Leitsatz (redaktionell)
Der Ermächtigung in BVG § 31 Abs 5 ist die BReg ordnungsmäßig nachgekommen. Die von der BReg vorgenommene Regelung in BVG§31Abs5DV kann nicht als verfassungswidrig angesehen werden. Zwischen der Neugestaltung gesetzlicher Regelungen und dem vorhergehenden Rechtszustand besteht kein Verhältnis logischer, dh denkgesetzlicher Art. Daher kann aus einer späteren günstigeren gesetzlichen Regelung nicht auf die Unwirksamkeit anderweitiger früherer Vorschriften geschlossen werden.
Orientierungssatz
Der Gleichheitsgrundsatz enthält für den Gesetzgeber die allgemeine Anweisung, bei steter Orientierung am Gerechtigkeitsgedanken Gleiches gleich, Ungleiches seiner Eigenart entsprechend verschieden zu behandeln. Der Grundsatz ist dann verletzt, wenn sich ein vernünftiger sich aus der Natur der Sache ergebender oder sonstwie sachlich einleuchtender Grund für die gesetzliche Differenzierung oder Gleichbehandlung nicht finden läßt, kurzum, wenn die Bestimmung als willkürlich bezeichnet werden muß. Der Gleichheitssatz verlangt weder, daß bei der Ordnung eines bestimmten Lebensgebietes alle tatsächlichen Verschiedenheiten vernachlässigt werden, noch, daß alle vorgegebenen Ungleichheiten berücksichtigt werden. Entscheidend für die Beurteilung ist vielmehr, ob für eine am Gerechtigkeitsgedanken orientierte Betrachtungsweise die tatsächlichen Ungleichheiten in dem jeweils in Betracht kommenden Zusammenhang so bedeutsam sind, daß sie beachtet werden müssen.
Normenkette
BVG § 31 Abs. 5 Fassung: 1960-06-27; BVG § 31 Abs 5 DV § 3 Fassung: 1961-04-17; GG Art. 3 Abs. 1 Fassung: 1949-05-23
Tenor
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts Hamburg vom 28. Oktober 1964 wird als unbegründet zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
Der Kläger erhielt wegen der bei ihm im Sinne der Entstehung nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) anerkannten Schädigungsfolgen "1.) Verlust des linken Oberarms und des rechten Oberschenkels, 2.) Belastungsbeschwerden am linken Fuß bei Knick- und Spreizfußbildung, Knöchelödem" Rente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 100 v. H. und Pflegezulage nach Stufe I. Auf seinen Antrag, ihm eine Schwerstbeschädigtenzulage zu bewilligen, gewährte ihm die Versorgungsbehörde mit Bescheid vom 16. März 1962 eine solche nach Stufe I. Der Widerspruch war erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 20. Juni 1962). Das Sozialgericht (SG) hat in dem Termin zur mündlichen Verhandlung vom 28. November 1962 als Sachverständigen Dr. W gehört und mit Urteil vom gleichen Tage den Bescheid vom 16. März 1962 abgeändert, den Bescheid vom 20. Juni 1962 aufgehoben und die Beklagte verurteilt, dem Kläger für die Zeit vom 1. Juni 1960 Schwerstbeschädigtenzulage der Stufe II zu zahlen; es hat im übrigen die Klage, die auf die Gewährung der Schwerstbeschädigtenzulage der Stufe III gerichtet war, abgewiesen.
Das Landessozialgericht (LSG) hat auf die Berufung der Beklagten die Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch den Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung, mit Beschluß vom 18. Dezember 1963 beigeladen und in dem Termin zur mündlichen Verhandlung vom 28. Oktober 1964 als Sachverständigen Dr. K ... gehört. Es hat mit Urteil vom gleichen Tage auf die Berufung der Beklagten das Urteil erster Instanz insoweit geändert, als es die Beklagte für die Zeit vom 1. Juni 1960 bis zum 31. Dezember 1963 zur Zahlung der Stufe II der Schwerstbeschädigtenzulage und zur Kostentragung verurteilt hat, und hat insoweit die Klage abgewiesen. In den Gründen ist ausgeführt, daß dem Kläger für die Zeit bis zum Ende des Jahres 1963 nur die Schwerstbeschädigtenzulage der Stufe I zustehe. Dies ergebe sich aus der Verordnung zur Durchführung des § 31 Abs. 5 BVG in der Fassung vom 17. April 1961 (BGBl I 453 - DVO zu § 31 Abs. 5 aF). Die für die einzelne Schädigungsfolge festgesetzte MdE richte sich nach der körperlichen Beeinträchtigung im allgemeinen Erwerbsleben. Unter Würdigung der Ausführungen der ärztlichen Sachverständigen sei wegen der besonderen Amputationsverhältnisse die MdE für den Beinverlust auf 75 v. H., die für die Amputation des linken Oberarmes ebenfalls mit 75 v. H. anzusetzen. Die mittelbaren Schädigungsfolgen am linken Fuß müßten mit unter 20 v. H. bewertet werden. Daraus ergebe sich für die Berechnung der Schwerstbeschädigtenzulage nach der DVO zu § 31 Abs. 5 BVG aF eine Punktzahl von 150 Punkten. Einer Aufrundung der Hundertsätze für die Arm- und Beinamputation auf je 80 v. H., wie dies § 31 Abs. 2 BVG bei der Berechnung der Grundrente vorsehe, komme für die Schwerstbeschädigtenzulage nicht in Betracht. Dies sei erst in der DVO zu § 31 Abs. 5 BVG vom 17. Juli 1964 vorgesehen.
