Orientierungssatz

Beitragszeiten in Grenzmonaten keine Ausfallzeiten:

Kalendermonate (Grenzmonate), die mit Pflichtbeiträgen außerhalb der Ausfallzeit belegt sind, können bei der persönlichen Bemessungsgrundlage nur als Beitragsmonate berücksichtigt werden. Dies gilt auch für den Fall, daß der teilweise mit einer Ausfallzeit belegte Grenzmonat voll mit einem freiwilligen Beitrag belegt ist (Anschluß an BSG vom 9.9.1986 11a RA 26/85).

 

Normenkette

AVG § 32 Abs. 7 S. 2 Fassung: 1965-06-09; RVO § 1255 Abs. 7 Fassung: 1965-06-09; AVG § 32 Abs. 7 S. 2 Fassung: 1985-06-05; RVO § 1255 Abs. 7 S. 2 Fassung: 1985-06-05; AnVNG Art. 2 § 12b Abs. 5 Fassung: 1985-06-05; ArVNG Art. 2 § 12b Abs. 5 Fassung: 1985-06-05

 

Verfahrensgang

Bayerisches LSG (Entscheidung vom 13.02.1985; Aktenzeichen L 13 An 258/83)

SG München (Entscheidung vom 25.11.1983; Aktenzeichen S 14 An 9/83)

 

Tatbestand

Streitig ist, ob die teilweise mit Ausfallzeiten belegten Monate Juli 1963 und Januar 1964, für die freiwillige Beiträge entrichtet sind, bei der Rentenberechnung nach § 32 Angestelltenversicherungsgesetz (AVG) als Ausfallzeit oder als Beitragszeit zu berücksichtigen sind.

Die Klägerin, die vom 1. Juli 1963 bis 31. Juli 1964 freiwillige Beiträge nach Klasse 300 entrichtet hat, war innerhalb dieses Zeitraums vom 26. Juli 1963 bis 23. Januar 1964 arbeitslos. Bei der Berechnung ihres vorgezogenen Altersruhegeldes, das mit Bescheid vom 9. September 1982 bewilligt wurde, berücksichtigte die Beklagte nur die Zeit von August 1963 bis Dezember 1963 als Ausfallzeit wegen Arbeitslosigkeit und bewertete sie mit der Werteinheit 5,35. Für die Monate Juli 1963 und Januar 1964 wurden die freiwilligen Beiträge mit Werteinheiten von 3,86 bzw 3,84 zugrundegelegt. Widerspruch und Klage, mit der die Klägerin Berücksichtigung dieser Monate als Ausfallzeit begehrte, blieben ohne Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 8. Dezember 1982; Urteil des Sozialgerichts -SG- München vom 25. November 1983).

Das Landessozialgericht (LSG) hat auf die Berufung der Klägerin die Beklagte verurteilt, die Monate Juli 1963 und Januar 1964 als Ausfallzeit zu berücksichtigen, und ausgeführt, die freiwilligen Beiträge für diese Monate hätten nach § 32 Abs 7 Satz 2 AVG unberücksichtigt zu bleiben, weil sie mit einem Kalendermonat zusammenfielen, der nach § 36 Abs 4 AVG voll als Ausfallzeit zu berücksichtigen sei. Die Anwendung des § 32 Abs 7 Satz 2 AVG sei in derartigen Fällen nicht nur durch den Wortlaut, sondern auch durch den Normzweck und die Entstehungsgeschichte dieser Bestimmung gerechtfertigt. Der Gesetzgeber sei davon ausgegangen, daß der Versicherte während einer Ausfallzeit in der Regel nur niedrige Beiträge entrichten könne, und habe deshalb die Nichtberücksichtigung der Beiträge angeordnet. Das müsse auch für einen nur teilweise mit einer Ausfallzeit belegten Monat im Falle eines Zusammentreffens mit einem freiwilligen Beitrag gelten.

Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt die Beklagte eine Verletzung des § 32 Abs 7 Satz 2 AVG. Sie beruft sich auf das in der Parallelsache 11a RA 26/85 ergangene Urteil des 11a-Senats des Bundessozialgerichts (BSG) vom 9. September 1986 und auf die frühere Entscheidung des 12. Senats des BSG vom 17. Mai 1973 (SozR Nr 13 zu § 1255 RVO). Danach seien Beiträge, die für Kalendermonate entrichtet worden seien, die teilweise auch mit einer Ausfallzeit belegt seien, nicht "während einer anzurechnenden Ausfallzeit" entrichtet und könnten deshalb nicht nach § 32 Abs 7 Satz 2 AVG unberücksichtigt gelassen werden. Das gelte nicht nur für Pflichtbeiträge, sondern müsse auch für freiwillige Beiträge gelten, weil der freiwillige Beitrag zumindest auch für den Teil des Kalendermonats entrichtet sei, in dem keine Ausfallzeit liege. Aus § 36 Abs 4 AVG könne nicht entnommen werden, daß ein solcher Kalendermonat voll mit einer Ausfallzeit belegt sei, weil diese Bestimmung nur die Anrechnung von teilbelegten Kalendermonaten betreffe. Im übrigen werde die vorgenannte Auslegung auch durch die - inzwischen in Kraft getretene - Neufassung des § 32 Abs 7 Satz 2 AVG durch das Rentenanpassungsgesetz 1985 (RAG 1985) bestätigt.

Die Beklagte beantragt, das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 13. Februar 1985 aufzuheben und die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 25. November 1983 zurückzuweisen.

Die Klägerin beantragt (sinngemäß), die Revision zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Beide Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (§ 124 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz -SGG-).

 

Entscheidungsgründe

Auf die Revision der Beklagten war das Urteil der Vorinstanz aufzuheben und die Berufung der Klägerin gegen das klagabweisende Urteil des SG zurückzuweisen. Die Beklagte hat die streitigen Kalendermonate bei der Berechnung der persönlichen Bemessungsgrundlage zu Recht als Beitragszeit und nicht als Ausfallzeit berücksichtigt.

Der in seiner Auslegung hier streitige § 32 Abs 7 Satz 2 AVG ist nach Erlaß der vorinstanzlichen Urteile mit Wirkung vom 1. Juli 1985 durch Artikel 3 Nr 2 Buchst b des RAG 1985 vom 5. Juni 1985 (BGBl I S 913) geändert worden. Diese Rechtsänderung, die in der Revisionsinstanz zu beachten ist, erfaßt auch den vorliegenden Fall.

Zum Übergangsrecht bestimmt Art 2 § 12b Abs 5 Angestelltenversicherungs-Neuregelungsgesetz (AnVNG) idF des Art 6 Nr 1 RAG 1985, daß ua § 32 Abs 7 Satz 2 des AVG in der vom 1. Juli 1985 an geltenden Fassung auch für Versicherungsfälle vor diesem Zeitpunkt gilt, sofern nicht über einen Anspruch eine nicht mehr anfechtbare Entscheidung getroffen worden ist. Damit ist § 32 Abs 7 Satz 2 AVG idF durch das RAG 1985 im vorliegenden Verfahren erstmals in der Revisionsinstanz anzuwenden, auch wenn der Versicherungsfall vor dem 1. Juli 1985 eingetreten ist. Hierbei kommt es jedoch nach wie vor darauf an, ob die für Juli 1963 und Januar 1964 entrichteten freiwilligen Beiträge "während einer anzurechnenden Ausfallzeit" entrichtet worden sind. Dies hat das LSG zu Unrecht bejaht.

Zu der durch das Rentenversicherungs-Änderungsgesetz (RVÄndG) vom 9. Juni 1965 (BGBl I 476) eingefügten Regelung des § 32 Abs 7 Satz 2 AVG aF (= § 1255 Abs 7 Satz 2 RVO aF) hat der 11a-Senat des BSG bereits entschieden, daß zu den "während" einer Ausfallzeit entrichteten Beiträgen, die zur

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1664615

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge