habe die Beigeladene zu Unrecht als Unternehmung im Sinne des § 7 Abs. 1 Nr. 4 BKGG angesehen. Hierzu könnten nur solche Unternehmen gehören, die Aufgaben der Daseinsvorsorge wahrnähmen und ihrer Struktur nach dem öffentlichen Dienst naheständen. Die Beigeladene verfolge ausschließlich privatwirtschaftliche Interessen. Bei nichtausgleichbaren Verlusten sei ein Konkurs nicht mit Subventionen aus öffentlichen Mitteln abzuwenden. Die Anwendung tarifvertraglicher Regelungen für Landesbedienstete lasse keinen Schluß auf den öffentlichen Charakter des Unternehmens zu. Dieser sei auch nicht aus dem Umstand herzuleiten, daß die öffentliche Hand die Mehrheit der Anteilsrechte besitze. Die Auslegung des § 7 Abs. 1 Nr. 4 BKGG durch das LSG benachteilige die Beigeladene im Vergleich zu anderen privaten Waldeigentümern. Sie verletze damit Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG).
Die Kläger und die Beigeladene beantragen,
die Urteile des LSG und des SG sowie die Bescheide der Beklagten vom 12. Mai 1969 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 4. Juli 1969 und vom 17. April 1969 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 25. Juni 1969 aufzuheben und den Klägern das Kindergeld weiterzuzahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Revisionen zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch Urteil (§ 124 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG -) einverstanden erklärt.
II
Die Revisionen der Kläger und der Beigeladenen sind begründet.
Die Kläger sind - entgegen der Auffassung des LSG - nicht vom Bezug des Kg ausgeschlossen. Die Voraussetzungen des § 7 Abs. 1 Nr. 3 und 4 BKGG liegen nicht vor. Gegen die Beteiligungsfähigkeit der Beigeladenen bestehen schon im Hinblick auf § 70 Nr. 1 SGG keine Bedenken.
Nach § 7 Abs. 1 Nr. 3 BKGG wird gesetzliches KG nicht an Personen gewährt, die Arbeitnehmer des Bundes, eines Landes, einer Gemeinde, eines Gemeindeverbandes oder einer sonstigen Körperschaft, Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts sind. Die Beigeladene ist keine Körperschaft des öffentlichen Rechts. Die Satzung führt die Rechtsstellung der Beigeladenen auf ihren "geschichtlichen Ursprung und von alters her ununterbrochene Rechtsübung" zurück. Diese kann jedoch den öffentlich-rechtlichen Status der Beigeladenen nicht begründen. Mangels einer ausdrücklichen Verleihung kann sich die Eigenschaft einer Körperschaft des öffentlichen Rechts hier allenfalls aus den Aufgaben und der Zielsetzung der Beigeladenen ergeben. Die schon im Namen der Beigeladenen anklingende Zielsetzung der Holzverwertung durch Flößerei spricht dafür, daß es sich um einen der "Sonderverbände für die gemeinsame Bewirtschaftung eines ländlichen Besitztums" handelt, die als Körperschaften des öffentlichen Rechts eingerichtet sein können, aber nicht müssen (vgl. Otto von Gierke, Deutsches Privatrecht, 1. Band, 1895, S. 612 ff., 623). Die Satzung der Beigeladenen bezeichnet als Zweck der Genossenschaft die Bewirtschaftung der ihr gehörigen Waldungen zur Erzielung eines möglichst günstigen und nachhaltigen Ertrages der Waldrechte ihrer Mitglieder (§ 2 Abs. 1 der Satzung). Das ist eine private Zielsetzung. Allerdings hat die Beigeladene zur Verwirklichung der satzungsmäßigen Zielsetzung ihre Waldungen mit Vertrag vom 12. Juli 1886 unter staatliche Bewirtschaftung gestellt (§ 2 Abs. 2 der Satzung). Daraus ist jedoch nichts für einen öffentlich-rechtlichen Status der Beigeladenen herzuleiten. Vielmehr hebt die Satzung hervor, daß