Eine zusätzliche Punktbewertung nach § 3 Buchst. a der DVO zu § 31 Abs. 5 BVG aF in Höhe von 10 Punkten komme nicht in Betracht. Dies verbiete sich im vorliegenden Fall aus § 3 letzter Satz der DVO. Die Schädigungsfolge am linken Fuß könne insoweit nicht berücksichtigt werden. Zwar sei der Kläger möglicherweise durch die Doppelamputation ähnlich schwer betroffen wie die in § 3 Buchst. a und b bezeichneten Beschädigten, die eine zusätzliche Punktzahl erhielten; dies ergebe sich aus der Neufassung der DVO zu § 31 Abs. 5 BVG vom 17. Juli 1964, nach der er für die Zeit ab 1. Januar 1964 wegen der Doppelamputation Anspruch auf 20 Sonderpunkte habe. In dieser Beziehung sei die bis zum 1. Januar 1964 gültige DVO nicht lückenhaft. Die DVO habe kasuistisch und eindeutig für bestimmte Beschädigte, bei denen mehrere Körperschäden vorliegen, zusätzliche Punkte vorgesehen. Insoweit handle es sich um eine abschließende Regelung eines nach Auffassung des Gesetzgebers besonders betroffenen Personenkreises, der nicht von den Gerichten erweitert werden könne. Diese Regelung verstoße auch nicht gegen das Grundgesetz (GG). Die Beigeladene habe zutreffend darauf hingewiesen, daß die Nichteinbeziehung von einseitig Arm- und Beinbeschädigten in die Sonderregelung des § 3 der DVO zu § 31 Abs. 5 BVG aF schon deshalb nicht gegen Art. 3 GG verstoße, weil insoweit wesentlich verschiedenartige und eine differenzierende rechtliche Regelung zulassende Tatbestände vorlägen. Grundgesetzwidrig wäre diese Regelung nur, wenn sie auf sachfremden Erwägungen beruhend in schlechtwegs unverständlicher Weise den Personenkreis, dem der Kläger nach Art und Ausmaß seiner Schädigung zugehöre, von den Vergünstigungen des § 3 der DVO zu § 31 Abs. 5 BVG aF ausgeschlossen hätte. Das Gebot der Gleichheit vor dem Gesetz als Verfassungsnorm und als überpositiver Rechtssatz schließe Differenzierungen der zu regelnden Tatbestände nicht aus, wenn sie sachgemäß seien. Der Ermessensspielraum des Gesetzgebers werde insoweit durch das Willkür-Verbot begrenzt. Willkür sei aber nicht im subjektiven, sondern im objektiven Sinne zu verstehen. Objektive Willkür sei nur die tatsächliche und eindeutige Unangemessenheit der Regelung in bezug auf den zu ordnenden Gesetzgebungsgegenstand. Es müsse also an einer ausreichenden Orientierung an der Idee der Gerechtigkeit fehlen. Die Bundesregierung sei jedoch bei der Abfassung des § 3 der DVO zu § 31 Abs. 5 BVG aF davon ausgegangen, daß sich Funktionsausfälle an beiden Armen und an beiden Beinen schwerer, d. h. für die Körperfunktionen des Betroffenen nachteiliger auswirken als solche an einem Arm und einem Bein. Schließlich bedeute es eine Verkennung des Sinnes und Zweckes des Art. 20 GG, wenn der Kläger geltend mache, der § 3 der DVO zu § 31 Abs. 5 BVG aF verstoße gegen das Sozialstaatsprinzip. Selbst wenn durch die ursprüngliche Fassung des § 3 der DVO zu § 31 Abs. 5 BVG aF ein Teil der Schwerkriegsbeschädigten sich gegenüber den darin besonders Begünstigten benachteiligt fühlten und auch objektiv diese Regelung nicht absolut billig erscheine, so könne darin noch keine Verletzung des Art. 20 GG gesehen werden.
