Entscheidungsstichwort (Thema)
Verfassungsmäßigkeit des Kindergeldgesetzes (KGG)
Orientierungssatz
Das KGG ist auf Grund der Gesetzgebungskompetenz des Bundes ordnungsgemäß zustandegekommen. Verstöße gegen den Gleichheitsgrundsatz, insbesondere in den Beitragsvorschriften, liegen nicht vor (vgl BVerfG 1960-05-10 1 BVR 190/58 = BVerfGE 11, 105; BSG 1957-12-20 7 RKg 4/56 = BSGE 6, 213).
Normenkette
KGG § 11 Fassung: 1954-11-13, § 14 Fassung: 1954-11-13; GG Art. 3 Abs. 1; KGG § 10 Fassung: 1954-11-13; GG Art. 74 Nr. 7
Verfahrensgang
Schleswig-Holsteinisches LSG (Entscheidung vom 16.01.1958) |
SG Lübeck (Entscheidung vom 25.02.1957) |
Tenor
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 16. Januar 1958 wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat der Beklagten die außergerichtlichen Kosten des Revisionsverfahrens zu erstatten.
Von Rechts wegen.
Gründe
I.
Der Kläger, der als Rechtsanwalt und Notar in Lübeck tätig ist, beschäftigt keinen Arbeitnehmer und ist selbst nicht bei einer Berufsgenossenschaft versichert. Mit Bescheid vom 10. September 1956 forderte die beklagte Familienausgleichskasse von ihm einen Beitrag nach dem Kindergeldgesetz (KGG) für das Jahr 1955 in Höhe von 40,-- DM sowie einen Beitragsvorschuß für das Jahr 1956 in Höhe von 50,-- DM an.
Im Klagewege begehrte der Kläger, diesen Bescheid aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, seine Heranziehung zu Beiträgen zu unterlassen. Seinen Klageanspruch begründete der Kläger mit der Verfassungswidrigkeit des KGG. Aus diesem Grunde beantragte er auch Aussetzung des Verfahrens gemäß Art. 100 des Grundgesetzes (GG) und Einholung einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG).
Das Sozialgericht (SG) Lübeck wies die Klage ab (Urteil vom 25. Februar 1957), indem es die vom Kläger vorgetragenen Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit des KGG für unbegründet erklärte. Dieser legte hiergegen Berufung ein. Während des Berufungsverfahrens ging dem Kläger ein Auszug der Beklagten aus ihrer Heberolle vom 25. Oktober 1957 zu, mit dem sie als endgültigen Beitrag für das Jahr 1956 sowie als Beitragsvorschuß für 1957 je 50,-- DM anforderte. Seinem Berufungsantrag nach begehrte der Kläger neben der Aufhebung des angefochtenen Urteils und des Bescheides der Beklagten vom 10. September 1956 auch die Aufhebung des Heberollenauszugs vom 25. Oktober 1957, soweit er die Beitragsrechnung für 1956 betraf. Ferner beantragte er erneut, die Beklagte zur Unterlassung der Beitragsanforderungen an ihn zu verpflichten sowie das Verfahren nach Art. 100 GG auszusetzen. Mit Urteil vom 16. Januar 1958 wies das Schleswig-Holsteinische Landessozialgericht (LSG) die Berufung zurück. Als Gegenstand des Berufungsverfahrens sah das LSG neben dem Bescheid der Beklagten vom 13. September 1956 auch deren Heberollenauszug vom 25. Oktober 1957 an, letzteren jedoch nur insoweit, als er an Stelle des früher vom Kläger geforderten Vorschusses für 1956 nunmehr einen Beitrag für dieses Jahr verlangte (§§ 153, 96 des Sozialgerichtsgesetzes -SGG-). Soweit in diesem Bescheid ein Vorschuß für das Jahr 1957 gefordert werde, sei er weder nach § 96 SGG noch im Wege einer Klageänderung in das Verfahren einbezogen worden, da der Kläger eine solche nicht geltend gemacht habe.
