Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosengeld II. Angemessenheit der Unterkunftskosten. Stadt Duisburg. Wohnflächengrenze. schlüssiges Konzept. qualifizierter Mietspiegel. Anforderungen an die Datenerhebung und -auswertung. fehlende Feststellungen. Ausklammerung von Baualtersklassen
Leitsatz (amtlich)
Wird die Bestimmung der nach dem SGB 2 angemessenen Referenzmiete auf der Grundlage eines qualifizierten Mietspiegels vorgenommen und werden dabei unter Ausklammerung bestimmter Baualtersklassen nur einzelne Tabellenfelder des Mietspiegels berücksichtigt, sind Feststellungen erforderlich sowohl zum Wohnstandard der ausgeschlossenen Baualtersklassen als auch zu dem tatsächlichen Wohnungsbestand, der hinter den einbezogenen Werten steht.
Orientierungssatz
1. Gem Runderlass des Ministeriums für Städtebau und Wohnen "Verwaltungsvorschriften des Landes Nordrhein-Westfalen zum Wohnungsbindungsgesetz (VV-WoBindG)" vom 8.3.2002 idF vom 21.9.2006 ist eine Wohnflächengrenze von 60 qm für einen Zweipersonenhaushalt in Duisburg im streitgegenständlichen Zeitraum von Dezember 2006 bis April 2007 als angemessen iS des § 22 Abs 1 S 1 SGB 2 zu betrachten.
2. Bei der Bestimmung der angemessenen Unterkunftskosten ist als räumlicher Vergleichsbereich das gesamte Stadtgebiet von Duisburg zu berücksichtigen.
3. Entscheidet der Grundsicherungsträger ohne schlüssiges Konzept, ist er im Rahmen seiner prozessualen Mitwirkungspflicht nach § 103 S 1 Halbs 2 SGG gehalten, dem Gericht eine zuverlässige Entscheidungsgrundlage zu verschaffen und hat eine unterbliebene Datenerhebung und -auswertung nachzuholen.
4. Für die Bestimmung der angemessenen Referenzmiete im Rahmen eines schlüssigen Konzeptes kann - als vorrangige Möglichkeit vor Heranziehung der Wohngeldtabelle - auf den qualifizierten Mietspiegel für Duisburg zurückgegriffen werden.
5. Bei der Auswertung der Mietspiegeldaten und ggf weiterem Datenmaterial (zB aus Dokumentation der Mietspiegelerstellung) kann sich ergeben, dass die Berücksichtigung von gewichteten Mittelwerten herangezogener Tabellenfelder sicherstellt, dass ein ausreichender Bestand an einbezogenen Wohnungen vorhanden und damit angemessene Wohnungen verfügbar ist. Wegen der Besonderheiten von Mietspiegeln erfüllt die Bildung eines arithmetischen Mittelwertes die Anforderungen an ein mathematisch-statistisch nachvollziehbares Konzept regelmäßig nicht (vgl BSG vom 19.10.2010 - B 14 AS 50/10 R = SozR 4-4200 § 22 Nr 42 .
Normenkette
SGB 2 § 22 Abs. 1 S. 1 Fassung: 2006-03-24; BGB § 558d Abs. 1; SGG § 103 S. 1 Hs. 2
Verfahrensgang
Tenor
Auf die Revisionen der Kläger und des Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 29. April 2010 aufgehoben und der Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Höhe der von dem Beklagten zu übernehmenden Kosten für Unterkunft und Heizung in der Zeit von November 2006 bis April 2007.
Die Klägerin zu 1 ist die Mutter des 1988 geborenen Klägers zu 2. Beide bezogen seit Anfang 2005 Leistungen nach dem SGB II. Im Juli 2005 schloss die Klägerin zu 1 einen Mietvertrag mit der R GmbH über eine Wohnung in der K-Straße in Duisburg (Mietbeginn und Umzug zum 1.11.2005) mit einer Größe von 77,53 qm, bestehend aus drei Zimmern zuzüglich Küche, Bad und Flur. Die Grundmiete betrug im streitgegenständlichen Zeitraum 364,68 Euro, die Betriebskostenvorauszahlung bis einschließlich November 2006 128,46 Euro und ab Dezember 2006 dann 150 Euro im Monat; die Heizkostenvorauszahlung belief sich im streitgegenständlichen Zeitraum auf 35,69 Euro monatlich. Nach Information durch die Klägerin zu 1 über den geplanten Umzug im Oktober 2005 erteilte der Beklagte eine Zustimmung zum Umzug ausdrücklich nicht (Schreiben vom 28.10.2005).
Bei der Bewilligung der Leistungen für die Zeit vom 1.11.2006 bis zum 30.4.2007 erkannte der Beklagte als angemessene Kosten für Unterkunft und Heizung für den Monat November 2006 und für Januar bis April 2007 von 189,74 Euro (Klägerin zu 1) bzw 189,75 Euro (Kläger zu 2) sowie für den Monat Dezember 2006 von 193,26 Euro (Klägerin zu 1) bzw 193,27 Euro (Kläger zu 2) an (Bescheide vom 24.10.2006 und 31.1.2007; Widerspruchsbescheid vom 22.2.2007). Dabei ging er unter Berücksichtigung einer qm-Zahl von 60 qm von einer angemessenen Bruttokaltmiete iHv 343,80 Euro aus (Nettokaltmiete iHv 3,94 Euro/qm; Pauschale für Betriebskosten iHv 1,79 Euro/qm).