Das LSG hat die Revision zugelassen.
Gegen dieses, dem Kläger am 13. Januar 1965 zugestellte Urteil hat er mit Schriftsatz vom 1. Februar, eingegangen beim Bundessozialgericht (BSG) am 2. Februar 1965, Revision eingelegt und diese mit einem am 18. Februar 1965 beim BSG eingegangenen Schriftsatz vom 17. Februar 1965 begründet.
Er beantragt,
unter Aufhebung des Urteils des LSG Hamburg vom 28. Oktober 1964 die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des SG Hamburg vom 28. November 1962 zurückzuweisen sowie
der Beklagten die außergerichtlichen Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.
Er rügt eine Verletzung des § 31 Abs. 5 BVG in Verbindung mit § 3 der hierzu erlassenen DVO vom 17. April 1961 sowie eine Verletzung der Art. 3 und 20 GG durch das LSG. Er trägt insbesondere vor, daß Sinn und Zweck der Schwerstbeschädigtenzulage sei, solchen Beschädigten, deren Schädigungsfolgen nicht hinreichend durch die Bemessung der Rentenhöhe entschädigt worden seien, eine individuelle zusätzliche Entschädigung zu gewähren. Wie sich aus der Änderung der DVO zu § 31 Abs. 5 BVG nach Inkrafttreten des 2. Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Kriegsopferrechts (2. NOG) ergebe, habe die ursprüngliche Regelung in der DVO vom 17. April 1961 den Anforderungen nicht genügt. Die Bundesrepublik habe das Gebot der Gleichheit vor dem Gesetz bei dem Erlaß der DVO zu § 31 Abs. 5 BVG vom 17. April 1961 durch eine unsachgemäße Differenzierung der Tatbestände verletzt. Dieses Ergebnis rechtfertige sich aus der Gegenüberstellung des § 3 Buchst. a der DVO zu § 31 Abs. 5 BVG vom 17. April 1961 und dieser Bestimmung, wie sie in der darauffolgenden DVO vom 17. Juli 1964 geregelt worden sei. Während in der früheren DVO eine zusätzliche Punktzahl von 10 Punkten gewährt worden sei, wenn die Schädigungsfolgen an beiden Beinen zusammentreffen, seien in der DVO von 1964 20 Punkte zusätzlich für den Fall neu eingeführt worden, daß eine Hand oder ein ganzer Fuß fehlen oder gebrauchsunfähig sind. Dem Kläger sei somit nach der DVO vom 17. April 1961 ein Anspruch auf zusätzliche Punkte versagt worden, weil die Bundesregierung davon ausgegangen sei, daß sich Funktionsausfälle an beiden Armen und beiden Beinen schwerer auswirkten. Demgegenüber erhalte der Kläger nunmehr sogar 20 Zusatzpunkte, bei der Gebrauchsunfähigkeit oder dem Verlust nur einer Hand oder eines ganzen Fußes, während der Verlust beider Beine wie früher ebenfalls nur mit 10 Zusatzpunkten bewertet werde. Daraus ergebe sich zwangsläufig, daß die Bundesregierung schon ihren nach dem 1. NOG erteilten Auftrag, den durch die Schädigungsfolgen außergewöhnlich betroffenen Personenkreis zu bestimmen, objektiv nicht erfüllt habe. Es sei auch unlogisch, zunächst einer bestimmten Gruppe von Schwerbeschädigten keine zusätzlichen Punkte zu gewähren, sodann aber in der darauffolgenden DVO ihr mehr Zusatzpunkte zu geben als den bereits früher begünstigten Personen. Die in der DVO zu § 31 Abs. 5 BVG vom 17. April 1961 insoweit enthaltene Lücke müsse von der Rechtsprechung geschlossen werden. Dies ergebe sich insbesondere aus Art. 20 Abs. 3 GG. Im übrigen wird auf die Revisionsbegründung verwiesen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision des Klägers gegen das Urteil des LSG Hamburg vom 28. Oktober 1964 - III KOBf 4/64 - als unzulässig zu verwerfen,
hilfsweise, die Revision zurückzuweisen.
Sie bezieht sich auf die Gründe des angefochtenen Urteils und hält diese für zutreffend.
Die Beigeladene beantragt,
die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Auf ihren Schriftsatz vom 20. April 1965 wird Bezug genommen.
Die durch Zulassung nach § 162 Abs. 1 Nr. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) statthafte Revision ist form- und fristgerecht eingelegt und auch rechtzeitig begründet worden (§§ 164, 166 SGG) und daher zulässig. Sie ist jedoch nicht begründet. Die Beteiligten streiten darüber, ob dem Kläger für die Zeit vom 1. Juni 1960 bis 31. Dezember 1963 eine höhere Schwerstbeschädigtenzulage als die nach Stufe I zusteht. Das ist jedoch nicht der Fall.
Im vorliegenden Fall sind die Vorschriften über die Schwerstbeschädigtenzulage nach § 31 Abs. 5 BVG in der Fassung des 1. NOG in Verbindung mit der DVO vom 17. April 1961 (aF) anzuwenden, da der Kläger für die zeitliche Geltung dieser Vorschriften eine höhere Schwerstbeschädigtenzulage verlangt. Nach § 31 Abs. 5 BVG erhalten Schwerstbeschädigte, die durch die anerkannten Schädigungsfolgen gesundheitlich außergewöhnlich betroffen sind, eine monatliche Schwerstbeschädigtenzulage, die in drei Stufen gewährt wird. Ferner wird die Bundesregierung in dieser Vorschrift ermächtigt, mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung den Personenkreis, der durch seine Schädigungsfolge außergewöhnlich betroffen ist, sowie seine Einordnung in die Stufen I bis III zu bestimmen. Nach § 1 der auf Grund dieser Ermächtigung ergangenen DVO zu § 31 Abs. 5 BVG aF erhalten die Zulage erwerbsunfähige Schwerbeschädigte, deren anerkannte Schädigungsfolgen nach den nachstehenden Vorschriften mit wenigstens 130 Punkten zu bewerten sind oder die Anspruch auf eine Pflegezulage mindestens nach Stufe III haben. Bei der Punktbewertung ist von der Höhe der MdE auszugehen, die die einzelnen anerkannten Schädigungsfolgen bedingen. Dabei ist jedoch nur die Höhe der MdE maßgebend, die sich aufgrund der Beurteilung nach § 30 Abs. 1 BVG ergibt (§ 2 Abs. 1 der DVO). Liegen mehrere Schädigungsfolgen vor, so ist die Höhe der MdE für jede einzelne Schädigungsfolge zu ermitteln. Schädigungsfolgen, die eine MdE um weniger als 25 v. H. bedingen, bleiben außer Betracht (§ 2 Abs. 3 der DVO). Dabei ist jeder Vomhundertsatz an MdE mit einem Punkt, bei Schädigungsfolgen, die eine MdE um weniger als 45 v. H., aber mindestens 25 v. H. bedingen, mit 1/2 Punkt zu bewerten. Die einzelnen Ergebnisse sind zusammenzuzählen (§ 2 Abs. 4 der DVO). Bei mindestens 130 Punkten erhält der Beschädigte die Schwerstbeschädigtenzulage der Stufe I, bei mindestens 160 Punkten die der Stufe II § 5 Abs. 1 DVO aF). Im vorliegenden Fall ist der Kläger erwerbsunfähig und erhält eine Pflegezulage nach Stufe I. Demzufolge hätte er einen Anspruch auf Schwerstbeschädigtenzulage der Stufe II nur dann, wenn die Schädigungsfolgen mindestens mit 160 Punkten zu bewerten sind. Das LSG hat festgestellt, daß die Folgen der Amputation des linken Oberarms und des rechten Oberschenkels mit einer MdE von je 75 v. H. zu bewerten sind, während die MdE für die am linken Fuß anerkannten Schädigungsfolgen unter 20 v. H. liegt. Diese Feststellungen des LSG sind vom Kläger nicht angegriffen, so daß sie für den Senat gemäß § 163 SGG bindend sind. Nach den Berechnungsvorschriften des § 2 der DVO zu § 31 Abs. 5 BVG aF ergibt sich somit für die anerkannten Schädigungsfolgen eine Punktzahl von 150 Punkten. Dem Kläger steht daher nach § 5 Abs. 1 Satz 1 der DVO aF nur die Schwerstbeschädigtenzulage der Stufe I zu.