dies nicht aus übergeordneten Gesichtspunkten, sondern gerade aus privatwirtschaftlichen Interessen geschehen ist. Im übrigen kann die Übertragung der Bewirtschaftung auf einen Dritten einen öffentlich-rechtlichen Status nicht deshalb begründen, weil der Dritte der Staat ist. Allenfalls kann dieser Umstand ein Hinweis dafür sein, daß sich öffentliche und private Interessen im Bereich der Forstwirtschaft in einer Gemengelage befinden, die eine solche "Delegation" nahelegt. Die Unterstellung der Beigeladenen unter die Rechts- und Verwaltungsvorschriften des Landes (§ 2 Abs. 3 der Satzung) ist eine naheliegende Konsequenz aus der staatlichen Bewirtschaftung. Da die forstliche Bewirtschaftung - d. h. die Feststellung von Hiebsätzen und dergl. - den staatlichen Forstämtern übertragen ist (§ 2 des Vertrages vom 12. Juni 1886), sind keine öffentlichen Aufgaben ersichtlich, die auf einen entsprechenden Rechtsstatus der Beigeladenen hindeuten könnten. Dies gilt um so mehr, als die Beigeladene diesen Vertrag nicht aufkündigen kann (§ 6 des Vertrages vom 12. Juni 1886). Selbst wenn man die forstliche Bewirtschaftung wegen ihrer Auswirkungen für das Gemeinwohl als Indiz für den öffentlich-rechtlichen Status der Beigeladenen auffassen wollte, so wäre dieses Indiz für die Beigeladene unwiderruflich durch den Vertrag von 1886 entfallen. Danach können der Beigeladenen hoheitliche Befugnisse nach außen nicht zustehen. Für die Staatsaufsicht fehlt es an einem sachlichen Substrat. Aufgrund des Vertrages von 1886 vollzieht der Staat die Aufgaben selbst, deren Wahrnehmung er durch die Beigeladene allenfalls beaufsichtigen könnte. Auch gegenüber den Genossenschaftern stehen der Beigeladenen hoheitliche Befugnisse nicht zu. Sie kann zwar zur Deckung von Mehraufgaben am Jahresende Beiträge im Verhältnis der Waldrechte erheben (§ 4 Abs. 3 der Satzung). Im Beitreibungsfalle kann sie jedoch nicht unmittelbar gegen die Genossenschafter vorgehen (insoweit liegen die Verhältnisse anders als bei den Forstgenossenschaften, die unter das Gesetz betr. die Verfassung der Realgemeinden in der Provinz H vom 5. Juni 1888 - Preuß. GS S. 233 - fallen - vgl. BSG, SozR Nr. 13 zu § 7 BKGG). Der Sache nach handelt es sich hier um nichts anderes als eine Nachschußpflicht, wie sie bei privatrechtlichen Gesellschaften geläufig ist. Schließlich läßt auch die überwiegende Beteiligung des Landes an der Beigeladenen keine Schlüsse auf deren Rechtsform zu. Hieraus auf den öffentlich-rechtlichen Charakter der Beigeladenen im Sinne des § 7 Abs. 1 Nr. 3 BKGG zu schließen, erscheint bei einer Beteiligung von rund 60 % durch den Staat noch nicht angebracht. Abgesehen davon würde dies nicht der Systematik des § 7 Abs. 1 BKGG entsprechen. Das Gesetz hat nämlich in § 7 Abs. 1 Nr. 4 BKGG einen besonderen Auffangtatbestand für Unternehmungen, die öffentlichen Körperschaften nahestehen, vorgesehen. Nach § 7 Abs. 1 Nr. 3 BKGG sind daher die Kläger vom Bezug des Kg - wie das LSG stillschweigend mit Recht angenommen hat - nicht ausgeschlossen.
Das Berufungsgericht hat den Klägern aber zu Unrecht das Kg unter Hinweis auf § 7 Abs. 1 Nr. 4 BKGG verweigert. Nach dieser Vorschrift wird Kg nicht gewährt, wenn eine Person, bei der das Kind nach § 2 Abs. 1 BKGG berücksichtigt wird, Arbeitnehmer einer Vereinigung, Einrichtung oder Unternehmung ist und auf ihr Arbeitsverhältnis die Tarifverträge, die für Arbeitnehmer ... des Bundes oder eines Landes gelten, oder vergleichbare tarifvertragliche Regelungen angewandt werden.
