Leitsatz (redaktionell)
1. Die Absätze 2 und 3 des BVG § 30 bringen voneinander abweichende unterschiedliche Legaldefinitionen für das berufliche Betroffensein, so daß der berufliche Schaden durch 2 verschiedene Arten eines schädigungsbedingten beruflichen Schadensausgleichs abzugelten ist.
2. Die Gewährung eines Berufsschadensausgleichs ist nicht von einer Anerkennung des beruflichen Betroffensein iS des BVG § 30 Abs 2 abhängig. Die verbindliche Ablehnung einer Höherbewertung der Minderung der Erwerbsfähigkeit (Abs 2) stellt damit keine bindende Feststellung über den Anspruch auf Berufsschadensausgleich (Abs 3) dar.
Normenkette
BVG § 30 Abs. 2 Fassung: 1966-12-28, Abs. 3 Fassung: 1966-12-28
Tenor
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 10. Februar 1967 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.
Gründe
Der Kläger, der wegen Verlustes des rechten Beines im Oberschenkel mit ungünstigen Stumpfverhältnissen, einer Verschlimmerung des Senk-Spreizfußes links und posttraumatischer Schwellung des Unterhautzellgewebes im Bereich des linken Fußes, der linksseitigen Sprunggelenke und des unteren Teils des linken Unterschenkels gemäß Bescheid vom 2. März 1962 Rente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 90 v.H. bezieht und seit 30. April 1964 arbeitslos ist, beantragte im März 1964 Rentenerhöhung wegen Verschlimmerung seiner Schädigungsfolgen und einen Berufsschadensausgleich. Dieser Antrag wurde mit Bescheid vom 16. Oktober 1964 abgelehnt, weil keine wesentliche Verschlimmerung eingetreten sei und die Voraussetzungen für die Gewährung eines Berufsschadensausgleichs nicht gegeben seien. Ein Berufsschadensausgleich nach § 30 Abs. 3 des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) komme nur in Betracht, wenn die MdE des Schwerbeschädigten gemäß § 30 Abs. 2 BVG höher zu bewerten sei; das sei nicht der Fall. Der Widerspruch blieb erfolglos. Im Klageverfahren hat der Kläger seinen Sachantrag dahin eingeschränkt, daß er nur noch beantrage, unter Abänderung des Bescheides vom 16. Oktober 1964 den Beklagten zur Zahlung eines Berufsschadensausgleichs gemäß § 30 Abs. 3 und 4 BVG nach der Leistungsgruppe IV der Angestellten (der Kunststoffverarbeitenden Industrie) ab 1. Mai 1964 zu verurteilen. Das Sozialgericht (SG) hat mit Urteil vom 11. November 1965 nach dem Klageantrag erkannt. Auf die Berufung des Beklagten hat das Landessozialgericht (LSG) durch Urteil vom 10. Februar 1967 das SG-Urteil abgeändert und die Klage abgewiesen. Es hat ausgeführt, da der Kläger den Bescheid vom 16. Oktober 1964 insoweit nicht mehr angefochten habe, stehe rechtsverbindlich zwischen den Beteiligten fest, daß er nicht im Sinne von § 30 Abs. 2 BVG besonders beruflich betroffen sei. Damit fehle es auch an der Voraussetzung für die Gewährung eines Berufsschadensausgleichs nach § 30 Abs. 3 und 4 BVG. Das 2. Neuordnungsgesetz (NOG) zum BVG habe den bisher nur für Erwerbsunfähige vorgesehenen Berufsschadensausgleich auf alle Schwerbeschädigten ausgedehnt, nunmehr sei jedoch Voraussetzung, daß zunächst § 30 Abs. 2 berücksichtigt werde. Dies sei bisher - nach dem 1. NOG - nicht erforderlich gewesen, da die Rente eines Erwerbsunfähigen nach Abs. 2 nicht mehr habe angehoben werden können. Bei Schwerbeschädigten seien jetzt zunächst die Voraussetzungen des Abs. 2 zu prüfen und sodann die des Abs. 3, wobei nach Abs. 5 eine Anrechnung der nach Abs. 2 erhöhten Grundrente auf den nach Abs. 3 zu zahlenden Betrag erfolge. Das könne nur den Sinn haben, daß eine Prüfung der Voraussetzungen des Abs. 2 zu einem positiven Ergebnis geführt haben müsse und Abs. 3 nur dann zur Anwendung kommen könne, wenn ein besonderes berufliches Betroffensein überhaupt vorliege und der Einkommensverlust durch eine MdE-Erhöhung allein nicht ausgeglichen werden könne. Da im Falle des Klägers das Nichtvorliegen eines besonderen beruflichen Betroffenseins rechtsverbindlich festgestellt worden sei, entfalle auch ein Anspruch auf Berufsschadensausgleich. Die Verwaltungsvorschriften (VV) Nr. 7 zu § 30 BVG stimmten mit dem Gesetz nicht überein, soweit sie die Gewährung des Berufsschadensausgleichs nicht davon abhängig machten, daß die Voraussetzungen des § 30 Abs. 2 vorliegen.
