Leitsatz (amtlich)

Die Leistung aus der Unfallversicherung ist entsprechend UVNG Art 4 § 5 Abs 3 auch in den Fällen nach dem ungekürzten Jahresarbeitsverdienst neu festzustellen, in denen der Jahresarbeitsverdienst nach Art 143 Abs 4 iVm 2. UVÄndG Art 142 Abs 5 vom 1925-07-14 wegen einer vor dem Unfall bestehenden teilweisen Erwerbsunfähigkeit gekürzt worden ist.

 

Normenkette

UVNG Art. 4 § 5 Abs. 3 Fassung: 1963-04-30; UVGÄndG 2 Art. 142 Abs. 5 Fassung: 1925-07-14, Art. 143 Abs. 4 Fassung: 1925-07-14

 

Tenor

Die Urteile des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 20. August 1968 und des Sozialgerichts Münster vom 29. November 1966 werden aufgehoben, und die Bescheide der Beklagten vom 25. Mai und 14. September 1965 werden geändert.

Die Beklagte wird verurteilt, den ungekürzten Jahresarbeitsverdienst des Klägers seiner Rentenberechnung zugrunde zu legen.

Die Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits zu erstatten.

 

Gründe

I

Der Kläger erlitt als Zimmermann am 10. Oktober 1920 eine Augenverletzung. Er erhielt eine Unfallrente von 20. v.H. der Vollrente. Nach Beendigung der Inflationszeit wurde die Rente gemäß Art. 143 des Zweiten Gesetzes über Änderungen in der Unfallversicherung vom 14. Juli 1925 (RGBl I S. 97 - 2.ÄndG) neuberechnet und bei der Festsetzung des Jahresarbeitsverdienstes (JAV) von dem durchschnittlichen Verdienst gleichartiger, in der Erwerbsfähigkeit nicht beschränkter Versicherter in dem Betrieb, in dem sich der Unfall ereignet hat aus den Monaten Juli 1924 bis Juni 1925 - für den Kläger 1443,- RM (4,81 RM x 300) - ausgegangen. Von diesem JAV wurde derjenige Teil der Berechnung zugrunde gelegt, welcher dem Maß der Erwerbsfähigkeit des Klägers vor dem Unfall entsprach (Art. 143 Abs. 4 i.V.m. Art. 142 Abs. 5 des 2.ÄndG). Der Kläger war zur Zeit des Unfalls nach rechtskräftiger Feststellung des Versorgungsamtes in Neuruppin 70 v.H. in seiner Erwerbsfähigkeit gemindert, so daß der JAV 30 v.H. von 1443,- RM = 432,90 RM betrug.

Die aufgrund der Vierten Notverordnung des Reichspräsidenten vom 8. Dezember 1931 (RGBl. I S. 699) eingestellte Unfallrente gewährte die Beklagte nach Inkrafttreten des Unfallversicherungs-Neuregelungsgesetzes vom 30. April 1963 (BGBl. I S. 241 - UVNG) auf Antrag des Klägers mit Bescheid vom 25. Mai 1965 wieder. Sie führte aus, daß der Rentenberechnung der Ur-Jahresarbeitsverdienst von 1443,- RM zugrunde liege und gemäß Art. 143 Abs. 4, Art. 142 Abs. 5 des 2. ÄndG gekürzt wäre. Sie berücksichtigte die Erhöhungen des JAV durch das Erste und Zweite Unfallrenten-Neuregelungsgesetz sowie das Sechste und Siebente Rentenanpassungsgesetz.

Der Kläger hat Klage erhoben und die Berechnung der Rente nach dem ungekürzten JAV erstrebt.

Die Beklagte hat den angefochtenen Bescheid durch Bescheid vom 14. September 1965 im Hinblick auf § 6 des Gesetzes über Zulagen und Mindestleistungen in der gesetzlichen Unfallversicherung vom 29. April 1952 (BGBl. I S. 253) geändert.

Das Sozialgericht (SG) hat mit Urteil vom 29. November 1966 die Klage abgewiesen, da auch das UVNG die Vorschriften, auf denen die Kürzung des JAV des Klägers beruhe, nicht aufgehoben habe.