In sachlicher Hinsicht bestätigte das LSG die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Bescheide. Die Beitragspflicht des Klägers entfalle nicht deshalb, weil er keine Arbeitnehmer beschäftige, denn er erfülle die Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 KGG. Auch seien die Bescheide von der zuständigen Behörde ohne Verstoß gegen zwingende Formvorschriften ergangen. Insbesondere schade der Mangel ihrer handschriftlichen Unterzeichnung nicht. Ferner sei nicht ersichtlich, daß die Beklagte vom Kläger höhere Beiträge fordere, als zur Deckung ihres Gesamtbedarfs notwendig sei. Eine Verletzung von § 11 Abs. 1 Satz 1 und 2 KGG liege daher nicht vor. Das LSG lehnte schließlich auch die Auffassung von der Verfassungswidrigkeit des KGG, mit der der Kläger die Rechtswidrigkeit der angefochtenen Bescheide zu begründen suchte, ab. Es bejahte insoweit die vom Kläger bestrittene Gesetzgebungskompetenz des Bundes, wies den Vorwurf, durch die Einrichtung des Gesamtverbandes der Familienausgleichskassen werde eine grundgesetzwidrige Mischverwaltung begründet, zurück und verneinte die vom Kläger behauptete Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes nach Art. 3 GG im KGG.
Revision wurde zugelassen.
II.
Durch seinen Prozeßbevollmächtigten, den Rechtsanwalt E. H. in Lübeck, legte der Kläger am 3. Mai 1958 gegen das ihm am 8. April 1958 zugestellte Urteil des LSG Revision zum Bundessozialgericht (BSG) ein und begründete diese am 27. Mai 1958. Rechtsanwalt H. ist inzwischen verstorben. Mit Schreiben vom 27. Juli 1961, beim BSG eingegangen am 28. Juli, zeigte Rechtsanwalt Dr. T. aus Lübeck seine Bestellung zum neuen Prozeßbevollmächtigten des Klägers an. Diese Anzeige wurde der Beklagten am 15. August 1961 zugestellt. Die dem Gericht vorgelegte Prozeßvollmacht auf Dr. T. datiert vom 20. Juni 1961.
Der Kläger begründet seine Auffassung von der Rechtswidrigkeit der angefochtenen Bescheide damit, daß er wesentliche Vorschriften des KGG für verfassungswidrig hält. Insbesondere verstoße § 10 KGG gegen den Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 GG; es sei kein sachlicher Grund ersichtlich, warum der Personenkreis, der seinen Lebensunterhalt ausschließlich aus Kapitalvermögen oder aus Vermietung und Verpachtung bestreite, von der Beitragspflicht nach dem KGG befreit werde. Diese Regelung sei willkürlich und daher verfassungswidrig. Ebenso mache die sachwidrige Bevorzugung der Landwirtschaft bei der Aufbringung der Beiträge nach § 11 KGG dieses Gesetz verfassungswidrig, da auch insoweit ein Verstoß gegen Art. 3 GG vorliege. Der Gesetzgeber habe mit der Freistellung der Landwirte von der Aufbringung der Mittel in Höhe von zwei Dritteln gegenüber allen anderen Berufsständen willkürlich gehandelt. Das gelte auch für die die Landwirtschaft bevorzugende Zuschußregelung des § 14 KGG, der somit ebenfalls gegen den Gleichbehandlungs- und Gleichheitsgrundsatz verstoße. Das KGG sei weiterhin deshalb nichtig, weil der Bund nicht die Befugnis zur Gesetzgebung über die im KGG geregelte Materie innegehabt habe. Insbesondere lasse sich eine derartige Kompetenz nicht aus Art. 74 Ziff. 12 GG begründen, da es sich diesbezüglich nicht um ein zum Sozialversicherungs- oder Arbeitsrecht gehörendes Sachgebiet handele. Ferner beständen gegen die Regelung der §§ 25, 26 KGG, wonach der Arbeitgeber über den Kindergeldantrag in den positiven Fällen entscheiden könne, verfassungsrechtliche Bedenken, die die Nichtigkeit des gesamten Gesetzes nach sich zögen. Das müsse auch für die in §§ 34 Abs. 3 und 37 KGG ausgesprochenen Ermächtigungen gelten, die gegen Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG verstießen. Schließlich sei § 1 KGG verfassungswidrig. Es stelle eine unzulässige Ungleichbehandlung dar, wenn das Kindergeld nach diesem Gesetz erst vom dritten Kind an gezahlt würde, während die Kinderzuschläge der Beamten und Angestellten im öffentlichen Dienst bereits vom ersten Kind an gewährleistet seien. Er, der Kläger, sei durch diese Regelung auch beschwert, da er drei minderjährige Kinder habe. Wegen aller dieser Bedenken gegen das KGG hätte das LSG das Verfahren gemäß Art. 100 GG aussetzen und die Entscheidung des BVerfG einholen müssen. Die Nichtaussetzung durch das LSG stelle einen Verfahrensmangel dar.
