Entscheidungsstichwort (Thema)
Herabsetzung des Übergangsgeldes
Orientierungssatz
1. Die Herabsetzung des Übergangsgeldes durch das AFKG und diese Herabsetzung ab 1.1.1982 wirksam werden zu lassen, ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden (GG Art 14).
2. Das anzuwendende Recht für den Anspruch auf Übergangsgeld richtet sich, nach dem Zeitpunkt, in welchem erstmals die Anspruchsvoraussetzungen erfüllt waren.
Normenkette
AFG § 59 Fassung: 1981-12-22; AFKG Art 1 § 2 Nr 3 Fassung: 1981-12-22; GG Art 14 Abs 1 S 2
Verfahrensgang
SG Speyer (Entscheidung vom 06.01.1983; Aktenzeichen S 3 Ar 169/82) |
Tatbestand
Der Kläger begehrt höheres Übergangsgeld (Übg).
Der 1956 geborene Kläger nimmt seit dem 4. Januar 1982 an einer beruflichen Rehabilitationsmaßnahme (Vorförderung mit anschließender Umschulung zum Nachrichtengerätemechaniker) teil. Schon vorher hatte die Beklagte ihm mitgeteilt, daß sie die im Zusammenhang mit der Teilnahme entstehenden Kosten übernehme, soweit diese angemessen und vom Kläger zu tragen seien; über Art, Dauer und Höhe der Leistungen erhalte er gesondert Bescheid (Schreiben vom 6. Mai 1981).
Die Beklagte bewilligte dem Kläger ua ab 4. Januar 1982 Übg in Höhe von 38,05 DM, ab 1. März 1982 in Höhe von 40,24 DM täglich; die Höhe berechnete die Beklagte nach § 59 Abs 2 Satz 2 Nr 2 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) - in der Fassung des Gesetzes zur Konsolidierung der Arbeitsförderung vom 22. Dezember 1981, (BGBl I 1497, -AFKG-) - (Bescheid vom 22. März 1982). Widerspruch und Klage, die der Kläger damit begründete, daß ihm aus Gründen des Vertrauensschutzes noch das höhere Übg nach dem bis zum 31. Dezember 1981 geltenden Recht gewährt werden müsse, hatten keinen Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 14. Mai 1982, Urteil vom 6. Januar 1983).
Das Sozialgericht (SG) hat in seinem Urteil ausgeführt, zutreffend habe die Beklagte sich auf § 59 Abs 2 Satz 2 Nr 2 AFG nF gestützt. Das AFKG sehe hinsichtlich der Höhe der Leistungen für den Fall des Eintritts in eine Maßnahme nach dem 31. Dezember 1981 keine Ausnahme von dem grundsätzlich anzuwendenden neuen Recht vor. Selbst wenn man davon ausgehe, daß dem Kläger mit dem Bescheid vom 6. Mai 1981 schon Leistungen bewilligt worden seien, sei gemäß Art 1 § 2 Nr 3 Satz 2 Buchst c AFKG dennoch für die Höhe das neue Recht maßgebend. Diese Regelung sei verfassungsgemäß. Der Gesetzgeber habe eine ausgewogene Abgrenzung der Übergangsfälle vorgenommen und nur das Vertrauen derjenigen Leistungsempfänger geschützt, die ua bereits nach dem bisherigen Recht in eine Maßnahme eingetreten seien. Es habe keine Veranlassung bestanden, auch diejenigen Personen in ihrem Vertrauen auf den Fortbestand des bisherigen Rechts zu schützen, die - wie der Kläger - lediglich eine Förderungszusage erhalten hätten. Eine Anfrage nach der Höhe der Leistungen, zu der der Kläger infolge der in Presse, Hör- und Bildfunk ausführlich bekanntgegebenen Änderungsabsichten des Gesetzgebers veranlaßt gewesen sei, hätte mit Sicherheit die Auskunft erbracht, daß seine Leistungen nach dem neuen Recht festgesetzt würden. Der Kläger habe nicht darauf vertrauen dürfen, daß er Übg nach dem bisherigen Recht erhalten werde.
Das SG hat im Urteil die Berufung und auf Antrag des Klägers durch Beschluß vom 2. März 1983 mit Zustimmung der Beklagten die Sprungrevision zugelassen.
