Leitsatz (amtlich)

1. Zinsen für Zeiten nach Eröffnung des Konkursverfahrens können zwar nicht im Konkursverfahren geltend gemacht, aber vom Gemeinschuldner aus seinem konkursfreien Vermögen gefordert werden (Anschluß an BSG 1972-12-01 12/3 RK 36/71 = BSGE 35, 78 und BSG 1972-12-01 12 RK 7/72).

2. Rückständige Beitragsvorschüsse waren nach RVO § 762a (aF) nach Ablauf von 2 Wochen nach dem im Bescheid festgesetzten Fälligkeitstag zu verzinsen (Anschluß an RVA 1928-01-27 I R 46 = EnM 21, 458).

3. Die 2jährige Verjährungsfrist des RVO § 29 Abs 1 gilt auch für Rückstände von Zinsen aus geschuldeten Beiträgen.

 

Normenkette

RVO § 762a Abs. 1 Fassung: 1925-07-14, § 29 Abs. 1 Fassung: 1911-07-19; KO § 63 Abs. 1

 

Tenor

Die Urteile des Sozialgerichts Schleswig vom 23. Juli 1968 und des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 7. Dezember 1970 werden aufgehoben.

Der Rechtsstreit wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

 

Gründe

I

Der Kläger war alleiniger persönlich haftender Gesellschafter der V-Werft Kommanditgesellschaft (KG) in W, Kreis S. Im Unternehmerverzeichnis der Beklagten wurden ab 1. Januar 1954 sowohl die KG als auch der Kläger als Mitglieder geführt. Am 9. April 1962 erteilte die Beklagte eine Beitragsrechnung über die Beiträge für 1961 und über die im Jahre 1962 zu zahlenden Beitragsvorschüsse. Letztere sollten danach bis zum 15. des jeweils folgenden Monats nach der Bruttolohnsumme und den mitgeteilten, nach der Gefahrenklasse abgestuften Sätzen gezahlt werden. Wegen der Beitragsvorschüsse betrieb die Beklagte ohne Erfolg die Zwangsvollstreckung. Mit Schreiben vom 29. Oktober 1962 forderte die Beklagte den Kläger auf, zur Vermeidung des Offenbarungseidverfahrens 1.111,80 DM zu zahlen. Dieses Schreiben wurde am 30. Oktober 1962 abgesandt. Am selben Tage wurde das Konkursverfahren über das Vermögen der KG und das des Klägers eröffnet. Die Beklagte meldete in beiden Konkursverfahren ihre Beitragsforderungen als Träger der gesetzlichen Unfallversicherung (UV) und als Rechtsnachfolgerin der früheren Familienausgleichskasse an. Die Rückstände an Beiträgen zur gesetzlichen UV betrugen nach dem Heberollenauszug für 1962 insgesamt 1.744,33 DM; in dieser Höhe sind sie in der Konkurstabelle als nicht bestritten eingetragen. Gegen die rückständigen Beitragsforderungen zur früheren Familienausgleichskasse hat die Beklagte mit den jeweils fällig gewordenen Kindergeldansprüchen des Klägers aufgerechnet; dadurch ermäßigten sich diese Rückstände auf 697,03 DM. Zum 1. Januar 1964 errechnete die Beklagte nach den Feststellungen des LSG ihre Gesamtforderung auf 2.430,61 DM.

Für die genannten Rückstände forderte die Beklagte vom Kläger mit Bescheid vom 17. Januar 1967 für das Jahr 1966 160,15 DM und mit Bescheid vom 24. Januar 1967 für die Jahre 1964 und 1965 insgesamt 255,21 DM Zinsen. Der Widerspruch des Klägers gegen diese Bescheide blieb ohne Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 29. März 1967). Das Sozialgericht (SG) Schleswig hat auf die Klage mit je einem Urteil vom 23. Juli 1968 den Bescheid vom 17. Januar 1967, den Bescheid vom 24. Januar 1967 sowie den Widerspruchsbescheid vom 29. März 1967, soweit er jeweils einen der vorgenannten Bescheide betrifft, aufgehoben. Das Schleswig-Holsteinische Landessozialgericht (LSG) hat die Berufungen der Beklagten zurückgewiesen, nachdem es die beiden Verfahren zu gemeinsamer Verhandlung und Entscheidung verbunden hatte; es hat die Revision zugelassen (Urteil vom 7. Dezember 1970).