Der Kläger hielt seine Bedenken gegen das KGG auch nach Kenntnisnahme des Urteils des BVerfG vom 10. Mai 1960 aufrecht.
Er beantragte,
das angefochtene Urteil, den Bescheid der Beklagten vom 10. September 1956 sowie den Heberollenauszug der Beklagten vom 25. Oktober 1957 hinsichtlich der Beitragsrechnung für das Jahr 1956 aufzuheben und die Beklagte für verpflichtet zu erklären, die Heranziehung des Klägers zu Beiträgen und Vorschüssen zu unterlassen,
hilfsweise,
das Verfahren auszusetzen und die Entscheidung des BVerfG über die Verfassungsmäßigkeit des KGG bzw. dessen Verwaltungswidrigkeit einzuholen.
Die Beklagte beantragte,
die Revision zurückzuweisen.
Sie bezog sich auf die Entscheidungen des 7. Senats des BSG vom 20. Dezember 1957 zur Frage der Verfassungsmäßigkeit des KGG, die sie auch für den vorliegenden Fall für zutreffend erachtet.
Beide Beteiligten, nämlich die Beklagte im Schriftsatz vom 19. Juni 1958, der Kläger im Schriftsatz vom 16. Juli 1958, erklärten sich mit einer Entscheidung über die Revision ohne mündliche Verhandlung einverstanden.
III.
Die Revision ist statthaft (§ 162 Abs. 1 Satz 1 SGG). Sie ist auch form- und fristgerecht eingelegt sowie begründet worden (§§ 164, 166 SGG). Sie ist daher zulässig.
Durch den Tod des Prozeßvertreters des Klägers, Rechtsanwalt H. im Oktober 1960 wurde das Verfahren zwar unterbrochen (§ 68 SGG, § 244 Abs. 1 der Zivilprozeßordnung -ZPO-). Diese Unterbrechung war jedoch durch die Bestellung des Rechtsanwalts Dr. T. als neuen Prozeßbevollmächtigten, dessen Anzeige hierüber vom 27. Juli 1961 und durch die Zustellung dieser Anzeige an die Beklagte am 15. August 1961 beendet (§ 68 SGG, § 244 Abs. 1 ZPO). Der Senat konnte somit über die Revision entscheiden, und zwar mit Einverständnis der Beteiligten durch Urteil ohne mündliche Verhandlung (§§ 165, 124 Abs. 2 SGG).
Die Revision ist nicht begründet.
Der Senat vermochte der Auffassung des Klägers von der Verfassungswidrigkeit des KGG und damit von der Rechtswidrigkeit der angefochtenen Verwaltungsakte nicht zu folgen. Es bestand für ihn daher auch kein Anlaß, das anhängige Verfahren auszusetzen und die Entscheidung des BVerfG einzuholen. Eines solchen Vorgehens bedarf es nämlich nur dann, wenn das Gericht ein Gesetz für verfassungswidrig hält, auf dessen Gültigkeit es bei der Entscheidung ankommt (Art. 100 GG i.V.m. § 80 des Bundesverfassungsgerichtsgesetzes -BVerfGG- vom 12. März 1951 - BGBl I 243 -). Aus diesem Grunde ist ebenfalls die Rüge des Klägers unbegründet, das LSG hätte das Verfahren wegen der Bedenken, die gegen die Verfassungsmäßigkeit des KGG bestünden, aussetzen und die Entscheidung des BVerfG herbeiführen müssen. Bloße Zweifel an der Gültigkeit des KGG hätten auch in der Berufungsinstanz die Einholung der Entscheidung des BVerfG nicht gerechtfertigt; das vorlegende Gericht muß vielmehr die betreffende gesetzliche Regelung für nichtig halten, d.h. von ihrer Nichtigkeit überzeugt sein (vgl. BVerfGE vom 20. März 1952 in NJW 1952, 497; Geiger, Komm. zum BVerfGG Anm. 1 zu § 80; Hamann, Komm. zum GG 2. Aufl. Anm. B 4 zu § 100). Die Begründung des angefochtenen Urteils offenbart indessen die Überzeugung des LSG von der Übereinstimmung des KGG mit dem Grundgesetz. Für eine Aussetzung des Verfahrens gemäß Art. 100 GG i.V.m. § 80 BVerfGG war dann aber kein Raum mehr.