Der Kläger rügt eine Verletzung von Art 1 § 2 Nr 3 AFKG sowie eine Verletzung von Art 20 Grundgesetz (GG) und führt hierzu insbesondere aus: Das GG enthalte zwar kein allgemeines Verbot rückwirkender Gesetze, doch folge aus dem Grundsatz des Vertrauensschutzes eine erhebliche Einschränkung beim Erlaß solcher Gesetze. Ein besonderes Gewicht habe das Prinzip des Vertrauensschutzes im Sozialrecht. Das Vertrauen dürfe um so weniger enttäuscht werden, wenn es darum gehe, daß der Bürger sich auf den Fortbestand seiner finanziellen Situation verlassen und im Hinblick darauf Dispositionen getroffen habe. Das Vertrauen der Bürger werde verletzt, wenn der Gesetzgeber an abgeschlossene Tatbestände ungünstigere Folgen knüpfe als an diejenigen, von denen der Bürger bei seinen Dispositionen habe ausgehen dürfen.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des SG aufzuheben und die Beklagte unter Änderung ihres Bescheides vom 22. März 1982 und Aufhebung des Widerspruchsbescheides vom 14. Mai 1982 zu verurteilen, das Übergangsgeld nach dem bis zum 31. Dezember 1981 geltenden Recht zu bemessen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie macht geltend, ein Gesetz verletze den Vertrauensschutz nur, wenn es einen entwertenden Eingriff vornehme, mit dem der Staatsbürger nicht habe rechnen müssen, und die Abwägung zwischen dem Vertrauen in den Fortbestand der gesetzlichen Regelung mit der Bedeutung des gesetzgeberischen Anliegens für das Wohl der Allgemeinheit ergebe, daß das Vertrauen auf den Fortbestand des geltenden Rechts den Vorrang verdiene. Ein schutzwürdiges Vertrauen bestehe schon deshalb nicht, weil es sich bei dem Übg nicht um eine seit langem unverändert bestehende Leistung handele. Im übrigen bewahre der Vertrauensschutz den Staatsbürger nicht vor jeder Enttäuschung und lasse insbesondere Leistungseinschränkungen zugunsten übergeordneter Zwecke zu, wenn die Leistung nicht vollständig wegfalle, sondern lediglich gekürzt werde, wie das hier beim Übg der Fall sei.
Die Beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch Urteil einverstanden erklärt (§ 124 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz -SGG-).
Entscheidungsgründe
Die zulässige Sprungrevision des Klägers ist unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf höheres Übg.
In welcher Höhe dem Kläger für die am 4. Januar 1982 begonnene berufliche Rehabilitationsmaßnahme Übg zusteht, richtet sich, wie das SG zutreffend entschieden hat, nach dem AFG in der Fassung, die dieses Gesetz durch das AFKG erhalten hat.
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts sind Inhalt und Wirkung sozialrechtlicher Ansprüche nach dem Recht zu beurteilen, welches zur Zeit des anspruchsbegründenden Ereignisses oder Umstandes gegolten hat, sofern nicht später in Kraft gesetztes neues Recht ausdrücklich oder sinngemäß etwas anderes bestimmt (so ausdrücklich für Rehabilitationsleistungen BSGE 44, 231, 232 = SozR 2200 § 1236 Nr 3; BSGE 45, 212, 214 = SozR 2200 § 182 Nr 29; SozR 2200 § 1236 Nr 16 und § 1237 Nr 10; BSGE 52, 117, 118 = SozR 2200 § 1237a Nr 18; BSGE 52, 123, 124 = SozR 2200 § 1237a Nr 19). Das anzuwendende Recht für den Anspruch auf Übg richtet sich somit, sofern neues Recht nicht etwas anderes bestimmt, nach dem Zeitpunkt, in welchem erstmals die Anspruchsvoraussetzungen erfüllt waren. Nach der durch das AFKG unverändert gebliebenen Grundnorm des § 59 Abs 1 Satz 1 AFG wird Übg gewährt, wenn der Behinderte wegen der Teilnahme an einer Maßnahme der beruflichen Fortbildung oder Umschulung keine ganztägige Erwerbstätigkeit ausüben kann. Der Anspruch auf Übg, durch das der Verlust des Arbeitseinkommens während und infolge der beruflichen Bildungsmaßnahme ersetzt werden soll, entsteht daher erst mit der tatsächlichen Durchführung der beruflichen Bildungsmaßnahme (vgl BSGE 46, 175, 176 = SozR 2200 § 1241 Nr 8; SozR 2200 § 1241 Nr 10; BSGE 53, 229, 232 = SozR 2200 § 1241 Nr 21). Dies hat zur Folge, daß hinsichtlich des anwendbaren Rechts, sofern neues Recht nicht etwas anderes bestimmt, auf den 1982 vollzogenen Eintritt des Klägers in die Maßnahme abzustellen ist, zu dem schon neues Recht galt; denn das AFKG ist am 1. Januar 1982 in Kraft getreten (vgl Art 18 AFKG). Daß sich die Notwendigkeit beruflicher Rehabilitationsmaßnahmen noch zu Zeiten der Geltung des früheren Rechts ergab, ist danach ohne Bedeutung.
