Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitserlaubnis für ausländische Arbeitnehmer (Türke). besondere Härte
Orientierungssatz
1. Dem ArbA steht weder bei der Prüfung, ob die Voraussetzungen der sogenannten allgemeinen Arbeitserlaubnis nach AFG § 19 Abs 1 S 2 iVm ArbErlaubV § 1 Nr 1 vorliegen (vgl BSG 1977-06-22 7 RAr 75/76 = SozR 4100 § 19 Nr 3), noch bei der Prüfung der Frage, ob eine besondere Arbeitserlaubnis nach AFG § 19 Abs 1 S 2 iVm ArbErlaubV § 2 Abs 5 zu erteilen ist (vgl BSG 1977-01-27 12 RAr 83/76 und 1977-06-22 7 RAr 75/76 = SozR 4100 § 19 Nr 2 und 3), ein Ermessensspielraum zu. Vielmehr hat der ausländische Arbeitnehmer, wenn die Voraussetzungen vorliegen, von denen das Gesetz die Erteilung einer Arbeitserlaubnis abhängig macht, einen Anspruch auf Gewährung der Arbeitserlaubnis.
2. Allein darin, daß dem ausländischen Arbeitnehmer nur wenige Tage an der Vollendung der Frist des ArbErlaubV § 2 Abs 1 Nr 1 fehlen, kann keine Härte gesehen werden (vgl BSG 1977-06-22 7 RAr 75/76 = SozR 4100 § 19 Nr 3).
3. Auch der Umstand, daß einem Arbeitnehmer, wenn er vor Ablauf der Fünfjahresfrist seinen Arbeitsplatz verliert, durch Versagung der Arbeitserlaubnis die Möglichkeit genommen wird, durch Beschäftigung bei einem anderen Arbeitgeber die Fünfjahresfrist zu erreichen, stellt noch nicht eine unbillige Härte dar (vgl BSG 1978-02-14 7 RAr 81/76 = SozR 4100 § 19 Nr 5).
4. Auch die Bindungen an in der Bundesrepublik lebende Geschwister reicht nicht aus, um einen Anspruch auf Erteilung einer Arbeitserlaubnis zu begründen.
5. Daß ein Arbeitnehmer Unterhaltspflichten zu erfüllen hat, stellt grundsätzlich keine Härte iS der ArbErlaubV § 2 Abs 5 dar.
Normenkette
AFG § 19 Abs. 1 S. 2 Fassung: 1969-06-25; ArbErlaubV § 1 Nr. 1 Fassung: 1971-03-02, § 2 Abs. 5 Fassung: 1971-03-02, Abs. 1 Nr. 1 Fassung: 1971-03-02
Verfahrensgang
LSG Niedersachsen (Entscheidung vom 15.11.1976; Aktenzeichen L 7 Ar 116/76) |
SG Hildesheim (Entscheidung vom 11.05.1976; Aktenzeichen S 3 Ar 115/75) |
Tenor
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen vom 15. November 1976 aufgehoben. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Erteilung einer Arbeitserlaubnis (AE).
Der Kläger ist türkischer Staatsangehöriger. Er ist ledig und hat für seine in der Türkei lebende Mutter zu sorgen. Der Vater ist verstorben. Zwei Schwestern des Klägers leben seit etwa 1964 mit ihren Familien in der Bundesrepublik Deutschland.
Der Kläger war vom 16. Oktober 1969 bis 1. Oktober 1974 in der Bundesrepublik beschäftigt, zuletzt ab 30. Juni 1971 bei der Firma S in Er war dort zunächst als Bandarbeiter und in den letzten sechs Monaten als Betriebsschlosser tätig. Seine AE galt bis zum 21. Juli 1975, seine Aufenthaltsgenehmigung bis 31. Dezember 1976. Wegen Arbeitsmangels kündigten ihm die S zum 1. Oktober 1974. An diesem Tage meldete sich der Kläger beim Arbeitsamt arbeitslos und beantragte Arbeitslosengeld (Alg). Er erhielt Alg vom 2. Oktober 1974 bis 4. Juli 1975 und nach einem Urlaub in der Türkei für die Zeit vom 12. August bis 30. November 1975.
