Entscheidungsstichwort (Thema)

Berufsschadensausgleich. Nichterreichen des Durchschnittseinkommens seiner Berufs- oder Wirtschaftsgruppe. Beweiswürdigung. Klägervortrag

 

Orientierungssatz

1. Dem LSG ist auch darin zu folgen, daß die Gewährung eines Berufsschadensausgleichs nicht deshalb abgelehnt werden darf, weil der Beschädigte das für ihn maßgebliche Durchschnittseinkommen seiner Berufs- oder Wirtschaftsgruppe auch als Gesunder voraussichtlich nicht erreicht hätte. Das für die Ermittlung des Einkommensverlustes maßgebliche Durchschnittseinkommen wird nicht individuell bestimmt, sondern an Hand der BVG§30Abs3u4DV nach einem generalisierenden Maßstab gefunden. Das bringt es mit sich, daß es teils über, teils unter dem Einkommen liegen kann, das der Beschädigte ohne die Schädigungsfolgen erzielt hätte. Diese unvermeidliche Abweichungen nach obern oder nach unten müssen zur gleichmäßigen Behandlung der einzelnen Fälle und im Interesse eines einfachen und praktikablen Verwaltungsablauf hingenommen werden (vgl BSG vom 22.10.1968 - 9 RV 230/68 = SozR DVO zu § 30 Abs 3 und 4 BVG vom 30.7.1964 § 3 Nr 4).

2. Hat der Kläger wesentliche Einkommenseinbußen ab 1964 geltend gemacht und deshalb Berufsschadensausgleich beansprucht, das Gericht ihm jedoch nur für 1964 den Berufsschadensausgleich zugesprochen, so hat es § 128 SGG verletzt, wenn es feststellt, daß keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich sind, das beim Kläger in den Jahren 1965 und 1966 ein schädigungsbedingter Einkommensverlust eingetreten ist, und daß der Kläger eine dahingehende Behauptung selbst nicht aufgestellt hat.

 

Normenkette

BVG§30Abs3u4DV § 3 Fassung: 1969-02-28; BVG § 30 Abs. 4 S. 2 Fassung: 1966-12-28; SGG § 128; BVG § 30 Abs. 3

 

Verfahrensgang

LSG Nordrhein-Westfalen (Entscheidung vom 01.08.1968)

 

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 1. August 1968 aufgehoben, soweit es die Klage auf Gewährung von Berufsschadensausgleich für die Zeit nach dem 31. Dezember 1964 abgewiesen hat.

Die Sache wird insoweit zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

Die Kostenentscheidung bleibt dem abschließenden Urteil vorbehalten.

 

Gründe

Der im Jahre 1912 geborene Kläger ist von Beruf selbständiger Schneidermeister. Bei ihm waren als Schädigungsfolgen zunächst anerkannt:

1. Hungerkrankheit, 2. Hornhautnarbe am linken Auge,

3. Stecksplitter in den Halsweichteilen links

mit einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 30 v. H. Durch Bescheid vom 18. Januar 1951 wurde die MdE wegen Abheilung der Hungerkrankheit auf 10 v. H. herabgesetzt und die Rente mit Wirkung vom 1. März 1951 entzogen.

Im März 1964 beantragte der Kläger, Herz- und Rheumabeschwerden als Schädigungsfolgen anzuerkennen. Das Versorgungsamt (VersorgA) Aachen erkannte durch Bescheid vom 14. Mai 1965 eine Bechterew'sche Erkrankung als weitere Schädigungsfolge an, und zwar als "einmalig nicht richtunggebend verschlimmert durch schädigende Einwirkungen im Sinne des § 1 BVG". Dem Kläger wurde ab 1. März 1964 Rente nach einer MdE um 50 v. H. gewährt, und zwar in Höhe von 30 v. H. als Rechtsanspruch, darüber hinaus als Kannleistung nach § 1 Abs. 3 Satz 2 des Bundesversorgungsgesetzes (BVG).

Mit seinem Widerspruch begehrte der Kläger die Anerkennung von Herzbeschwerden als Folge der Bechterew'schen Erkrankung, die Bejahung einer besonderen Berufsbetroffenheit, die Gewährung von Berufsschadensausgleich und die Streichung des Zusatzes "einmalig nicht richtunggebend" in Bezug auf die Bechterew'sche Erkrankung. Durch Teilabhilfebescheid vom 30. Dezember 1965 wurde lediglich dieser Zusatz gestrichen, im übrigen aber der Widerspruch durch Bescheid vom 14. Januar 1966 zurückgewiesen.