Auch aus der Übergangsregelung des AFKG folgt, daß jedenfalls die neuen Vorschriften über die Höhe der Leistungen im Falle des Klägers anzuwenden sind. Ob das auch für den Grund des Anspruchs zutrifft, läßt der Senat offen; denn die Entscheidung des Rechtsstreits hängt allein davon ab, ob sich die Höhe des Übg nach neuem oder altem Recht richtet.
Das AFKG enthält in Art 1 § 2 Nrn 1 und 3 die berufliche Fortbildung und Umschulung (einschließlich entsprechender Rehabilitationsmaßnahmen) betreffende Regelungen, welche in bestimmten Übergangsfällen die Fortgeltung (Nr 1) bzw Weiteranwendung (Nr 3) bisherigen Rechts vorsehen, zum Teil allerdings ausdrücklich mit der einschränkenden Maßgabe, daß die Höhe der Leistungen für die Zeit nach dem 31. Dezember 1981 nach der ab 1. Januar 1982 geltenden Gesetzesfassung festzusetzen ist (Nr 3 Satz 2). Hieraus folgt, daß nach dem Willen des Gesetzes in allen anderen Fällen das neue Recht uneingeschränkt mit dem 1.Januar 1982 Platz greift. Nach Art 1 § 2 Nr 3 AFKG sind die die Höhe der Leistungen betreffenden Vorschriften des bisherigen Rechts nur weiter anzuwenden, wenn ua der Antragsteller vor dem 1. Januar 1982 in die Maßnahme eingetreten ist. Selbst für den Fall, daß dem Antragsteller vor dem 1. Januar 1982 Leistungen bewilligt worden sind, er aber erst nach dem 31. Dezember 1981 in eine Maßnahme eintritt, sieht Art 1 § 2 Nr 3 Satz 2 Buchst c AFKG vor, daß die Höhe der Leistungen nach dem ab 1. Januar 1982 geltenden Recht festzusetzen ist. Erst recht muß dies gelten, wenn dem nach dem 31. Dezember 1981 in eine Maßnahme eintretenden Antragsteller vor dem 1. Januar 1982 Leistungen nicht bewilligt worden sind. Ob die Beklagte dem Kläger mit dem Schreiben vom 6. Mai 1981 im Sinne des Art 1 § 2 Nr 3 Satz 2 Buchst c AFKG Leistungen bewilligt hat, so daß im übrigen, dh mit Ausnahme der Vorschriften über die Höhe der Leistungen, im Falle des Klägers die in Art 1 § 2 Nr 3 AFKG genannten Vorschriften in der bis zum 31. Dezember 1981 geltenden Fassung weiter anzuwenden sind (vgl dazu Runderlaß der Beklagten vom 12. Februar 1982, DBl BA 1982 Nr 50), kann daher offenbleiben.
