Entscheidungsstichwort (Thema)
Beweiswert eines Aktenvermerks
Orientierungssatz
Ein Aktenvermerk kann ohne besonderen Grund nicht einer Zeugenaussage gleichgestellt werden, schon weil es an einer Protokollierung der Aussage und ihrer Genehmigung durch den Aussagenden und damit an der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme fehlt. Der Aktenvermerk kann inhaltlich von subjektiven Eindrücken des Schreibers geprägt sein und deshalb die tatsächlich abgegebenen Äußerungen des Dritten unrichtig wiedergeben.
Normenkette
SGG §§ 103, 128
Tenor
Auf die Revision der Kläger wird das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen vom 18. Mai 1976 aufgehoben.
Der Rechtsstreit wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten besteht Streit darüber, ob der tödliche Unfall des Vaters und Ehemannes der Kläger, Alfred H (H.), am 4. Juni 1971 ein Arbeitsunfall war und die Beklagte deshalb zur Gewährung von Hinterbliebenenleistungen verpflichtet ist.
H. war ab 15. März 1971 bei der Firma Heinrich M, B, als Stauer beschäftigt. Ab 3. Juni 1971 wurde von Arbeitern dieser Firma das Motorschiff "F" im Überseehafen von B ent- und beladen. Es handelt sich um ein ca. 143 m langes und ca. 18 m breites Seeschiff, dessen Laderäume in Unter- und Zwischendecks aufgeteilt sind, die vom Oberdeck aus über insgesamt 5 mit Bohlen abdeckbare Luken zu erreichen sind. Das Unter- und das ca. 35 m lange Zwischendeck im Bereich der Luken 4 und 5 (Achterschiff) sind nicht durch Schotten unterteilt; beide Decks können - sofern es die Beladung und die Lichtverhältnisse erlauben - durchgehend passiert werden. In das Zwischendeck unter der Vorkante der Luke 4 sind 4 je 2,90 m x 2 m große Öffnungen eingelassen, unter denen sich ca. 7 m tiefe Süßöltanks befinden. Diese Öffnungen sind in der Regel mit abnehmbaren eisernen Deckeln abgedeckt.
Am 3. und 4. Juni 1971 wurden in den Unterraum Luke 5 Papiersäcke mit Milchpulver und Mehl geladen. Zu diesem Zweck wurde etwa 1/3 der Abdeckung der Luke 5 in einer Länge von ca. 4 m am Oberdeck, und zwar der Teil, der zum Achterschiff hin gelegen ist, abgenommen. Die Stauer, die im Unterraum Luke 5 arbeiteten, erreichten ihren Arbeitsplatz über die an der Achterkante Luke 5 befindliche Raumleiter, die in das Zwischendeck führte, und von dort aus über eine weitere Raumleiter, die den Zugang zum Unterraum ermöglichte.
Am 4. Juni 1971 arbeitete H. in der um 14.00 Uhr beginnenden Spätschicht im Unterraum Luke 5. Um 18.45 Uhr begann die übliche Arbeitspause (Anbietzeit) von 30 Minuten. Nach dem Ende der Anbietzeit (19.15 Uhr) wurde H. vermißt. Er wurde auf dem Boden des im Zwischendeck Luke 4 an der Steuerbordseite befindlichen und zu dieser Zeit nur halb abgedeckten, leeren Süßöltanks tot aufgefunden. Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 16. Dezember 1971 die Gewährung von Hinterbliebenenentschädigung ab, weil H. nicht im Zusammenhang mit einer Betriebstätigkeit verunglückt sei.
Die hiergegen erhobene Klage hat das Sozialgericht (SG) Stade mit Urteil vom 27. März 1973 abgewiesen. Das Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen hatte im ersten Berufungsverfahren die Berufung mit Urteil vom 22. Juli 1974 zurückgewiesen. Diese Entscheidung hatte der erkennende Senat wegen eines Verfahrensfehlers aufgehoben und den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückverwiesen (Urteil vom 24. April 1975). Nach weiterer Beweisaufnahme hat das LSG mit Urteil vom 18. Mai 1976 die Berufung erneut zurückgewiesen. Zur Begründung hat es u.a. ausgeführt: Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme sei es möglich, daß H. schon während der Anbietzeit das Zwischendeck im Bereich der Süßöltanks - dann sicher aus persönlichem Interesse - betreten habe. Es sei ferner möglich, daß er nach dem Ende der Anbietzeit in das Zwischendeck gegangen sei. Für diesen Fall sei es ebenfalls nicht wahrscheinlich, sondern nur möglich, daß er sich im Zeitpunkt des Unfalls auf einem versicherten Weg befunden habe. Es sei ebenso möglich, daß er im Zwischendeck persönliche Interessen (zB Befriedigung der Neugier) verfolgt habe. Es lasse sich daher nicht feststellen, daß zwischen der betrieblichen Tätigkeit des H. als Stauer und dem Unfall ein ursächlicher Zusammenhang bestehe. Eine Beweiserleichterung wegen eines Beweisnotstandes käme nicht in Betracht.