Das Berufungsurteil ist im wesentlichen auf folgende Erwägungen gestützt:

§ 63 der Konkursordnung (KO) schließe die Entstehung von Ansprüchen auf Verzugszinsen für Konkursforderungen und deren Geltendmachung gegen den Gemeinschuldner selbst nicht aus. Dem Anspruch der Beklagten stehe jedoch entgegen, daß sich ein Eintritt von Verzug vor Konkurseröffnung nicht feststellen lasse. Die Beiträge zur gesetzlichen UV für 1961 seien bei Konkurseröffnung bezahlt gewesen; damit kämen für die Zinsforderung insoweit nur Beitragsvorschüsse für 1962 in Betracht. Hierzu sei eine wirksame Zahlungsaufforderung nicht ergangen. Eine solche sei insbesondere nicht in der Beitragsrechnung vom 9. April 1962 zu finden, weil in ihr nicht die begehrte Summe ziffermäßig genau bezeichnet sei; sie enthalte auch nicht die Angaben, nach denen der Beitragsschuldner die Berechnung prüfen könne, zumal der Kläger nach der Satzung der Beklagten nicht zur Selbstveranlagung verpflichtet gewesen sei. Die fehlende Zahlungsaufforderung sei auch nicht durch die Einleitung des Beitreibungsverfahrens ersetzt worden, da im Pfändungsauftrag keine Frist gesetzt worden sei. Eine solche Fristsetzung sei erst im Schreiben vom 29. Oktober 1962 enthalten gewesen; dieses Schreiben könne dem Kläger aber nicht vor Konkurseröffnung zugegangen sein. Aus demselben Grunde sei auch die in der endgültigen Beitragsrechnung 1962 vom 3. April 1963 ausgesprochene Zahlungsaufforderung dem Kläger gegenüber wirkungslos. Außerdem besage weder das Gesetz noch die Satzung, wann der Beitragsvorschuß - als Voraussetzung für eine Verzinsung - fällig geworden sei. Hinsichtlich der Zinsen für Beitragsforderungen der früheren Familienausgleichskasse lasse sich wegen der Vernichtung der Unterlagen nicht mehr feststellen, ob ein den Verzug begründender Beitragsbescheid vor Konkurseröffnung ergangen sei. Auf jeden Fall seien die Beitragsforderungen für 1961 durch Aufrechnung erloschen.

Hiergegen hat die Beklagte Revision eingelegt und beantragt, unter Aufhebung der Urteile des LSG vom 7. Dezember 1970 und des SG vom 23. Juli 1968 die Klage abzuweisen.

Sie rügt eine Verletzung der Vorschriften der §§ 751 Abs. 1 der Reichsversicherungsordnung (RVO) nF, 762 a Abs. 1 RVO aF. Nach ihrer Ansicht ist die vom LSG vermißte Zahlungsaufforderung im Zwangsvollstreckungsersuchen vom 30. Juni 1962 enthalten gewesen. Sie trägt weiter vor, sie habe den Kläger am 20. Juli 1962 jedenfalls wegen der bis dahin auf 1100,- DM geschätzten Vorschüsse für 1962 gemahnt.

Der Kläger beantragt, die Revision der Beklagten zurückzuweisen.

Auf den Inhalt seiner erst am 15. März 1973 eingegangenen Revisionserwiderung wird verwiesen.

II

Die Revision der Beklagten ist im Sinne einer Zurückverweisung der Sache an das LSG begründet.

Der erkennende Senat ist zwar nur für Streitigkeiten aus der gesetzlichen Unfallversicherung zuständig. Er hatte jedoch keine Bedenken, auch insoweit über die Zinsforderung der Beklagten zu befinden, als sie aus Beitragsforderungen der früheren, bei der Beklagten errichteten Familienausgleichskasse (§ 15 Abs. 1 des Kindergeldgesetzes vom 13. November 1954 - BGBl. I S. 333) herrührt. Mit der Geltendmachung dieser Forderungen nimmt die Beklagte nicht Aufgaben auf dem Gebiet des Kindergeldrechts wahr, sondern eine Aufgabe, die allein im Übergang des Vermögens der aufgelösten Familienausgleichskasse auf sie wurzelt (vgl. § 33 Abs. 2 Satz 2 des Bundeskindergeldgesetzes vom 14. April 1964 - BGBl. I, 265 -). Fragen des früheren oder heutigen materiellen Kindergeldrechts werden dabei nicht berührt.