Anzuwenden ist demnach das neue Recht. Verfassungsrechtlich kann dies nicht beanstandet werden, auch wenn das neue Recht eine erhebliche Senkung des Übg mit sich gebracht hat. Bis zum 31. Dezember 1981 hatte das Übg 80 vH des entgangenen regelmäßigen Arbeitsentgelts betragen; allerdings durfte es das entgangene regelmäßige Nettoarbeitsentgelt nicht übersteigen (§ 59 Abs 2 Satz 1 AFG aF). Seit dem 1. Januar 1982 beträgt das Übg für Behinderte mit einem Kind und Behinderte, deren Ehegatte wegen Pflege des Behinderten oder eigener Pflegebedürftigkeit eine Erwerbstätigkeit nicht ausüben kann, nach § 59 Abs 2 Satz 2 Nr 1 AFG nF 90 vH des bisherigen Übg (dh 72 vH des entgangenen Arbeitsentgelts, höchstens 90 vH des entgangenen Nettoarbeitsentgelts). In den übrigen Fällen wie dem vorliegenden beträgt das Übg nach § 59 Abs 2 Satz 2 Nr 2 AFG nF 75 vH des bisherigen Betrages (dh 60 vH des entgangenen Arbeitsentgelts, höchstens 75 vH des entgangenen Nettoarbeitsentgelts). Der Gesetzgeber war nicht gehindert, das Übg der nicht unter § 59 Abs 2 Satz 2 Nr 1 AFG nF fallenden Behinderten um ein Viertel herabzusetzen und diese Herabsetzung in Fällen wie dem vorliegenden mit dem 1. Januar 1982 wirksam werden zu lassen.
Art 14 GG ist nicht verletzt. Das Bundesverfassungsgericht hat zwar entschieden, daß Versichertenrenten und Anwartschaften aus der gesetzlichen Rentenversicherung dem Schutze des Art 14 GG unterliegen (BVerfGE 53, 257= SozR 7610 § 1587 Nr 1), für die vom Ermessen des Versicherungsträgers abhängigen Rehabilitationsleistungen der gesetzlichen Rentenversicherung hat es jedoch den Schutz des Art 14 GG verneint und offengelassen, ob die Einführung eines Rechtsanspruchs auf Rehabilitationsleistungen in der Rentenversicherung dazu führen könnte, diese Rechtsstellung als durch Art 14 GG geschützt anzusehen (Beschluß vom 9. Februar 1983 - 1 BvL 8/80 und 16/81, 1 BvR 257/80, 890/80 und 1357/81 - ZBR 1983, 203, 204 = Sozialversicherung 1983, 193, 195). Anders als in der gesetzlichen Rentenversicherung hat das AFG die Ansprüche auf Rehabilitationsleistungen als Rechtsansprüche ausgestaltet. Ob das während einer beruflichen Rehabilitationsmaßnahme zu gewährende Übg nach dem AFG deshalb und weil es grundsätzlich aus Beitragsmitteln der Versicherten finanziert wird, Merkmale des Eigentums im Sinne des Art 14 GG aufweist, wie das der Senat für das Unterhaltsgeld (Uhg) für möglich gehalten hat (BSGE 48, 33, 39 = SozR 4100 § 44 Nr 19), bedarf hier keiner Entscheidung. Zu der Zeit, als das AFKG in Kraft trat, hatte der Kläger keinen Anspruch auf Übg in bestimmter Höhe, der ihm in gesicherter Form zustand. Mit dem Schreiben der Beklagten vom 6. Mai 1981 ist dem Kläger kein der Höhe nach bestimmter Anspruch auf Übg erwachsen; denn das Schreiben sieht ausdrücklich vor, daß der Kläger über Art, Dauer und Höhe der Leistungen gesondert Bescheid erhält. Der Anspruch auf Übg, um dessen Höhe es geht, entstand vielmehr, wie ausgeführt, erst nach der Gesetzesänderung; dem Kläger hat das AFKG einen solchen Anspruch nicht genommen. Eine Erwartung Behinderter, der Gesetzgeber werde die Höhe des Übg auch für zukünftige Bildungsmaßnahmen unangetastet lassen, ist nicht geschützt. Der Anspruch auf Übg ist durch seine