Soweit der Kläger in der die Landwirtschaft begünstigenden Regelung der §§ 11 und 14 KGG einen Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 GG erblickt, der die Nichtigkeit des KGG nach sich ziehe, kann er nicht gehört werden. In seinem Urteil vom 10. Mai 1960 hat das BVerfG festgestellt, daß diese Regelung nicht willkürlich ist und Art. 3 GG nicht verletzt (vgl. BVerfGE 11, 105, 121; NJW 1960, 1099; MDR 1960, 560; JZ 1961, 21). Wenngleich dieser Entscheidung des BVerfG eine Bindungswirkung im Sinne von § 31 Abs. 1 BVerfGG nicht zukommt, da ihr Tenor keinen förmlichen Ausspruch über die Verfassungsmäßigkeit des KGG allgemein oder einzelner seiner Vorschriften enthält, sondern die gegen das KGG gerichteten Verfassungsbeschwerden als unbegründet zurückweist (vgl. Geiger aaO Anm. 2 zu § 31), besteht für den erkennenden Senat kein Anlaß, von der dort bekundeten Auffassung des BVerfG abzuweichen, zumal das BVerfG mit dieser Entscheidung seinerseits wiederum die Rechtsprechung des erkennenden Senats bestätigte, der in seinen beiden Urteilen vom 20. Dezember 1957 (BSG 6, 213, 237, 238 ff) zu dem gleichen Ergebnis gekommen war. Auf die ausführlichen Entscheidungsgründe dieses Urteils wird zur Begründung der Verfassungsmäßigkeit der §§ 11 und 14 KGG auch in diesem Rechtsstreit verwiesen. Es sind auch keine Gesichtspunkte vorgebracht oder sonstwie erkennbar geworden, die nicht bereits sowohl bei dem o.a. Urteil des BVerfG als auch bei den o.a. Entscheidungen des erkennenden Senats Beachtung gefunden hätten, so daß eine andere Beurteilung dieser Frage nicht gerechtfertigt ist.
Unzutreffend ist ferner der Einwand des Klägers, dem Bund habe zum Erlaß des KGG die Gesetzgebungskompetenz gefehlt, und es sei daher aus diesem Grunde nichtig. Auch diese Rechtsfrage ist bereits durch die oben zitierten Urteile des BVerfG und des erkennenden Senats mit eingehender Begründung im positiven Sinne beantwortet worden. Der Kläger konnte demgegenüber neue Argumente nicht vorbringen, so daß für den Senat eine Abweichung von seiner bisherigen Rechtsprechung nicht veranlaßt war. Hiernach ist festzustellen, daß die Gesetzgebungsbefugnis des Bundes bzgl. des KGG aus Art. 74 Nr. 7 und Nr. 12 GG begründet ist, da die Kindergeldgesetzgebung einmal zum Aufgabengebiet der öffentlichen Fürsorge im weiteren - verfassungsrechtlichen - Sinn gehört, es sich beim KGG aber zugleich um "Recht der Sozialversicherung" handelt. Wegen der Einzelheiten hierzu wird auf die Urteile des erkennenden Senats vom 20. Dezember 1957 (aaO) verwiesen.
Ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz liegt ferner nicht in der Gewährung des Kindergeldes erst für das dritte und jedes weitere Kind (Rechtslage vor Inkrafttreten des Kindergeldkassengesetzes - KGKG - vom 18. Juli 1961), während die Angehörigen des öffentlichen Dienstes einen Kinderzuschlag bereits vom ersten Kind an erhalten. Zu dieser Frage hat der Senat in seiner Entscheidung vom 20. Dezember 1957 (BSG 6, 213, 232) ebenfalls Stellung genommen und ausgeführt, daß ein Vergleich beider Leistungen deshalb nicht möglich ist, weil der Kinderzuschlag der im öffentlichen Dienst Beschäftigten seit jeher einen Bestandteil des Gehalts oder Entgelts darstellt und als Einkommen versteuert werden muß. Das Kindergeld dagegen besitzt keinen Entgeltcharakter und stellt auch nicht einen Bestandteil des Arbeitsentgelts dar. Es ist deshalb nicht im Tariflohn enthalten, sondern wird als steuerfreie Beihilfe gewährt. Wegen der Einzelheiten wird auf die o.a. Entscheidung des Senats verwiegen. Auch in diesem Punkt sah der Senat sich weder aus den vom Kläger vorgebrachten Gründen noch aus anderen Erwägungen veranlaßt, von seiner bisherigen Rechtsprechung abzuweichen.