Nachdem das Arbeitsamt dem Kläger im September 1975 mündlich die Auskunft erteilt hatte, er könne keine neue Arbeitserlaubnis bekommen, erhob der Kläger Klage. Die Beklagte sah darin den förmlichen Antrag auf Erteilung einer Arbeitserlaubnis und lehnte diese ab (Bescheid vom 24. November 1975; Widerspruchsbescheid vom 26. Januar 1976).
Das Sozialgericht (SG) hat mit Urteil vom 11. Mai 1976 die angefochtenen Bescheide aufgehoben und die Beklagte verurteilt, dem Kläger eine AE zu erteilen. Das Landessozialgericht (LSG) hat mit Urteil vom 15. November 1976 die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Es hat im wesentlichen ausgeführt:
Der Kläger habe gem § 2 Abs 5 der Arbeitserlaubnisverordnung (AEVO) vom 2. März 1971 (BGBl I S 152) idF der Verordnung (VO) vom 22. Februar 1974 (BGBl I S. 365) Anspruch auf Erteilung einer AE unabhängig von der Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes und ohne die Beschränkung auf eine bestimmte berufliche Tätigkeit in einem bestimmten Betrieb. Nach den besonderen Verhältnissen des Klägers wäre es eine Härte, ihm die AE zu versagen. Verliere nämlich ein ausländischer Arbeitnehmer eine Beschäftigung, die er mehr als drei Jahre ausgeübt habe, ohne sein Verschulden, so werde er allein hierdurch schon hart getroffen. Das gelte insbesondere, wenn er die Arbeitsstelle kurz vor Erreichen der Fünfjahresfrist verliere. Werde ihm die AE versagt, so daß ihm auch die Möglichkeit genommen werde, durch Beschäftigung bei einem anderen Arbeitgeber die Fünfjahresfrist zu erreichen, so stelle sich die Versagung der AE in der Regel als unbillige Härte dar. Der Kläger habe auch verschiedentlich beim Arbeitsamt um Arbeit nachgesucht. Darüber hinaus habe er dem Arbeitsamt sechsmal einen deutschen Arbeitgeber namhaft gemacht, der bereit gewesen sei, ihn zu beschäftigen. Von der Arbeitsverwaltung sei ihm jedesmal eröffnet worden, die Arbeitsstellen müßten anderweitig vermittelt werden, und er solle sich noch gedulden.
Mit der zugelassenen Revision rügt die Beklagte einen Verstoß gegen § 19 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) und § 2 der AEVO und bringt hierzu insbesondere vor: Die Tatsache, daß der Kläger "wegen Arbeitsmangels" seine Stelle verloren und damit gehindert gewesen sei, fünf Jahre ununterbrochen im Gebiet der Bundesrepublik tätig zu sein, stelle keine Härte für den Kläger dar. Solche in der freien Disposition des Unternehmers liegenden Umstände könnten keinen Härtefall begründen, da die Möglichkeit länger dauernder Beschäftigung von ausländischen Arbeitnehmern notwendigerweise und typischerweise von vorangehenden Unternehmerentscheidungen über die Schaffung oder Beseitigung von Arbeitsplätzen abhingen. § 2 Abs 5 AEVO setze voraus, daß eine Härte "nach den besonderen Verhältnissen des Arbeitnehmers" vorliege. Allein die Tatsache, daß für eine Gruppe von Arbeitnehmern der Erwerb eines gesetzlichen Anspruchs von der Beschäftigungsdauer abhänge, habe jedoch nicht zur Folge, daß die wegen Fehlens eines Arbeitsplatzes eintretende Unmöglichkeit, einen solchen Anspruch zu erwerben, stets als Härtefall anzusehen sei. Eine solche Auslegung des § 2 Abs 5 AEVO würde auf dem Umweg über die Härteregelung die Frist des § 2 Abs 1 Nr 1 AEVO herabsetzen.
Die Beklagte beantragt,
das angefochtene Urteil und das Urteil des SG Hildesheim vom 11. Mai 1976 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (§ 124 Abs 2 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG -).
Entscheidungsgründe
Die Revision der Beklagten ist zulässig. Sie ist in dem Sinne begründet, daß die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen ist.