Die Kläger haben die vom LSG zugelassene Revision eingelegt. Sie rügen mangelnde Sachaufklärung und die Überschreitung der Grenzen des Rechts der freien richterlichen Beweiswürdigung. Das LSG habe nicht zu der Feststellung gelangen dürfen, es sei möglich, daß H. das Zwischendeck schon kurz nach Beginn der Anbietzeit betreten habe. Denn das LSG habe verfahrensfehlerhaft angenommen, die Aussage des Zeugen D (D.), er habe H. noch nach Ende der Anbietzeit gegen 19.20 Uhr am Oberdeck des Schiffes gesehen und kurz mit ihm gesprochen, sei unglaubhaft. Dasselbe gelte für die Beweiswürdigung des LSG, die Lade- und Lichtverhältnisse auf dem Zwischendeck sprächen dagegen, daß H. sich zum Arbeitsplatz habe begeben wollen. Ferner ergebe sich aus dem Bauplan des Schiffes, daß durch eine mindestens 28 qm große Fläche der Luke 5 Licht ins Zwischendeck habe einfallen können, so daß das LSG nicht von einer verhältnismäßig kleinen Lichtquelle habe ausgehen können. Für die Annahme des Berufungsgerichts, die Luke 5 habe im Schatten der Aufbauten gelegen, fehle es an den erforderlichen tatsächlichen Feststellungen. Insgesamt stehe unter den ernsthaft zu erwägenden Motiven des H. die Absicht, seinen Arbeitsplatz zu erreichen, so stark im Vordergrund, daß im Vergleich dazu andere Beweggründe ausschieden.
Die Kläger beantragen,
die Urteile des LSG Niedersachsen vom 18. Mai 1976 und des SG Stade vom 27. März 1973 sowie den Bescheid der Beklagten vom 16. Dezember 1971 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihnen Hinterbliebenenrenten zu zahlen;
hilfsweise:
das Urteil des LSG Niedersachsen vom 18. Mai 1976 aufzuheben und den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückzuverweisen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Das LSG habe rechtsfehlerfrei zu der Überzeugung kommen können, die Klage sei nach dem Grundsatz der objektiven Beweislast unbegründet.
Entscheidungsgründe
Die statthafte und zulässige Revision ist im Sinne der Aufhebung des angefochtenen Urteils und der Zurückverweisung der Sache begründet. Das LSG hat mehrfach gegen Verfahrensvorschriften verstoßen.
Das LSG geht allerdings zu Recht davon aus, daß die Kläger nur dann Hinterbliebenenleistungen beanspruchen können, wenn für den ursächlichen Zusammenhang zwischen dem tödlichen Unfall des H. und seiner versicherten Tätigkeit als Stauer eine hinreichende Wahrscheinlichkeit besteht. Das ist der Fall, wenn bei vernünftiger Abwägung aller Umstände die für den ursächlichen Zusammenhang sprechenden Umstände so stark überwiegen, daß darauf die richterliche Überzeugung gegründet werden kann (BSG SozR Nr. 20 zu § 542 RVO aF). Nicht erforderlich ist mithin eine an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit, andererseits genügt die bloße Möglichkeit des ursächlichen Zusammenhangs nicht (BSG SozR Nrn. 15, 41 zu § 128 SGG). Das LSG führt ferner richtig aus, daß, wenn sich der ursächliche Zusammenhang nicht hinreichend wahrscheinlich machen läßt, nach dem auch im Sozialversicherungsrecht geltenden Grundsatz der objektiven Beweislast (vgl. Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, Stand April 1976, S. 244 m I) Klagabweisung erfolgen muß. Hier liegt kein Fall eines "Beweisnotstandes" i.S. der Entscheidung BSGE 19, 52, 56 mit der Folge einer "Beweiserleichterung" für die Kläger vor. Diese vom erkennenden Senat in seinem ersten Urteil vom 24. April 1975 in Erwägung gezogene Möglichkeit scheidet nach den neuen Ermittlungen und Feststellungen des LSG aus. Das LSG hat vielmehr zu Recht angenommen, der Umstand, daß der Verunglückte auf der Arbeitsstätte (wenn man das ganze Seeschiff als Arbeitsstätte ansieht) tot aufgefunden worden sei, begründe nicht ohne weiteres einen Entschädigungsanspruch der Kläger. Erforderlich ist auch hier die Feststellung eines Kausalzusammenhangs zwischen der betrieblichen Tätigkeit und dem Unfall (BSG SozR Nr. 62 zu § 542 RVO aF). Welche Anforderungen dabei an die Überzeugung des Gerichts von der Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhangs im oben genannten Sinne zu stellen sind, wird das LSG unter Würdigung aller Umstände des Falles nach seinem richterlichen Ermessen zu beurteilen haben und dabei auch die Tatsache berücksichtigen können, daß der Verunglückte selbst nichts mehr zur weiteren Klärung beitragen kann.