Ob ferner die Vorschriften der §§ 25, 26, 34 Abs. 3 und 37 KGG wegen Verstoßes gegen Verfassungsgrundsätze nichtig sind, wie der Kläger behauptet, brauchte der Senat in diesem Rechtsstreit nicht zu entscheiden. Selbst wenn nämlich diese Frage zu bejahen wäre, zöge dies nicht die Nichtigkeit des § 10 KGG als die für die vom Kläger angefochtenen Bescheide maßgebliche Rechtsgrundlage nach sich, so daß jene Bescheide gleichwohl rechtens blieben. Die Nichtigkeit einzelner Vorschriften eines Gesetzes bedingt nämlich nicht grundsätzlich die Nichtigkeit auch aller sonstigen Vorschriften dort. Diese Folge ist nur dann anzunehmen, wenn nach dem objektiven Sinn des Gesetzes die übrigen Bestimmungen keine selbständige Bedeutung haben und die verfassungswidrige Norm Teil einer Gesamtregelung ist, die ihren Sinn und ihre Rechtfertigung bei Wegfall eines ihrer Bestandteile verlöre, wenn also die Verflechtung der nichtigen Norm mit den übrigen Bestimmungen dergestalt ist, daß sie eine untrennbare Einheit bilden (vgl. BVerfGE 1, 264, 272; 2, 380, 406; 5, 25, 34; 8, 71, 79; 6, 273, 281; 8, 274, 301). §§ 25, 26 KGG enthalten lediglich Verfahrensregelungen in Bezug auf Antragstellung und Bescheiderteilung. § 34 Abs. 3 stellt eine Ermächtigung der Bundesregierung dar, hinsichtlich der durch § 34 Abs. 1 und 2 KGG vom Bezug des Kindergeldes ausgeschlossenen Personengruppen Ausnahmen im Verordnungswege zuzulassen. § 37 KGG ermächtigt die Bundesregierung, einen bestimmten Teil des Verfahrens beim Bezug des Kindergeldes durch Rechtsverordnung zu regeln. Keine der genannten und vom Kläger für nichtig gehaltenen Vorschriften ist für die in § 10 KGG geregelte Beitragspflicht von wesentlicher oder ausschlaggebender Bedeutung. Auch sind sie mit allen übrigen Bestimmungen des KGG nicht so verknüpft, daß sie mit diesen eine untrennbare Einheit bilden und daß deren Bestand ohne die genannten Regelungen undenkbar wäre, jene nach dem objektiven Sinn des Gesetzes also keine selbständige Bedeutung hätten. Gerade im Verhältnis zu dem einen Kernpunkt des KGG bildenden § 10 sind die genannten Vorschriften sogar nur von untergeordneter Bedeutung. Infolgedessen ist das LSG zutreffend davon ausgegangen, daß es für die Frage der Nichtigkeit des § 10 aaO, damit für die Frage der Rechtswidrigkeit der angefochtenen Bescheide, nicht darauf ankommt, ob die §§ 25, 26, 34 Abs. 3 und 37 KGG verfassungsrechtlich zu halten sind oder nicht. Für § 34 Abs. 3 KGG hat übrigens sowohl das BVerfG (BVerfGE 11, 105, 122) als auch der erkennende Senat (BSG 6, 238, 244) dessen Vereinbarkeit mit Art. 80 GG bereits bejaht.