Das LSG ist mit Recht davon ausgegangen, daß die Forderungen, für die die Beklagte Zinsen verlangt, vom Kläger geschuldet werden. Es hat weiterhin zutreffend dargelegt, daß § 63 Nr. 1 KO dem Anspruch der Beklagten nicht entgegensteht (vgl. dazu Urteile des 12. Senats vom 1. Dezember 1972 - 12/3 RK 36/71, wo dargelegt ist, daß Verzugszinsen, die seit Eröffnung des Konkursverfahrens entstehen, zwar im Konkursverfahren nicht geltend gemacht werden können (§ 63 Abs. 1 KO), daß der Gemeinschuldner aber zur Begleichung der Verzugszinsen aus seinem konkursfreien Vermögen verpflichtet ist, sowie 12 RK 7/72). Die weiteren Ausführungen des LSG sind jedoch nicht frei von Rechtsirrtum.

Da alle Tatsachen, aus denen sich ein Zinsanspruch der Beklagten gegen den Kläger zu ergeben vermag, am 1. Juli 1963 bereits gegeben waren, ist bei der Entscheidung das bis zu diesem Zeitpunkt geltende Recht anzuwenden (Art. 4 § 16 Abs. 1 des Unfallversicherungs-Neuregelungsgesetzes vom 30. April 1963 - BGBl. I, 241 - - UVNG -; vgl. auch Art. 170 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch - EGBGB -). Danach waren rückständige Beiträge und Beitragsvorschüsse vom Ablauf der Zahlungsfrist oder vom Tage der Fälligkeit ab zu verzinsen (§ 762 a Abs. 1 Satz 1 RVO aF). Nach den Feststellungen des LSG kommen hier allein Beiträge und Beitragsvorschüsse für das Jahr 1962 in Betracht. Mithin ist der Anspruch der Beklagten begründet, soweit diese Beiträge oder Vorschüsse auf sie in einer entsprechenden Höhe spätestens zu dem Zeitpunkt, von dem an Zinsen gefordert werden, fällig geworden und nicht verjährt sind.

Hinsichtlich der Beitragsvorschüsse für 1962 ist die Fälligkeit nach Maßgabe der Beitragsrechnung vom 9. April 1962 eingetreten. Nach dieser Beitragsrechnung waren die Vorschüsse bis zum 15. eines jeden Monats für den abgelaufenen Monat nach der Bruttolohnsumme und den mitgeteilten Sätzen von dem Mitglied selbst zu errechnen und zu zahlen. Zu Unrecht hat das LSG die Wirksamkeit dieser Beitragsrechnung an den Vorschriften der §§ 746 Abs. 3,747 Abs. 1 RVO nF gemessen und verneint. Diese Vorschriften haben damals noch nicht gegolten. Doch selbst wenn man annehmen wollte, daß sie nur wiedergeben, was bereits vor dem 1. Juli 1963 rechtens war, und daß deshalb die Beitragsrechnung fehlerhaft gewesen sei, würde sich daraus eine Unwirksamkeit nicht ergeben. Die Beitragsrechnung ist nicht nichtig; damit ist sie nach § 77 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) für die Beteiligten bindend geworden. Weder dem Wortlaut der hier in Betracht kommenden Vorschriften der §§ 738, 739, 754 RVO aF noch auch den Ausführungsbestimmungen des früheren Reichsversicherungsamts (RVA) vom 2. April 1925 (AN 1925 S. 154, 155 ) idF vom 2. März 1927 (AN 1927 S. 224) hätte ein aufmerksamer und verständiger Staatsbürger entnehmen können, daß die Beitragsrechnung mit einem schweren Mangel behaftet gewesen sei. Da es mithin zumindest an der Offensichtlichkeit eines schweren Mangels und damit einer Voraussetzung für die Annahme der Nichtigkeit eines Verwaltungsaktes fehlt (vgl. SozR Nr. 108 zu § 54 SGG), stand dem Eintritt der Bindungswirkung nach § 77 SGG nichts entgegen. Damit steht fest, daß die geforderten Beitragsvorschüsse nach Maßgabe der Beitragsrechnung fällig geworden sind. Zu der Frage, von wann ab nach § 762 a RVO aF die Vorschüsse zu verzinsen waren, hat das frühere RVA die Ansicht vertreten, daß die Verzinsungspflicht nach Ablauf von 2 Wochen nach dem gem. § 5 der Ausführungsbestimmungen festgesetzten Fälligkeitstage - hier dem 15. eines jeden Monats - beginne (EuM 21, 458). Der Senat tritt dieser Auffassung mit der Maßgabe bei, daß als Tag der Fälligkeit i. S. des § 762 a Abs. 1 Satz 1 RVO aF hier der letzte eines jeden Monats gilt. Darauf, ob und ggf. wann der Kläger nach sonstigen Rechtsvorschriften in Verzug geraten ist, kommt es sonach nicht an. In welcher Höhe der Beklagten wegen der Beitragsvorschüsse ein Anspruch auf Zinsen zusteht, läßt sich den bisher getroffenen Feststellungen allerdings nicht entnehmen; das LSG wird die noch erforderlichen Feststellungen nachzuholen haben.