Einfügung in einen Gesamtzusammenhang geprägt, der auf dem Gedanken der Solidargemeinschaft beruht. Danach sollen grundsätzlich die Arbeitgeber und die in einem Beschäftigungsverhältnis stehenden Arbeitnehmer die Mittel aufbringen, die für die von der Beklagten zu tragenden Leistungen der Arbeitsförderung erforderlich sind. Dies hat zur Folge, daß auch dann, wenn der Anspruch auf Übg dem Schutze des Art 14 GG unterliegt, dem Gesetzgeber eine weite Gestaltungsfreiheit zukommt, insbesondere für Regelungen, die dazu dienen, die Funktions- und Leistungsfähigkeit des Systems im Interesse aller zu erhalten, zu verbessern oder veränderten wirtschaftlichen Bedingungen anzupassen. Sofern dies einem Zweck des Gemeinwohls dient und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entspricht, ist es dem Gesetzgeber grundsätzlich nicht verwehrt, Leistungen zu kürzen; allerdings hat er zu beachten, was von den Berechtigten aufgrund eigener Leistung erbracht ist (vgl BVerfGE 53, 257, 293; 58, 81, 110). Demnach kann nach Art 14 Abs 1 Satz 2 GG die Herabsetzung des Übg um ein Viertel nicht beanstandet werden. Sie ist eine der verschiedenen im AFKG vorgenommenen Leistungseinschränkungen, durch die der Gesetzgeber die wegen der gestiegenen Zahlen an Arbeitslosen und Teilnehmern an beruflichen Bildungs- und Rehabilitationsmaßnahmen und der zunehmenden Nutzung der Förderungsmöglichkeiten des AFG durch Arbeitgeber und Arbeitnehmer ständig gestiegenen Ausgaben der Bundesanstalt für Arbeit zu senken suchte, nachdem der Haushalt der Anstalt 1980 ein aus dem Bundeshaushalt zu deckendes Defizit von 2,5 Mrd DM aufgewiesen hatte und für 1981 ein Defizit von 7,9 Mrd DM erwartet wurde. Dabei wurden Einsparungen erstrebt, ohne die Leistungsfähigkeit der Arbeitsförderung zu beeinträchtigen; die Arbeitsförderung sollte vielmehr, wie sich aus der Bezeichnung des Gesetzes ergibt, konsolidiert und gesichert werden (vgl Begründung zum AFKG-Entwurf der Fraktionen der SPD und FDP, BT-Drucks 9/799 Seite 30 ff; Begründung zum AFKG-Entwurf der Bundesregierung, BT-Drucks 9/846 Seite 31 ff; Bericht des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung zum AFKG-Entwurf, BT-Drucks 9/966 Seite 71 ff). Entsprechend sollte die Herabsetzung des Übg nicht die Zahl der Teilnehmer an Maßnahmen beruflicher Rehabilitation mindern, sondern die Maßnahmekosten begrenzen. Die Herabsetzung des Übg um ein Viertel trifft nicht alle Behinderten; bei Behinderten, bei denen selbst oder bei deren Ehegatten Pflegebedürftigkeit vorliegt und die deshalb eine Erwerbstätigkeit nicht ausüben können, sowie bei Behinderten, die mindestens ein Kind haben, beträgt die Kürzung nur ein Zehntel. Die Herabsetzung um ein Viertel ist zwar erheblich; ihr Umfang erklärt sich aber im wesentlichen daraus, daß das Übg bislang verhältnismäßig hoch war, weil es praktisch in Höhe des Nettoarbeitsentgelts gewährt wurde und dem Behinderten im Prinzip keinen Einkommensverlust zumutete. Auch nach der Kürzung um ein Viertel beträgt das Übg etwa 75 vH des Nettoarbeitsentgelts und ist damit höher als das Uhg und das Arbeitslosengeld vergleichbarer Antragsteller und grundsätzlich geeignet, dem Rehabilitanden während der Teilnahme an der Maßnahme als Unterhalt zu dienen.