Unzutreffend ist schließlich auch die Rüge des Klägers, ein die Verfassungswidrigkeit des KGG ergebender Verstoß gegen den Gleichheitssatz der Art. 3 GG liege darin, daß der Personenkreis, der seinen Lebensunterhalt ausschließlich aus Kapitalvermögen oder aus Vermietung und Verpachtung bestreitet, nicht beitragspflichtig, wohl aber kindergeldberechtigt sei (vgl. § 1 Abs. 1 Nr. 2 des Gesetzes zur Ergänzung des Kindergeldgesetzes -KGEG - vom 23. Dezember 1955 - BGBl I 841 -). Dieses Ergebnis beruht auf der Tatsache, daß der Gesetzgeber zwecks Aufbringung der für die Kindergeldleistung erforderlichen Mittel bewußt den Weg der einseitigen Belastung der tätigen Wirtschaft gewählt hat, und zwar in Anknüpfung an die Organisation der Berufsgenossenschaften. Sowohl das BVerfG (BVerfGE 11, 105, 115 ff) als auch der erkennende Senat (BSG 6, 213, 233 ff) haben hierzu festgestellt, daß die Beitragsverpflichtung der auch die Lasten der Unfallversicherung tragenden Unternehmer und Selbständigen (einschließlich der für das Kindergeld geltenden Sonderregelungen) nicht willkürlich gewählt wurde, sondern von sachlichen Erwägungen geleitet ist. Jedenfalls reichen die Bedenken, die gegen eine derartige Belastung eines bestimmten Personenkreises zugunsten aller bestehen, nicht aus, diese Regelung als Verstoß gegen Art. 3 GG anzusehen, selbst wenn - wie das BVerfG (aaO) ausführt - "von der Idee der Gerechtigkeit her bessere Lösungen vorstellbar" sind. Wegen der Einzelheiten wird auf die einschlägigen Gründe der angeführten Entscheidungen verwiesen. Es ist dort zwar nicht zusätzlich auf den vom Kläger herausgegriffenen Kreis der nicht oder nicht mehr im Erwerbsleben stehenden Personen, die vom Kapitalertrag, von Pacht- oder Mieteinnahmen leben, eingegangen. Wenn aber schon ein Grundgesetzverstoß durch die Beschränkung der Beitragspflicht auf die Unternehmerseite im Verhältnis zu der Vielzahl der Arbeitnehmer verneint wird, so muß das gleiche um so mehr im Verhältnis zu dem vom Kläger benannten, demgegenüber jedenfalls verschwindend kleinen Personenkreis berufsloser Selbständiger gelten. Entscheidend ist auch hier, daß die vom Gesetzgeber gefundene Lösung, nämlich Aufbringung der Mittel entsprechend den Prinzipien der gesetzlichen Unfallversicherung, als sozial gerecht und nicht gegen den Grundsatz des Art. 3 GG verstoßend anzusehen ist, wie es sowohl die Rechtsprechung des BVerfG (aaO) als auch die des Senats (aaO) feststellt. Dann liegt aber auch keine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung vor, wenn neben dem bewußt von der Aufbringung der Mittel entlasteten Personenkreis eine weitere Gruppe vorhanden ist, auf die die Merkmale der Beitragsverpflichtung nicht zutreffen. Es kann dabei dahinstehen, ob der Gesetzgeber jene weiteren Personen absichtlich bei der Mittelaufbringung nicht beteiligen wollte oder ob es sich insoweit allenfalls um eine unbeabsichtigte Lücke im Gesetz handelt. Ausschlaggebend ist vielmehr, daß die getroffene Regelung als solche nicht willkürlich oder sachwidrig ist, sondern trotz der ihr innewohnenden ausschließlichen Belastung einer bestimmten Personeneinheit (Wirtschaftsseite) noch den Grundsätzen des Art. 3 GG entspricht. Das ist aber - wie dargelegt - der Fall. Auch die Nichterfassung berufsloser Selbständiger bei der Beitragspflicht macht demzufolge das KGG nicht mit dem Gleichheitssatz des Art. 3 GG schlechterdings unvereinbar und deshalb nichtig.
IV.
Da nach alledem keine der vom Kläger in der Revisionsinstanz gegen die verfassungsmäßige Gültigkeit des KGG allgemein und gegen die ihn belastende Beitragspflicht des § 10 KGG erhobenen Rügen und Einwendungen durchgreift, sind die angefochtenen Bescheide der Beklagten unter diesen Gesichtspunkten nicht zu beanstanden. Das LSG hat daher die Berufung des Klägers ohne Rechtsirrtum zurückgewiesen; seine Entscheidung ist im Ergebnis zu bestätigen. Die Revision ist zurückzuweisen (§ 170 Abs. 1 SGG).
Da der Kläger ungeachtet der bereits veröffentlichten und im wesentlichen präjudiziellen Urteile des BVerfG (aaO) sowie des erkennenden Senats (aaO) zur Frage der Verfassungsmäßigkeit des KGG auf einer erneuten Entscheidung bestanden hat, waren ihm nach der Erfolglosigkeit seines Rechtsmittels nunmehr die außergerichtlichen Kosten der Beklagten im Revisionsverfahren aufzuerlegen (§ 192 SGG).
Fundstellen