Während des Klageverfahrens nahm der Kläger seinen Antrag auf Anerkennung der Herzbeschwerden zurück. Das Sozialgericht (SG) hat durch Urteil vom 14. Juli 1967 den Beklagten verurteilt, dem Kläger vom 1. März 1964 an Berufsschadensausgleich unter Zugrundelegung eines Durchschnittseinkommens nach der Besoldungsgruppe (BesGr) A 9 des Bundesbesoldungsgesetzes (BBesG) zu gewähren und einen entsprechenden Bescheid zu erteilen; im übrigen hat es die Klage abgewiesen. Das SG war der Auffassung, daß der Rückgang des Einkommens des Klägers seit dem Jahre 1963 zeitlich und ursächlich mit der Verschlimmerung seiner Bechterew'schen Erkrankung zusammenhänge.

Der Kläger hat das Urteil des SG nicht angefochten. Auf die Berufung des Beklagten hat das Landessozialgericht (LSG) durch Urteil vom 1. August 1968 das Urteil des SG Aachen dahin abgeändert, daß dem Kläger nur für die Zeit vom 1. März bis 31. Dezember 1964 Berufsschadensausgleich zu gewähren ist. Die weitergehende Klage hat es abgewiesen und die Berufung des Beklagten im übrigen zurückgewiesen.

In den Entscheidungsgründen ist ausgeführt, die Gewährung eines Berufsschadensausgleichs nach § 30 Abs. 3 BVG setze nicht voraus, daß eine besondere berufliche Betroffenheit im Sinne von § 30 Abs. 2 BVG vorliege. Die erste Voraussetzung des § 30 Abs. 3 BVG, nämlich daß der Kläger "durch die Schädigungsfolgen" einen Einkommensverlust erlitten habe, sei für die Zeit vom 1. März bis 31. Dezember 1964 erfüllt. Während dieser Zeit sei er wegen seiner Bechterew'schen Erkrankung durchgehend arbeitsunfähig gewesen; sein Schneidereibetrieb habe tatsächlich geruht; das Einkommen aus seinem Gewerbebetrieb habe im Jahre 1964 nur 479,- DM betragen. Der Kläger habe somit gegenüber den vorhergehenden Jahren einen erheblichen Einkommensverlust erlitten, der in der Zeit vom 1. März bis 31. Dezember 1964 mindestens 75,- DM monatlich betragen habe. Das für den Kläger maßgebliche Durchschnittseinkommen sei nach § 5 Abs. 1 der Durchführungsverordnung (DVO zu § 30 Abs. 3 und 4 BVG) das Endgrundgehalt der BesGr A 9 des BBesG; dieses betrage monatlich rd. 1000,- DM. Dafür, daß beim Kläger in den Jahren 1965 und 1966 ein schädigungsbedingter Einkommensverlust eingetreten sei, lägen hingegen keine Anhaltspunkte vor; arbeitsunfähig sei er in dieser Zeit nicht gewesen. Da der Kläger einen schädigungsbedingten Einkommensverlust für die Jahre 1965 und 1966 selbst nicht behauptet habe, seien insoweit entsprechende Ermittlungen vom Gericht auch nicht anzustellen gewesen.

Das LSG hat die Revision zugelassen.

Gegen dieses ihm am 19. August 1968 zugestellte Urteil hat der Kläger durch Schriftsatz vom 16. September 1968, eingegangen beim Bundessozialgericht (BSG) am 18. September 1968, Revision eingelegt und diese nach Verlängerung der Revisionsbegründungsfrist bis zum 19. November 1968 durch einen weiteren Schriftsatz vom 15. November 1968, eingegangen beim BSG am 18. November 1968, begründet.

Er beantragt,

unter Aufhebung des angefochtenen Urteils den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG Nordrhein-Westfalen in Essen zurückzuverweisen.