Es kann hier dahinstehen, ob die auf die Arbeitsverhältnisse der Kläger anzuwendenden Tarifverträge vom 8. Dezember 1964 und 25. Januar 1971 nicht allein schon durch ihre Bezugnahme auf die für Forstarbeiter des Landes Baden-Württemberg geltenden Manteltarifverträgen vom 1. Oktober 1964 und 16. Juli 1970 ohne Rücksicht auf die Änderungen und Ergänzungen als mit einem TV des Landes vergleichbare tarifvertragliche Regelungen anzusehen sind (vgl. BSG 35, 156, 161 f.). Auch wenn man mit den LSG von einer Vergleichbarkeit im Sinne des § 7 Abs. 1 Nr. 4 BKGG ausgeht, fehlt es im vorliegenden Fall an dem weiteren Tatbestandsmerkmal, wonach die Beigeladene eine Vereinigung, Einrichtung oder Unternehmung im Sinne des § 7 Abs. 1 Nr. 4 BKGG sein muß. Richtig ist allerdings - wie das Berufungsgericht angenommen hat -, daß einer mit einem Tarifvertrag des Landes "vergleichbaren" tarifrechtlichen Regelung eine gewisse "Indizwirkung" im Sinne eines objektiven Merkmals zukommt, an dem möglicherweise "der quasi-öffentliche Charakter ohne weiteres abgelesen werden kann" (vgl. Begründung zum Regierungsentwurf zum BKGG, Bundestags-Drucks. IV/818 S. 16; BSG SozR Nr. 4 zu § 7 BKGG; BSG 35, 156, 162). Das LSG hat aber zu Unrecht daraus den Schluß gezogen, bei Anwendung einer vergleichbaren tariflichen Regelung seien Kindergeldkasse und Gerichte von der Prüfung des Gegenstands der Vereinigung, Einrichtung oder Unternehmung gleichsam "entlastet". Dies widerspricht schon deshalb dem Sinn des § 7 Abs. 1 Nr. 4 BKGG, weil nicht jede privatwirtschaftliche Unternehmung, etwa eine Kaufhaus-Gesellschaft, die einen Firmentarifvertrag unter Bezugnahme auf einen TV des öffentlichen Dienstes abschließt, dadurch automatisch zu einer "quasi-öffentlichen" Unternehmung im Sinne des § 7 Abs. 1 Nr. 4 BKGG wird, deren Arbeitnehmer zum öffentlichen Dienst im weiteren Sinne zu rechnen sind. Zweck des Gesetzes ist es nämlich in § 7 Abs. 1 BKGG nur, doppelte Leistungen der öffentlichen Hand zum Zwecke des Familienlastenausgleichs zu vermeiden (BVerfG 22, 28, 34; BSG 35, 156, 160 f.). Sinn und Zweck des Gesetzes verpflichten daher zu einer einschränkenden Auslegung des nach dem Wortlaut konturenlosen Tatbestandsmerkmals der "Vereinigung, Einrichtung und Unternehmung" in § 7 Abs. 1 Nr. 4 BKGG. Dies hat der erkennende Senat in seiner bisherigen Rechtsprechung auch schon deutlich gemacht, indem er das Merkmal der "Vereinigung, Einrichtung und Unternehmung" immer neben dem Vorliegen einer "vergleichbaren tarifrechtlichen Regelung" besonders geprüft und ausdrücklich offengelassen hat, wo im einzelnen die Grenze zu denjenigen Unternehmungen zu ziehen ist, die nicht von § 7 Abs. 1 Nr. 4 BKGG erfaßt werden (BSG 32, 102, 103; 35, 156, 159). Diese Grenze ist jedenfalls dort überschritten, wo nach der Zielsetzung der Unternehmung diese nicht mehr zur öffentlichen Hand zu rechnen ist, weil ihr Betätigungsfeld nicht mehr im Bereich der Daseinsvorsorge liegt und für das wirtschaftliche Ergebnis letztlich auch nicht mehr allein die öffentliche Hand einzustehen hat (vgl. BSG 35, 156, 159 ff.). Zur Daseinsvorsorge rechnet alles, was von Seiten der Verwaltung geschieht, um die Allgemeinheit oder nach objektiven Merkmalen abgegrenzte Personengruppen in den Genuß nützlicher Leistungen zu versetzen (Forsthoff, Vorbem. zu § 20 - S. 370; BSG 35, 156, 160). Die Abgrenzung zur fiskalischen Betätigung liegt darin, daß die Vorteile der Daseinsvorsorge dem einzelnen unmittelbar zugute kommen, während die aus fiskalischer Betätigung erzielten Einnahmen regelmäßig nur mittelbar Vorteile verschaffen, indem sie gegebenenfalls Steuerermäßigungen gestatten (Forsthoff aaO. S. 372).