Mit der zugelassenen Revision rügt der Kläger Verletzung des § 30 Abs. 3 und 4 BVG sowie der §§ 103, 106 und 128 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG). Entgegen der Auffassung des LSG sei auch bei Versagung des Anspruchs nach Abs. 2 des § 30 BVG noch Raum für eine Anspruchsberechtigung nach Abs. 3 und 4 dieser Vorschrift. Die VV Nr. 7 entspreche dem Gesetz. Insoweit seien die Beratungsergebnisse des Ausschusses für Kriegsopfer- und Heimkehrerfragen (22. Ausschuß des Deutschen Bundestages) im Schriftlichen Bericht zur Änderung und Ergänzung des BVG (2. NOG) - BT-Drucksache IV/1831 - von erheblicher Bedeutung. Hier sei beschlossen worden, daß durch die Neufassung des Abs. 3 in § 30 BVG alle Schwerbeschädigten, soweit diese durch Schädigungsfolgen beruflich betroffen seien und ein Einkommensverlust von mindestens 75,- DM monatlich nachgewiesen werde, in den bisherigen Berufsschadensausgleich, der nur für Erwerbsunfähige gegolten habe, einzubeziehen seien. Für diesen Personenkreis sei bis zum Inkrafttreten des 2. NOG die Berücksichtigung des beruflichen Schadens nur durch eine Höherbewertung der MdE nach Abs. 2 möglich gewesen. Die Feststellung des Ausschusses (S. 6 zu Nr. 26), daß sich bei der Berücksichtigung des beruflichen Schadens die Höherbewertung der MdE nach Abs. 2 des § 30 BVG bewährt habe und diese Vorschrift daher weiterhin auch nach dem 2. NOG geltendes Recht bleiben solle, rechtfertige nicht den Schluß, daß eine negative Anwendung des Abs. 2 damit jede weitere Anwendung des Abs. 3 ausschließe. Für die positive Anwendung des Abs. 3 sprächen die Vorschriften der Abs. 5 und 6. Der im 2. NOG eingefügte Abs. 5 lasse ohne jeden Zweifel erkennen, daß der Gesetzgeber an einen Personenkreis gedacht haben müsse, bei dem keine Erhöhung der MdE wegen besonderer beruflicher Betroffenheit (nach Abs. 2) in Betracht komme. Diese Auffassung sei bei den Beratungen des Ausschusses für Kriegs- und Verfolgungsschäden (7. Ausschuß des Bundestags) zum 3. NOG- BT-Drucksache V/1012 zu § 30) bestätigt worden, denn hiernach setze die Gewährung eines Berufsschadensausgleichs nicht unbedingt eine Höherbewertung nach Abs. 2 voraus. Die redaktionelle Änderung des Abs. 3 im 3. NOG durch Wegfall der Worte: "beruflich insoweit betroffen ist", stelle keine Änderung der Vorschrift des Abs. 3 dar, sondern diene lediglich zur Klarstellung (so auch BT-Ausschuß, aaO bei den Anmerkungen zu § 30 BVG). Auch Abs. 6 bestätige die von der Revision vertretene Auffassung, denn hier würden die Abs. 2 und 3 nebeneinander genannt. Daraus ergebe sich wiederum, daß der Gesetzgeber die sich aus den Absätzen 2 und 3 ergebenden unterschiedlichen Anspruchsvoraussetzungen nicht hintereinander, sondern nebeneinander habe stellen wollen. Die Stufenfolge der Abs. 2 und 3 habe nur Bedeutung für die Anrechnung, die in Abs. 5 vorgeschrieben sei. Hätte der Gesetzgeber eine Regelung - und Stufenfolge - im Sinne des LSG treffen wollen, so wäre die Erwähnung des Abs. 3 in Abs. 6 überflüssig, weil eine erfolgreich durchgeführte Rehabilitationsmaßnahme (Abs. 6) die Anwendung des Abs. 2 ausschließe, so daß in Fällen dieser Art eine Prüfung der Voraussetzungen des Abs. 3 stets entfallen müßte. Abgesehen davon ergebe sich aus der Gegenüberstellung der einzelnen Unterabschnitte des § 30 BVG eindeutig, daß der Gesetzgeber bewußt mehreren Gruppen von Schwerbeschädigten einen Anspruch habe einräumen wollen. Dabei sei zu beachten, daß die Erhöhung der MdE nach Abs. 2 von der Lohnentwicklung und den vergleichsweise heranzuziehenden Erhebungen des Statistischen Bundesamtes (Abs. 4) völlig unabhängig sei, während es sich bei der Anwendung des Abs. 3 um einen ausgesprochen rechnerischen Vorgang handele, wobei allenfalls eine Anrechnung der nach Abs. 2 erhöhten Teile der Grundrente zu erfolgen habe. Daraus ergebe sich, daß anders als bei Abs. 3 im Falle des Abs. 2 eine individuelle Schadensausgleichung nicht möglich sei. Andererseits sei die nach Abs. 2 erhöhte MdE stabiler, weil sie unabhängig von der Lohnentwicklung und den nach Abs. 4 geforderten Vergleichsmaßstäben festgesetzt werde. Das beweise aber gerade die wesentlichen Unterschiede von Abs. 2 und Abs. 3. Da sonach die Anspruchsvoraussetzungen des Abs. 3 auch ohne das Vorliegen der Voraussetzungen des Abs. 2 zu prüfen seien, hätte das LSG insoweit eine weitere Sachaufklärung vornehmen und Feststellung darüber treffen müssen, ob der Einkommensverlust des Klägers durch die Schädigungsfolgen eingetreten sei. Dazu habe Veranlassung bestanden, weil sich der Kläger wegen der Folgen seines KB-Leidens seit dem 7.2.1959 fast ausschließlich in ärztlicher Behandlung befunden habe. Die Bundesbehandlungsscheine ergäben iVm den Erhöhungsanträgen des Klägers, daß zumindest seit dem 7.2.1959 neben einer zeitweise länger anhaltenden Behandlungsbedürftigkeit des KB-Leidens eine kontinuierliche Verschlimmerung der Schädigungsfolgen eingetreten sei. Das LSG hätte danach Feststellungen darüber treffen müssen, ob die ergebnislosen Arbeitsversuche des Klägers nicht ihre Ursache in den Schädigungsfolgen gehabt hätten. Insoweit sei zu beachten, daß der Arbeitgeber des Klägers am 3.5.1960 erklärt habe, daß der Kläger am 3.2.1960 wegen seines Kriegsleidens ausgeschieden sei. Die in der darauffolgenden Zeit ausgefertigten Bundesbehandlungsscheine und die Auskunft des Arbeitsamtes B, Dienststelle E, vom 4. Juli 1966 hätten das LSG veranlassen müssen, eine Rückfrage beim Arbeitsamt zu halten, zumal sich aus dieser Auskunft ergeben habe, daß eine Vermittlung nicht nur wegen der ungünstigen Wohnlage des Klägers, sondern auch wegen der Eigenart der Kriegsbeschädigung nicht möglich gewesen sei. Bemerkenswert sei auch, daß die Zustimmung zur Kündigung durch die Hauptfürsorgestelle nach einer mehrjährigen Tätigkeit bei der D Bank erfolgt sei, und daß andere Gründe nicht zur Beendigung dieses Arbeitsverhältnisses geführt hätten.