In verfahrensrechtlicher Hinsicht hat die Revision zunächst gerügt: Das LSG habe gegen die §§ 103, 128 SGG verstoßen, wenn es angenommen habe, H. könne schon zu Beginn der Anbietzeit in das Zwischendeck gestiegen und dann in den Süßöltank gestürzt sein; denn die Aussage des Zeugen D., er habe mit H. nach dem Ende der Anbietzeit gegen 19.20 Uhr noch am Oberdeck gesprochen, sei nicht glaubhaft; andernfalls hätten auch die anderen Stauer H. zu der Zeit am Oberdeck sehen müssen, hätten ihn aber nicht bemerkt Die Revision rügt insoweit mit Recht, das LSG habe den letzten Schluß nicht ziehen dürfen, ohne die Zeugen ausdrücklich befragt zu haben, ob sie H. nach dem Ende der Anbietzeit auf dem Oberdeck gesehen hätten. Die Zeugen S (Bl. 145 R LSG-Akte), M (Bl. 146 LSG-Akte), M (Bl. 148 LSG-Akte) und W (Bl. 150 LSG-Akte) haben lediglich etwas über die Abwesenheit des H. während der Anbietzeit ausgesagt, insbesondere über sein Fehlen an Land im Anbietraum. Im zweiten Berufungsverfahren haben die als Zeugen gehörten Stauer M und W (Bl. 281 ff LSG-Akte) über den fraglichen Punkt nichts gesagt und sind - wie das Protokoll ergibt - hiernach auch nicht gefragt worden. Lediglich der Zeuge M hat bei seiner zweiten Vernehmung bekundet, er habe H. nach der Anbietzeit nicht gesehen (Bl. 317 LSG-Akte). Da das LSG aus der Tatsache, daß die übrigen Stauer H. nach dem Ende der Anbietzeit nicht am Oberdeck gesehen haben, entscheidende Schlüsse auf die Unglaubwürdigkeit des D. gezogen hat, hätte es sich von seinem Standpunkt aus gedrängt sehen müssen, alle Stauer entsprechend zu befragen. Aus dem Umstand allein, daß die Zeugen nicht ausgesagt haben, sie hätten H. nach dem Ende der Anbietzeit gesehen, konnte das LSG ohne ausdrückliche Befragung nicht schließen, sie hätten H. nicht bemerkt.
Ferner hat das LSG die Grenzen seiner freien richterlichen Beweiswürdigung insofern überschritten, als es im Sinne einer zwingenden Notwendigkeit angenommen hat, wenn der Zeuge D. den H. tatsächlich gesehen habe, hätte H. auch von den übrigen Stauern "bemerkt werden müssen". Damit ist das LSG von einem Erfahrungssatz des Inhalts ausgegangen, daß ein Mensch alles, was um ihn herum vorgehe, auch sehe und bewußt aufnehme. Einen solchen Erfahrungssatz gibt es nicht. H. kann zu der von D. angegebenen Zeit auf dem Oberdeck gewesen sein, ohne daß die anderen Stauer ihn bemerkt haben, zumal für sie keine besondere Veranlassung bestand, auf diesen Umstand besonders zu achten. Außerdem soll H. nach der Aussage des D. als letzter an Bord gekommen sein; dann ist es möglich, daß er hinter den anderen Stauern ging und diese ihn aus diesem Grund nicht bemerkt haben. Daß H. auch von den übrigen Zeugen hätte gesehen werden müssen, wenn die Aussage des Zeugen D. richtig wäre, ist somit nicht zwingend im Sinne der vom LSG verwendeten Formulierung.