Die Berufung des Klägers hat das Landessozialgericht (LSG) durch Urteil vom 20. August 1968 zurückgewiesen. Es hat zur Begründung ausgeführt: Die den Kläger belastenden, in dem Bescheid vom 17. Juni 1926 angewandten Vorschriften der Art. 143 Abs. 4, Art. 142 Abs. 5 des 2. ÄndG seien bisher nicht aufgehoben. Auch Art. 4 § 16 Abs. 2 UVNG träfe hierüber keine ausdrückliche Regelung. Entgegen der Meinung des Klägers sei aus Art. 4 § 5 Abs. 3 UVNG ebenfalls nicht zu entnehmen, daß die beanstandete Kürzung wegfallen solle. Diese Vorschrift ordne für die in Abs. 1 und 2 aufgeführten Renten ausdrücklich an, daß die Kürzung nur bei den Unfallrenten in Wegfall komme, deren JAV nach dem Ortslohn berechnet worden sei oder denen die durchschnittlichen JAVe der landwirtschaftlichen Unfallversicherung zugrunde längen. Sie klammere mithin die Unfallrenten aus, die - wie beim Kläger - nach dem Individuallohn berechnet worden seien. Eine entsprechende Anwendung des Art. 4 § 5 Abs. 3 UVNG sei nicht zulässig, da eine Lücke im Gesetz nicht bestehe. Die Besserstellung der von dieser Vorschrift erfaßten Versicherten verstoße nicht gegen den Gleichheitssatz. Sie beruhe auf sachlich anzuerkennenden Erwägungen; denn die Kürzung von Renten, die lediglich nach dem Ortslohn berechnet seien, führe zu Minimalbeträgen, welche kein Äquivalent für die eingetretene Minderung der Erwerbsfähigkeit mehr darstellten.

Der Gesetzgeber sei gewandelten sozialen Anschauungen gefolgt, indem er diese Renten in einem Umfange begünstigte, daß sie in ein angemessenes Verhältnis zu den anderen Renten gebracht worden seien.

Das LSG hat die Revision zugelassen.

Der Kläger hat dieses Rechtsmittel eingelegt.

Er ist der Auffassung, daß unter den besonderen Umständen seines Falles zumindest eine entsprechende Anwendung des Art. 4 § 5 Abs. 3 UVNG möglich sei. Die gegenteilige Auffassung des LSG wäre nur stichhaltig, wenn der Gesetzgeber in dieser Vorschrift lediglich eine Berechnung der Rente nach den "gekürzten Jahresarbeitsverdiensten" bestimmt hätte. Tatsächlich habe der Gesetzgeber aber die Berechnung dieser Rente nach dem "ungekürzten JAV" vorgesehen und offensichtlich alle Versicherten besserstellen wollen, die bei niedrigen Arbeitsverdiensten auch noch den Kürzungsvorschriften unterlagen. Das beweise auch die entsprechende Anwendung der Regelung des Art. 4 § 5 Abs. 3 Satz 1 UVNG auf die durchschnittlichen JAVe in der landwirtschaftlichen Unfallversicherung. Es wäre deshalb unbillig, ihn von der Aufhebung der Kürzungsbestimmungen nur auszuschließen, weil er im Zeitpunkt des Unfalles einen über dem Ortslohn liegenden Lohn erzielt habe.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 20. August 1968 und das Urteil des Sozialgerichts Münster vom 29. November 1966 aufzuheben und die Beklagte unter Änderung ihrer Bescheide vom 25. Mai 1965 und 14. September 1965 zu verurteilen, bei der Berechnung der Rente des Klägers ab 1. Juli 1964 den ungekürzten Jahresarbeitsverdienst zugrunde zu legen.

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

II

Die zulässige Revision ist begründet.