Der Kläger beantragt,
unter Aufhebung des Berufungsurteils nach dem in der mündlichen Verhandlung vor dem Erstgericht am 11. November 1965 gestellten Klageantrag zu erkennen,
hilfsweise,
die Sache zur nochmaligen Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen.
Der Beklagte beantragt,
die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Bei den erhobenen Verfahrensrügen verkenne die Revision, daß die Frage, ob Verfahrensmängel vorliegen, vom sachlich-rechtlichen Standpunkt des LSG aus zu beurteilen sei. Selbst wenn man in sachlicher Hinsicht entgegen der Meinung des LSG davon ausgehen wollte, daß der Anspruch auf Berufsschadensausgleich nicht davon abhängig sei, daß die Voraussetzungen des § 30 Abs. 2 BVG erfüllt seien, so würde der geltend gemachte Anspruch daran scheitern, daß der Kläger auch insoweit, als er einen Einkommensverlust von monatlich mindestens 75,- DM habe, nicht besonders beruflich betroffen sei. Denn nach den von der Revision nicht angegriffenen und somit bindenden tatsächlichen Feststellungen des LSG sei der Kläger trotz der anerkannten Schädigungsfolgen noch in der Lage, den Beruf eines kaufmännischen Angestellten weiterhin auszuüben. Wenn er dennoch ohne entsprechende Beschäftigung sei, so seien hierfür Umstände ursächlich, die in seiner Person lägen.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung (§ 124 Abs. 2 SGG) einverstanden erklärt.
Die durch Zulassung statthafte Revision ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden und daher zulässig (vgl. §§ 162 Abs. 1 Nr. 1, 164, 166 SGG); sie ist auch sachlich im Sinne der Zurückverweisung des Rechtsstreit begründet.
Streitig ist nicht mehr, ob die Rente wegen einer Verschlimmerung der Schädigungsfolgen zu erhöhen ist, sondern nur noch, ob der Kläger ab 1. Mai 1964 einen Anspruch auf Berufsschadensausgleich nach § 30 Abs. 3 und 4 BVG hat. Der Auffassung des LSG, daß dieser Anspruch schon deshalb zu verneinen sei, weil der Kläger nicht im Sinne des § 30 Abs. 2 BVG beruflich besonders betroffen sei, kann nicht zugestimmt werden. Allerdings greifen hierbei die erhobenen Verfahrensrügen der Revision nicht durch. Denn bei Prüfung der Frage, ob das Verfahren des LSG an einem wesentlichen Mangel leidet, ist von dessen sachlich rechtlichem Standpunkt auszugehen (vgl. BSG 2, 84). Da das LSG der Auffassung war, dem Kläger stehe schon deshalb kein Berufsschadensausgleich zu, weil rechtsverbindlich feststehe, daß er nicht besonders beruflich betroffen im Sinne des § 30 Abs. 2 sei, mußte es sich von seinem Rechtsstandpunkt aus auch nicht zu weiteren Ermittlungen über die Frage der beruflichen Betroffenheit veranlaßt sehen; ebenso kam es auf eine Würdigung der bereits vorliegenden Unterlagen insoweit nicht an. Das LSG wird allerdings nach Zurückverweisung der Sache die von der Revision erhobenen Rügen u.U. zu beachten haben.
Die Auffassung des LSG, es stehe "aufgrund des insoweit vom Kläger nicht mehr angefochtenen Bescheides ... vom 16. Oktober 1964 ... rechtsverbindlich zwischen den Beteiligten, fest, daß der Kläger nicht im Sinne von § 30 Abs. 2 BVG besonders beruflich betroffen" sei, begegnet bereits rechtlichen Bedenken. Das LSG hat selbst festgestellt, daß der Kläger im März 1964 nur eine Rentenerhöhung wegen Verschlimmerung seiner Schädigungsfolgen und einen Berufsschadensausgleich beantragt hat. Dies trifft, wie sich aus dem Antrag vom 26. März 1964 ergibt, auch zu. Demgemäß heißt es auch im Bescheid vom 16. Oktober 1964 abschließend nur: "Ihrem Antrag vom 26.3.1964 auf Rentenerhöhung bzw. Gewährung eines Berufsschadensausgleichs kann leider nicht entsprochen werden". Wenn dann im Widerspruchsschreiben vom 11. November 1964 u.a. geltend gemacht worden ist, es liege auch ein besonderes berufliches Betroffensein nach § 30 Abs. 2 BVG vor, so offensichtlich nur deshalb, weil der Bescheid vom 16. Oktober 1964 ein solches verneint und die Rechtsauffassung vertreten hat, daß ein Berufsschadensausgleich nach § 30 Abs. 3 BVG nur in Betracht komme, wenn die MdE gemäß § 30 Abs. 2 BVG höher zu bewerten sei. Auch der Klageschrift vom 18. August 1965 und dem Schriftsatz vom 14. Oktober 1965 läßt sich demgemäß nur entnehmen, daß abgesehen von der geltend gemachten Verschlimmerung nur ein Berufsschadensausgleich (wegen eines besonderen beruflichen Betroffenseins) begehrt wurde. Der Kläger hat aber unmißverständlich zu verstehen gegeben, daß er sich auf ein besonderes berufliches Betroffensein im Sinne des § 30 Abs. 2 BVG berufen wolle, soweit hiervon die Zuerkennung eines Berufsschadensausgleichs abhängig sein sollte. Wenn daher der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem SG am 11. November 1965 erklärt hat, er "beschränke" sich auf den Berufsschadensausgleich, so ist damit nur zum Ausdruck gebracht worden, daß er eine Erhöhung der MdE wegen Verschlimmerung der Schädigungsfolgen