Das SG Duisburg hat den Beklagten unter Abweisung der Klage im Übrigen verurteilt, über die bereits gewährten Unterkunftsaufwendungen hinaus weitere Kosten für den Monat November 2006 in Höhe von 10,80 Euro und für die Monate Dezember 2006 bis April 2007 in Höhe von jeweils 19,48 Euro monatlich zu leisten (Urteil des SG vom 28.8.2008). Es hat den von ihm als angemessen angesehenen Wert für die Nettokaltmiete von 4,12 Euro je qm errechnet, indem es den Durchschnittswert aus den unteren Spannenwerten der normalen Wohnlage der Baualtersstufen I bis IV (bis 1984) aus dem Mietspiegel 2005 der Stadt Duisburg gebildet hat. Dabei hat das SG Wohnungen mit einer Bezugsfertigkeit nach 1984 ausgeklammert. Hinsichtlich der Betriebskosten sei die Pauschalierung in Höhe von 1,79 Euro pro qm unter Berücksichtigung des Betriebskostenspiegels des Deutschen Mieterbundes nicht zu beanstanden. Für November 2006 sei daher - bezogen auf eine angemessene Wohnungsgröße von 60 qm - eine Gesamtmiete iHv 390,29 Euro (Grundmiete in Höhe von 247,20 Euro, Betriebskostenvorauszahlung iHv 107,40 Euro, Heizkostenvorauszahlung in Höhe von 35,69 Euro) und ein Mehrbetrag in Höhe von je 10,80 Euro zu übernehmen. Für die Monate Dezember 2006 bis April 2007 ergebe sich unter Berücksichtigung der tatsächlichen, auf 60 qm heruntergerechneten Betriebskostenvorauszahlungen eine Gesamtmiete in Höhe von 398,97 Euro mtl (Grundmiete iHv 247,20 Euro, Heizkostenvorauszahlung iHv 35,69 Euro, Betriebskostenvorauszahlung iHv 116,08 Euro) und ein Mehrbetrag iHv 19,48 Euro.
Das LSG Nordrhein-Westfalen hat die Berufungen der Kläger und des Beklagten zurückgewiesen (Urteil vom 29.4.2010). Zur Begründung seiner Entscheidung hat es ausgeführt, das SG sei zu Recht von einer angemessenen Wohnungsgröße von 60 qm und dem gesamten Gebiet der Stadt Duisburg als maßgeblichem räumlichen Vergleichsraum ausgegangen. Auch der vom SG für angemessen gehaltene Wert von 4,12 Euro je qm für eine Nettokaltmiete für Wohnungen einfachen Standards im Stadtgebiet Duisburg halte der rechtlichen Überprüfung stand. Als Erkenntnisquelle für den angemessenen Mietpreis pro Quadratmeter kämen insbesondere Mietspiegel bzw Mietdatenbanken (§§ 558c ff BGB) in Betracht. Ein solcher qualifizierter Mietspiegel liege für die Stadt Duisburg vor. Es ergäben sich unter Berücksichtigung der von dem Beklagten vorgelegten Dokumentation des Mietspiegels keine Anhaltspunkte dafür, dass dieser auf einer unzutreffenden oder unvollständigen Datenerhebung beruhe oder die Datenauswertung nicht den statistischen Anforderungen entspreche. Der Beklagte habe kein eigenständiges schlüssiges Konzept vorgelegt. Das SG habe mit zutreffender Begründung zunächst innerhalb des Mietspiegels nur die Wohnungen berücksichtigt, die bis 1984 bezugsfertig geworden seien. Der Wert des SG stelle sicher, dass keine Beschränkung auf das unterste Segment erfolge und rechtfertige die Annahme, dass ein ausreichend großer Teil von Wohnungen in diesem Segment auch tatsächlich angemietet werden könne. Das gelte insbesondere unter Berücksichtigung der Situation des Wohnungsmarkts in Duisburg, bei dem deutlich mehr als 50 % aller Wohnungen den Baualtersklassen I und II angehörten. Der Wert von 4,12 Euro entspreche in etwa dem Durchschnittswert, wie er sich aus der Mietpreisspanne von Wohnungen in einfacher Wohnlage - mit einem Abschlag von je 5 % - der Baualtersstufe I und Wohnungen der Baualtersstufe II der oberen Preisspanne ergebe (4,10 Euro). Es sei nicht zu beanstanden, dass das SG nicht auf die Durchschnittswerte aller Baualtersklassen, sondern auf die Mindestwerte abgestellt habe. Aus dem Durchschnittswert für die Baualtersklassen I bis IV ergebe sich vorliegend ein Betrag von 4,62 Euro, der sich am obersten Rand der Preisspanne der Wohnungen der Baualtersklasse I und am oberen Rand der Wohnungen der Baualtersklasse II bewegen würde, die zusammen aber deutlich mehr als 50 % aller Wohnungen in Duisburg ausmachten. Die von dem Beklagten vorgelegten Listen über preisgünstigen Wohnraum aus dem Jahr 2005 zeigten, dass zu einem Betrag von 4,12 Euro eine konkrete Wohnung für die Kläger ohne weiteres anzumieten gewesen wäre. Auch die Entscheidung des SG, den Beklagten zur Zahlung weiterer Nebenkosten in ausgeurteilter Höhe zu verpflichten, sei nicht zu beanstanden.
Zur Begründung ihrer Revision machen die Kläger geltend, die Annahme des LSG, der vom SG errechnete Mietpreis für einen Zweipersonenhaushalt garantiere, dass in nennenswertem Umfang Wohnungen mit einem im unteren, aber nicht im untersten Marktsegment liegenden Standard aus einem Wohnungssegment angemietet werden könne, das deutlich mehr als 50 % des gesamten Wohnungsbestandes der Stadt Duisburg umfasse, habe keine Grundlage in dem qualifizierten Mietspiegel der Stadt Duisburg. Die Verwendung der untersten Werte der Mietpreisspannen könne auch bei Einbeziehung der neueren Baualtersgruppen der Gebäude bis 1984 nicht für die Ermittlung angemessener Unterkunftskosten geeignet sein. Der Hinweis auf die Abschläge von den Tabellenwerten des Mietspiegels für einfache Wohnlagen überzeuge nicht. Der Duisburger Mietspiegel weise diese nicht gesondert aus, weil es nur sehr wenige in dem kleinen Stadtteil B und Teilbereichen des Stadtteils M sowie rund um den K gebe, die direkt an die Hochöfen der T AG angrenzten. Alle anderen Wohngebiete, geschätzt etwa 80 % der Stadtfläche, befänden sich in normaler Wohnlage, die durch mehr oder weniger modernisierte Altbauten, Zechensiedlungen und den typischen sozialen Wohnungsbau der 60iger und 70iger Jahre geprägt sei. Bei Anwendung des Mietspiegels müssten die Mittelwerte der Mietpreisspanne zur Anwendung kommen, wobei die Berücksichtigung von Gebäuden der Baualtersgruppen I und II bis 1960 in normaler Wohnlage ausreichend sei. Es gebe in Duisburg einen großen Altbaubestand, der in den Baualtersklassen bis 1960 mehr als die Hälfte aller Gebäude beinhalte. Auf der Basis des Mittelwertes des im Klagezeitraum geltenden Mietspiegels 2005 ergäben sich die geltend gemachten Beträge.