Die Beklagte hat den JAV des Klägers - wogegen sich dieser nicht wendet - mit Recht weiterhin gem. Art. 143 Abs. 1 und Abs. 2 des 2. ÄndG (aaO) in der Weise errechnet, daß der Reichsmark-Betrag des JAV zugrunde gelegt wurde, den gleichartige, in der Erwerbsfähigkeit nicht beschränkte Versicherte in dem Betrieb, in dem sich der Unfall ereignet hat, zur Zeit des Inkrafttretens des Gesetzes durchschnittlich verdienten. Diese Vorschrift ist bisher - auch durch das UVNG (vgl. Art. 4 §§ 1, 2 Abs. 2, § 16 UVNG) - nicht aufgehoben worden.

Die Beklagte hat jedoch zu Unrecht in den angefochtenen Bescheiden den JAV des Klägers weiterhin nach Art. 143 Abs. 4 i.V.m. Art. 142 Abs. 5 des 2. ÄndG gekürzt.

Nach diesen Vorschriften wird von dem nach Art. 143 Abs.1 bis 3 des 2. ÄndG berechneten JAV für die Berechnung der Verletztenrente von Personen, die schon vor dem Unfall teilweise erwerbsunfähig waren, derjenige Teil zugrunde gelegt, welcher dem Maße der Erwerbsfähigkeit vor dem Unfall entspricht. Für Renten, die schon vor dem 1. April 1925 erstmalig rechtskräftig festgestellt worden waren, galt das nur, wenn das Maß der Erwerbsfähigkeit vor dem Unfall aus einer rechtskräftigen Entscheidung u.a. - wie beim Kläger - der Reichsversorgung hervorging (s. Art. 142 Abs. 5 Satz 2 des 2. ÄndG). Diese Vorschriften sind, wovon das LSG zutreffend ausgegangen ist, weder durch die dem 2. ÄndG folgenden weiteren Gesetze über Änderungen in der Unfallversicherung noch durch § 8 des Gesetzes über Verbesserungen der gesetzlichen Unfallversicherung vom 10. August 1949 (WiGBl. S. 251) aufgehoben worden.

Der Senat ist jedoch der Auffassung, daß die Rente des Klägers analog Art. 4 § 5 Abs. 3 UVNG nach dem ungekürzten JAV neu festzustellen ist.

Nach dieser Vorschrift ist die Leistung auf Antrag nach dem ungekürzten JAV neu festzustellen, soweit der JAV nach dem Ortslohn berechnet und wegen einer vor dem Unfall bestehenden Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) gekürzt worden ist (Art. 4 § 5 Abs. 3 Satz 1 UVNG). Das gilt entsprechend für die durchschnittlichen JAVe in der landwirtschaftlichen Unfallversicherung (Art. 4 § 5 Abs. 3 Satz 2 UVNG). Nach seinem Wortlaut betrifft Art. 4 § 5 Abs. 3 UVNG außer den hier nicht in Betracht kommenden Rentenberechnungen nach den durchschnittlichen JAVen in der landwirtschaftlichen Unfallversicherung nur die gekürzten Renten, die nach dem Ortslohn berechnet sind. Der JAV des Klägers beruht aber nicht auf dem Ortslohn, sondern auf dem Reichsmark-Betrag des JAV, den gleichartige, in der Erwerbsfähigkeit nicht beschränkte Versicherte in dem Betrieb, in dem sich der Unfall ereignet hat, zur Zeit des Inkrafttretens des 2. ÄndG durchschnittlich verdienten. Der Senat verkennt auch nicht, daß die besonders geregelte entsprechende Anwendung des Art. 4 § 5 Abs. 3 Satz 1 UVNG auf die durchschnittlichen JAVe in der landwirtschaftlichen Unfallversicherung zunächst gegen eine analoge Anwendung der Vorschrift auf die nach Art. 143 Abs. 1 bis 3, Art. 142 Abs.5 des 2. ÄndG gekürzten JAVe spricht. Sinn und Zweck des Art. 4 § 5 Abs. 3 UVNG und die Rechtsentwicklung rechtfertigen jedoch eine entsprechende Anwendung.

