Leitsatz (amtlich)
Eine auf den Gesamtbetrieb und dessen Verhältnisse bezogene Anzeige von Arbeitsausfall iS des § 64 Abs 1 Nr 4 AFG ersetzt grundsätzlich nicht die für den Beginn der Gewährung von Kurzarbeitergeld iS des § 66 AFG erforderliche Anzeige von Arbeitsausfall lediglich in einer Betriebsabteilung.
Normenkette
AFG § 63 Abs 3, § 64 Abs 1 Nr 4, § 64 Abs 4, § 66 S 1, § 72 Abs 1
Verfahrensgang
Hessisches LSG (Entscheidung vom 27.03.1985; Aktenzeichen L 6 Ar 1140/84) |
SG Kassel (Entscheidung vom 12.07.1984; Aktenzeichen S 11 Ar 87/83) |
Tatbestand
Die Klägerin macht Kurzarbeitergeld (Kug) für Ausfallstunden geltend, die vier Arbeitnehmern in der Zeit vom 13. September bis 19. September 1982 entstanden sind.
Die Klägerin, die mit 15 Arbeitern und 6 Angestellten eine Kleiderfabrik betreibt, zeigte wegen schlechter Auftragslage im Februar 1982 Kurzarbeit für den gesamten Betrieb an. Die Beklagte zahlte mit Unterbrechungen Kug bis zum 18. Juni 1982. Mit Schreiben vom 30. August 1982 zeigte die Klägerin sinngemäß erneut einen Arbeitsausfall für die Zeit vom 1. September bis 31. Dezember 1982 an, der nach den am 2. September 1982 beim Arbeitsamt eingegangenen näheren Angaben der Klägerin wiederum den ganzen Betrieb betraf. Mit Bescheid vom 14. September 1982 erkannte die Beklagte an, daß die Voraussetzungen der §§ 63, 64 Abs 1 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) erfüllt seien und den vom Arbeitsausfall betroffenen Arbeitnehmern des Betriebes für die Zeit des Vorliegens der Anspruchsvoraussetzungen, längstens jedoch bis zum 31. Dezember 1982 (verlängert) Kug gewährt werde. Am 20. September 1982 teilte die Klägerin der Beklagten mit, daß es ihr durch einen kurzfristigen größeren Auftrag eines Versandhauses gelungen sei, die beabsichtigte Kurzarbeit für den gewerblichen Teil ihres Betriebes im September 1982 abzuwenden. Für vier Mitarbeiter der Abteilung Verwaltung bleibe es hingegen bei der Arbeitseinschränkung, weil durch den Großauftrag keine zusätzlichen kaufmännischen Arbeiten anfielen. Mit dem am 15. Oktober 1982 der Beklagten zugegangenen Antrag begehrte die Klägerin für die betroffenen vier Arbeitnehmer der "Betriebsabteilung Verwaltung" die Auszahlung von Kug für die Zeit ab 13. September 1982. Mit Schreiben vom 12. November 1982 wies die Beklagte die Klägerin darauf hin, daß die gesetzlichen Mindestvoraussetzungen für den Gesamtbetrieb nicht erfüllt seien, das Schreiben vom 20. September 1982 jedoch als erneute Anzeige von Kurzarbeit, und zwar bezogen auf die Betriebsabteilung Verwaltung, zu werten sei; zur Überprüfung der Anspruchsvoraussetzungen dem Grunde nach werde um die formularmäßigen Angaben gebeten. Die Klägerin zeigte daraufhin am 16. November 1982 formularmäßig einen Arbeitsausfall in der Betriebsabteilung Verwaltung in der Zeit vom 1. September 1982 bis voraussichtlich 31. Dezember 1982 an, der alle vier dort beschäftigten Arbeitnehmer betraf. Nunmehr erkannte die Beklagte unter Bezugnahme auf das Schreiben vom 12. November 1982 für die Betriebsabteilung Verwaltung und den Zeitraum vom 20. September bis 31. Dezember 1982 die Voraussetzungen für Kug an (Bescheid vom 18. November 1982). Mit Bescheid vom 23. November 1982 bewilligte die Beklagte den vier Arbeitnehmern Kug für den Abrechnungszeitraum vom 20. September bis 5. November 1982; gleichzeitig lehnte sie Kug für die Zeit von Montag, den 13., bis Sonntag, den 19. September 1982 ab, da die Mindestvoraussetzungen für den Gesamtbetrieb nicht erfüllt seien. Der dagegen eingelegte Widerspruch der Klägerin blieb ohne Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 16. März 1983).