nicht mehr geltend mache. Eine andere, darüber hinausgehende Auslegung der Erklärung des Klägers im Termin vom 11. November 1965 wäre selbst dann nicht gerechtfertigt gewesen, wenn das LSG der Meinung hätte sein dürfen, der Kläger habe damit auch auf eine (von ihm nie beantragte) Erhöhung der MdE wegen besonderer beruflicher Betroffenheit nach § 30 Abs. 2 BVG verzichtet. Denn wenn das LSG schon entgegen der Verwaltungsvorschrift Nr. 7 zu § 30 BVG der Rechtsauffassung war, daß die Zubilligung eines Berufsschadensausgleichs stets eine MdE-Erhöhung wegen einer besonderen beruflichen Betroffenheit nach § 30 Abs. 2 BVG voraussetze, so hätte es mit Rücksicht auf das eindeutige Begehren des Klägers auf Gewährung eines Berufsschadensausgleichs und seine Behauptung, daß er beruflich besonders betroffen sei, diese Frage wenigstens als Vorfrage prüfen müssen. Denn bei verständiger Würdigung des Antrags und Vorbringens des Klägers hätte allenfalls nur dann angenommen werden können, daß er auf die Prüfung einer - nach Ansicht des LSG - unerläßlichen Voraussetzung des von ihm geltend gemachten Berufsschadensausgleichs freiwillig und ohne erkennbaren Anlaß verzichtet habe, wenn er dies ausdrücklich und unmißverständlich erklärt hätte. Das ist nicht der Fall. Zumindest hätte das LSG, wenn es hierüber im Zweifel gewesen sein sollte, den Kläger gemäß § 106 Abs. 1 SGG befragen müssen, ehe es den geltend gemachten Anspruch ohne jegliche Prüfung der von ihm für notwendig gehaltenen sachlichen Voraussetzungen verneinen wollte. Schließlich aber stünde selbst dann, wenn rechtsverbindlich festgestellt wäre, daß der Kläger keinen Anspruch auf Erhöhung der MdE wegen besonderer beruflicher Betroffenheit nach § 30 Abs. 2 BVG hat, damit allein noch nicht fest, daß ihm auch kein Berufsschadensausgleich nach § 30 Abs. 3 und 4 BVG zusteht. Der abweichenden Rechtsauffassung des LSG kann daher auch insoweit nicht zugestimmt werden.
§ 30 Abs. 3 in der hier maßgebenden Fassung des Zweiten Neuordnungsgesetzes vom 21. Februar 1964 (BGBl I 85, - 2. NOG -) bestimmt: Wer als Schwerbeschädigter durch die Schädigungsfolgen beruflich insoweit besonders betroffen ist, als er einen Einkommensverlust von monatlich mindestens 75 Deutsche Mark hat, erhält nach Anwendung des Absatzes 2 einen Berufsschadensausgleich in Höhe von vier Zehntel des Verlustes, jedoch höchstens 400 Deutsche Mark monatlich. - Dabei kommt es für den vorliegenden Fall vor allem darauf an, was der Gesetzgeber mit den Worten "nach Anwendung des Absatzes 2" gemeint hat. Der erkennende Senat ist zu dem Ergebnis gelangt, daß der Berufsschadensausgleich nach § 30 Abs. 3 und 4 BVG nicht - als Anspruchsvoraussetzung - die Erhöhung der MdE nach Abs. 2 dieser Vorschrift erfordert.
Der Berufsschadensausgleich ist durch das Erste Neuordnungsgesetz vom 27. Juni 1960 (BGBl I 453, 1. NOG = BVG aF), und zwar zunächst nur für "Erwerbsunfähige", d.h. für Beschädigte die in ihrer Erwerbsfähigkeit um mehr als 90 v.H. (= 100 v.H. beeinträchtigt sind (vgl. §§ 30 Abs. 3, 31 Abs. 3 BVG aF) eingeführt worden, um denjenigen Beschädigten, deren MdE nach § 30 Abs. 2 BVG aF nicht mehr erhöht werden konnte, auf diese Weise einen teilweisen Ausgleich ihres Berufsschadens zu ermöglichen, zumal die Praxis gezeigt hatte, daß gerade sie häufig durch die Schädigungsfolgen in ihrer beruflichen, wirtschaftlichen und sozialen Position besonders hart betroffen worden sind (vgl. Tichy, Die Zusammenarbeit der Versorgungsämter mit den Hauptfürsorgestellen bei der Prüfung der besonderen beruflichen Betroffenheit, in KOV 1964, 127, 128; ferner Amtliche Begründung zum 1. NOG, Deutscher Bundestag, 3. Wahlperiode, Drucksache 1239, Seite 25 zu § 30 BVG; Wilke, Komm. zum BVG 1. Aufl., Anm. 3 zu § 30 BVG; Kempe, KOV 1967, 65; Cnyrim, KOV 1965, 65 und Van Nuis-Vorberg, Das Recht der Kriegsbeschädigten und Kriegshinterbliebenen 2. Aufl. 1961, IV. Teil, Seite 31 d). Durch den Berufsschadensausgleich sollten sie dafür besonders entschädigt werden, daß sie durch die Art der Schädigungsfolgen "deshalb" beruflich betroffen waren, weil sie ein um mindestens 100 DM geringeres Einkommen erzielten, als dies ohne die Schädigungsfolgen der Fall gewesen wäre (§ 30 Abs. 3 BVG aF). Damit ist der durch das 1. NOG eingeführte Berufsschadensausgleich neben die in § 30 Abs. 2 BVG aF vorgesehene - bei Erwerbsunfähigen ohnedies schon erschöpfte - Möglichkeit der Erhöhung der MdE wegen besonderer beruflicher Betroffenheit getreten. Es handelt sich dabei um eine völlig selbständige auf den Einkommensverlust bezogene neue Leistung (vgl. Cnyrim aaO, Seite 68). Demgemäß heißt es auch in der Amtlichen Begründung, Bundestagsdrucksache 1239, aaO, daß "nunmehr ein von der MdE unabhängiger Berufsschadensausgleich gezahlt" werde. Dies ist auch, soweit ersichtlich, in Rechtsprechung und Literatur unbestritten.