Der grundsätzlich nach dem tatsächlichen Arbeitsverdienst berechnete JAV wurde und wird in der gesetzlichen Unfallversicherung wegen einer vor dem Arbeitsunfall vorhandenen teilweisen Erwerbsunfähigkeit nicht gekürzt, weil davon ausgegangen wird, daß diese MdE sich regelmäßig in dem tatsächlichen Arbeitsverdienst vor dem Arbeitsunfall niederschlägt. Dagegen wurden nicht nur dem Ortslohn und den durchschnittlichen JAVen in der landwirtschaftlichen Unfallversicherung, sondern auch dem nach Art. 143 Abs. 1 des 2. ÄndG errechneten JAV durchschnittliche Arbeitsverdienste in der Erwerbsfähigkeit nicht geminderter Vergleichspersonen zugrunde gelegt. Deshalb bestimmten § 571 RVO idF bis zum Inkrafttreten des Sechsten Gesetzes über Änderungen in der gesetzlichen Unfallversicherung vom 9. März 1962 (BGBl I S. 107 - 6. ÄndG) für die gewerbliche und § 938 RVO idF bis zum Inkrafttreten des UVNG (aF) für die landwirtschaftliche Unfallversicherung eine Kürzung der nach dem Ortslohn bzw. den für die Landwirtschaft ermittelten durchschnittlichen JAVe entsprechend der vor dem Unfall bestehenden teilweisen Erwerbsunfähigkeit. Die MdE vor dem Arbeitsunfall konnte hier im Einzelfall nur nachträglich berücksichtigt werden. Dies galt auch für den nach Art. 143 des 2. ÄndG bestimmten JAV, der entgegen der Auffassung des LSG nicht nach dem Individuallohn, sondern ebenfalls nach einem Durchschnittslohn berechnet ist, dem lediglich - ähnlich wie den durchschnittlichen JAVen in der landwirtschaftlichen Unfallversicherung - die durchschnittlichen Arbeitsverdienste vergleichbarer Arbeitnehmer des Betriebes, in dem sich der Arbeitsunfall ereignete zugrunde lagen. Nur weil es sich nicht um einen Individuallohn handelte, kam auch nach dem im Jahre 1925 geltenden Recht eine Kürzung wegen einer vor dem Unfall bestehenden teilweisen Erwerbsunfähigkeit in Betracht. § 571 RVO idF bis zum Inkrafttreten des 6. ÄndG, § 938 RVO aF und Art. 143 Abs. 4 iVm Art. 142 Abs. 5 des 2. ÄndG waren somit rechtsähnlich.

§ 571 RVO wurde durch das 6. ÄndG aufgehoben. Die aufgrund dieser Vorschrift vorgenommenen Kürzungen des JAV blieben jedoch bestehen (s. Art. 3 § 2 des 6. ÄndG).