Das Sozialgericht (SG) hat die Bescheide der Beklagten vom 12. und 23. November 1982 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. März 1983 abgeändert und die Beklagte verurteilt, an die Klägerin Kug wegen des Arbeitsausfalles in der Verwaltungsabteilung vom 13. bis 19. September 1982 in gesetzlicher Höhe nebst 4% Zinsen ab 1. Mai 1983 zu zahlen; wegen des darüber hinaus geltend gemachten Zinsanspruchs hat es die Klage abgewiesen (Urteil vom 12. Juli 1984). Auf die vom SG zugelassene Berufung der Beklagten hat das Landessozialgericht (LSG) das Urteil des SG abgeändert und die Klage in vollem Umfange abgewiesen (Urteil vom 27. März 1985).
Zur Begründung seines Urteils hat das LSG ausgeführt, die Gewährung von Kug sei nach den §§ 63 ff AFG maßgeblich auf den Betrieb bzw die Betriebsabteilung abgestellt und folglich seien die Verhältnisse in dem Betrieb bzw in der Betriebsabteilung, für den Kurzarbeit angezeigt und die Gewährung von Kug für zulässig erklärt werde, bestimmend für Beginn, Höhe und Dauer des Anspruchs auf Kug. Die Klägerin habe bereits bis zum 18. Juni 1982 Kug für den Gesamtbetrieb bezogen. Nach der erneuten Anzeige von Kurzarbeit sei durch Bescheid der Beklagten vom 14. September 1982 das Vorliegen der Voraussetzungen für die Zahlung von Kug für den Gesamtbetrieb anerkannt und die Bezugsfrist bis zum 31. Dezember 1982 verlängert worden. Aufgrund dieser verbindlichen Festsetzung sei allein auf die Verhältnisse im Gesamtbetrieb abzustellen. Vor Beginn einer neuen Bezugsfrist, dh vor Ablauf von drei Monaten seit dem 18. Juni 1982, für den Kug zuletzt gewährt worden sei (§ 67 Abs 3 AFG), habe ein Wechsel vom Gesamtbetrieb zu einer Betriebsabteilung nicht erfolgen können. Das schließe allerdings nicht aus, bei Wegfall von Kug-Voraussetzungen für den Gesamtbetrieb für einen anderen Betrieb oder eine Betriebsabteilung desselben Betriebs erneut Kug anzuzeigen und die Gewährung von Kug für zulässig zu erklären. Das setze aber einen neuen selbständigen Versicherungsfall voraus. Hiernach sei eine Auszahlung von Kug in der streitigen Zeit nicht möglich, da von dem Arbeitsausfall lediglich vier der 21 Arbeitnehmer des Gesamtbetriebs betroffen gewesen seien und nicht, wie nach § 64 Abs 1 Nr 3a AFG erforderlich, mindestens ein Drittel der beschäftigten Arbeitnehmer. Erst mit Schreiben der Klägerin vom 20. September 1982 und den nachfolgenden Unterlagen sei eine Umstellung der Organisationseinheit "Gesamtbetrieb" auf "Verwaltung" erfolgt und damit ein neuer Versicherungsfall eingetreten. Davor aber sei ein Wechsel auf die Organisationseinheit "Verwaltung" nicht möglich und somit eine Gewährung von Kug hierfür ausgeschlossen.
Mit der Revision macht die Klägerin die Verletzung der §§ 64 Abs 1 Nr 4, 67 Abs 3, 72 Abs 1 AFG geltend. Sie trägt dazu vor: Das LSG sei ohne Begründung davon ausgegangen, daß für das Kug stets der Betrieb oder die Betriebsabteilung maßgeblich sei, für den bzw die Kurzarbeit angezeigt und Kug bewilligt sei. Es habe übersehen, daß die Klägerin nachträglich und rechtzeitig mit Schreiben vom 20. September 1982 die Kurzarbeit auf die Verwaltungsabteilung beschränkt habe. Es sei unnötiger Formalismus, wenn neben einer Anzeige für den Gesamtbetrieb hilfsweise eine Anzeige für eine oder mehrere Betriebsabteilungen erstellt werden müsse. Die vom LSG erwähnte Sperrwirkung des § 67 Abs 3 AFG für einen erneuten Bezug von Kug könne schon deshalb nicht eingreifen, weil zu dem Zeitpunkt, zu dem die Klägerin die Beschränkung des Arbeitsausfalls auf die Verwaltungsabteilung angezeigt habe, noch kein Kug bezogen worden sei. Im übrigen müsse es Betrieben möglich sein, ihre Dispositionen zu ändern, um einen nach erfolgter Anzeige überraschend eintreffenden Großauftrag hereinnehmen zu können. Es widerspreche den Zwecken des Kug, wenn in Fällen dieser Art ein Auftrag, durch den sich ein Arbeitsausfall in der Produktion vermeiden lasse, ausgeschlagen werde, um Kug für den gesamten Betrieb in Anspruch nehmen zu können.