In seiner Revisionsbegründung, auf die Bezug genommen wird, rügt der Kläger eine Verletzung der §§ 103, 128 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) und trägt dazu vor, entgegen der Annahme des LSG habe er sehr wohl behauptet, daß die Voraussetzungen für einen Berufsschadensausgleich auch über den 31. Dezember 1964 hinaus gegeben seien. Das LSG habe insoweit nicht das Gesamtergebnis des Verfahrens berücksichtigt. Sein Antrag habe unmißverständlich dahin gelautet, ihm vom 1. März 1964 an einen Berufsschadensausgleich zu gewähren; der Zeitraum sei von ihm also nicht begrenzt worden. In diesem Antrag liege zugleich die Behauptung, daß auch weiterhin ein schädigungsbedingter Nachteil vorliege. Das LSG habe daher nicht ohne besondere Prüfung davon ausgehen dürfen, daß für die Zeit nach dem 31. Dezember 1964 ein schädigungsbedingter Einkommensverlust nicht vorliege. Im Rahmen seiner Amtsermittlungspflicht habe das LSG vielmehr den Sachverhalt weiter aufklären müssen, zumal gerade die Bechterew'sche Erkrankung die Annahme nahelege, daß er in seinem Beruf so sehr behindert und benachteiligt sei, daß dieser Umstand sich einkommensmindernd auswirken müsse. Zumindest habe das LSG prozeßleitend auf die Beteiligten einwirken müssen, wenn es das Vorbringen um den Berufsschadensausgleich ab 1. Januar 1965 als zu unsubstantiiert angesehen habe.

Der Beklagte beantragt,

die Revision als unzulässig zu verwerfen.

Er ist der Ansicht, daß die vom Kläger gerügten Verfahrensmängel nicht vorliegen, weil das Berufungsgericht seine Pflicht zur Sachaufklärung nicht verletzt habe. Der Kläger habe im übrigen auch nicht dargetan, in welcher Richtung das LSG noch weitere Ermittlungen hätte durchführen müssen.

Die Revision ist frist- und formgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 164, 166 SGG); sie ist durch Zulassung nach § 162 Abs. 1 Nr. 1 SGG statthaft. Die Zulassung ist nicht offensichtlich gesetzwidrig (vgl. BSG in SozR SGG § 162 Nr. 83, 109, 138 und 139), weil der Rechtsfrage, ob ein Berufsschadensausgleich (§ 30 Abs. 3 BVG) erst nach vorheriger positiver Entscheidung über das besondere berufliche Betroffensein (§ 30 Abs. 2 BVG) gewährt werden kann, grundsätzliche Bedeutung zukommt und diese Frage im Zeitpunkt des Erlasses des LSG-Urteils vom BSG noch nicht abschließend entschieden war (vgl. Urteil vom 21. März 1969 in BSG 29, 208).

Die sonach zulässige Revision ist auch begründet.

Bei einer zugelassenen Revision ist das angefochtene Urteil in vollem Umfang materiell-rechtlich nachzuprüfen (BSG 3, 180, 186; Peters-Sautter-Wolff, § 162 Anm. 2 S. III/80-36-), nicht nur im Hinblick auf die Rechtsfrage, zu deren Klärung die Zulassung erfolgte. Da der Kläger gegen das Urteil des SG, das seinen Antrag auf Erhöhung der MdE wegen eines besonderen beruflichen Betroffenseins abgewiesen hat, kein Rechtsmittel eingelegt und auch der Beklagte gegen das Urteil des LSG, soweit seine Berufung zurückgewiesen worden ist, keine Revision eingelegt hat, ist im Revisionsverfahren nur noch streitig, ob dem Kläger Berufsschadensausgleich auch für die Zeit nach dem 31. Dezember 1964 zusteht. Das LSG hat dies zu Unrecht verneint.

Nach § 30 Abs. 3 BVG idF des 2. Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Kriegsopferrechts (2. NOG; vom 21. Februar 1964, BGBl I S. 85) steht einem Schwerbeschädigten, der durch die Schädigungsfolgen beruflich insoweit besonders betroffen ist, als er einen Einkommensverlust von mindestens 75,- DM monatlich hat, nach Anwendung des Absatzes 2 Berufsschadensausgleich in näher bestimmter Höhe zu. Diese Vorschrift ist durch § 30 Abs. 3 BVG idF des 3. Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Kriegsopferrechts (3. NOG; vom 28. Dezember 1966, BGBl I S. 750) lediglich dahin geändert worden, daß ein Mindesteinkommensverlust von 75,- DM nicht mehr verlangt wird.

Das LSG ist zunächst zutreffend davon ausgegangen, daß die Gewährung eines Berufsschadensausgleichs nicht davon abhängig ist, daß zuvor bei dem Beschädigten ein besonderes berufliches Betroffensein gemäß § 30 Abs. 2 BVG anerkannt worden ist. Diese Auffassung entspricht der Rechtsprechung sämtlicher Kriegsopfersenate des BSG (vgl. SozR BVG § 30 Nr. 36 = BSG 29, 208; Urteile des 8. Senats vom 27. März 1969 - 8 RV 611/67, 8 RV 629/67, 8 RV 827/67; Urteile des erkennenden Senats vom 23. Mai 1969 - 10 RV 558/69 - und vom 24. Juni 1969 - 10 RV 573/68 -). Die Beteiligten haben gegen diese Rechtsprechung auch keine Bedenken erhoben (vgl. auch VV Nr. 7 zu § 30 BVG).

Dem LSG ist auch darin zu folgen, daß die Gewährung eines Berufsschadensausgleichs nicht deshalb abgelehnt werden darf, weil der Beschädigte das für ihn maßgebliche Durchschnittseinkommen seiner Berufs- oder Wirtschaftsgruppe auch als Gesunder voraussichtlich nicht erreicht hätte. Das für die Ermittlung des Einkommensverlustes maßgebliche Durchschnittseinkommen wird nicht individuell bestimmt, sondern an Hand der DVO zu § 30 Abs. 3 und 4 BVG nach einem generalisierenden Maßstab gefunden. Das bringt es mit sich, daß es teils über, teils unter dem Einkommen liegen kann, das der Beschädigte ohne die Schädigungsfolgen erzielt hätte. Diese unvermeidlichen Abweichungen nach oben oder nach unten müssen zur gleichmäßigen Behandlung der einzelnen Fälle und im Interesse eines einfachen und praktikablen Verwaltungsablaufs hingenommen werden (vgl. BSG in SozR DVO vom 30. Juli 1964 zu § 30 Abs. 3 und 4 BVG, § 3 Nr. 4).

Voraussetzung für die Gewährung eines Berufsschadensausgleichs ist in allen Fällen, daß der Beschädigte einen wirtschaftlichen Schaden erlitten hat, der durch die Schädigungsfolgen verursacht worden ist, und daß dieser Schaden im Zeitpunkt der Antragstellung und für die Dauer der Geltendmachung des Berufsschadensausgleichs weiterhin besteht (vgl. Urteil des erkennenden Senats vom 8. Juli 1970 - 10 RV 189/68 -). Das bedeutet, daß zwischen dem wirtschaftlichen Schaden und der Schädigung ein ursächlicher Zusammenhang bestehen muß (s. dazu BSG 29, 208; Urteile des erkennenden Senats vom 23. Juli 1969 - 10 RV 711/67 - und vom 2. Juni 1970 - 10 RV 186/67 -), daß also die Schädigungsfolge eine wesentliche Bedingung für den wirtschaftlichen Schaden - den Einkommensverlust - darstellen muß. Das LSG hat diese Voraussetzung - Vorliegen eines wirtschaftlichen Schadens, Kausalzusammenhang zwischen Schädigungsfolge und wirtschaftlichem Schaden - nur für die Zeit vom 1. März bis 31. Dezember 1964 bejaht. Für die Zeit nach dem 31. Dezember 1964 hat das LSG festgestellt, daß keine Anhaltspunkte dafür vorlägen, daß beim Kläger auch in den Jahren 1965 und 1966 - die weiteren Jahre hat das LSG überhaupt nicht erörtert - ein schädigungsbedingter Einkommensverlust eingetreten sei und daß der Kläger eine dahingehende Behauptung selbst nicht aufgestellt hat. Diese Feststellungen werden von dem Kläger zu Recht mit Verfahrensrügen angegriffen, weil das LSG insoweit die Grenzen seines Rechts zur freien Beweiswürdigung überschritten (§ 128 SGG) und als Folge davon auch seine Pflicht zur Sachaufklärung (§ 103 SGG) verletzt hat.

Gemäß § 128 SGG entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. Dieses Gesamtergebnis hat das LSG nicht berücksichtigt, wenn es zu der Feststellung gekommen ist, daß keine Anhaltpunkte dafür vorlägen, daß beim Kläger auch in den Jahren 1965 und 1966 ein schädigungsbedingter Einkommensverlust eingetreten sei und daß er eine dahingehende Behauptung selbst nicht aufgestellt habe. Der Kläger hatte in erster Instanz u. a. einen Berufsschadensausgleich ohne zeitliche Begrenzung beansprucht. Diesem Antrag hat das SG stattgegeben und dem Kläger einen Berufsschadensausgleich vom 1. März 1964 an, d. h. für den gesamten Zeitraum und ohne zeitliche Begrenzung, zugesprochen. Da der Beklagte in seiner Berufungsbegründung selbst vorgetragen hat, daß "die Feststellung des Sozialgerichts, daß das Einkommen des Klägers seit 1963 erheblich zurückgegangen ist, nicht zu beanstanden ist", konnte sich der Kläger in seiner Berufungserwiderung darauf beschränken, für die Frage des Berufsschadens bzw. des Mindereinkommens "auf die zutreffenden Feststellungen der Vorinstanz" zu verweisen. Diese Feststellungen bezogen sich auf einen fortlaufenden, zeitlich unbegrenzten Berufsschaden.