Unter Beachtung der vorgenannten Kriterien ist die Beigeladene schon nach ihrer Satzung als rein erwerbswirtschaftliche Unternehmung anzusehen. Sie ist auf "Erzielung eines möglichst günstigen und nachhaltigen Ertrages der Waldrechte ihrer Genossenschafter" gerichtet (§ 2 Abs. 1 der Satzung). Das Finanzamt Rastatt hat der Beigeladenen zudem zur Vorlage beim Arbeitsamt bestätigt, daß sie nicht gemeinnützig sei. Allerdings hat die Beigeladene ihre Waldungen unter staatliche Bewirtschaftung (Beförsterung) gestellt (§ 2 Abs. 2 der Satzung; § 1 des Vertrages von 1886) und für die Bewirtschaftung die Rechts- und Verwaltungsvorschriften des Landes für sinngemäß maßgebend erklärt (§ 2 Abs. 3 der Satzung). § 2 des Vertrages von 1886 erklärt ferner die geltenden bzw. künftigen Vorschriften über die Bewirtschaftung von Gemeinde- und Körperschaftswaldungen für anwendbar. Von der Bewirtschaftung unterscheidet der Vertrag von 1886 "die dem Waldeigentümer zustehenden Verwaltungsgeschäfte", "wozu namentlich die Verwertung bzw. Verteilung des Holzes gehört" (§ 3 des Vertrages von 1886). Die Unterscheidung zwischen "Bewirtschaftung" und "eigentlicher Verwaltung, insbesondere (der) Verwendung und Verwertung des Holzes und der übrigen Walderzeugnisse, die Vergebung der Holzzurichtung und dergleichen" liegt auch der Gemeindewaldwirtschaftsordnung (GWO) vom 28. Juli 1915 (GVBl S. 199) zugrunde (vgl. § 1). Die forstliche Bewirtschaftung führen die Forstbehörden durch, während sie von der eigentlichen Verwaltung nur aufgrund besonderer Vorschriften oder vertraglicher Vereinbarung berührt werden. Allerdings haben die Forstbehörden den Gemeinden und Körperschaften auch bei der eigentlichen Verwaltung "beratend und unterstützend an die Hand zu gehen" (§ 1 Abs. 2 GWO). Zwei Bereiche der Forstwirtschaft lassen sich demnach rechtlich grundsätzlich voneinander trennen: Die forstliche Bewirtschaftung, die sich mit der fachlichen Anlegung, Durchforstung und Haubarkeit von Wäldern befaßt. Hierzu gehören namentlich die Festsetzung von Hiebsätzen (§§ 2 ff. GWO). Dieser Bereich mag zwar auch erwerbswirtschaftlichen Zwecken dienen; er ist jedoch vorrangig dem Gemeindewohl verpflichtet. Das zeigt etwa § 2 des baden-württembergischen Landwirtschafts- und Landeskulturgesetzes vom 14. März 1972 (GBl S. 74). Danach dienen "Land- und Forstwirtschaft auf ökonomischer Grundlage der Allgemeinheit insbesondere durch ... 2. die Gestaltung und Pflege der Kultur- und Erholungslandschaft, 3. die Erhaltung und Verbesserung der natürlichen Lebensgrundlagen, wie Boden, Wasser und Luft im Bereich der Landeskultur". Der Erfolg dieser Bemühungen kommt jedem einzelnen unmittelbar zugute. Er ist jedenfalls der Daseinsvorsorge im gekennzeichneten Sinne zuzurechnen. Den genannten Aufgaben widmet sich die Beigeladene aber gerade nicht. Sie hat die forstliche Bewirtschaftung seit 1886 