Die Kläger beantragen,
1. das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 28.8.2008 sowie das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 29.4.2010 abzuändern und den Beklagten unter teilweiser Aufhebung seines Bescheides vom 24.10.2006 und des Änderungsbescheides vom 31.1.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.2.2007 zu verurteilen, ihnen über die bereits gewährten Unterkunftskosten hinaus weitere Unterkunftskosten für den Monat November 2006 in Höhe von 46,26 Euro, für Dezember 2006 in Höhe von 60,76 Euro und für Januar bis April 2007 in Höhe von je 67,80 Euro zu gewähren,
2. die Revision des Beklagten zurückzuweisen.
Der Beklagte beantragt,
1. das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 28.8.2008 sowie das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 29.4.2010 aufzuheben und die Klagen abzuweisen,
2. die Revisionen der Kläger zurückzuweisen.
Der Beklagte rügt eine Verletzung des § 22 Abs 1 SGB II. Diese sei darin zu sehen, dass das LSG unter Bezugnahme auf die Entscheidung des BSG vom 17.12.2009 (B 4 AS 27/09 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 27) die Wohnverhältnisse der Stadt Essen und ihrem Essener Mietspiegel auf die Stadt Duisburg übertrage, ohne darzulegen, ob die Baualtersstruktur der Wohnungen in Essen denjenigen der Stadt Duisburg entspreche. Da der Mietspiegel nur zwischen Wohnungen in "normaler Wohnlage" und "guter Wohnlage" unterscheide, sei von den ermittelten Nettokaltmieten ein Abschlag von 5 % vorzunehmen.
Entscheidungsgründe
Die Revisionen der Beteiligten sind im Sinne der Aufhebung des Berufungsurteils und der Zurückverweisung der Sache an das LSG begründet (§ 170 Abs 2 S 2 SGG). Auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen des LSG kann der Senat unter Berücksichtigung der generellen rechtlichen Anforderungen bei der Heranziehung von Mietspiegeln im Rahmen eines schlüssigen Konzepts zur Festlegung der abstrakt angemessenen Unterkunftskosten nicht abschließend beurteilen, ob die Kläger in dem streitigen Zeitraum von November 2006 bis April 2007 höhere Leistungen für Unterkunft und Heizung nach § 22 Abs 1 S 1 SGB II in der geltend gemachten Höhe beanspruchen können.
1. a) Gegenstand des Verfahrens sind die Bescheide vom 24.10.2006 und 31.1.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22.2.2007, wobei nur höhere Leistungen für Unterkunft und Heizung für November 2006 bis April 2007 im Streit sind. Bei diesen Leistungen handelt es sich um eine abtrennbare Verfügung des Gesamtbescheides, ohne dass eine weitere Aufspaltung in die Leistungen für Unterkunft und Heizung rechtlich möglich ist (vgl mit weiterer Begründung: BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 8/06 R - BSGE 97, 217 = SozR 4-4200 § 22 Nr 1, RdNr 18 f; vgl zur Nichtberücksichtigung der Neufassung des § 19 Abs 1 SGB II durch das Gesetz zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch vom 24.3.2011 ≪BGBl I 453≫), zumindest für laufende Verfahren über vorher abgeschlossene Bewilligungsabschnitte (BSG Urteil vom 13.4.2011 - B 14 AS 106/10 R, RdNr 11 - zur Veröffentlichung vorgesehen).
b) Die Kläger haben hier nicht die Übernahme der Unterkunfts- und Heizkosten in tatsächlicher Höhe beansprucht, sondern begehren höhere Leistungen mit einer zahlenmäßigen Begrenzung ihres Klagebegehrens. Ob ein höherer Anspruch besteht, ist unter Berücksichtigung sämtlicher den Grund und die Höhe beeinflussender Anspruchsvoraussetzungen und Berechnungsfaktoren zu ermitteln, ohne dass eine Prüfung nur beschränkt auf die von den Klägern geltend gemachte Begründung erfolgt, es sei bei der Festlegung der abstrakt angemessenen Unterkunftskosten der (arithmetische) Mittelwert der Baualtersklasse II für Wohnungen bis zu 70 qm in einfacher Wohnlage (4,36 Euro) zugrunde zu legen. Der geltend gemachte Erhöhungsbetrag kann sich daher auch wegen anderer, bei der Ermittlung der Höhe der Kosten der Unterkunft (KdU) und Heizung zu prüfender Faktoren ergeben. Bei der abschließenden Feststellung der Höhe des Anspruchs des Klägers zu 2 ist auch sein bereinigtes Einkommen aus Erwerbstätigkeit zu berücksichtigen, das - nach Aktenlage - zwar seine Regelleistung überstieg, seinen Anspruch auf KdU jedoch nicht gänzlich entfallen ließ.
2. Unter Berücksichtigung der nachfolgenden Grundsätze zur Ermittlung der Höhe des Anspruchs auf KdU und Heizung sind weitere Feststellungen des LSG erforderlich.
Leistungen für Unterkunft und Heizung werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit diese angemessen sind (vgl § 22 Abs 1 S 1 SGB II). Der Begriff der "Angemessenheit" unterliegt als unbestimmter Rechtsbegriff der uneingeschränkten richterlichen Kontrolle (BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 10/06 R - BSGE 97, 231 = SozR 4-4200 § 22 Nr 3; BSG Urteil vom 17.12.2009 - B 4 AS 27/09 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 27 ≪Essen≫ RdNr 21; BSG Urteil vom 19.10.2010 - B 14 AS 50/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 42 ≪Berlin≫ RdNr 20). Zur Festlegung der abstrakt angemessenen Leistungen für die Unterkunft ist zunächst die angemessene Wohnungsgröße und der maßgebliche örtliche Vergleichsraum zu ermitteln. Angemessen ist eine Wohnung weiter nur dann, wenn sie nach Ausstattung, Lage und Bausubstanz einfachen und grundlegenden Bedürfnissen entspricht und keinen gehobenen Wohnstandard aufweist, wobei es genügt, dass das Produkt aus Wohnfläche und Standard, das sich in der Wohnungsmiete niederschlägt, angemessen ist (BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 10/06 R, BSGE 97, 231 = SozR 4-4200 § 22 Nr 2, jeweils RdNr 20; BSG Urteil vom 17.12.2009 - B 4 AS 27/09 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 27 ≪Essen≫, RdNr 15, 17).