Der Entwurf des UVNG sah in § 782 (s. BT-Drucks. IV/120, S. 71) noch eine dem § 938 RVO aF entsprechende Regelung vor. Der Ausschuß für Sozialpolitik beschloß zunächst (s. insbesondere Protokoll Nr. 28 S. 37 und Nr. 31 S. 13 - 4. Wahlperiode 1962 - über die Sitzungen vom 15. und 30. November 1962 des Ausschusses für Sozialpolitik - 20. Ausschuß), § 782 des Entwurfes zu streichen. In den Übergangsvorschriften und mit Wirkung vom Inkrafttreten des UVNG wurden darüber hinaus die Kürzungen des JAV wegen einer vor dem Arbeitsunfall bestehenden MdE auch bei Arbeitsunfällen vor dem 1. Juli 1963 sowohl für die durchschnittlichen JAVe in der landwirtschaftlichen Unfallversicherung als auch für die nach dem Ortslohn berechneten JAVe aufgehoben. Mit der Einbeziehung der Kürzung der nach dem Ortslohn berechneten JAVe sollten die Kürzungen des JAV miterfaßt werden, die auf Rentenberechnungen vor dem Inkrafttreten des 6. ÄndG beruhten und bei denen es - wie bereits aufgezeigt - auch nach Aufhebung des § 571 RVO durch das 6. ÄndG - bis zum Inkrafttreten des UVNG - verblieben war. Die Neufeststellung der vor dem 1. Januar 1942 unter Berücksichtigung des § 571 RVO idF vor Inkrafttreten des 6. ÄndG und der nach § 938 RVO aF gekürzten Renten läßt den Willen des Gesetzgebers erkennen, "das, was in der Vergangenheit an Kürzungen vorgenommen worden ist, in dem Umfang zu beseitigen, daß jetzt für alle Verletzten das gleiche gilt" (Linthe, Die Berufsgenossenschaft, Sonderheft Mai 1963, S. 5, 40, Art. 4 § 5 zu Abs. 3). Für alle Verletzten das gleiche gilt hier jedoch nur, wenn auch die aufgrund des 2. ÄndG vorgenommenen Kürzungen des JAV wegen einer vor dem Arbeitsunfall bestehenden MdE aufgehoben werden. Der JAV wurde in diesen Fällen bei einer vor dem Arbeitsunfall bestehenden MdE aus den gleichen Gründen gekürzt wie die Feststellung des JAV nach dem Ortslohn und den Durchschnittssätzen in der landwirtschaftlichen Unfallversicherung. Die Aufhebung des § 571 RVO durch das 6. ÄndG konnte gegenüber dem Fortbestand des § 938 RVO aF und den Kürzungsvorschriften des 2. ÄndG noch mit der vergleichsweise sehr geringen Höhe des Ortslohnes begründet werden. Es ist aber kein Grund ersichtlich, weshalb nunmehr für die durchschnittlichen JAVe der landwirtschaftlichen Unfallversicherung ebenfalls, und zwar auch für Arbeitsunfälle vor Inkrafttreten des UVNG, nicht aber für die nach Art. 143 des 2. ÄndG ermittelten JAVe eine Kürzung wegen einer vor dem Arbeitsunfall bestehenden MdE entfallen soll. Das LSG hält seine vom Senat nicht geteilte Rechtsauffassung mit dem Gleichheitssatz für vereinbar, weil die Kürzung von Renten, die lediglich nach dem Ortslohn berechnet seien, zu Minimalbeträgen führe, welche kein Äquivalent für die eingetretene MdE mehr darstellten. Diese Erwägungen vermögen jedoch nicht die ungleiche Behandlung zu rechtfertigen, die darin bestehen würde, daß bei Arbeitsunfällen vor dem Inkrafttreten des UVNG zwar auch die Kürzung der durchschnittlichen JAVe in der landwirtschaftlichen Unfallversicherung wegen einer vor dem Arbeitsunfall bestandenen MdE, nicht aber die entsprechende Kürzung der nach Art. 143 des 2. ÄndG berechneten durchschnittlichen JAVe aufgehoben werden sollen. Der Senat geht deshalb davon aus, daß der Gesetzgeber bei der Übergangsregelung des Art. 4 § 5 Abs. 3 UVNG die Kürzungen des JAV durch das 2. ÄndG wegen einer vor dem Unfall bestehenden teilweisen Erwerbsunfähigkeit übersehen und nicht bewußt von dieser Übergangsregelung ausgenommen hat. Das Gesetz enthält somit eine Lücke. Aus den oben dargelegten Erwägungen und insbesondere unter Berücksichtigung des Gleichheitssatzes hält es der Senat für gerechtfertigt, die vom Gesetzgeber im Hinblick auf die weit zurückliegenden Regelungen des 2. ÄndG nicht erkannte Lücke des Art. 4 § 5 Abs. 3 UVNG durch eine entsprechende Anwendung dieser Vorschrift auf die § 571 RVO idF bis zum Inkrafttreten des 6. ÄndG und § 938 RVO aF rechtsähnliche Regelung des Art. 143 Abs. 4 iVm Art. 142 Abs. 5 des 2. ÄndG zu schließen.

Die auf der gegenteiligen Rechtsauffassung beruhenden Urteile des SG und LSG sind somit aufzuheben. Die Beklagte ist zur Neufeststellung der Rente nach dem ungekürzten JAV zu verurteilen.

Der Senat hat mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheiden können.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 des Sozialgerichtsgesetzes.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1670044

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