ausdrücklich und für sie unwiderruflich dem Staat überlassen. Allerdings arbeitet die Beigeladene mit dem staatlichen Forstamt eng zusammen. Der Verwaltungsrat stellt die jährlichen Nutzungs-, Kultur-, Wegebau- und sonstigen Pläne unter Berücksichtigung der voraussichtlichen Einnahmen und Ausgaben aufgrund der Vorschläge des staatlichen Forstamtes auf (§ 15 der Satzung). Das staatliche Forstamt macht diese Vorschläge unter Berücksichtigung der Vorschriften des Forsteinrichtungswerkes (§ 14 der Satzung). Im Forsteinrichtungswerk sind die jährlichen Hiebsätze für jeden Wald festgesetzt (§ 2 Abs. 1 GWO). Die Beigeladene hat damit in der Satzung eine selbständigere Stellung gegenüber dem staatlichen Forstamt bezogen, als ihr nach § 2 des Vertrages von 1886 in Verbindung mit den §§ 9 ff. GWO eigentlich zukommt. Nach § 10 GWO wird der Hiebplan von Gemeinde und Forstamt im Einvernehmen aufgestellt, nachdem die Gemeinde eine Holzbedarfsliste (§ 9 GWO) aufgestellt und das Forstamt im Benehmen mit der Gemeinde und aufgrund des Einrichtungswerkes den Hiebplan entworfen hat (§ 10 GWO). "Privatwaldbesitzern" dagegen steht die freie Benutzung und Bewirtschaftung ihrer Waldungen zu (§ 87 des Forstgesetzes idF des Gesetzes vom 27. April 1854 - Bad. Reg. Bl. S. 216 -). Allerdings wird dieser Grundsatz weitgehend eingeschränkt, indem § 89 Abs. 1 des Forstgesetzes Zerstörung oder Gefährdung des Waldes durch ordnungswidrige Bewirtschaftung untersagt. Bestimmte Maßnahmen sind von der Genehmigung des Forstamtes abhängig (§ 89 Abs. 2 und 3 des Forstgesetzes). Das Forstamt kann die privaten Waldeigentümer sogar zur Vornahme zweckmäßiger Kulturen veranlassen und diese Vorschläge im Wege der Ersatzvornahme (Beförsterung) durchsetzen (§§ 90 a, 90 b des Forstgesetzes). Insofern könnte zweifelhaft sein, ob zwischen der Rechtsstellung von Gemeindewaldungen, denen die Beigeladene gleichgestellt ist, und Privatwaldungen heute noch ein grundlegender Unterschied besteht. Die unterschiedlichen Regelungen sind weniger auf eine stärkere Beachtung öffentlicher Aufgaben (§ 2 des Landwirtschafts- und Landeskulturgesetzes) als auf die bei der Verwaltung öffentlichen Vermögens zu beachtenden Haushaltsgrundsätze zurückzuführen. Der Grundsatz der Wirtschaftlichkeit fordert unabhängig von der gewählten Betriebsform auch bei der Verwaltung von Fiskalvermögen Beachtung. Der private Eigentümer ist dagegen in seinem wirtschaftlichen Gebaren nur im Rahmen des Strafrechts verantwortlich. Wenn die Beigeladene die Bewirtschaftung ihrer Waldungen den Vorschriften für Gemeinden und und öffentlichen Körperschaften unterstellt und sich den Sachverstand des Forstamts bei ihren Entscheidungen zunutze macht, ist dies durch intensive erwerbswirtschaftliche Interessen zu erklären. Ähnlich wie die öffentliche Hand ist sie den Genossenschaftern für die Wirtschaftsführung verantwortlich.