Soweit die tatsächlichen Aufwendungen des Leistungsberechtigten für seine Unterkunft die angemessene Referenzmiete überschreiten, sind diese - falls vom Leistungsberechtigten entsprechende sachliche Gründe vorgebracht werden - solange zu berücksichtigen, wie es ihm konkret nicht möglich oder nicht zumutbar ist, durch Anmietung einer als angemessen eingestuften Wohnung, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate (§ 22 Abs 1 S 2 SGB II aF, der durch die Einführung des neuen Satzes 2 durch das Gesetz zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 20.7.2006 - BGBl I 1706 - ohne inhaltliche Änderung zu Satz 3 wurde; vgl BSG Urteil vom 19.2.2009 - B 4 AS 30/08 R, BSGE 102, 263 = SozR 4-4200 § 22 Nr 19 ≪München≫, RdNr 29; BSG Urteil vom 17.12.2009 - B 4 AS 27/09 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 27, RdNr 30). Da die angemessene Referenzmiete bereits bei der Ermittlung der abstrakt angemessenen Kosten so festzulegen ist, dass es dem Leistungsberechtigten grundsätzlich möglich ist, im gesamten räumlichen Vergleichsraum eine angemessene Wohnung anzumieten und allenfalls in einzelnen Regionen Deutschlands ein Mangel an ausreichendem Wohnraum besteht, dürfte für den Regelfall davon auszugehen sein, dass es in ausreichendem Maße Wohnungen zu der abstrakt angemessenen Leistung für die Unterkunft gibt (vgl bereits Urteil des Senats vom 19.2.2009 - B 4 AS 30/08 R - BSGE 102, 263 = SozR 4-4200 § 22 Nr 19 ≪München≫, RdNr 36 sowie RdNr 29 zu möglichen persönlichen Umständen für den begründungspflichtigen Ausnahmefall; siehe auch BSG Urteil vom 13.4.2011 - B 14 AS 106/10 R - zur Veröffentlichung vorgesehen - für die Ermittlung der abstrakt angemessenen KdU unter Einbeziehung von qualifizierten Mietspiegeln RdNr 30).
Der Senat folgt dem LSG bei der Festlegung der angemessenen Wohnungsgröße (3) und des Vergleichsraums (4). Weitere Feststellungen sind jedoch zur abstrakt angemessenen Nettokaltmiete (5), den abstrakt angemessenen Betriebskosten (6) und den Heizkosten (7) erforderlich.
3. Das LSG ist zu Recht davon ausgegangen, dass als angemessene Wohnungsgröße eine Wohnfläche von 60 qm zu berücksichtigen ist. Die Bemessung der angemessenen Größe einer Wohnung erfolgt mit Bezug auf die anerkannten Wohnraumgrößen für Wohnberechtigte im sozialen Mietwohnungsbau (BSGE 97, 254 = SozR 4-4200 § 22 Nr 3, jeweils RdNr 19), hier unter Berücksichtigung des im streitigen Zeitraum gültigen (BSG Urteil vom 22.9.2009 - B 4 AS 70/08 R, juris RdNr 15) Runderlasses des Ministeriums für Städtebau und Wohnen "Verwaltungsvorschriften des Landes Nordrhein-Westfalen zum Wohnungsbindungsgesetz (VV-WoBindG)" vom 8.3.2002 in der geänderten Fassung vom 21.9.2006. Dieser Erlass ist auch nach Inkrafttreten des Wohnraumförderungsgesetzes (WoFG) weiterhin auf Wohnungen, die seit dem 1.1.2003 nach dem WoFG gefördert worden sind, entsprechend anwendbar, soweit ausdrückliche Regelungen des WoFG nicht entgegenstehen (Ziff 1.11 VV-WoBindG). Ziff 5.7.1 VV-WoBindG bestimmt, dass in der Regel für einen Haushalt mit zwei haushaltsangehörigen Personen zwei Wohnräume oder 60 qm Wohnfläche iS von § 27 Abs 4 WoFG angemessen sind. Der Senat hat bereits entschieden, dass der Runderlass des Ministers für Bauen und Verkehr "Wohnraumförderbestimmungen (WFB)" vom 3.2.2004 in der geänderten Fassung vom 26.1.2006 nicht berücksichtigt werden kann, weil hierin die Größe der Wohnung lediglich mit der Anzahl der Zimmer verknüpft wird und nur die Anzahl der die Wohnung bewohnenden Personen Maßstab für die Wohnungsgröße ist (BSG Urteil vom 17.12.2009 - B 4 AS 27/09 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 27 ≪Essen≫, RdNr 16).
4. Das LSG hat auch zutreffend bei der Bestimmung der angemessenen KdU als maßgeblichen Vergleichsraum das gesamte Stadtgebiet von Duisburg herangezogen. Entscheidend für die repräsentative Bestimmung des Mietpreisniveaus ist es, ausreichend große Räume der Wohnbebauung zu beschreiben, die aufgrund ihrer räumlichen Nähe zueinander, ihrer Infrastruktur und ihrer verkehrstechnischen Verbundenheit einen insgesamt betrachtet homogenen Lebens- und Wohnbereich bilden (BSG Urteil vom 19.2.2009 - B 4 AS 30/08 R - BSGE 102, 263 = SozR 4-4200 § 22 Nr 19, RdNr 21; BSG Urteil vom 20.8.2009 - B 14 AS 65/08 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 26, RdNr 15). In gleicher Weise wie bei der Stadt Essen, für die der Senat bereits einen homogenen Lebens- und Wohnbereich angenommen hat (BSG Urteil vom 17.12.2009 - B 4 AS 27/09 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 27 ≪München≫), liegen die einen Vergleichsraum prägenden Merkmale nach den Feststellungen des Berufungsgerichts auch bezogen auf das Stadtgebiet von Duisburg vor.