In diesem Zusammenhang ist es ohne Bedeutung, ob die Beitragsrechnung vom 9. April 1962 nur der KG oder auch dem Kläger persönlich zugegangen ist. Der Kläger haftet für die Verbindlichkeit der KG persönlich (§§ 128 Satz 1, 161 Abs. 2 des Handelsgesetzbuches - HGB -). Alle die Verbindlichkeit der KG berührenden Tatsachen haben zugleich die persönliche Verbindlichkeit des Klägers ergriffen (vgl. Schlegelberger-Geßler, HGB, 4. Aufl., Band 2 Anm. 21 zu § 128), jeder die Gesellschaftsschuld verschärfende Umstand war auch für ihn wirksam, steigerte also seine Haftung, weil er für die Schulden der KG immer in deren jeweiligem Umfang aufzukommen hat, also auch für Erhöhungen haftet (vgl. Hueck, Das Recht der Offenen Handelsgesellschaft, 4. Aufl., § 21 II 7 S. 321). Damit trifft die durch die Beitragsrechnung ausgelöste Verzinsungspflicht der KG unmittelbar ohne weiteres auch den Kläger. Eines "Haftungsbescheides" (vgl. § 118 der Reichsabgabenordnung - AO -) bedurfte es für den Eintritt dieser dem materiellen Recht angehörenden Rechtsfolge nicht.

Ein höherer Anspruch der Beklagten könnte sich jedoch aus der endgültigen Beitragsrechnung 1962 vom 3. April 1963 ergeben. Nach Ansicht des LSG war diese Beitragsrechnung dem Kläger gegenüber wirkungslos. Ob diese Auffassung zutrifft, läßt sich nach den getroffenen Feststellungen nicht beurteilen. Daraus allein, daß über das Vermögen des Klägers das Konkursverfahren eröffnet worden war, ist eine solche Unwirksamkeit nicht herzuleiten. Durch die Konkurseröffnung wird die Geschäftsfähigkeit des Gemeinschuldners nicht berührt (Böhle-Stamschräder, KO, 10. Aufl., § 6 Anm. 3; Jaeger-Lent, KO, 8. Aufl., § 6 Anm. 10). Demgemäß sind auch Rechtshandlungen, die dem Gemeinschuldner gegenüber vorgenommen werden, jedenfalls in Ansehung des konkursfreien Gutes in vollem Umfang wirksam. Nur das konkursfreie Gut wird aber, wie das LSG im übrigen zutreffend erkannt hat, von der hier in Betracht kommenden Zinspflicht betroffen.

Die Beitragsrechnung vom 3. April 1963, die nach dem Inhalt der Akten der Beklagten offenbar nur die Beiträge zur gesetzlichen Unfallversicherung - in Höhe von 1.744,33 DM - betrifft, wäre jedoch dann dem Kläger gegenüber unwirksam, wenn sie zwar dem Konkursgericht und dem Konkursverwalter, nicht aber dem Kläger selbst zugegangen wäre. Das gleiche hätte für eine Beitragsrechnung der früheren Familienausgleichskasse (FAK) aus 1963 zu gelten. Die Anmeldung einer Konkursforderung zur Tabelle enthält keine Zahlungsaufforderung an den Gemeinschuldner (vgl. RGZ 121, 207 (211); sie vermochte daher auch im Rahmen von § 762 a RVO aF eine den Gemeinschuldner treffende Verpflichtung zur Zahlung von Zinsen nicht auszulösen. Das LSG wird deshalb festzustellen haben, ob die Beitragsrechnung vom 3. April 1963 - und eine entsprechende der FAK - dem Kläger zugegangen ist. Sollte das der Fall sein, so ist der Anspruch der Beklagten auch in Höhe der sich daraus ergebenden Zinsforderung begründet, soweit nicht Verjährung eingetreten ist. Fehlt es hingegen an einem solchen Zugang der Beitragsrechnung, so ist lediglich von dem Zinsbetrag auszugehen, der sich bei der Verzinsung der in ihrer Höhe noch festzustellenden Beitragsvorschüsse ergibt.