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des LSG aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des SG zurückzuweisen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision der Klägerin zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend und führt ergänzend aus: Die Anzeige des Arbeitsausfalls, die - wie hier - auf einer Vereinbarung mit dem Betriebsrat beruhe, sei Grundlage eines nicht angefochtenen begünstigenden Verwaltungsaktes und sei für die gesamte Dauer der Bezugsfrist maßgebend. Wäre in einer Anzeige über den Arbeitsausfall für den Gesamtbetrieb inzident auch eine Anzeige für jede einzelne Betriebsabteilung enthalten, müßte akzeptiert werden, daß damit die betrieblichen Mindesterfordernisse umgangen werden könnten und der in Abteilungen gegliederte Betrieb gegenüber dem ungegliederten Betrieb Vorteile erlange. Daß Betrieb und Betriebsabteilung gleichgestellt seien, stehe dem nicht entgegen; der hierdurch erleichterte Zugang zum Kug-Bezug müsse als lex specialis eng ausgelegt werden und dürfe nicht zur Umgehung der Mindesterfordernisse führen. Im übrigen entfalle bei einer Beschränkung der Kurzarbeit auf eine Betriebsabteilung ggfs auch die Geschäftsgrundlage für die Kurzarbeits-Vereinbarung mit dem Betriebsrat. Im vorliegenden Falle habe die für den Gesamtbetrieb erstattete Anzeige ihre anspruchsbegründende Wirkung erst nach einer dreimonatigen Unterbrechung des Kug-Bezuges gemäß § 67 Abs 3 AFG am 18. September 1982 verloren. Erst danach habe ein Wechsel vom Gesamtbetrieb zu einer Betriebsabteilung vorgenommen werden können, was zur Anerkennung der Voraussetzungen der §§ 63, 64 Abs 1 AFG für die Verwaltung ab 20. September 1982 geführt habe.
Der Beigeladene hat von Antrag und Stellungnahme abgesehen.
Die Beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (§ 124 Abs 2 des Sozialgerichtsgesetzes -SGG-).
Entscheidungsgründe
Die Revision der Klägerin ist unbegründet.
Gegenstand des Rechtsstreits, den die Klägerin als Prozeßstandschafterin ihrer vom Rechtsstreit betroffenen Arbeitnehmer führt (BSGE 22, 181, 183 = SozR Nr 26 zu § 144 SGG; BSGE 38, 94, 95 f = SozR 1500 § 75 Nr 4), sind die behaupteten Ansprüche der vier in der Verwaltung tätigen Arbeitnehmer, das ihnen bis zum 5. November 1982 bewilligte Kug unter Einschluß der Arbeitsausfälle in der Zeit vom 13. bis 19. September 1982 (Montag bis Sonntag) zu gewähren. Die Beklagte hat durch Bescheid vom 23. November 1982 Kug für die Zeit vom 13. bis 19. September 1982 abgelehnt. Die Klage richtet sich daher gegen diesen Bescheid (idF des Widerspruchsbescheids). Sie richtet sich aber auch gegen den Bescheid vom 18. November 1982. Durch diesen Bescheid hat die Beklagte auf die Kurzarbeitsanzeige der Klägerin für die Betriebsabteilung Verwaltung die Voraussetzungen für Kug für die Zeit ab 20. September 1982 zwar anerkannt. Damit ist der Anzeige der Klägerin aber nur teilweise entsprochen worden; denn formularmäßig angezeigt war Kurzarbeit, bezogen auf die Betriebsabteilung Verwaltung, ab 1. September 1982. Der Sache nach hat die Beklagte durch den Anerkennungsbescheid vom 18. November 1982 also die Anerkennung der Voraussetzungen für Kug, bezogen auf die Betriebsabteilung Verwaltung, für die Zeit vom 1. bis 19. September 1982 abgelehnt. Auch hiergegen richten sich sinngemäß Widerspruch und Klage, mit der die Klägerin anzeigegemäß das Kug ihrer Arbeitnehmer verfolgt. Denn unabhängig von der Bezeichnung des angefochtenen Verwaltungsakts ist auch derjenige Verwaltungsakt als angefochten anzusehen, dessen Anfechtung nach Lage der Dinge den Belangen des Betroffenen entspricht; angefochten ist daher auch ein im Widerspruch oder Klage nicht ausdrücklich genannter Verwaltungsakt, den der Betroffene anfechten muß, um zu dem erkennbar angestrebten Erfolg zu kommen. Da aber die Ablehnung der Anerkennung der Kug-Voraussetzungen nicht nur die Zusicherung, daß Kug gezahlt wird, versagt, sondern die Voraussetzungen der Ansprüche und damit diese selbst verneint, muß die Ablehnung der Anerkennung, um den Eintritt der Bestandskraft zu verhindern, angefochten werden, falls weiterhin Kug geltend gemacht werden soll. Daß die Klägerin nicht ausdrücklich beantragt hat, den Bescheid vom 18. November 1982 aufzuheben, soweit ihrer Anzeige nicht entsprochen worden ist, ist unerheblich; denn das Gericht entscheidet über die erhobenen Ansprüche, ohne an die Fassung der Anträge gebunden zu sein (§ 123 SGG).