5. a) Ausgehend von dem gesamten Stadtgebiet Duisburg als räumlichem Vergleichsmaßstab lässt sich der den Wohnungsstandard widerspiegelnde angemessene Quadratmeterpreis (die Angemessenheitsobergrenze) im streitigen Zeitraum mangels ausreichender tatsächlicher Feststellungen des LSG nicht abschließend bestimmen.
Zugrunde zu legen ist ein einfacher, im unteren Marktsegment liegender Standard; die Wohnung muss hinsichtlich ihrer Ausstattung, Lage und Bausubstanz einfachen und grundlegenden Bedürfnissen entsprechen (BSGE 97, 231 = SozR 4-4200 § 22 Nr 3, jeweils RdNr 20). Nach diesen inhaltlichen Vorgaben soll die Festlegung der Mietobergrenze auf der Grundlage eines deren Einhaltung ermöglichenden schlüssigen Konzepts erfolgen. Dies erfordert nach der Rechtsprechung des Senats, dass die Datenerhebung ausschließlich in dem genau eingegrenzten und über den gesamten Vergleichsraum erfolgt (keine "Ghettobildung"), der Beobachtungszeitraum und der Gegenstand der Beobachtung nachvollziehbar dargelegt sind, die Art und Weise der Datenerhebung festgelegt ist, die einbezogenen Daten repräsentativ sind und eine Validität der Datenerhebung angenommen werden kann. Bei der Datenauswertung müssen anerkannte mathematisch-statistische Grundsätze eingehalten werden und Angaben über die gezogenen Schlüsse erfolgen (vgl zum schlüssigen Konzept im Einzelnen Urteil des Senats vom 22.9.2009 - B 4 AS 18/09 R - BSGE 104, 192 = SozR 4-4200 § 22 Nr 30 ≪Wilhelmshaven II≫, RdNr 18; BSG Urteil vom 17.12.2009 - B 4 AS 27/09 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 27 ≪Essen≫ RdNr 26; vgl auch BSG Urteil vom 18.6.2008 - B 14/7b AS 44/06 R, juris RdNr 7 und BSG Urteil vom 19.10.2010 - B 14 AS 50/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 42 ≪Berlin≫, RdNr 25; vgl allgemein zur Verfahrens- und Vertretbarkeitskontrolle auch Berlitt in: info also 2010, 196).
b) Dabei hält der Senat an seiner Rechtsprechung fest, wonach es Angelegenheit und Verantwortung des Grundsicherungsträgers ist, bereits im Verwaltungsverfahren ein solches schlüssiges Konzept zur Bestimmung der angemessenen Unterkunftskosten zu entwickeln. Die umfassende Ermittlung der Daten sowie deren Auswertung ist dessen Aufgabe und bereits für eine sachgerechte Entscheidung im Verwaltungsverfahren notwendig. Das Gericht hat anhand der von dem Grundsicherungsträger gelieferten Daten bzw der zusätzlich im Rahmen der Amtsermittlungspflicht von ihm angeforderten und zur Verfügung zu stellenden Daten und Unterlagen zu verifizieren, ob die angenommene Mietobergrenze angemessen iS des § 22 Abs 1 SGB II ist (vgl zu diesem Weg Urteil des Senats vom 17.12.2009 - B 4 AS 27/09 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 27 ≪Essen≫). Entscheidet der Grundsicherungsträger - wie hier von dem LSG zu Recht angenommen (siehe hierzu nachfolgend) - ohne schlüssiges Konzept, ist er im Rahmen seiner prozessualen Mitwirkungspflicht nach § 103 S 1 Halbs 2 SGG gehalten, dem Gericht eine zuverlässige Entscheidungsgrundlage zu verschaffen und hat eine unterbliebene Datenerhebung und -aufbereitung nachzuholen (BSG Urteil vom 17.12.2009 - B 4 AS 50/09 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 29, RdNr 27; BSG Urteil vom 22.9.2009 - B 4 AS 18/09 R - BSGE 104, 192 = SozR 4-4200 § 22 Nr 30 ≪Wilhelmshaven II≫, RdNr 26; BSG Urteil vom 2.7.2009 - B 14 AS 33/08 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 25 ≪Wilhelmshaven I≫, RdNr 22). Wenn sich nach weiteren Ermittlungen des Grundsicherungsträgers und ggf des SG erweist, dass sich keine hinreichenden Feststellungen zu den angemessenen Unterkunftskosten für den streitigen Zeitraum und den Vergleichsraum mehr treffen lassen, sind grundsätzlich die tatsächlichen Aufwendungen zu übernehmen. Diese werden dann wiederum durch die Tabellenwerte zu § 8 Wohngeldgesetz (WoGG) bzw nunmehr § 12 WoGG im Sinne einer Angemessenheitsgrenze nach oben begrenzt. Wegen der nur abstrakten, vom Einzelfall und den konkreten Umständen im Vergleichsraum losgelösten Begrenzung ist zur Bestimmung der angemessenen Nettokaltmiete zuzüglich der kalten Betriebskosten (vgl § 5 Abs 1 WoGG bzw nunmehr § 9 Abs 1 WoGG) ist nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats bei § 8 WoGG auf den jeweiligen Höchstbetrag der Tabelle, also die rechte Spalte, zurückzugreifen und ein "Sicherheitszuschlag" einzubeziehen (BSG Urteil vom 17.12.2009 - B 4 AS 50/09 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 29, RdNr 27 im Anschluss an BSGE 97, 254 = SozR 4-4200 § 22 Nr 3, jeweils RdNr 23; BSG Urteil vom 20.8.2009 - B 14 AS 65/08 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 26, RdNr 21).