Es ist nicht möglich, die Punktzahl auf mindestens 160 Punkte zu erhöhen, um dem Kläger die Schwerstbeschädigtenzulage der Stufe II gewähren zu können. Die Voraussetzungen für eine Erhöhung der Punktzahl nach § 3 der DVO zu § 31 Abs. 5 BVG aF sind nicht gegeben. Nach dieser Vorschrift erhöhen sich die nach § 2 ermittelten Punktzahlen, wenn Schädigungsfolgen an beiden Beinen zusammentreffen um 10 Punkte (Buchst. a), wenn Schädigungsfolgen an beiden Armen zusammentreffen um 20 Punkte; wenn jedoch beide Hände fehlen um 40 Punkte (Buchst. b). (Erhöhungen der Punktzahl nach Buchst. c und d dieser Vorschrift kommen nicht in Betracht, weil der Kläger weder an Schädigungen der inneren Organsysteme leidet noch blind ist.) Nach § 3 Buchst. b der DVO kann schon deshalb die Punktzahl nicht erhöht werden, weil bei dem Kläger Schädigungsfolgen nicht an beiden Armen bestehen. Aber auch nach § 3 Buchst. a der DVO kann die Punktzahl nicht um 10 Punkte erhöht werden. Zwar bestehen bei dem Kläger Schädigungsfolgen an beiden Beinen, nämlich rechts der Verlust des Oberschenkels und links die Belastungsbeschwerden am Fuß bei Knick- und Spreizfußbildung sowie das Knöchelödem. Die Schädigungsfolgen am linken Fuß können jedoch bei der Erhöhung der Punktzahl nach § 3 der DVO deshalb nicht berücksichtigt werden, weil die hierfür festgesetzte MdE unter 20 v. H. liegt, so daß sie bei der Punktberechnung gemäß § 3 letzter Satz i. V. mit § 2 Abs. 3 Satz 2 der DVO außer Betracht bleiben muß. Es verbleibt somit - wie das LSG zutreffend entschieden hat - bei einer Punktzahl von 150 Punkten, so daß dem Kläger für die Zeit vom 1. Juni 1960 bis zum 31. Dezember 1963 nur die Schwerstbeschädigtenzulage der Stufe I zusteht.
Den Ausführungen des Klägers, mit denen er seinen Anspruch auf die Gewährung einer Schwerstbeschädigtenzulage nach der Stufe II begründet hat, kann nicht gefolgt werden. Das gilt zunächst von seinem Vorbringen, die Bundesregierung sei der ihr in § 31 Abs. 5 BVG gewährten Ermächtigung nicht ordnungsgemäß nachgekommen, wenn sie nur dem in § 3 der DVO zu § 31 Abs. 5 BVG aF näher bezeichneten Personenkreis, nicht aber auch denjenigen Beschädigten eine besondere Punktzahl zugestehe, die - wie der Kläger - an einem Arm und einem Bein (also nicht paarig) beschädigt seien. Nach § 31 Abs. 5 letzter Satz BVG idF des 1. NOG wird die Bundesregierung ermächtigt ..., durch Rechtsverordnung "den Personenkreis, der durch seine Schädigungsfolgen außergewöhnlich betroffen ist, sowie seine Einordnung in die Stufen I bis III zu bestimmen". Dieser Ermächtigung ist die Bundesregierung aber in der bezeichneten DVO nachgekommen; sie hat den durch die Schädigungsfolgen außergewöhnlich betroffenen Personenkreis näher bezeichnet (§ 1 der DVO), die Art und Weise seiner Ermittlung geregelt (§§ 2 bis 4 der DVO) und seine Einordnung in die Stufen I bis III (§ 5 der DVO) vorgenommen. Nur dann könnte von einer nicht "ordnungsmäßigen Ausübung" der erteilten Ermächtigung gesprochen werden, wenn die von der Bundesregierung erlassene Verordnung zur Durchführung des § 31 Abs. 5 BVG unwirksam wäre, was insbesondere dann zuträfe, wenn die Bundesregierung hierbei verfassungsmäßig garantierte Rechte, wie das der Gleichbehandlung aller vor dem Gesetz (Art. 3 GG), verletzt hätte. Eine derartige Verletzung liegt bei der Regelung des § 3 der erwähnten DVO entgegen der Auffassung des Klägers jedoch nicht vor.