Die getroffene Regelung steht auch nicht im Widerspruch zu dem verfassungsrechtlich gebotenen Vertrauensschutz. Allerdings steht den Antragstellern, die erst nach dem 31. Dezember 1981 eine Maßnahme beginnen, nicht mehr das Übg in der bisher vom Gesetz vorgesehenen Höhe zu, auch wenn schon vor dem 1. Januar 1982 die Rehabilitation erforderlich geworden war. Bei fortbestehendem Rehabilitationsbedürfnis wirkt die Regelung so auf einen noch nicht abgeschlossenen, in der Vergangenheit liegenden Sachverhalt für die Zukunft ein und entwertet die Rechtsposition der von ihr betroffenen Behinderten. Regelungen mit solcher sogenannter unechter Rückwirkung sind verfassungsrechtlich grundsätzlich zulässig, doch ergeben sich für den Gesetzgeber aus dem rechtsstaatlichen Prinzip der Rechtssicherheit verfassungsrechtliche Schranken, wobei Rechtssicherheit in erster Linie für den Bürger Vertrauensschutz bedeutet (vgl BVerfGE 51, 356, 362 f). Das Vertrauen des Bürgers ist enttäuscht, wenn das Gesetz einen entwertenden Eingriff vornimmt, mit dem der Betroffene nicht zu rechnen brauchte, den er also bei seinen Dispositionen nicht berücksichtigen konnte. Dabei darf nicht verkannt werden, daß der Gesetzgeber gerade im Bereich der Sozialverwaltung aus Gründen des Allgemeinwohls Neuregelungen treffen können muß, die sich den jeweiligen Erfordernissen anpassen, wobei er auch wechselnde Interessen und die Belastbarkeit der Solidargemeinschaft berücksichtigen darf. Das hat zur Folge, daß der Einzelne sich dann nicht auf den Schutz seines Vertrauens berufen kann, wenn sein Vertrauen auf den Fortbestand einer ihm günstigen Regelung eine Rücksichtnahme durch den Gesetzgeber billigerweise nicht beanspruchen darf.
Im vorliegenden Zusammenhang überwiegt die Bedeutung des gesetzgeberischen Anliegens. Der Gesetzgeber hat immer dann, wenn die Maßnahmen nach dem 31. Dezember 1981 begonnen haben, dem wichtigen gesetzgeberischen Anliegen der Mitteleinsparung den Vorrang eingeräumt. Das kann jedenfalls in den Fällen, in denen das Übg der Höhe nach noch nicht bewilligt war, grundsätzlich nicht beanstandet werden. In diesen Fällen wird der Bürger lediglich in der Erwartung getäuscht, der Gesetzgeber werde die Höhe der ihm in Aussicht gestellten Leistung unangetastet lassen, bis er die Anspruchsvoraussetzungen erfüllt. Der verfassungsrechtliche Vertrauensschutz geht aber nicht so weit, daß der Staatsbürger vor jeder Enttäuschung bewahrt wird (BVerfGE 50, 386, 396 mwN). Hätte der Gesetzgeber aus Gründen des Vertrauensschutzes darauf verzichtet, auch in Fällen wie dem vorliegenden die Geltung des neuen Rechts vorzusehen, hätte er aus Gründen der Gleichbehandlung dann auch gänzlich darauf verzichten müssen, das Übg der nach dem 2. September 1981 begonnenen Maßnahmen der Höhe nach in das neue Recht überzuleiten. Damit aber wäre das mit dem AFKG verfolgte Ziel, schon für 1982 und 1983 erhebliche Mittel im Bereich der beruflichen Rehabilitation der Beklagten (nämlich jährlich etwa 500 Millionen) einzusparen, nicht unerheblich verfehlt worden. Bei Abwägung des Ausmaßes des Vertrauensschadens, der durch die Enttäuschung der Erwartungen entsteht, und der Bedeutung des gesetzgeberischen Anliegens ergibt sich, daß dem Anliegen des Gesetzgebers der Vorrang gebührt. Ob der Gesetzgeber allerdings eine besondere Übergangsregelung für die Fälle hätte vorsehen müssen, in denen Antragsteller bis zur Beschlußfassung des AFKG durch den Bundestag am 12. November 1981 im Vertrauen auf das bisherige Recht nachweisbar Dispositionen getroffen haben (wie zB die Aufgabe eines sicheren Arbeitsplatzes), die nicht oder nur mit erheblichen Verlusten rückgängig zu machen sind, bedarf hier keiner Entscheidung. Der Sachverhalt gibt keinen Anhaltspunkt für eine entsprechende Fallgestaltung.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Fundstellen