Der Anspruch der Beklagten - für die Zeit bis zum Jahre 1966 - ist jedoch nach § 29 Abs. 1 RVO verjährt, soweit Zinsen für das Jahr 1964 gefordert werden. Wie sich aus § 197 BGB ergibt, verjähren Zinsrückstände grundsätzlich unabhängig von der Hauptforderung; zwischen beiden besteht nur insoweit ein Zusammenhang, als der Anspruch auf Zinsen spätestens mit dem Hauptanspruch verjährt (§ 224 BGB). Auch Rückstände von Zinsen sind Rückstände i. S. von § 29 Abs. 1 RVO. Diese Vorschrift spricht - wie die des § 28 Abs. 1 Satz 1 RVO - ganz allgemein von "Rückständen", und nicht etwa von "Beitragsrückständen". Unter Rückständen sind demnach am Fälligkeitstage nicht berichtigte, den Versicherungsträgern für ihre Zwecke nach den gesetzlichen Vorschriften oder der Satzung geschuldete Zahlungen zu verstehen (vgl. Peters, Handbuch der Krankenversicherung, 16. Aufl., 3. Nachtrag, Anm. 3 zu § 28). Wenn darunter zweifellos auch vor allem rückständige Beiträge im weitesten Sinne zu verstehen sind (vgl. Reichsversicherungsordnung, Gesamtkommentar, 21. Teillieferung, Anm. 1 zu § 28), so können doch jedenfalls Zinsen, die von Beiträgen abhängen, nicht anders behandelt werden. Es wäre wenig sinnvoll, wenn Zinsforderungen auf einem anderen Wege beigetrieben werden müßten (vgl. § 28 RVO) als die Beitragsforderungen, durch die ihre Entstehung und Höhe bedingt ist. Es ist kein Grund ersichtlich, der es rechtfertigen könnte, dem Gesetzgeber den Willen zu einem in so hohem Maße unzweckmäßigen, für Schuldner und Gläubiger in gleicher Weise beschwerlichen Ergebnis zu unterstellen. Dafür, daß der Begriff der Rückstände in § 29 Abs. 1 RVO in einem anderen, engeren Sinn als in § 28 RVO gebraucht sein sollte, fehlt es an jedem Anhalt. Für eine Anwendung von § 197 BGB ist deshalb, soweit es sich um die Dauer der Verjährungsfrist handelt, kein Raum, da die RVO insoweit eine der Ergänzung nicht bedürftige Regelung enthält. Die Beklagte hat einen Anspruch auf Zinsen für 1964 erstmals mit Bescheid vom 24. Januar 1967 geltend gemacht; zu diesem Zeitpunkt war die 2-Jahresfrist des § 29 Abs. 1 RVO bereits abgelaufen. Denn da am 31. Dezember 1964 die Beitragsschuld nicht entrichtet worden ist, sind auch die Zinsen für diesen Tag am 31. Dezember 1964 im Sinne des § 29 Abs. 1 RVO (Ablauf des Kalenderjahres) fällig geworden (vgl. auch AN 1914, 732 zum "Rückstand" einer Beitragszahlung).

Die Berufung der Beklagten auf § 209 Nr. 2 BGB geht schon deswegen fehl, weil nur die Verjährung von Konkursforderungen durch die Anmeldung zur Tabelle unterbrochen wird (vgl. Staudinger, Komm. z. BGB, 11. Aufl., Rd. Nr. 14 zu § 209); der hier geltend gemachte Anspruch ist jedoch keine Konkursforderung (§ 63 Nr. 1 KO).

Die Kostenentscheidung bleibt der abschließenden Entscheidung des LSG vorbehalten.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1669700

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