c) Das LSG ist hier zu Recht davon ausgegangen, dass der Beklagte kein eigenständiges schlüssiges Konzept entwickelt hat, weil die sogenannte "Schürkesliste", bei der es sich um eine Datenbank über freie Wohnungen in allen Größen, verteilt über das Duisburger Stadtgebiet handelt, und die weiteren Erhebungen des Beklagten den Gegenstand der Beobachtung nicht ausreichend eingrenzen und wesentliche Faktoren, wie zB den Wohnungsstandard, nicht ausreichend erfassen. Im Ansatz geht auch der Beklagte von einer Berechnung der angemessenen Nettokaltmiete unter Heranziehung der Daten des Mietspiegels aus, weil der von ihm zugrunde gelegte Wert von 3,94 Euro/qm seinen Ursprung im Mietspiegel für die Stadt Duisburg für das Jahr 1999 hat (Baualtersklasse I ≪bezugsfertig vor 1948≫, einfache Wohnlage, Wohnungen bis 50 qm mit Heizung, Bad und Isolierverglasung).
d) Bei dem nachfolgend von den Vorinstanzen eingeschlagenen Weg, den vom Beklagten festgelegten Wert für die Nettokaltmiete anhand eines qualifizierten Mietspiegels zu verifizieren und abweichend festzulegen, sind die Vorinstanzen zu Recht davon ausgegangen, dass für die Bestimmung der angemessenen Referenzmiete im Rahmen eines schlüssigen Konzepts als eine Möglichkeit auf den Mietspiegel 2005 für die Stadt Duisburg zurückgegriffen werden kann (BSG Urteil vom 18.6.2008 - B 14/7b AS 44/06 R, Juris RdNr 16; BSG Urteil vom 17.12.2009 - B 4 AS 27/09 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 27, ≪Essen≫, RdNr 27; BSG vom 19.10.2010 - B 14 AS 15/09 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 42 ≪Berlin≫ RdNr 27; vgl nunmehr auch § 22c Abs 1 SGB II, der ausdrücklich vorsieht, dass zur Ermittlung der angemessenen KdU im Rahmen der neuen Satzungsregelungen ua Mietspiegel und qualifizierte Mietspiegel herangezogen werden können).
Bei dem Duisburger Mietspiegel 2005 handelt es sich um einen qualifizierten Mietspiegel, der nach § 558d Abs 1 BGB nach anerkannten wissenschaftlichen Grundsätzen erarbeitet und von den Interessenvertretern der Vermieter und der Mieter anerkannt worden ist. Da bei der Erstellung eines qualifizierten Mietspiegels die Repräsentativität der Stichprobe durch die Annahme der Chance gleicher Wahrscheinlichkeit der Abbildung der im Detail unbekannten Realität der Grundgesamtheit des Gesamtwohnungsbestandes fingiert wird (Gautzsch, Sozialrecht aktuell 2011, S 137, 139) und eine umfassende verfahrensrechtliche Absicherung durch die beteiligten Interessengruppen stattfindet, ist die Repräsentativität und Validität der Datenerhebung auch im Rahmen des schlüssigen Konzepts regelmäßig als ausreichend anzusehen (vgl hierzu bereits Urteil des Senats vom 17.12.2009 - B 4 AS 27/09 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 27 ≪Essen≫ RdNr 28).
Zwar sind dem Mietspiegel 2005 der Stadt Duisburg keine gesonderten Werte für einfache Wohnlagen und Wohnungen nur einfachen Standards zu entnehmen, die nach Ausstattung, Lage und Bausubstanz einfachen und grundlegenden Bedürfnissen entsprechen. Als Tabellenmietspiegel, bei dem die Struktur des Wohnungsmarktes in typischen Kategorien von Wohnungen beschrieben wird, die durch Kombination von Wohnwertmerkmalen bestimmt und denen die dazu passenden tatsächlich erhobenen Mietdaten zugeordnet werden (Gautzsch, Sozialrecht aktuell 2011, S 137, 139), berücksichtigt der Duisburger Mietspiegel sechs Baualtersklassen, die jeweils nochmals nur in die beiden Kategorien der normalen und guten Wohnlage aufgeteilt werden. Zusätzlich ist der Wohnbestand in vier Wohnflächengrößenklassen erfasst. Im Mietspiegel selbst werden ausschließlich Wohnungsausstattungen mit Heizung, Bad und Isolierverglasung einbezogen. Diese eingeschränkte Berücksichtigung von Wohnwertmerkmalen macht diesen Mietspiegel aber nicht grundsätzlich ungeeignet zur Bestimmung der angemessenen Unterkunftskosten. Wenn - wie hier - weiteres Datenmaterial vom Grundsicherungsträger nicht bereit gestellt wird bzw - zB wegen nur geringer Zahl von Wohnungen in einfacher Wohnlage - werden kann, ist vor einem ggf erforderlichem Rückgriff auf die Wohngeldtabelle unter Hinnahme von gewissen möglicherweise begünstigenden Spannbreiten zur Sicherstellung des Existenzminimums des Leistungsberechtigen im Bereich der KdU die Heranziehung der Daten eines qualifizierten Mietspiegels vorrangig zu prüfen.
e) Bei einem Herausgreifen nur bestimmter Mietspiegelwerte - wie hier erfolgt - muss allerdings - ggf durch weitere Ermittlungen - abgesichert werden, dass der hinter diesen berücksichtigten Werten stehende tatsächliche Wohnungsbestand im Vergleichraum die Anmietung einer angemessenen Wohnung im gesamten Vergleichsraum ermöglicht. Die Leistungsberechtigten dürfen auch nicht durch die Berücksichtigung nur bestimmter Mietspiegelfelder - de facto - auf bestimmte Bezirke oder Ortsteile mit besonders verdichteter Bebauung beschränkt werden, weil dies neben der tatsächlichen Ausklammerung eines Teils des Vergleichsraums gleichzeitig das Risiko einer Ghettoisierung birgt. Die zusätzliche Prüfung ist gefordert, weil es zur Bestimmung der ortsüblichen Vergleichsmiete für einen qualifizierten Mietspiegel ausreicht, wenn (nur) ein repräsentativer Rücklauf von Datensätzen (idR 30 Angaben) für die durch die jeweiligen Tabellenfelder beschriebenen Wohnungstypen vorhanden ist (Börstinghaus/Clar, Mietspiegel, 1997, S 223 ff; Börstinghaus, Miethöhe-Handbuch, 2009, Kapitel 6 RdNr 80). Die Besetzung einzelner Tabellenfelder eines Mietspiegels lässt daher zunächst nur die Vermutung zu, dass zum Zeitpunkt der Datenerhebung ein bestimmter Wohnungsmietwert auf dem Gesamtwohnungsmarkt überhaupt vorhanden ist (Gautzsch aaO, S 139) und erlaubt keinen Rückschluss auf seine Häufigkeit. Die einzelnen Mietspiegelfelder mit ihren Mietpreisen pro Quadratmeter haben insofern je nach der Anzahl von Wohnungen, die in diesem Tabellenfeld tatsächlich im Vergleichsraum vertreten sind, eine unterschiedliche Aussagekraft für den Gesamtwohnungsmarkt der mietspiegelrelevanten Wohnungen im Vergleichsraum (vgl hierzu grundlegend: BSG Urteil vom 19.10.2010 - B 14 AS 50/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 42 ≪Berlin≫ RdNr 30).
f) Unter Berücksichtigung dieser Anforderungen kann der Senat aufgrund der tatsächlichen Feststellungen des LSG nicht abschließend beurteilen, ob der von den Vorinstanzen zugrunde gelegte Wert von 4,12 Euro einer angemessenen Nettokaltmiete entspricht.
Der Betrag von 4,12 Euro/qm liegt unterhalb des Median (= Wert, der in der Mitte der nach der Höhe geordneten Mietwerte steht) der Wohnungen bis 70 qm ausschließlich der Baualtersklasse I (Wohnungen vor 1948) in normaler Wohnlage von 4,19 Euro/qm. Es kann nicht ohne weitere Ermittlungen davon ausgegangen werden, dass unter Heranziehung gerade nur des rechnerischen Durchschnittswerts aus den untersten Spannenwerten der Wohnungen in normaler Wohnlage der Baualtersklassen I bis IV im gesamten Vergleichsraum angemessener Wohnraum einfachen Standards in ausreichendem Maße vorhanden ist. Zu beachten ist auch, dass in den jeweiligen Mietspiegelfeldern ohne weitere Differenzierungen hinsichtlich der Ausstattungsmerkmale nur Wohnungen mit Heizung, Bad und Isolierverglasung erfasst werden, sodass Rückschlüsse auf einen (durchgängig höheren) Ausstattungsstandard von Wohnungen mit Mietpreisen an den oberen Spannenwerten der jeweiligen Mietspiegelfelder nicht möglich sein dürften. Insofern ist auch zu werten, dass für einzelne höherwertige Ausstattungsmerkmale (überdurchschnittliche Sanitär- und Elektroausstattung) nach den Erläuterungen zum Mietspiegel Zuschläge vorgenommen werden können. Die insofern vorgesehenen Abschläge von den Mietspiegelwerten (ua Wohnungen ohne Heizung, ohne Bad, ohne Warmwasser im Bad) sind bei der Festlegung einer angemessenen Miete außer Betracht zu lassen, weil diese Wohnungen nicht den einfachen, sondern den darunter liegenden untersten Standard widerspiegeln (BSG Urteil vom 19.10.2010 - B 14 AS 50/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 42 ≪Berlin≫ RdNr 29). Zwar hat das LSG dargelegt, dass der Wert von 4,12 Euro/qm in etwa dem Durchschnittswert entspreche, wie er sich aus der Mietpreisspanne von Wohnungen in einfacher Wohnlage (mit je einem Abschlag von 5%) der Baualtersstufe I und der Baualtersstufe II der oberen Preisspanne der normalen Wohnlagen ergebe. Insofern bezieht das LSG in seine Berechnungen aber Wohnungen in einfacher Wohnlage ein, die in Duisburg nach seinen Feststellungen nur in zahlenmäßig eingeschränktem Umfang zur Verfügung stehen und mangels Häufigkeit auch bei der Mietspiegelerstellung als nicht repräsentativ unberücksichtigt gelassen wurden.
Weitere tatsächliche Feststellungen sind auch wegen der vorgenommenen Ausklammerung bestimmter Baualtersklassen erforderlich. Zwar hat das LSG festgestellt, dass mehr als 50 % aller Wohnungen in Duisburg den Baualtersklassen I und II angehören. Unter qualitativen Gesichtspunkten können bestimmte Baualtersklassen aber nur ausgeklammert werden, wenn weitergehende Auswertungen durch den Träger der Grundsicherung erkennen lassen, dass bestimmte Baualtersklassen den einfachen Standard nach Lage, Ausstattung und Bausubstanz nicht mehr nachvollziehbar abbilden, es sich also zB ausschließlich oder schwerpunktmäßig um das höhere oder obere Marktsegment handelt (vgl auch BSG Urteil vom 20.8.2009 - B 14 AS 65/08 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 26, RdNr 19; BSG Urteil vom 19.10.2010 - B 14 AS 50/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 42 ≪Berlin≫ RdNr 28). Insofern sind noch ergänzende Feststellungen des LSG zu den - mit bestimmten Baualtersklassen ggf regelmäßig verbundenen - Standards erforderlich.
Zudem birgt die Ausklammerung bestimmter Baualtersklassen grundsätzlich das Risiko, dass die Ermittlung der angemessenen Unterkunftskosten doch nicht - wie gefordert - über den gesamten Vergleichsraum, sondern - de facto - nur beschränkt auf bestimmte Stadtteile erfolgt. Bei Heranziehung nur bestimmter Baualterklassen muss daher auch festgestellt werden können, dass diese Baualtersklassen grundsätzlich über alle Stadteile hinweg vorhanden sind (vgl Urteil des Senats vom 17.12.2009 - B 4 AS 27/09 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 27 ≪Essen≫ RdNr 29 mit Einbeziehung nur von Wohnungen bis zur Baualtersklasse 1984 vor dem Hintergrund der Feststellungen des SG, dass Neubauwohnungen bis zu einem Alter von ca 20 Jahren nicht einen einfachen und im unteren Segment liegenden Ausstattungsgrad widerspiegeln, und des LSG, dass qualitativ unterschiedliche Wohnlagen in allen Stadteilen vorhanden sind; vgl auch Urteil des Senats vom 19.2.2009 - B 4 AS 30/08 R - BSGE 102, 263 = SozR 4-4200 § 22 Nr 19 ≪München≫ RdNr 25, wonach ein Abstellen auf Baualtersklassen nur möglich ist, soweit hieraus oder anderen Erkenntnisquellen auf den Standard von Wohnungen im Vergleichsraum geschlossen werden kann; sa BSG Urteil vom 19.10.2010 - B 14 AS 50/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 42 ≪Berlin≫ RdNr 28).
g) Zu den hiernach noch geforderten tatsächlichen Feststellungen weist der Senat zunächst darauf hin, dass der Umfang der vorrangig vom Grundsicherungsträger nachzuholenden Ermittlungen bzw Auswertungen zu dem hinter den Tabellenfeldern liegenden Wohnungsbestand von dem - je nach Art des Mietspiegels - unterschiedlichen Datenmaterial, dem ggf "ausgeklammerten" Anteil von Wohnungen des Vergleichsraums (etwa bestimmter Baualtersklassen, Wohnlagen oder Standards) sowie dem gesamten Wohnungsbestand im Vergleichsraum abhängt.