Das LSG scheint weiter die Schriftsätze des Klägers vom 9. Juni 1965 - daß er nur teilweise arbeitsfähig sei -, vom 8. Januar 1966 - daß sein Einkommen durch die anerkannten Leiden sehr gemindert sei -, vom 26. September 1966 - daß sein Einkommen für 1966 nicht höher sei als 1965 -, vom 17. Januar 1967 - daß er gegenüber einem Schneidergesellen im Jahre 1965 einen Minderverdienst von 5525,64 DM habe - und vom 15. Mai 1968 an das LSG - daß er speziell durch die Bechterew'sche Erkrankung "ständig Einkommensverluste in Kauf nehmen müsse" - übersehen zu haben. Ebenso hat das LSG die Auskunft des Finanzamtes vom 26. Oktober 1965 (vgl. Bl. 149 der Versorgungsakten) und insbesondere die vom Kläger beigebrachte Bescheinigung des Finanzamtes vom 29. Mai 1967 (vgl. Bl. 234 der Versorgungsakten) - mit der der Kläger einen erheblichen Einkommensverlust für das Jahr 1966 nachweisen wollte - völlig unberücksichtigt gelassen. Aus den Versorgungsakten geht weiter hervor, daß dem Kläger durch die Bescheide vom 3. November 1966 und 6. Dezember 1967 Ausgleichsrente für die Jahre 1965/66 und 1967/68 gewährt worden ist. Zwar setzt die Gewährung der Ausgleichsrente einen schädigungsbedingten Einkommensverlust nicht voraus (vgl. § 32 BVG), jedoch kann sie im Zusammenhang mit dem sonstigen Vorbringen des Klägers (vgl. insbesondere Schriftsatz vom 15. Mai 1968) einen Anhalt dafür geben, daß ein schädigungsbedingter Berufsschaden auch weiterhin vorliegt. Völlig unverständlich wird die Feststellung des LSG über das Fehlen von Anhaltspunkten für einen schädigungsbedingten Einkommensverlust für die Jahre 1965 und 1966 im Hinblick auf die Berichterstatterverfügung vom 29. Januar 1969 (vgl. Bl. 78 ff der LSG-Akten). Darin hat das LSG den Beklagten u. a. darauf hingewiesen: "Daß der Kläger "durch die Schädigungsfolgen" ... in 1964 und 1965 einen erheblichen Minderverdienst hatte, ist offensichtlich". Der Hinweis auf den erheblichen Minderverdienst auch für das Jahr 1965 ist völlig eindeutig und entsprach dem aus den Akten ersichtlichen Prozeßstoff. Sollte das LSG gleichwohl noch irgendwelche Zweifel gehabt haben, dann hätte es den Kläger zur Ergänzung seiner tatsächlichen Angaben anhalten müssen (vgl. § 106 Abs. 1 iVm § 112 Abs. 2 SGG).

Das LSG hat somit nicht das Gesamtergebnis des Verfahrens berücksichtigt und § 128 SGG verletzt, wenn es die Feststellung getroffen hat, daß keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich sind, daß beim Kläger in den Jahren 1965 und 1966 ein schädigungsbedingter Einkommensverlust eingetreten ist, und daß der Kläger eine dahingehende Behauptung selbst nicht aufgestellt hat. Das angefochtene Urteil beruht auch auf dem gerügten Verfahrensmangel, weil das LSG möglicherweise anders entschieden hätte, wenn es das Gesamtergebnis des Verfahrens einwandfrei gewürdigt hätte. Das Urteil des LSG war daher schon aus diesem Grunde aufzuheben, ohne daß auf die weiter vom Kläger erhobenen Verfahrensrügen eingegangen zu werden brauchte. Der Senat konnte nicht in der Sache selbst entscheiden, weil das LSG keine Ermittlungen darüber angestellt und keine Feststellungen dahin getroffen hat, ob bei dem Kläger tatsächlich ein schädigungsbedingter Einkommensverlust für die Zeit nach dem 31. Dezember 1964 vorliegt. Die Sache war daher zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen (§ 170 Abs. 2 Satz 2 SGG).

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1650266

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