Der Gleichheitsgrundsatz enthält für den Gesetzgeber die allgemeine Anweisung, bei steter Orientierung am Gerechtigkeitsgedanken Gleiches gleich, Ungleiches seiner Eigenart entsprechend verschieden zu behandeln (BVerfG Bd. 1, 16; 3, 135; 9, 244; 18, 46). Der Grundsatz ist dann verletzt, wenn sich ein vernünftiger, sich aus der Natur der Sache ergebender oder sonstwie sachlich einleuchtender Grund für die gesetzliche Differenzierung oder Gleichbehandlung nicht finden läßt, kurzum, wenn die Bestimmung als willkürlich bezeichnet werden muß (BVerfG Bd. 1, 52; 12, 348; 14, 150; 15, 320; 18, 46, 124). Der Gleichheitssatz verlangt weder, daß bei der Ordnung eines bestimmten Lebensgebietes alle tatsächlichen Verschiedenheiten vernachlässigt werden, noch, daß alle vorgegebenen Ungleichheiten berücksichtigt werden. Entscheidend für die Beurteilung ist vielmehr, ob für eine am Gerechtigkeitsgedanken orientierte Betrachtungsweise die tatsächlichen Ungleichheiten in dem jeweils in Betracht kommenden Zusammenhang so bedeutsam sind, daß sie beachtet werden müssen (BVerfG Bd. 1, 276; 2, 119 f; 9, 130, 146, 206; 12, 348; 14, 238; 15, 201; 17, 330). Eine Grenze ist dem Gesetzgeber nur insofern gesetzt, als Gesetzlichkeiten, die in der Sache selbst liegen, und die fundierten allgemeinen Gerechtigkeitsvorstellungen der Gesellschaft nicht mißachtet werden dürfen (BVerfG Bd. 9, 349; 13, 228). Verfassungswidrig ist demnach eine willkürliche gesetzliche Maßnahme, wobei die Willkür im objektiven Sinne zu verstehen ist, d. h., daß es sich um eine tatsächliche und eindeutige Unangemessenheit der getroffenen Maßnahme im Verhältnis zu der tatsächlichen Situation, deren sie Herr werden soll, handeln muß (BVerfG Bd. 2, 281; 4, 155). Nach diesen vom Bundesverfassungsgericht hervorgehobenen Gesichtspunkten zur Beurteilung der Frage einer Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes des Art. 3 GG kann die von der Bundesregierung vorgenommene Regelung in § 3 der DVO zu § 31 Abs. 5 BVG aF nicht als verfassungswidrig angesehen werden. Die Bundesregierung ist nach den Ausführungen des LSG bei der Regelung des § 3 der DVO davon ausgegangen, daß sich Funktionsausfälle oder Funktionsstörungen an beiden Beinen oder beiden Armen schwerer, d. h. für die Körperfunktionen des so Betroffenen nachteiliger auswirkten als solche Schädigungen an einem Arm oder an einem Bein, da im allgemeinen die Funktionsbeeinträchtigung an einem paarigen Glied durch das nicht betroffene paarige Glied mehr oder weniger kompensiert werde. Diesen Erwägungen der Bundesregierung kann nicht entnommen werden, daß sie bei der Abfassung des § 3 der DVO zu § 31 Abs. 5 BVG aF in der Sache selbst liegende fundierte allgemeine Gerechtigkeitsvorstellungen mißachtet hat, insbesondere daß sie willkürlich eine Sonderregelung für bestimmte Personenkreise erlassen, aber andere Personengruppen ausgeschaltet hat. Es kann bei den von der Beigeladenen vorgetragenen sachlichen Gesichtspunkten nicht gesagt werden, daß die Regelung im Verhältnis zu der tatsächlichen Situation, deren sie Herr werden sollte, unangemessen ist. Zwar ist der Kläger durch die bei ihm anerkannten Schädigungsfolgen außergewöhnlich betroffen. Diesem Umstand ist aber schon dadurch Rechnung getragen, daß er in den Kreis einbezogen worden ist, dem eine Schwerstbeschädigtenzulage im Sinne des § 31 Abs. 5 BVG zuerkannt werden sollte. Dadurch, daß die Bundesregierung ermächtigt worden ist, in der Rechtsverordnung "den Personenkreis, der durch eine Schädigungsfolge außergewöhnlich betroffen ist," zu bestimmen, war