Ein Indiz für die stärkere Beachtung öffentlicher Belange ergibt sich aus der Unterstellung unter die Vorschriften für Staats- und Gemeindewälder nicht. Allerdings ist nicht zu bestreiten, daß die Bewirtschaftung der Waldungen nicht nur den privatwirtschaftlichen Interessen der Waldberechtigten, sondern zugleich dem "Wohle der Allgemeinheit" (§ 1 des Landwirtschafts- und Landeskulturgesetzes) zugute kommt. Das ist jedoch nur ein Reflex jener erwerbswirtschaftlichen Betätigung. Die Beachtung von forstwirtschaftlichen Grundsätzen "zur Erhaltung und Verbesserung der natürlichen Lebensgrundlagen wie Boden, Wasser und Luft im Bereich der Landeskultur" (§ 2 des Landwirtschafts- und Landeskulturgesetzes) bei Entscheidungen der Beigeladenen ist nicht Ausdruck der Erfüllung öffentlicher Aufgaben durch die Beigeladene, sondern Ausdruck der sich aus ihrer Stellung als Eigentümerin ergebenden Grenzen. Diese Erwägung wird auch dadurch bestätigt, daß "Privatwaldbesitzer" zur Beachtung forstwirtschaftlicher Grundsätze verpflichtet sind und zur Erfüllung der Aufgaben des § 2 des Landwirtschafts- und Landeskulturgesetzes öffentliche Förderungen Privater vorgesehen sind (§ 5 des Landwirtschafts- und Landeskulturgesetzes).
Die Tätigkeit der Beigeladenen ist somit nicht der Daseinsvorsorge und damit dem "öffentlichen Dienst im weiteren Sinne" (BSG 32, 102, 103) zuzurechnen. Die Kläger sind daher - entgegen der Auffassung des LSG - auch nicht nach § 7 Abs. 1 Nr. 4 BKGG vom Bezug des gesetzlichen Kg ausgeschlossen. Die Revisionen der Kläger und der Beigeladenen sind deshalb begründet. Das Urteil des LSG muß daher aufgehoben werden. Gleichwohl kann der Senat in der Sache selbst nicht abschließend entscheiden, weil ausdrückliche Feststellungen des Berufungsgerichts - von seinem Standpunkt zu Recht - darüber fehlen, ob die Voraussetzungen für Kindergeldansprüche der Kläger insgesamt oder für einzelne Kinder vorlagen. Das LSG hat allerdings auf die die Kläger betreffenden Akten der Kindergeldkassen Bezug genommen. Diese enthalten jedoch nicht einmal bis zum Erlaß der angefochtenen Bescheide Angaben über die für die Kindergeldansprüche erheblichen Tatsachen. Auf ausreichende Feststellungen für diesen Zeitpunkt käme es aber an. Nach der Rechtsprechung des BSG sind Entziehungs- und Rückforderungsbescheide - auch soweit sie begünstigende Verwaltungsakte mit Dauerwirkung aufheben - Verwaltungsakte ohne Dauerwirkung (BSG 7, 8, 13). Bei derartigen Verwaltungsakten ist für die Beurteilung ihrer Rechtmäßigkeit von den Verhältnissen zur Zeit der letzten Verwaltungsentscheidung auszugehen (BSG 7, 8, 13; 21, 27, 31). Insoweit läßt sich aus den Akten der Kindergeldkassen nicht entnehmen, ob die Voraussetzungen für die Entziehung des Kg (§ 22 BKGG) bei Erlaß der Widerspruchsbescheide im übrigen vorlagen. Der Kläger zu 1) hatte letztmals am 5. Juni 1967, also zwei Jahre zuvor, einen Fragebogen zur Überprüfung des Anspruchs auf Kg eingereicht. Es ist nicht auszuschließen, daß in der Zwischenzeit insbesondere im Hinblick auf die §§ 2 und 3 BKGG rechtserhebliche Veränderungen eingetreten sind. Wegen ihrer Auslegung des § 7 Abs. 1 Nr. 4 BKGG hatten die Kindergeldkassen keinen Anlaß, etwaigen Änderungen Aufmerksamkeit zu schenken. Für den Kläger zu 2), der zuletzt am 3. Februar 1967 in einem Antrag auf Zahlung von Kg Angaben gemacht hat, gilt grundsätzlich das gleiche. Die Unsicherheitsfaktoren sind hier noch größer, weil die Kinder des Klägers zu 2) 1950, 1953, 1954 und 1962 geboren sind und seine Ehefrau teilweise im öffentlichen Dienst beschäftigt war. Unter diesen Umständen muß die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden (§ 170 Abs. 2 SGG). Das LSG wird dabei auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu befinden haben.
Fundstellen