Zutreffend hat das LSG die Klage abgewiesen. Anspruch auf Kug hat nach § 65 Abs 1 AFG, das hier in der zuletzt durch das Arbeitsförderungs-Konsolidierungsgesetz (AFKG) vom 22. Dezember 1981 (BGBl I 1497) geänderten Fassung anzuwenden ist, wer nach Beginn des Arbeitsausfalls in einem Betrieb, in dem nach § 64 AFG Kug gewährt wird, eine die Beitragspflicht begründende Beschäftigung (§ 168 Abs 1 AFG) ungekündigt fortsetzt oder aus zwingenden Gründen aufnimmt und infolge des Arbeitsausfalls ein vermindertes oder kein Arbeitsentgelt bezieht. Es genügt demnach nicht, wenn ein Arbeitnehmer infolge Arbeitsmangels seines Arbeitgebers nur vermindert oder kein Arbeitsentgelt erzielt. Der Anspruch auf Kug setzt vielmehr zusätzlich voraus, daß der Arbeitnehmer in einem Betrieb beschäftigt ist, in dem überhaupt Kug gewährt wird, dh daß alle in § 64 AFG geforderten betrieblichen Voraussetzungen gegeben sein müssen. Letzteres ist hinsichtlich der streitigen Ansprüche nicht der Fall.
Nach § 64 Abs 1 Nr 3 Buchst a AFG setzt die Gewährung von Kug in einem Betrieb ua voraus, daß in einem zusammenhängenden Zeitraum von mindestens vier Wochen für mindestens ein Drittel der in dem Betrieb tatsächlich beschäftigten Arbeitnehmer jeweils mehr als 10 vH der Arbeitszeit nach § 69 AFG ausfällt. Für jeden der Arbeitnehmer, der zu der von der Kurzarbeit betroffenen Mindestquote von jetzt einheitlich einem Drittel der in dem Betrieb tatsächlich beschäftigten Arbeitnehmer gehört, muß, wie der Senat entschieden und der Gesetzgeber inzwischen durch die Einfügung des Wortes "jeweils" verdeutlicht hat, persönlich mehr als 10 vH der Arbeitszeit iS des § 69 AFG ausfallen (BSG SozR 4100 § 64 Nr 5; Begründung zu Art 1 § 1 Nr 21 AFKG-Entwurf, BT-Drucks 9/846 S 41). Diese Mindestquote ist in dem zusammenhängenden Zeitraum von mindestens vier Wochen, für den die Klägerin das Kug geltend gemacht hat, nicht erreicht; denn nach den den Senat bindenden Feststellungen (§ 163 SGG) waren von der seinerzeit durchgeführten Kurzarbeit von den 21 Beschäftigten des Betriebes nicht ein Drittel (= 7 Arbeitnehmer), sondern weniger, nämlich lediglich die vier in der Verwaltung tätigen Arbeitnehmer betroffen. Die Nichterfüllung dieser betrieblichen Anspruchsvoraussetzung steht der Gewährung von Kug entgegen, obwohl die Beklagte durch den Bescheid vom 14. September 1982 anerkannt hat, daß die Voraussetzungen für die Gewährung von Kug nach den §§ 63 und 64 Abs 1 AFG vorliegen, und diese Anerkennung nicht aufgehoben hat. Allerdings gibt die Anerkennung den Betroffenen, insbesondere dem Arbeitgeber, der das Kug zu errechnen und auszuzahlen hat, grundsätzlich die Zusicherung, daß die betrieblichen Voraussetzungen gegeben sind, die Beklagte den Arbeitnehmern also Kug gewähren wird, sofern die persönlichen Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sind. Soweit es sich aber bei den betrieblichen Voraussetzungen um erst künftig eintretende Tatsachen handelt, wie das bei der Mindestquote der in einem zusammenhängenden Zeitraum von mindestens vier Wochen qualifiziert vom Arbeitsausfall betroffenen Arbeitnehmer des Betriebes der Fall ist, gilt die Zusicherung jedoch nur, wenn diese erwarteten Tatsachen auch eintreten (BSG SozR 4100 § 64 Nr 5). Geschieht das nicht und sind die betrieblichen Anspruchsvoraussetzungen daher nicht gegeben, ist Kug zu versagen, ohne daß es der (vielfach tunlichen) Aufhebung des Anerkennungsbescheides bedarf.