Der Kläger bedarf einer AE, um in der Bundesrepublik abhängig tätig sein zu dürfen. Nach § 19 Abs 1 Satz 1 AFG benötigen alle Arbeitnehmer, die nicht Deutsche iS des Art 116 des Grundgesetzes (GG) sind, eine AE, soweit in zwischenstaatlichen Vereinbarungen nichts anderes bestimmt ist. Aus zwischenstaatlichen Vereinbarungen ergibt sich jedoch nichts zugunsten des Klägers. Weder die deutsch-türkische Vereinbarung vom 30. Oktober 1961 (BABl 1962, 69) idF der Vereinbarung vom 3. Dezember 1964 (BABl 1965, 125) noch das Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Türkei über Soziale Sicherheit vom 30. April 1964 (BGBl II 1965, 1169) in der geänderten Fassung vom 28. Mai 1969 (BGBl II 1972, 2) und vom 25. Oktober 1974 (BGBl II 1975, 374, 375) enthalten eine entsprechende Bestimmung zugunsten türkischer Arbeitnehmer.
Ob der Kläger nach § 19 Abs 1 AFG iVm der AEVO einen Anspruch auf Erteilung einer AE hat, läßt sich aufgrund der bisher vom LSG festgestellten Tatsachen noch nicht beurteilen.
Dem Inhalt nach unterscheidet § 1 AEVO zwischen der Erlaubnis, die für eine bestimmte berufliche Tätigkeit in einem bestimmten Betrieb und derjenigen, die ohne Beschränkung auf eine bestimmte Tätigkeit und ohne Beschränkung auf einen bestimmten Betrieb erteilt wird. Hinsichtlich der Voraussetzungen trennt die AEVO die allgemeine AE, die erteilt wird, wenn der Arbeitsmarkt die Gewährung rechtfertigt, von der besonderen AE, die unter den besonderen Voraussetzungen des § 2 AEVO zu erteilen ist. Bei der Unterscheidung zwischen "allgemeiner" und "besonderer" AE handelt es sich danach nicht um isolierte Arten der AE, sondern um Rechtsbegründungen für die im Einzelfall mögliche Erteilung einer im Grundtyp einheitlichen und lediglich nach ihren rechtlichen Voraussetzungen verschiedenen AE (BSG SozR 4100 § 19 Nr 3).
Wenn die Voraussetzungen des § 2 AEVO vorliegen, hat der ausländische Arbeitnehmer einen Anspruch auf Erteilung einer unbeschränkten AE. Der Beklagten steht weder bei der Prüfung, ob die Voraussetzungen der sogenannten allgemeinen AE nach § 19 Abs 1 Satz 2 AFG iVm § 1 Nr 1 AEVO vorliegen (BSG SozR 4100 § 19 Nr 3), noch bei der Prüfung der Frage, ob eine besondere AE nach § 19 Abs 1 Satz 2 AFG iVm § 2 Abs 5 AEVO zu erteilen ist (BSG SozR 4100 § 19 Nrn 2 und 3), ein Ermessensspielraum zu. Vielmehr hat der ausländische Arbeitnehmer, wenn die Voraussetzungen vorliegen, von denen das Gesetz die Erteilung einer AE abhängig macht, einen Anspruch auf Gewährung der AE.
Die AE kann befristet oder unbefristet gewährt werden. Nur ausnahmsweise kann sie unbefristet erteilt werden (§§ 19 Abs 1 AFG; 4 AEVO). Da der Kläger sein Klagebegehren insoweit nicht näher bestimmt hat, ist davon auszugehen, daß er eine AE nach dem Regelfall, dh eine befristete AE begehrt. Daraus, daß er seinen Anspruch auch auf § 2 AEVO stützt, ist zu entnehmen, daß er eine unbeschränkte AE erhalten möchte. Das Begehren des Klägers geht daher offenbar auf Erteilung einer befristeten, unbeschränkten AE, sei es unter den Voraussetzungen der allgemeinen (§ 1 AEVO) oder der besonderen AE (§ 2 AEVO).
Anders als das LSG angenommen hat, liegen jedoch die Voraussetzungen der besonderen AE (§ 2 AEVO) nicht vor. Für diesen Anspruch kommen nur die §§ 2 Abs 1 Nr 1 und 2 Abs 5 AEVO in Betracht.