ihr ein weiter Ermessensraum zugewiesen worden, der nicht durch subjektive, sondern allein durch objektive Maßstäbe ausgefüllt und begrenzt werden kann. Die von der Beigeladenen vorgetragenen Gründe und Erwägungen für die Sonderregelung des § 3 Buchst. a und b in der DVO aF sind rein sachlicher Natur; sie halten sich im Rahmen einer möglichen Differenzierung und zeigen nicht, daß andere als medizinische Erwägungen im Zeitpunkt des Erlasses der DVO zur Grundlage der Bestimmung gemacht worden sind. Eine willkürliche Regelung in der Bestimmung des Personenkreises nach § 3 der DVO zu § 31 Abs. 5 BVG aF kann auch nicht deshalb - wie der Kläger meint - angenommen werden, weil nunmehr in der DVO zu § 31 Abs. 5 BVG idF vom 17. Juli 1964 in § 3 Buchst. c für den Personenkreis, zu dem der Kläger zählt, 20 Sonderpunkte gewährt werden, so daß er nach dem 1. Januar 1964 Anspruch auf die höhere Schwerstbeschädigtenzulage hat. Der Begriff "gesundheitlich außerordentlich betroffen" ist zum ersten Mal im BVG idF des 1. NOG vom 27. Juni 1960 gebraucht worden und bei der Ausfüllung dieses Begriffs und insbesondere bei der Einordnung der gesundheitlich außergewöhnlich betroffenen Beschädigten nach Stufen lagen der Bundesregierung keine Erfahrungen vor. Wenn sie diese Einordnung in einer Weise vorgenommen hat, wie es in der DVO zu § 31 Abs. 5 BVG geschehen ist, und wenn sie dabei im § 3 der DVO den an zwei paarigen Gliedmaßen Geschädigten weitere Punkte zugebilligt hat, nicht aber den an zwei unpaarigen Gliedmaßen Geschädigten, so lag darin keine Willkür, bei der offenbar war, daß hier zu Unrecht die an zwei unpaarigen Gliedmaßen Geschädigten gegenüber den an zwei paarigen Gliedmaßen Geschädigten benachteiligt waren. Für die Beurteilung der Frage, ob eine gesetzliche Regelung dem Gleichheitsgrundsatz des GG entspricht oder wegen einer willkürlichen unterschiedlichen Behandlung gleicher oder ähnlicher Tatbestände dem GG zuwiderläuft, kann nicht ausschlaggebend sein, ob der Gesetzgeber bei einer späteren Regelung aufgrund der inzwischen gewonnenen Erfahrungen zu einem für den Betroffenen günstigeren Ergebnis gelangt ist. Maßgebend für die Beurteilung der Verfassungsmäßigkeit einer Norm kann immer nur ihre konkrete inhaltliche Ausgestaltung, verglichen mit den Forderungen des GG, im jeweils geltenden Zeitpunkt sein; andernfalls würde jede gesetzliche Neuregelung, die auf Grund der mit der früheren gesetzlichen Regelung gemachten Erfahrungen oder neuer Erkenntnisse eine Verbesserung von Rechtspositionen beinhaltet, zu dem Ergebnis zwingen, daß die frühere ungünstigere Regelung willkürlich und damit auch verfassungswidrig war. Eine derartige Folgerung kann aber nicht gezogen werden.
Ebensowenig kann dem Kläger gefolgt werden, soweit er vorbringt, die Regelung in der DVO aF sei unwirksam, weil es "unlogisch" sei, ihm nach der Verordnung des § 31 Abs. 5 BVG vom 17. Juli 1964 für die anerkannten Schädigungsfolgen nach dem 1. Januar 1964 20 Sonderpunkte zu gewähren, ihm aber für den vorangehenden Zeitraum trotz der gleichen Schwere der Schädigungsfolgen nach der alten Fassung der DVO keine Sonderpunkte zuzugestehen. Der Kläger verkennt, daß zwischen der Neugestaltung gesetzlicher Regelungen und dem vorhergehenden Rechtszustand kein Verhältnis logischer, d. h. denkgesetzlicher Art besteht; somit kann aus einer späteren günstigeren gesetzlichen Regelung, zumal wenn sie auf Grund von Erfahrungen oder neuer Erkenntnisse vorgenommen worden ist, nicht auf die Unwirksamkeit anderweitiger früherer Vorschriften geschlossen werden.