Die Revision rügt ferner mit Recht, das LSG habe die Aussage des D. über seinen Aufenthaltsort bei dem Gespräch mit H. nicht als widersprüchlich ansehen und deshalb als weiteren Grund für die Unglaubwürdigkeit des D. verwerten dürfen (S. 8, 9 des Urteils). Bei seinen Vernehmungen vor dem SG und dem LSG hat D. stets die gleiche Aussage über seinen Standort gemacht (Bl. 52, 318 LSG-Akte). Als hierzu im Widerspruch stehend hat das LSG in Aktenvermerken enthaltene Angaben über Bekundungen des D. angesehen (Bl. 7 f, 34 f Verwaltungsakte). Hierdurch hat es die Grenze der freien Beweiswürdigung überschritten, denn ein Aktenvermerk kann ohne besonderen Grund nicht einer Zeugenaussage gleichgestellt werden, schon weil es an einer Protokollierung der Aussage und ihrer Genehmigung durch den Aussagenden und damit an der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme fehlt. Der Aktenvermerk kann inhaltlich von subjektiven Eindrücken des Schreibers geprägt sein und deshalb die tatsächlich abgegebenen Äußerungen des Dritten unrichtig wiedergeben. Da das LSG den unterschiedlichen Angaben entscheidende Bedeutung beigemessen hat, hätte es nahegelegen, die Verfasser der Aktenvermerke, die Polizeibeamten R und H, zu befragen, welche Angaben D. ihnen gegenüber über seinen Standort bei dem von ihm behaupteten Gespräch mit H. gemacht hat. Ein solches Vorgehen hätte sich auch deshalb angeboten, weil das LSG die beiden Polizeibeamten zu anderen Punkten als Zeugen vernommen hat (Bl. 228 f, 279 R f LSG-Akte).
Sollte das LSG hiernach den Zeugen D. aufgrund einer neuen Würdigung seiner Aussage, gegebenenfalls auch nach einer nochmaligen Vernehmung für glaubwürdig halten, so scheidet die Annahme, H. könne schon zu Beginn der Anbietzeit - dann aus eigenwirtschaftlichem Interesse - in das Zwischendeck gestiegen und verunglückt sein, aus.
Das LSG hat ferner für möglich gehalten, daß H. erst nach Ende der Anbietzeit das Zwischendeck betreten hat; auch dann aber sei nicht hinreichend wahrscheinlich, daß er seinen Arbeitsplatz habe erreichen und dabei Stauholz suchen wollen; ebenso möglich sei, daß er seine Neugier habe befriedigen wollen. Auch insoweit ist eine andere Entscheidung nicht auszuschließen, wenn die von der Revision zutreffend gerügten Verstöße gegen die §§ 103, 128 SGG vermieden werden.
Das LSG hat angenommen, die Sichtverhältnisse im Bereich der Süßöltanks ließen eine Absicht des H., an seinen Arbeitsplatz zu gelangen, unwahrscheinlich erscheinen. Im Zwischendeck müsse es wegen der relativ kleinen Lukenöffnung, des Sonnenstandes, der Lage des Schiffes und des auf die Luke 5 fallenden Schattens der Aufbauten sehr dunkel gewesen sein. Mit diesen Feststellungen hat das LSG die Grenzen der freien Beweiswürdigung überschritten und seine Verpflichtung zur Sachaufklärung verletzt. Wie die Revision richtig hervorhebt, ergibt sich aus der vom LSG festgestellten Öffnung der Luke 5 auf einer Länge von 4 m bei der aus dem Bauplan zu entnehmenden Lukenbreite von 7 m eine Gesamtöffnung von 28 qm, so daß nicht von einer "relativ kleinen Lukenöffnung" gesprochen werden kann. Ferner ist aus den Akten nicht zu entnehmen, daß das LSG seine Feststellungen über die Schattenbildung und Verdunkelung nach eigener Beweisaufnahme getroffen hat. Es hat lediglich eine Auskunft des Wetteramtes Bremen über den Sonnenstand am Unfalltag eingeholt (S. 291 LSG-Akte). Die übrigen Feststellungen hat es anscheinend ohne eigene Ermittlungen dem Vortrag der Beklagten (Bl. 296 f LSG-Akte) entnommen. Das Tatsachengericht hat aber tatsächliche Feststellungen, von denen die Entscheidung nach seinem sachlich-rechtlichen Standpunkt abhängt, grundsätzlich selbst zu treffen. Was zur Grundlage der Entscheidung gemacht wird, muß auch Gegenstand des Verfahrens gewesen sein (Peters/Sautter/Wolff, Kommentar zur Sozialgerichtsbarkeit, 4. Aufl., Stand Juli 1976, Anm. 1, 2 b zu § 128 SGG).
Die Revision rügt ferner zu Recht, das LSG habe nicht annehmen dürfen, H. müsse gewußt haben, daß ein freier Durchgang durch das Zwischendeck von der Vermessungsöffnung her nicht möglich gewesen sei. Dieser Schluß steht in Widerspruch zu der Feststellung, im Zwischendeck sei es sehr dunkel gewesen. War dies der Fall, dann wäre ein Erkennen der Ladungsverhältnisse nicht möglich gewesen, so daß H. hierdurch auch nicht von einem Gang zum Arbeitsplatz abgehalten worden sein kann. Im übrigen wird das LSG bei seiner erneuten Beweiswürdigung und etwaigen weiteren Ermittlungen auch berücksichtigen müssen, daß selbst eine Kenntnis der Ladungsverhältnisse H. nicht unbedingt davon abgehalten haben muß, auf diesem Weg zu seinem Arbeitsplatz zu gelangen. Das LSG hat selbst festgestellt, das Zwischendeck sei durch Überklettern der Ladung passierbar gewesen (Bl. 16 des Urteils); dabei hat es die Aussage des Zeugen D. zugrunde gelegt, er habe dieses Deck unter Übersteigen der Ladung durchquert (Bl. 14 des Urteils). Der Weg wäre dann zwar beschwerlich und möglicherweise auch unüblich gewesen; daß H. ihn dennoch gewählt haben könnte, wird hierdurch aber nicht ausgeschlossen. Kommt das LSG bei seiner neuen Beweiswürdigung wiederum zu dem Ergebnis, das Zwischendeck sei dunkel und die Ladungsverhältnisse nicht erkennbar gewesen, so wird es sich auch mit der Aussage des Zeugen D. vor dem LSG auseinandersetzen müssen, es sei nicht völlig ungebräuchlich, daß man als Stauer von einer Luke im Zwischendeck zur anderen gehe (Bl. 112 LSG-Akte). Auch der Zeuge M hat bekundet, er sei schon oft unter einer geschlossenen Luke im Zwischendeck zu seinem Arbeitsplatz gegangen (Bl. 147 LSG-Akte). Der Zeuge W hat ausgesagt, es sei üblich und nicht selten, daß die Stauer von mittschiffs über das Zwischendeck zu der Luke gingen, in der sie arbeiteten (Bl. 150 LSG-Akte).
Das LSG hat bisher die verschiedenen Möglichkeiten, die H. bewogen haben könnten, nach dem Ende der Anbietzeit das Zwischendeck zu betreten, nebeneinander erörtert. Bei seiner erneuten Urteilsfindung wird es auch zu erwägen haben, ob H. nicht aus mehreren Motiven gleichzeitig den Weg durchs Zwischendeck genommen haben kann. Für die Bejahung des ursächlichen Zusammenhangs zwischen der versicherten Tätigkeit als Stauer und dem Unfall würde es ausreichen, wenn H. die Absicht hatte, auf dem genannten Weg zur Arbeitsstelle zu kommen (oder zunächst Stauholz zu sammeln und dann seinen Arbeitsplatz aufzusuchen) und bei dieser Gelegenheit die Ladung auf dem Zwischendeck aus Neugier zu ergründen. Auch in einem solchen Fall hätte der Weg der versicherten Tätigkeit wesentlich gedient und wäre versichert gewesen (vgl. auch Brackmann aaO S. 482 g mit weiteren Nachweisen).
Nach alledem mußte das angefochtene Urteil aufgehoben und der Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückverwiesen werden. Dieses wird auch über die Kosten des Rechtsstreits einschließlich derjenigen dieses Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.
Fundstellen