Die geltend gemachten Ansprüche der vier Arbeitnehmer der Klägerin lassen sich auch nicht darauf stützen, daß Betrieb im Sinne der Vorschriften über das Kug auch eine Betriebsabteilung ist (§ 63 Abs 3 AFG) und die Mindesterfordernisse des § 64 Abs 1 Nr 3 AFG erfüllt sind, bezieht man den Arbeitsausfall statt auf den Betrieb auf die Betriebsabteilung Verwaltung. Allerdings genügt es für die Gewährung von Kug, wenn die betrieblichen Voraussetzungen, also auch die Mindestquote, nur in einer Betriebsabteilung gegeben sind; jedoch können Kug dann nur die Arbeitnehmer beziehen, die nach dem Arbeitsausfall in der Betriebsabteilung, in der die betrieblichen Anspruchsvoraussetzungen gegeben sind, die Beschäftigung ungekündigt fortsetzen oder aus zwingenden Gründen aufnehmen. Aber auch wenn die vier in der Verwaltung des klägerischen Unternehmens tätigen Arbeitnehmer eine Betriebsabteilung iS des § 63 Abs 3 AFG bilden und die weiteren Voraussetzungen des § 64 Abs 1 Nr 3 Buchst b iVm Abs 4 AFG (idF des AFKG) gegeben sein sollten, was hier nicht zu entscheiden ist, wären die betrieblichen Voraussetzungen des § 64 Abs 1 AFG nicht erfüllt. Es fehlt nämlich jedenfalls an der weiteren Voraussetzung für die Gewährung von Kug, daß der Arbeitsausfall dem Arbeitsamt angezeigt worden ist (§ 64 Abs 1 Nr 4 AFG).
Die Anzeige ist eine materiellrechtliche Voraussetzung (vgl Begründung zu § 59 AFG-Entwurf, BT-Drucks V/2291 S 71), die neben anderen Voraussetzungen den Anspruch auf Kug begründet. Sie muß grundsätzlich in dem Zeitpunkt, für den Kug gewährt werden soll, vorliegen. Dementsprechend regelt § 66 Satz 1 AFG, was nach den Gesetzesmotiven nur zur Klarstellung geschehen ist (Begründung zu § 61 AFG-Entwurf, BT-Drucks V/2291 S 72), ausdrücklich, daß Kug in einem Betrieb (= in einer Betriebsabteilung) frühestens von dem Tage an gewährt wird, an dem die Anzeige über den Arbeitsausfall beim Arbeitsamt eingegangen ist. Lediglich für den Fall, daß der Arbeitsausfall nicht, wie hier, auf wirtschaftlichen Ursachen, sondern auf einem unabwendbaren Ereignis beruht und die Anzeige unverzüglich erstattet worden ist, gestattet der durch das Fünfte Gesetz zur Änderung des Arbeitsförderungsgesetzes vom 23. Juli 1979 (BGBl I 1189) angefügte Satz 2 des § 66 AFG als Ausnahme, daß Kug vom ersten Tage des unabwendbaren Ereignisses an gewährt wird. Für die hier streitige Gewährung von Kug für Arbeitsausfälle in der Zeit vom 13. bis 19. September 1982 genügt daher nicht, daß die Klägerin den Arbeitsausfall in der Betriebsabteilung Verwaltung danach, nämlich etwa mit dem Schreiben vom 20. September 1982 und jedenfalls am 16. November 1982 mit der formularmäßigen Anzeige gemeldet hat. Die Anzeige des Arbeitsausfalls in der Betriebsabteilung Verwaltung hätte vielmehr vorher, spätestens am 13. September 1982 erstattet werden müssen. Das ist jedoch nicht geschehen. Daß die Klägerin Arbeitsausfall für den gesamten Betrieb Ende August/Anfang September 1982 angezeigt hatte, genügt nicht; denn eine Anzeige des Arbeitsausfalls in einer Betriebsabteilung Verwaltung ist weder dem Schreiben vom 30. August 1982 noch der am 2. September 1982 nachgereichten formularmäßigen Anzeige zu entnehmen.