Schließlich geht auch die Ansicht des Klägers fehl, die Gerichte müßten im vorliegenden Fall nach Art. 20 GG durch Ausfüllung einer gesetzlichen Lücke zu dem Ergebnis gelangen, daß auch ihm als einem an zwei unpaarigen Gliedmaßen Geschädigten die Sonderpunkte des § 3 DVO zuzubilligen sind. Dazu hat das LSG zutreffend ausgeführt, daß die von der Bundesregierung in § 3 der DVO vorgenommene Regelung abschließender Natur ist; eine erweiternde Anwendung von Gesetzen durch Ausfüllung einer gesetzlichen Lücke kann nur dort Platz greifen, wo das Gesetz lückenhaft ist. Die Regelung in § 3 der DVO zu § 31 Abs. 5 BVG aF schließt zwar den Kläger trotz der Schwere seiner anerkannten Gesundheitsstörungen von der Sonderbewertung aus; sie enthält damit aber noch keine echte Gesetzeslücke. Eine solche Lücke ist nicht schon dann vorhanden, wenn das Gesetz einen Tatbestand nicht erfaßt hat und auch nicht erfassen wollte. Mit der Regelung im § 3 DVO aF hat die Bundesregierung nur den in dieser Vorschrift abschließend aufgeführten Personenkreis, insbesondere nur die an paarigen Gliedmaßen Geschädigten, durch Zubilligung von Sonderpunkten höher einstufen wollen, nicht auch die an unpaarigen Gliedmaßen Schwerbeschädigten, was eindeutig aus den Worten an "beiden" Armen bzw. Beinen hervorgeht. Liegt somit keine Lücke im § 3 DVO aF vor, die vom Gericht unter Beachtung der Verfassungsgrundsätze und insbesondere Art. 20 GG auszufüllen wäre, so ist auch unmittelbar über Art. 20 GG eine Besserstellung des Klägers nicht möglich. Die Ausgestaltung des Sozialstaatsprinzips in Art. 20 GG obliegt in erster Linie dem Gesetzgeber (Leibholz/Rinck, Grundgesetz, Kommentar 1966, Anm. I 12 zu Art. 20 GG). Hat der Gesetzgeber die typischen Fälle des sozialen Ausgleichs abgegrenzt, so entspricht dies dem Grundsatz der Sozialstaatlichkeit und ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden (BVerfG Bd. 17, 11). Bei dem Grundsatz der Sozialstaatlichkeit handelt es sich zwar nicht nur um ein Programm, sondern um ein - allerdings nur schwer faßbares - geltendes, den Grundrechten gleichgestelltes Recht (BVerfG Bd. 1, 97, 105; 3, 162, 181; BVerwG Bd. 1, 157, 161; 5, 27, 31; BGHZ 9, 83, 89; BAG 1, 63, 65 ff). Da der Verfassungsgeber in Art. 20 GG besondere Schranken, die einzelne Ansprüche oder irgendwelche Rechte unmittelbar betreffen, nicht festgelegt hat, erwächst dem einzelnen allein aus dem Grundsatz der Sozialstaatlichkeit noch kein verfolgbarer Anspruch gegen den Staat (BFH vom 28. August 1959, Bundessteuerblatt 3, 1959 S. 449 f). Das gilt insbesondere dann, wenn der Gesetzgeber erst durch neue Vorschriften derartige Ansprüche gewähren müßte (BSG 15, 1, 8). Der Kläger behauptet selbst nicht, daß die Gewährung der Schwerstbeschädigtenzulage nach § 31 Abs. 5 BVG dem Prinzip der Sozialstaatlichkeit des Art. 20 GG widerspricht; seine Meinung kann nur dahin gedeutet werden, daß die DVO in ihrer alten Fassung insofern gegen Art. 20 GG verstoße, als die bei ihm anerkannten Gesundheitsstörungen nicht in die Regelung des § 3 dieser DVO aufgenommen worden sind. Der Gesetzgeber verstößt aber nicht gegen Art. 20 GG, wenn er bestimmte Einzelfälle nicht erfaßt hat. Zwar mag es der Sozialstaatlichkeit am besten entsprechen, soziale Ausgleichsleistungen nur dorthin zu lenken, wo im Einzelfall ein Bedarf festgestellt wird. Das Bemühen des Gesetzgebers, wenigstens die typischen Fälle abzugrenzen - wie dies in der DVO zu § 31 Abs. 5 BVG aF und insbesondere seines § 3 geschehen ist -, entspricht jedoch dem verfassungsmäßigen Auftrag des Art. 20 GG (s. dazu auch BVerfG 17, 11), ein Anspruch, die gesetzliche im Rahmen des Art. 20 GG getroffene Regelung auch auf andere Tatbestände auszudehnen, besteht auf Grund des Art. 20 GG nicht. Der Kläger hat somit keinen Anspruch auf Zuteilung von Sonderpunkten gemäß § 3 DVO aF und damit auch nicht einen Anspruch auf Gewährung der Schwerstbeschädigtenzulage nach der Stufe II.
Das LSG hat somit zutreffend die Klage abgewiesen. Die unbegründete Revision war daher zurückzuweisen (§ 170 Abs. 1 Satz 1 SGG).
Die Kostenentscheidung ergeht gemäß § 193 Abs. 1 SGG.
Fundstellen