Dabei kann zunächst das Datenmaterial herangezogen werden, das der Erstellung des Mietspiegels zugrunde liegt. Wegen der an den qualifizierten Mietspiegel anknüpfenden Rechtsfolgen muss die Erarbeitung des Mietspiegels grundsätzlich dokumentiert werden (BT-Drucks 14/4553, S 57; vgl Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen, Hinweise zur Erstellung von Mietspiegeln, S 70; BSG Urteil vom 19.10.2010 - B 14 AS 50/10 R- SozR 4-4200 § 22 Nr 42 ≪Berlin≫ RdNr 31). Mit der vom LSG in Bezug genommenen Dokumentation zum Duisburger Mietspiegel 2007 hat der Beklagte einen auch in diesem Verfahren auswertbaren Erläuterungsbogen übersandt, aus dem sich die Anzahl der knapp 230 000 frei finanzierten Wohnungen in Duisburg nach Miettabellenfeldern ergibt.
Bei der Auswertung der Mietspiegeldaten und ggf weiterem Zahlenmaterial kann sich ergeben, dass die Berücksichtigung von gewichteten Mittelwerten der (ggf nach Ausklammerung bestimmter Baualtersklassen, Wohnungsstandards oder Wohnlagen) herangezogenen Tabellenfelder - wegen der damit berücksichtigten tatsächlichen Häufigkeit - sicherstellt, dass ein ausreichender Bestand an den einbezogenen Wohnungen vorhanden und damit angemessener Wohnraum für den Leistungsberechtigten tatsächlich erreichbar ist; wegen der Besonderheiten von Mietspiegeln erfüllt die Bildung eines arithmetischen Mittelwertes die Anforderungen an ein mathematisch-statistisch nachvollziehbares Konzept regelmäßig nicht (vgl BSG Urteil vom 19.10.2010 - B 14 AS 50/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 42 ≪Berlin≫ RdNr 32). Insofern lässt sich hier bereits dem vom Beklagten übersandten Erläuterungsbogen entnehmen, dass zB eine nicht nach tatsächlicher Häufigkeit gewichtete Einbeziehung des Mietwertes für Wohnungen der Baualtersklasse IV - in unproblematisch zu berücksichtigender normaler Wohnlage - eine nach dem tatsächlichen Wohnungsbestand im Vergleichsraum nicht gerechtfertigte Erhöhung der Angemessenheitsgrenze bewirken würde. Der Senat hat bereits entschieden, dass als Angemessenheitsgrenze der obere Spannenwert zu berücksichtigen ist, wenn - bei entsprechend vorhandenem Datenmaterial - nur die Wohnungen einfachen Standards zugrunde gelegt werden (BSG Urteil vom 22.9.2009 - B 4 AS 18/09 R - BSGE 104, 192 = SozR 4-4200 § 22 Nr 30 RdNr 21; so auch BSG Urteil vom 23.8.2011 - B 14 AS 91/10 R ≪Cuxhaven≫, RdNr 24), die vom Duisburger Mietspiegel aber nicht gesondert erfasst sind.
6. Weitere Ermittlungen sind auch zu den angemessenen abstrakten Betriebskosten iS des § 556 BGB erforderlich, die der Beklagte und ihm nachfolgend das SG in die Prüfung der angemessenen Bruttokaltmiete einbezogen haben (vgl zu den Ermittlungsschritten auf der Grundlage der Bruttokaltmiete als Vergleichsbasis: BSG Urteil vom 19.10.2010 - B 14 AS 50/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 42 ≪Berlin≫ RdNr 33f; vgl aber auch Urteil des Senats vom 22.9.2009 - B 4 AS 18/09 R, BSGE 104, 192 = SozR 4-4200 § 22 Nr 30 RdNr 23 zur Nettokaltmiete als Vergleichsbasis; siehe auch BSG Urteil vom 19.2.2009 - B 4 AS 48/08 R - BSGE 102, 274 = SozR 4-4200 § 22 Nr 18, RdNr 16 ff).
7. Schließlich wird das LSG noch die Höhe der getrennt von den Unterkunftskosten auf ihre Angemessenheit zu prüfenden Heizkosten zu bestimmen haben (BSG Urteil vom 2.7.2009 - B 14 AS 36/08 R - BSGE 104, 41 = SozR 4-4200 § 22 Nr 23; zuletzt BSG Urteil vom 19.10.2010 - B 14 AS 50/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 42 ≪Berlin≫, RdNr 18; keine Bildung einer Gesamtangemessenheitsgrenze BSG Urteil vom 20.8.2009 - B 14 AS 65/08 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 26 RdNr 24). Hier sind die Vorinstanzen offenbar von den tatsächlichen Heizkostenvorauszahlungen ausgegangen, für deren Unangemessenheit keine Anhaltspunkte vorliegen. Dieser Betrag ist aber ggf um die Kosten der Warmwasserbereitung zu bereinigen, wenn die Erwärmung des Wassers wie die Heizung über eine Gasetagenheizung erfolgt (vgl hierzu näher BSGE 100, 94 = SozR 4-4200 § 22 Nr 5). Hierzu fehlen Feststellungen des LSG.
Das LSG wird ggf noch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.
Fundstellen
BSGE 2012, 52 |
NJW 2012, 8 |
FA 2012, 223 |
NDV-RD 2012, 84 |
SGb 2012, 82 |
info-also 2012, 135 |