Dem Anzeigeerfordernis nach § 64 Abs 1 Nr 4 AFG wird nicht schon dadurch genügt, daß ohne weitere Angaben schlicht ein eingetretener oder bevorstehender Arbeitsausfall dem Arbeitsamt mitgeteilt wird. Das ergibt sich schon daraus, daß die Anzeige nicht bloße Tatsachenmitteilung ist, ihre Abgabe vielmehr erfolgt, um die betriebliche Anspruchsvoraussetzung des § 64 Abs 1 Nr 4 AFG zu erfüllen und alsbald einen Anerkennungsbescheid durch das Arbeitsamt zu erhalten. Die Rechtsprechung hat die Anzeige deshalb auch als öffentlich-rechtliche Willenserklärung qualifiziert (BSGE 22, 187, 192 = SozR Nr 1 zu § 143e AVAVG; vgl RVA GE 4937 AN 1936, 21, 22). Die Erstattung der Anzeige hat zur Folge, daß dem Anzeigenden unverzüglich ein schriftlicher Bescheid darüber zu erteilen ist, ob anerkannt wird, daß die Voraussetzungen für die Gewährung von Kug nach den §§ 63 und 64 Abs 1 AFG vorliegen (§ 72 Abs 1 Satz 4 AFG). Da Kug nicht nur in Betrieben, sondern auch in Betriebsabteilungen gewährt wird, die im Sinne der Vorschriften über das Kug Betriebe sind (§ 63 Abs 3 AFG), entscheidet die Beklagte je nach dem Inhalt der Anzeige und dem danach erstrebten Anerkennungsbescheid, ob die betrieblichen Voraussetzungen für Kug im Betrieb, in einzelnen oder ggfs allen Betriebsabteilungen gegeben sind. Bei einem Betrieb, der sich in Betriebsabteilungen gliedert, muß daher die Anzeige ergeben, welcher Anerkennungsbescheid bzw welche Anerkennungsbescheide begehrt werden. Schon wegen des mit der Anzeige erstrebten anderen Anerkennungsbescheids, aber auch wegen der anderen Angaben, die dabei zu machen sind, unterscheidet sich die Anzeige der Kurzarbeit in einem Betrieb von der Anzeige der Kurzarbeit in einer Betriebsabteilung.
Die Anerkennung gibt, wie oben erwähnt, dem Betroffenen die Zusicherung, daß die Beklagte den Arbeitnehmern Kug gewährt, sofern die persönlichen und die betrieblichen Voraussetzungen entsprechend der Anzeige vorliegen und, soweit es sich um künftige Tatsachen handelt, diese tatsächlich auch eintreten. Bescheide dieser Art enthalten eine abschließende Entscheidung über das Vorliegen oder Nichtvorliegen der allgemeinen und betrieblichen Zulässigkeitsvoraussetzungen. Grundlage der Entscheidung ist die Anzeige. Durch sie soll die Beklagte in die Lage versetzt werden, umgehend zu überprüfen, ob die Voraussetzungen nach den §§ 63, 64 Abs 1 AFG vorliegen. Dementsprechend schreibt § 72 Abs 1 Satz 3 AFG vor, daß mit der Anzeige die Voraussetzungen nach den §§ 63 und 64 Abs 1 AFG glaubhaft zu machen sind. Mit der Anzeige glaubhaft zu machen ist daher immer, daß in einem zusammenhängenden Zeitraum von mindestens vier Wochen für mindestens ein Drittel der Arbeitnehmer jeweils mehr als 10 vH der Arbeitszeit ausfällt (§ 64 Abs 1 Nr 3 Buchst a AFG) und die gesamte Arbeitszeit der Arbeitnehmer um mehr als 3 vH niedriger ist (§ 64 Abs 1 Nr 3 Buchst b AFG). Das erfordert zwingend Angaben über den voraussichtlichen Beginn und die voraussichtliche Dauer des Arbeitsausfalls, über die betriebsübliche und die voraussichtlich verkürzte Arbeitszeit sowie die Zahl der Arbeitnehmer und der voraussichtlich qualifiziert verkürzt arbeitenden Beschäftigten. Wird Arbeitsausfall nicht für den Betrieb, sondern für eine, einige oder etwa alle Betriebsabteilungen angezeigt, sind naturgemäß andere Zahlen anzugeben; insbesondere im letztgenannten Falle müssen für jede Betriebsabteilung gesondert die maßgebenden Zahlen und Zahlenverhältnisse angegeben werden. Der durch das AFKG angefügte, inzwischen durch das Haushaltsbegleitgesetz 1984 vom 22. Dezember 1983 (BGBl I 1532) wieder aufgehobene, hier aber noch anwendbare § 64 Abs 4 AFG erforderte weitere Angaben, wenn Arbeitsausfall in einer Betriebsabteilung angezeigt werden sollte. Er sah nämlich vor, daß dann, wenn in einer Betriebsabteilung verkürzt gearbeitet wurde, auch die Arbeitszeit (einschließlich Überstunden) der Arbeitnehmer anderer Betriebsabteilungen desselben Betriebs bei der Mindestquote des § 64 Abs 1 Nr 3 Buchst b AFG berücksichtigt werden sollte; nur wenn die Arbeitnehmer der verkürzt arbeitenden Betriebsabteilung nicht in andere Betriebsabteilungen umgesetzt werden konnten, sollten allein die Verhältnisse in der verkürzt arbeitenden Betriebsabteilung maßgebend sein.