Nach § 2 Abs 1 Nr 1 AEVO ist eine AE zu erteilen, wenn der Arbeitnehmer in den letzten fünf Jahren vor Beginn der Geltungsdauer der Arbeitserlaubnis ununterbrochen eine unselbständige Tätigkeit rechtmäßig im Geltungsbereich der VO ausgeübt hat. Da der Kläger vom 16. Oktober 1969 bis 1. Oktober 1974 in der Bundesrepublik rechtmäßig beschäftigt war, fehlen ihm an den fünf Jahren einige Tage. Damit liegen die Voraussetzungen des § 2 Abs 1 Nr 1 AEVO nicht vor. Die fehlenden Tage können auch nicht durch die Zeit ersetzt werden, in der der Kläger Alg bezogen hat. Nach § 2 Abs 2 Nr 1 AEVO wird "die Frist des Absatzes 1 Nr 1 nicht unterbrochen" durch Zeiten, in denen der Arbeitnehmer Alg bezogen hat. Diese Bestimmung des § 2 Abs 2 Nr 1 AEVO bezieht sich auf das Wort "ununterbrochen" in § 2 Abs 1 Nr 1 AEVO. Nimmt ein ausländischer Arbeitnehmer eine Beschäftigung in der Bundesrepublik auf, so läuft vom Beginn der Beschäftigung eine Frist von fünf Jahren, innerhalb derer er "ununterbrochen" eine unselbständige Tätigkeit rechtmäßig ausüben muß, wenn er einen Anspruch auf eine besondere AE nach § 2 AEVO erwerben will. Unterbricht er die unselbständige Tätigkeit, so beginnt wieder eine neue Frist von fünf Jahren zu laufen, so daß er die günstigen Wirkungen der bereits zurückgelegten Beschäftigungszeiten grundsätzlich verliert. § 2 Abs 2 Nr 1 AEVO will aber eine solche "Unterbrechung" nicht annehmen in Zeiten, in denen der Arbeitnehmer Alg bezogen hat. Diese Bestimmung will andererseits auch nicht zugunsten des Arbeitnehmers die Zurücklegung von fünf Jahren unter Berücksichtigung der Zeit des Alg-Bezuges fingieren. Das ergibt sich aus § 2 Abs 4 AEVO, in welchem es heißt, daß die Zeiten des Abs 2 auf die Frist von fünf Jahren des Abs 1 Nr 1 AEVO nicht angerechnet werden.
Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Erteilung einer AE aufgrund des § 2 Abs 5 AEVO. Nach dieser Vorschrift kann die AE nach Abs 1 erteilt werden, wenn die Versagung nach den besonderen Verhältnissen des Arbeitnehmers eine Härte bedeuten würde. Wenn die Versagung der AE eine Härte darstellt, hat der ausländische Arbeitnehmer einen Anspruch auf die AE (BSG SozR 4100 § 19 Nr 2). Allein darin, daß dem Kläger nur wenige Tage an der Vollendung der Frist des § 2 Abs 1 Nr 1 AEVO fehlen, kann keine Härte gesehen werden (BSG SozR 4100 § 19 Nr 3). Wenn das Erfordernis der fünfjährigen Tätigkeit iS des § 2 Abs 1 Nr 1 AEVO schon die Bedingung für die Erteilung einer AE ist, kann das Nichterfüllen dieser Voraussetzung ohne Hinzutreten weiterer in den besonderen Verhältnissen des Arbeitnehmers liegender Gründe nicht Anlaß für eine Härteregelung iS des § 2 Abs 5 AEVO sein. Auch der Umstand, daß einem Arbeitnehmer, wenn er vor Ablauf der Fünfjahresfrist seinen Arbeitsplatz verliert, durch Versagung der AE die Möglichkeit genommen wird, durch Beschäftigung bei einem anderen Arbeitgeber die Fünfjahresfrist zu erreichen, stellt noch nicht, wie das LSG gemeint hat, eine unbillige Härte dar (Urteil des Senats vom 14. Februar 1978 - 7 RAr 81/76 -). Zu berücksichtigen ist nämlich, daß der ausländische Arbeitnehmer durch den Verlust seines Arbeitsplatzes noch nicht ohne weiteres die Chance verliert, die AE nach § 2 Abs 1 AEVO zu erlangen. Nach § 2 Abs 2 Nr 1 AEVO kann der ausländische Arbeitnehmer bis zur Ausschöpfung seines Alg-Anspruches arbeitslos sein, ohne daß ihm die Möglichkeit genommen wird, die von ihm bereits begonnenen fünf Beschäftigungsjahre zu vollenden. In dieser Zeit kann dem ausländischen Arbeitnehmer unter den Voraussetzungen des § 1 AEVO bei entsprechender Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes eine allgemeine AE erteilt und eine Stelle vermittelt werden. Liegen diese Voraussetzungen nicht vor, so daß bis zur Ausschöpfung des Alg-Anspruches eine AE nicht erteilt wird, hat der ausländische Arbeitnehmer danach nicht mehr die Möglichkeit, die angebrochenen fünf Beschäftigungsjahre zu vollenden und damit die Voraussetzungen der besonderen AE nach § 2 AEVO zu erfüllen.
Auch die Tatsache, daß der Kläger familiäre Beziehungen insofern in der Bundesrepublik hat, als seine beiden Schwestern schon seit zwölf Jahren in der Bundesrepublik ansässig sind, schafft allein keine besondere Härte iS des § 2 Abs 5 AEVO, aufgrund deren er eine AE begehren kann. Nach § 2 Abs 1 Nr 2 AEVO hat ein Arbeitnehmer Anspruch auf eine AE, wenn er mit einer Deutschen iS des Art 116 Abs 1 des GG mit gewöhnlichem Aufenthalt im Geltungsbereich der VO verheiratet ist. Daraus ergibt sich, daß die Bindungen an in der Bundesrepublik lebende Geschwister nicht ausreichen, um einen Anspruch auf Erteilung einer AE zu begründen.
Ferner gibt der Umstand, daß sich der Kläger in der Bundesrepublik gut eingelebt hat, keinen Anspruch auf die Gewährung einer AE.
Der weitere Gesichtspunkt des LSG, daß der Kläger seine in der Türkei lebende Mutter zu versorgen hat, kann für sich allein nicht für die Erteilung einer AE nach § 2 Abs 2 AEVO ausschlaggebend sein. Diese Vorschrift gewährt dem ausländischen Arbeitnehmer das Recht auf eine AE, wenn die Nichterteilung nach seinen "besonderen Verhältnissen" eine "Härte" bedeuten würde. Aus der Wortfassung folgt schon, daß solche Härten, die aufgrund normaler Umstände, also aufgrund von Umständen bestehen, wie sie bei einer Vielzahl von ausländischen Arbeitnehmern auftreten können, nicht die Erteilung einer AE rechtfertigen. Daß ein Arbeitnehmer überhaupt Unterhaltspflichten zu erfüllen hat, stellt demnach grundsätzlich keine Härte iS des § 2 Abs 5 AEVO dar. Bei besonderen Belastungen durch Unterhaltspflichten kann dies uU allerdings anders sein (vgl Urteil des Senats vom 21. März 1978 - 7 RAr 48/76 -). Das LSG hat jedoch keine Feststellungen getroffen, aus denen neben einer normalen Rechtspflicht zum Unterhalt auf darüber hinausgehende besondere Umstände geschlossen werden kann.
Da somit die Voraussetzungen des § 2 AEVO (besondere AE) nicht vorliegen, könnte der Kläger einen Anspruch auf eine AE nur dann haben, wenn die Voraussetzungen der allgemeinen AE nach § 1 AEVO vorliegen. Gem § 19 AFG iVm § 1 AEVO wird eine beschränkte oder unbeschränkte AE dann gewährt, wenn "Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes" die Erteilung einer solchen AE rechtfertigen. Dieses Abstellen auf den Arbeitsmarkt bezweckt, den Vorrang deutscher und ihnen gleichgestellter Arbeitnehmer bei der Arbeitsvermittlung sicherzustellen. (BSG SozR 4100 Nr 2 zu § 19). Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes sind unter diesem Gesichtspunkt und unter Einbeziehung der persönlichen Verhältnisse des Klägers zu beurteilen. Welcher Arbeitsmarkt dabei räumlich in Betracht kommt, hängt davon ab, ob der Kläger "ausgleichsfähig", er also in der Lage und bereit ist, im gesamten Geltungsbereich des AFG eine seinen Kenntnissen und Fähigkeiten entsprechende Tätigkeit aufzunehmen.
Da das LSG aufgrund seiner anderweitigen Rechtsauffassung keine Feststellungen getroffen hat, die eine abschließende Entscheidung des Senats über den Anspruch des Klägers auf eine AE nach § 1 AEVO ermöglichen, ist die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, das auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden hat.
Fundstellen