Das 2. NOG hat - ebenso wie das Dritte Neuordnungsgesetz vom 28. Dezember 1966 (BGBl I 750, 3. NOG) - hieran nichts grundsätzlich geändert, sondern nur gewisse Verbesserungen geschaffen und den Personenkreis auf alle Schwerbeschädigten erweitert. Handelt es sich sonach bei den in den Absätzen 2 und 3 getroffenen Bestimmungen um zwei völlig selbständige Ansprüche, so wäre es zwar denkbar gewesen, daß für beide - teilweise - genau die gleichen Voraussetzungen gelten sollten; dies kann hier aber schon deshalb nicht angenommen werden, weil der Gesetzgeber sonst wohl in nur einer Vorschrift zunächst die gemeinsam geltenden Voraussetzungen festgelegt und anschließend die weiteren besonderen Erfordernisse der Ansprüche, insbesondere des Berufsschadensausgleichs, aufgeführt oder in anderer Weise eindeutig zum Ausdruck gebracht hätte, welche gemeinsamen Voraussetzungen für beide Ansprüche gelten sollen. Da dies nicht geschehen, vielmehr der Berufsschadensausgleich auch im 2. NOG in den Absätzen 3 und 4 des § 30 BVG förmlich getrennt von der Vorschrift des § 30 Abs. 2 selbständig geregelt ist, wird schon hieraus deutlich, daß es sich in beiden Fällen um verschiedene Arten der Abgeltung eines Berufsschadens handelt.
Dies wird auch durch die inhaltliche Würdigung der Vorschriften des § 30 Abs. 2 BVG einerseits und des § 30 Abs. 3 BVG andererseits bestätigt. § 30 Abs. 2 BVG (idF des 2. NOG) zählt im einzelnen die Fälle auf, in denen ein besonderes berufliches Betroffensein im Sinne des Abs. 2 anzunehmen ist und nennt als solche unter a) das Unvermögen der Ausübung des erlernten oder angestrebten Berufs oder eines sozial gleichwertigen Berufs b) eine wesentlich stärkere Erwerbsminderung im erlernten Beruf als im allgemeinen Erwerbsleben und c) eine Verhinderung am weiteren Aufstieg im Beruf. Auch wenn diese Aufzählung schon unter der Geltungsdauer des 2. NOG nur beispielhaft gedacht gewesen sein sollte -, dies könnte deshalb zweifelhaft sein, weil erst durch das 3. NOG den Buchstaben a) - c) die Worte: "Das ist besonders der Fall, wenn ..." vorangestellt worden sind (vgl. hierzu Rundschreiben des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung - BMA - vom 18. Januar 1967 in BVBl 1967, Seite 34 zu § 30 und Wilke, Komm. zum BVG 3. Aufl. Seite 240), so ist damit doch der Begriff der besonderen beruflichen Betroffenheit im Sinne des Abs. 2 hinreichend deutlich dahingehend umrissen, daß die genannten oder ähnlich schwerwiegende Beeinträchtigungen vorliegen müssen, um eine besondere berufliche Betroffenheit im Sinne des Abs. 2 annehmen zu können. Die Versorgungsbehörde ist in all diesen Fällen verpflichtet, die Festsetzung der MdE zunächst nach der körperlichen Beeinträchtigung im allgemeinen Erwerbsleben vorzunehmen und sodann zusätzlich das Erwerbsleben des Beschädigten, seinen Beruf, zu berücksichtigen und gegebenenfalls die nach der körperlichen Beeinträchtigung im allgemeinen Erwerbsleben festgesetzte MdE entsprechend den Umständen des Einzelfalles höher zu bewerten (vgl. BSG 15, 208, 209). Bei der Auslegung des Begriffs der besonderen beruflichen Betroffenheit im Sinne des Abs. 2 ist der Nachdruck auf das Wort "besonders" zu legen (vgl. BSG 12, 212), d.h. es können nicht alle Nachteile, die der Versorgungsberechtigte in seinem beruflichen Fortkommen erleidet, bereits ein "besonderes" berufliches Betroffensein begründen. Wenn nach der Art der Schädigung die Nachteile ohne Rücksicht auf die Besonderheiten des einzelnen Berufes eine annähernd gleichmäßige Bedeutung haben, geht die Beeinträchtigung nicht über die MdE im allgemeinen Erwerbsleben hinaus und stellt keine besondere berufliche Betroffenheit im Sinne des Abs. 2 dar (vgl. Urteil des erkennenden Senats vom 28. August 1964 - 9 RV 378/63 - in SozR Nr. 17 zu § 30 BVG). Sonach könnte z.B. ein Versorgungsberechtigter, der in seinem erlernten Beruf durch die Schädigungsfolgen einen Minderverdienst von 100,- Deutsche Mark oder 75,- Deutsche Mark erleidet, noch nicht als besonders beruflich betroffen im Sinne des Abs. 2 angesehen werden, wenn er, bedingt durch die Art und Schwere der Schädigungsfolgen, auch auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt einen ähnlichen Minderverdienst in Kauf nehmen müßte. Außerdem setzt der zu fordernde "besondere" Berufsschaden voraus, daß ein Minderverdienst vorliegt, der im Vergleich zu den erzielten Einkünften erheblich ist. Demnach könnte ein Versorgungsberechtigter mit einem Einkommen von z.B. 1.600,- Deutsche Mark, der nachzuweisen vermag, daß er ohne die Schädigungsfolgen etwa 75,- Deutsche Mark oder 100,- Deutsche Mark mehr verdienen würde, noch nicht ohne weiteres als besonders beruflich betroffen im Sinne des § 30 Abs. 2 BVG angesehen werden, weil zwar ein beruflicher Schaden, aber noch kein "besonders" erheblicher wirtschaftlicher Schaden vorliegt (vgl. hierzu Urteil des erkennenden Senats vom 24. November 1965 - 9 RV 610/64 - sowie Urteil des 10. Senats des Bundessozialgerichts - BSG - vom 26. September 1968 - 10 RV 438/66 -, wo ausgesprochen wurde, daß in dem dort entschiedenen Fall eine Einbuße in Höhe von rund 18 v.H. des Verdienstes noch innerhalb der Grenzen des im wesentlichen wirtschaftlich gleichwertigen Einkommens liege).
§ 30 Abs. 3 BVG idF des 2. NOG läßt es demgegenüber für den Berufsschadensausgleich genügen, daß der Schwerbeschädigte durch die Schädigungsfolgen einen Einkommensverlust von mindestens 75,- Deutsche Mark hat. Weitere Voraussetzungen brauchen im Falle des § 30 Abs. 3 BVG nach dessen eindeutigem Wortlaut nicht erfüllt zu sein, d.h. es bedarf hier nicht der Prüfung, ob ein beruflicher Abstieg, ein verhinderter Aufstieg oder eine stärkere Beeinträchtigung im ausgeübten Beruf, als dies im allgemeinen Erwerbsleben der Fall wäre, vorliegt. Denn § 30 Abs. 3 BVG bringt durch die Worte: "durch die Schädigungsfolgen beruflich insoweit besonders betroffen ist, als er einen Einkommensverlust von monatlich mindestens 75 Deutsche Mark hat" unmißverständlich zum Ausdruck, daß allein diese Voraussetzung erfüllt sein muß. Anderenfalls wäre das Wort "insoweit" bedeutungslos und daher überflüssig. Die von Kempe in KOV 1967, S. 65, 66 zur Stützung seiner gegenteiligen Ansicht vertretene Auffassung, das Wort "insoweit" sei so zu verstehen, daß das für die Absätze 2 und 3 des § 30 BVG gleichbedeutend vorauszusetzende besondere Berufsbetroffensein nur "insoweit" entschädigt werden dürfe, als es einen Einkommensverlust von mindestens 75,- DM hervorgerufen hat, verkennt, daß das Wort "insoweit" in § 30 Abs. 3 BVG nur als eine besondere Kennzeichnung der dort unabhängig von Abs. 2 geregelten besonderen Art des beruflichen Betroffenseins hinsichtlich des Einkommensverlustes verstanden werden muß. Im übrigen unterscheidet sich gerade die Voraussetzung eines betragsmäßig nachzuweisenden Einkommensverlustes im Falle des § 30 Abs. 3 BVG grundlegend von den Fällen eines besonderen beruflichen Betroffenseins im Sinne des § 30 Abs. 2 BVG, in denen ein sozialer Abstieg oder die Aufbietung außergewöhnlicher Energie unter Gefährdung der Gesundheit genügen, um auch ohne Minderverdienst die Voraussetzung des Abs. 2 zu bejahen (vgl. BSG in SozR Nr. 4 und 8 zu § 30 BVG).
§ 30 Abs. 3 BVG enthält somit eine Legaldefinition der hier behandelten Art der Abgeltung eines schädigungsbedingten Berufsschadens, bei dem - anders als bei der Methode des Abs. 2 - der konkrete wirtschaftliche Schaden - besonders - gebührend berücksichtigt werden kann (so zutreffend BMA in BVBl 1964, S. 36 zu § 30 BVG). Durch diese Legaldefinition ist klargestellt, daß es sich in Abs. 3 um ein anderes berufliches Betroffensein als im Falle des Abs. 2 handelt (vgl. hierzu auch Rundschreiben des BMA vom 27. Februar 1964 - BVBl 1964, S. 34/36 -, wo zu § 30 BVG zutreffend betont wird, daß der berufliche Schaden "durch zwei unterschiedliche Methoden" abgegolten werde, was gewisse Schwierigkeiten bereite). Daß in § 30 Abs. 3 für die hier geregelte Art eines beruflichen Betroffenseins im übrigen eine Legaldefinition getroffen worden ist, hat auch Rohr in ZfS 1964, 297, 298/99 zutreffend erkannt; zu Unrecht vertritt er jedoch die Ansicht, daß diese Definition nun auch für § 30 Abs. 2 BVG gelten müsse. Auch Wilke kann nicht zugestimmt werden, wenn er in der 3. Aufl. seines Komm. zum BVG Erl. 3 b zu § 30 BVG S. 249 der Auffassung ist, an die Gewährung des Berufsschadensausgleichs nach Abs. 3 und 4 würden keine geringeren Voraussetzungen als an die Erhöhung der MdE nach Abs. 2 geknüpft. In beiden Fällen wird verkannt, daß das BVG seit dem 1. NOG zwei verschiedene Arten eines schädigungsbedingten beruflichen Schadensausgleichs kennt.
Die in § 30 Abs. 3 idF des 2. NOG enthaltenen Worte "nach Anwendung des Absatzes 2" können ein anderes Ergebnis nicht rechtfertigen. Damit ist - zunächst - lediglich der Versorgungsbehörde vorgeschrieben, vor der Entscheidung über den Antrag des Schwerbeschädigten auf Gewährung eines Berufsschadensausgleichs nach § 30 Abs. 3 und 4 BVG zu prüfen, ob eine Entscheidung über die Erhöhung der MdE nach § 30 Abs. 2 BVG bereits getroffen ist - eine solche Entscheidung haben auch die Gerichte zu beachten - oder ob sie etwa früher schon erhöht worden war. Eine solche Prüfung durch die Versorgungsbehörde ist erforderlich, weil Abs. 5 - wie schon zuvor § 30 Abs. 4 letzter Satz BVG idF des 1. NOG - bestimmt, daß der Mehrbetrag der Grundrente, der durch die Erhöhung der MdE erzielt worden ist, auf den Berufsschadensausgleich anzurechnen ist. Außerdem konnte es dem Gesetzgeber nach Ausdehnung des § 30 Abs. 3 BVG auf alle Schwerbeschädigten sinnvoll erscheinen, im Interesse einer möglichst gleichmäßigen Behandlung der Anspruchsberechtigten eine MdE-Erhöhung in allen Fällen vorzusehen, in denen die Voraussetzungen des Abs. 2 erfüllt sind und eine solche Erhöhung noch möglich ist, zumal es sich - wie oben dargetan - bei Abs. 2 um eine andere, mehr abstrakte Art der Berücksichtigung eines Berufsschadens handelt, die im Gegensatz zum Berufsschadensausgleich nicht nur für das Lohn- und Einkommenssteuerrecht - durch Gewährung von Freibeträgen, die an der MdE-Höhe orientiert sind (vgl. § 26 Abs. 1 der Lohnsteuer-Durchführungsverordnung idF vom 12. Januar 1968, BGBl I 61) -, sondern auch unter Umständen für den Anspruch auf Heilbehandlung von Bedeutung ist, nämlich dann, wenn durch die MdE-Erhöhung eine MdE um wenigstens 50 v.H. erreicht wird (vgl. § 10 Abs. 2 BVG). Daß die in Frage stehenden Worte nur bedeuten, daß zuvor eine Prüfung nach § 30 Abs. 2 BVG vorzunehmen ist, ergibt sich auch aus dem Schriftlichen Bericht des 22. Ausschusses für Kriegsopfer- und Heimkehrerfragen, Deutscher Bundestag, 4. Wahlperiode, Bundestagsdrucksache IV/1831 S. 6 zu Nr. 25 (§ 30 BVG); hier heißt es, daß vor der Gewährung eines Berufsschadensausgleichs nach Abs. 3 "falls möglich" eine Höherstufung der MdE vorzunehmen sei und diese Rangfolge in allen Fällen eingehalten werden solle. Ferner ist hier betont, daß sich die Berücksichtigung des beruflichen Schadens durch Höherbewertung der MdE bewährt habe, weshalb § 30 Abs. 2 BVG weiterhin geltendes Recht bleibe, zumal diese Vorschrift einen Mehraufwand an Kraft bei der Berufsausübung auch dann berücksichtige, wenn kein Einkommensverlust vorliege. Damit ist auch vom 22. Ausschuß des Deutschen Bundestages zu Recht auf diesen - oben schon angedeuteten - wesentlichen Unterschied zwischen den beiden Arten der Abgeltung eines Berufsschadens hingewiesen worden. Wenn Vorberg in "Der Versorgungsbeamte" 1964 S 37 ff bei der Erörterung der Verhandlungen und Diskussionen des Kriegsopferausschusses über den Berufsschadensausgleich und über § 30 Abs. 2 BVG der Auffassung ist, daß auch die Protokolle des Bundestagsausschusses "eine jeden Zweifel ausschließende Auslegung der Bestimmungen nicht gebracht haben" (aaO S. 38), so ist darauf hinzuweisen, daß ernstliche Zweifel über das vom Gesetzgeber Gewollte, - nach den obigen Ausführungen - angesichts des hinreichend klaren Wortlautes und der Funktion des Berufsschadensausgleichs als besondere Leistung für einen Einkommensverlust nicht begründet sind. Hätte der Gesetzgeber mehr als nur eine "Rangfolge" der vorzunehmenden Prüfungen zum Zwecke der obenerwähnten Abstimmung der beiden Ansprüche vorsehen wollen, so hätte er eine andere Formulierung wählen und eine entsprechende Regelung treffen können und müssen. Die Bestimmung hätte, wenn man der Auffassung des LSG folgen wollte, etwa lauten können: "Fehlt es an den Voraussetzungen des Abs. 2, so entfällt auch ein Anspruch auf Berufsschadensausgleich". Der Umstand, daß eine solche Bestimmung nicht getroffen wurde, obwohl sie keinerlei Formulierungsschwierigkeiten geboten hätte, läßt keine begründete Zweifel daran, daß der selbständig geregelte Anspruch auf Berufsschadensausgleich nicht die Erhöhung der MdE nach § 30 Abs. 2 BVG unabdingbar voraussetzt. Unter diesen Umständen kann unerörtert bleiben, ob der Auffassung des LSG auch die Tatsache entgegensteht, daß nach Abs. 6 des § 30 BVG idF des 2. NOG sowohl die Höherbewertung nach Abs. 2 als auch der Berufsschadensausgleich nach Abs. 3 nur dann zu gewähren sind, wenn arbeits- und berufsfördernde Maßnahmen erfolglos geblieben sind oder keinen Ausgleich bewirkt haben (vgl. im übrigen zu der hier strittigen Rechtsfrage Wilke aaO 3. Aufl. S. 246 ff, sowie Van Nuis-Vorberg aaO IV. Teil S. 32, Tichy, KOV 1964, 128; Sträßer, Vers.Bea. 1965, 107; Wüst KOV 1965, 169; Wilke KOV 1964, 49; Kempe KOV 1967, 65 ff; Meier-Stuckenberger KOV 1967 S 179 und andererseits: Sonntag ZfS 1964, 446, 448; Cnyrim KOV 1965, 64, 68; Wolffgramm KOV 1965, 3, 4; BMA-Rundschreiben vom 18. Januar 1967 in BVBl 1967, S. 34 und Wulfhorst KOV 1969, 6, 8).
Das gewonnene Ergebnis wird schließlich auch durch das 3. NOG, das an dem Wesen des Berufsschadensausgleichs nicht geändert hat, bestätigt. In § 30 Abs. 3 BVG idF des 3. NOG heißt es nur noch: "Schwerbeschädigte, deren Einkommen durch die Schädigungsfolgen gemindert ist, ... erhalten nach Anwendung des Absatzes 2 einen Berufsschadensausgleich ...". Die Worte: "beruflich insoweit besonders betroffen ist" sind somit weggefallen. Damit sind auch letzte Zweifel ausgeräumt und es ist klargestellt, daß hier ein Fall der besonderen beruflichen Betroffenheit im Sinne des Abs. 2 nicht vorliegt, weshalb auch die Anerkennung eines Berufsschadensausgleichs eine Höherbewertung nach Abs. 2 nicht unbedingt zur Voraussetzung haben muß (so zutreffend BMA in BVBl 1967 S. 34 zu § 30 BVG). Das kommt auch offen in der Amtlichen Begründung zum 3. NOG, Deutscher Bundestag 5. Wahlperiode, Drucksache V/1012 S. 26 zu § 30 BVG zum Ausdruck, wo es heißt, durch den Wegfall der Worte: "beruflich insoweit besonders betroffen ist" werde klargestellt, daß die Gewährung eines Berufsschadensausgleichs nicht unbedingt eine Höherbewertung nach Abs. 2 voraussetze.
Nach alledem geben die Verwaltungsvorschriften zu § 30 BVG (idF vom 23.1.1965 (Bundesanzeiger Nr. 19 vom 29. Januar 1965), wenn sie unter Nr. 7 bestimmen:
Vor Anwendung von § 30 Abs. 3 ist zu prüfen, ob die Voraussetzungen für eine Höherbewertung der MdE nach § 30 Abs. 2 gegeben sind; die Gewährung des Berufsschadensausgleichs ist jedoch nicht davon abhängig, daß die Voraussetzungen des § 30 Abs. 2 erfüllt sind,
den Sinn des Gesetzes zutreffend wieder. Da das LSG mit seiner gegenteiligen Auffassung die Vorschrift des § 30 Abs. 3 BVG verletzt hat, war sein Urteil aufzuheben und die Sache angesichts des Fehlens ausreichender tatsächlicher Feststellungen an das LSG zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen.
Das LSG wird vor erneuter Entscheidung - zumindest als Vorfrage - zu prüfen haben, ob der Kläger im Sinne des § 30 Abs. 2 BVG besonders beruflich betroffen ist. Insoweit geben die Ausführungen der Revision Hinweise, in welcher Hinsicht das LSG gegebenenfalls Ermittlungen anzustellen haben wird. In der Bescheinigung der Dresdner Bank vom 3. Mai 1960 ist ausgeführt, der Kläger sei seit Februar 1960 "wegen seines Kriegsleidens" dort nicht mehr tätig. Der Oberkreisdirektor in Siegburg hat am 10. Mai 1965 die Auffassung vertreten, daß für die jahrelange Arbeitslosigkeit des Klägers "die Kriegsbeschädigung und die ungünstige Wohnlage" vorherrschend seien. Zwar hat das Arbeitsamt Bonn am 22. März 1965 auf mangelnde Arbeitsfreude hingewiesen. Am 4. Juli 1966 hat es jedoch durch die Dienststelle Eitorf des Arbeitsamtes Bonn berichtet, der Kläger sei seit dem 20. Juli 1963 dort als Arbeitsuchender gemeldet; eine Vermittlung sei "bis heute wegen der ungünstigen Wohnlage und der Eigenart seiner Kriegsbeschädigung nicht möglich" gewesen. Damit war die frühere Mitteilung des Direktors des Arbeitsamts Bonn vom 22. März 1965, der Kläger sei wegen einer Arbeitsvermittlung seit seinem Ausscheiden bei der Firma R., "nicht mehr vorstellig geworden" nicht bestätigt, sondern das Gegenteil berichtet worden. Insoweit wird auch die Bescheinigung des Arbeitsamts vom 8. Februar 1967 zu beachten sein. Da ferner die Gemeinde Rosbach nach ihrer Bescheinigung vom 8. November 1965 eine Einstellung des Klägers wegen seiner Kriegsverletzung abgelehnt hat, wird eingehend darzulegen sein, weshalb trotz allem nicht angenommen werden kann, daß die Schädigungsfolgen die lange Arbeitslosigkeit des Klägers wesentlich mitverursacht haben, und weshalb eine besondere berufliche Betroffenheit im Sinne des § 30 Abs. 2 BVG zu verneinen ist. Da der Kläger überdies zu 90 v.H. in seiner Erwerbsfähigkeit gemindert ist, wird auch auf die in der Verwaltungsvorschrift Nr. 2 zu § 32 BVG enthaltene Vermutung einzugehen sein, wonach bei einer MdE um wenigstens 80 v.H. stets anzunehmen sei, daß der (nicht berufstätige) Beschädigte zu einer zumutbaren Erwerbstätigkeit außerstande sei.
Die Kostenentscheidung bleibt der das Verfahren abschließenden Entscheidung vorbehalten.
Fundstellen