Der Vergleich zwischen der Anzeige eines Arbeitsausfalls in einer Betriebsabteilung und der Anzeige in einem Betrieb ergibt somit, daß die Anzeige für eine Betriebsabteilung andere und teilweise weitergehende Angaben erfordert. Da in einem Betrieb, der sich in Betriebsabteilungen gliedert, Kug im ganzen Betrieb, in einzelnen oder auch allen Betriebsabteilungen bezogen werden kann, muß mithin die Anzeige zumindest ergeben, ob die betrieblichen Mindesterfordernisse in bezug auf den Betrieb oder einzelne oder ggfs alle Betriebsabteilungen erfüllt werden. Ob dann, wenn die Mindesterfordernisse sowohl in bezug auf den Gesamtbetrieb als auch in bezug auf jede einzelne Betriebsabteilung erfüllt sind, es genügt, daß diese Umstände angezeigt werden oder ob der Anzeigende schon mit der Anzeige festlegen muß, ob Kug letztlich im Betrieb oder in den Betriebsabteilungen bezogen werden soll, kann im vorliegenden Falle dahingestellt bleiben; denn durch die Anzeige von Ende August/Anfang September 1982 hat die Klägerin nicht einmal vorsorglich Arbeitsausfall bezogen auf eine Betriebsabteilung Verwaltung angezeigt.
Was die Klägerin meinte, als sie mit ihrem Schreiben vom 30. August 1982 Kurzarbeit anzeigte, ergibt sich aus der am 2. September 1982 bei der Beklagten eingegangenen Anzeige über einen Arbeitsausfall. Unter Ziffer 1 a dieses Vordrucks erklärt die Klägerin ausdrücklich, daß die regelmäßige betriebsübliche wöchentliche Arbeitszeit im Gesamtbetrieb herabgesetzt wird. Vom Arbeitsausfall sollten im September 1982 alle 15 Arbeiter und 6 Angestellte dadurch betroffen werden, daß in jeder zweiten Woche die Arbeit ausfiel. Auch bei den im folgenden zu beantwortenden Fragen, die zwischen Gesamtbetrieb und Betriebsabteilung unterscheiden (Ziff 7, 8, 9 und 11 des Vordrucks), hat die Klägerin nur Angaben gemacht, die sich auf den Gesamtbetrieb beziehen. Von Betriebsabteilungen ist an keiner Stelle die Rede. Die Angaben über die Anzahl der tatsächlich beschäftigten Arbeitnehmer sowie der vom Arbeitsausfall voraussichtlich betroffenen Beschäftigten und über die fiktive und effektive Arbeitszeit lassen keine Rückschlüsse auf die Verhältnisse in einzelnen von einem Arbeitsausfall betroffenen Betriebsabteilungen zu. Die Anzeige der Klägerin über einen Arbeitsausfall konkretisiert also die Anzahl der Arbeitskräfte und die Menge der ausfallenden Arbeit im Bezugsobjekt Betrieb und differenziert nicht nach einzelnen Betriebsabteilungen, so daß ihr Aussagen über die spezielle Situation in einer Betriebsabteilung Verwaltung nicht entnommen werden können. Das Arbeitsamt war anhand dieser Angaben nur zu einer Überprüfung in der Lage, inwieweit für den Gesamtbetrieb die Voraussetzungen nach den §§ 63, 64 Abs 1 AFG vorlagen.
Aus dem Vorstehenden ergibt sich ferner, daß die Klägerin mit dem Schreiben vom 20. September 1982 die Anzeige von Ende August/Anfang September 1982 nicht lediglich in tatsächlicher Hinsicht ergänzt hat. Die Anzeige, mit der die Anerkennung der Anspruchsvoraussetzung für Kug für den gesamten Betrieb erstrebt worden ist, bedurfte keiner Ergänzungen in tatsächlicher Hinsicht, da sie alle notwendigen Angaben für den angezeigten Arbeitsausfall enthielt. Tatsächlich hat die Klägerin mit dem Schreiben vom 20. September 1982 Änderungen in der betrieblichen Disposition mitgeteilt, die nach erfolgter Anzeige wegen des übernommenen Großauftrags getroffenen worden waren und zur Folge hatten, daß entgegen den Angaben in der Anzeige die betrieblichen Voraussetzungen für Kurzarbeit im Betrieb im September 1982 nicht gegeben waren.
Daß die Klägerin ihre Anzeige zunächst auf den ganzen Betrieb bezogen hat, dann aber infolge der Hereinnahme des Großauftrags das Bezugsobjekt wechselte, stellt auch die Revision nicht in Abrede. Nach dem Grundsatz des § 66 AFG, demzufolge Kug frühestens von dem Tage an gewährt wird, an dem die Anzeige über den Arbeitsausfall beim Arbeitsamt eingegangen ist, und dem Zweck des Anzeigeverfahrens widerspräche es dem Anliegen des Gesetzes, wenn der von der Klägerin vorgenommene Austausch des Bezugsobjekts auf den Zeitpunkt der Erstanzeige zurückwirken könnte. Das Anzeigeverfahren nach § 72 Abs 1 AFG soll eine möglichst umgehende Prüfung der Anspruchsvoraussetzungen ermöglichen. Es dient damit nicht nur dem Interesse des Arbeitgebers und der betroffenen Arbeitnehmer an einer schnellen Feststellung der Anspruchsvoraussetzungen dem Grunde nach, sondern berücksichtigt ebenfalls die Belange der Arbeitsverwaltung. Die Regelung des § 66 Satz 1 AFG erfüllt dabei den Zweck, die Tatbestandssicherung mit der ersten Kurzarbeit zusammenfallen zu lassen.
Diesen Grundgedanken enthielt bereits § 118 Abs 1 des Gesetzes über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung (AVAVG). Danach war die Gewährung von Kug frühestens mit Beginn der Woche zulässig, in der die Anzeige beim Arbeitsamt einging. Abs 1 Satz 2 dieser Vorschrift ließ ausnahmsweise eine Rückverlegung des Leistungsbeginns um höchstens einen Monat zu, wenn die Anzeige aus entschuldbarem Grund nicht rechtzeitig erstattet wurde. Das AFG hat diese Bestimmungen nicht übernommen, da sie zu Auslegungsschwierigkeiten geführt hatten (Begründung zu § 61 AFG Entwurf, BT-Drucks V/2291 S 72); vielmehr entschied sich der Gesetzgeber für eine Regelung, die eine rückwirkende Gewährung von Kug ausschloß. Grundsätzlich soll somit schon zu Beginn der Kurzarbeit der Beklagten eine sachgerechte Feststellung von Zugangsvoraussetzungen ermöglicht werden. Das wäre erschwert, wenn nicht gar unmöglich, wenn ein Wechsel des Bezugsobjekts mit rückwirkender Wirkung zum Zeitpunkt der Erstanzeige zulässig wäre. Es ist im übrigen nicht einzusehen, weshalb der Arbeitgeber nicht in der Lage sein soll, den infolge eines Großauftrags im Hinblick auf den künftigen Bezug von Kug für zweckmäßig erachteten Übergang von der angezeigten Kurzarbeit im Gesamtbetrieb zur Kurzarbeit in einer Betriebsabteilung bis zum ersten Tag der Kurzarbeit in der Betriebsabteilung dem Arbeitsamt anzuzeigen; denn auch wenn zB wegen unerwarteter Stornierung eines Auftrags Kug eingeführt wird, erfordert das Gesetz die Anzeige spätestens am Tage des ersten Arbeitsausfalls, wenn von diesem Tage an Kug bezogen werden soll.
Fehlt es somit hinsichtlich des Arbeitsausfalls in der Betriebsabteilung Verwaltung an der materiellrechtlichen Voraussetzung der Anzeige (§ 64 Abs 1 Nr 4, § 66 Satz 1 AFG), kann dahingestellt bleiben, ob den geltend gemachten Ansprüchen für die Zeit bis zum 17. September 1982 einschließlich ferner entgegensteht, daß bis dahin seit dem letzten Tage, für den Kug im Betrieb gewährt worden ist (18. Juni 1982), keine drei Monate verstrichen waren, eine neue Bezugsfrist gemäß § 67 Abs 3 AFG also noch nicht in Betracht kam und, wie die Beklagte meint, während des Laufs einer Bezugsfrist das einmal gewählte Bezugsobjekt, hier also das im Februar 1982 gewählte Bezugsobjekt Gesamtbetrieb, selbst dann maßgeblich bleibt, wenn für das andere Bezugsobjekt der Arbeitsausfall rechtzeitig angezeigt worden ist.
Nach alledem hat die Beklagte zu Recht die Anerkennung für die Voraussetzungen für Kug, bezogen auf die Verwaltung, für die Zeit vor dem 20. September 1982 abgelehnt und den vier Arbeitnehmern für die Zeit vom 13. bis 19. September 1982 kein Kug gewährt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen