Entscheidungsstichwort (Thema)

Zuständigkeit des Rentenversicherungsträgers für eine während einer "nicht aktiven Periode" erfolgten Heilbehandlung als Folge einer Knochenspanentnahme

 

Leitsatz (amtlich)

Der Träger der Rentenversicherung hat - unter den Voraussetzungen des § 1244a RVO - auch für diejenigen Krankheiten Heilbehandlung zu gewähren, für die eine aktive behandlungsbedürftige Tuberkulose ursächlich gewesen ist.

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Nach § 1244a RVO hat der Versicherte einen Anspruch nicht (nur) auf die Behandlung der Tbc an sich, sondern auf bestimmte Maßnahmen - medizinische, berufsfördernde und ergänzende Leistungen zur Rehabilitation mit Ausnahme der ambulanten Behandlung - wegen dieser Erkrankung. Die Leistungen sind also immer dann - schon und noch - zu erbringen, wenn sie wegen der Grunderkrankung erforderlich werden. Die Wortwahl "wegen dieser Erkrankung" in § 1244a RVO deutet auf die Ursachenverknüpfung hin. Die Entnahme des Knochenspans und die damit unmittelbar verbundenen Heilbehandlungen sind insoweit der Implantation zuzurechnen.

2. Diese Auslegung entspricht der Regelungsabsicht des Gesetzgebers. Dieser wollte im System der sozialen Sicherheit das finanzielle Eintreten bei langdauernden Leistungsfällen in der Regel der gesetzlichen Rentenversicherung auferlegen. Demgegenüber soll die gesetzliche Krankenversicherung mehr bei vorübergehenden Leistungseinbußen eintreten, sie ist nicht für finanzielle Dauerleistungen eingerichtet. Die stationäre Tbc-Behandlung ist aber regelmäßig ein längerdauernder Leistungsfall, ein Zuständigkeitswechsel soll vermieden werden (siehe auch § 5 Abs 2 S 1 RehaAnglG). Diesem System entspricht es am besten, wenn der Träger der Rentenversicherung auch für die Folgen der Tbc-Behandlung zuständig bleibt, die durch die Erkrankung wesentlich (mit-)verursacht sind.

 

Normenkette

RVO § 1244a Abs. 1 Fassung: 1959-07-23, Abs. 3 Fassung: 1974-08-07

 

Verfahrensgang

Hessisches LSG (Urteil vom 21.05.1981; Aktenzeichen L 6 J 726/78)

SG Gießen (Entscheidung vom 29.05.1978; Aktenzeichen S 11/2 J 433/74)

 

Tatbestand

Der im Jahr 1928 geborene Herbert W war bei der klagenden Betriebskrankenkasse (BKK) für den Fall der Krankheit und bei der beklagten Landesversicherungsanstalt (LVA) in der Rentenversicherung der Arbeiter versichert. Er erkrankte im Jahr 1946 an einer tuberkulösen Wirbelsäulenentzündung; dazu trat im Jahr 1954 eine Nierentuberkulose. Reaktivierungen der Tuberkulose (Tbc) ergaben sich in den Jahren 1957, 1962, 1963 und 1966. Bei der Behandlung einer reaktivierten Brustwirbel-Tbc im Juni 1967 wurde eine Spanverriegelung der Brustwirbelsäule im Bereich einer Gibbusbildung vorgenommen; als Verspannungsmaterial wurde die rechte Schienbein-Kante verwendet, die durch einen Fremdspan ersetzt wurde, der Abstoßungsreaktionen zeigte und später wieder entfernt wurden mußte. Nach weiteren Reaktivierungen kam es im August 1973 zu einer Spontanfraktur des rechten Schienbeines. Dieser Bruch war, wie das Landessozialgericht (LSG) festgestellt hat, durch die Spanentnahme für die Wirbelsäulenverblockung "induziert" worden. Im September 1975 mußte der rechte Unterschenkel amputiert werden.

Der Versicherte wurde hinsichtlich der Fraktur und ihrer Folgen jahrelang mit Unterbrechungen stationär behandelt. Soweit während der Behandlung bis August 1973 eine aktive Tbc bestand, trug die beklagte LVA die Kosten. Für die stationären Behandlungen zwischen August 1973 und März 1976 mit Ausnahme einer Aufnahme in der Klinik S vom 18. November 1974 bis zum 1. Juli 1975 trug die klagende BKK die im Tatbestand des angefochtenen Urteils aufgeführten Kosten; sie stellte diese Kosten erfolglos der beklagten LVA in Rechnung. Über die Höhe der Kosten besteht zwischen den Beteiligten kein Streit.

Von Juli 1975 an bezog der Versicherte Rente wegen Erwerbsunfähigkeit. Er ist im Januar 1980 gestorben.

Mit der im Oktober 1974 erhobenen Klage hat die BKK beantragt, ihr die für den Versicherten entstandenen Kosten in Höhe von 83.872,43 DM zu ersetzen. Das Sozialgericht (SG) Gießen hat mit Urteil vom 29. Mai 1978 der Klage stattgegeben und zur Begründung ausgeführt, Heilmaßnahmen seien nicht schon dann abgeschlossen, wenn die akute Krankheit überwunden sei; die stationären Behandlungen des Versicherten seien Folgeheilbehandlungen der Tbc-Wirbelsäulenoperation. Auf die Berufung der Beklagten hat das LSG mit Urteil vom 21. Mai 1981 die Klage abgewiesen und die Revision zugelassen. Es hat dazu im wesentlichen folgende Begründung gegeben: § 1244a Reichsversicherungsordnung (RVO) sei nicht anzuwenden. Die Behandlungen hätten in keinem Zusammenhang mit einer aktiven Tbc gestanden. Die stationäre Heilbehandlung wegen eines nichttuberkulösen Leidens sei auch dann, wenn sie letztlich ursächlich auf die ehemals vorliegende aktive Tbc zurückzuführen und als mittelbare Folge der Tbc anzusehen sei, keine Heilbehandlung iS des § 1244a RVO.

Die Klägerin trägt mit der Revision vor, die Krankenhausbehandlung sei zur Beseitigung der Folgen einer stationären Tbc-Behandlung unvermeidbar gewesen und deshalb von der beklagten LVA zu bezahlen. Sie beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des SG Gießen vom 29. Mai 1978 als unbegründet zurückzuweisen.

Die beklagte LVA beantragt, die Revision der Klägerin als unbegründet zurückzuweisen.

Auf ihren Schriftsatz vom 23. Oktober 1981 wird Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet. Der Anspruch der Klägerin auf Kostenerstattung ist gerechtfertigt.

Das Begehren der Klägerin ist als öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch aufzufassen. Dieser dient dem Ausgleich einer rechtsgrundlosen Vermögensverschiebung zwischen zwei Trägern öffentlicher Verwaltung; er setzt voraus, daß ein nicht verpflichteter Rechtsträger des öffentlichen Rechts einem berechtigten Dritten anstelle eines verpflichteten Rechtsträgers des öffentlichen Rechts Leistungen erbracht hat (BSGE 51, 112, 113 = SozR 2200 § 507 Nr 3 mwN). Die Voraussetzungen für einen solchen Erstattungsanspruch liegen vor. Die klagende BKK hat dem Versicherten Leistungen erbracht, die sie nicht zu erbringen hatte, vielmehr war die Beklagte aufgrund der Vorschrift des § 1244a RVO verpflichtet, dem Versicherten die Leistungen, auf die sich der Streit bezieht, zu gewähren.

Nach § 1244a RVO haben (Renten-) Versicherte, die an aktiver behandlungsbedürftiger Tbc erkrankt sind, Anspruch auf die Maßnahmen nach §§ 1236 bis 1244 RVO wegen dieser Erkrankung. Zwar haben die erwähnten Bestimmungen in der Zeit seit Juni 1967 (damals wurde die Spanverriegelung vorgenommen) in Einzelheiten Änderungen erfahren, die durch sie begründeten Ansprüche sind aber nicht wesentlich geändert worden.

Danach steht es außer Zweifel, daß bei einer Erkrankung an aktiver behandlungsbedürftiger Tbc, die stationäre Behandlung erfordert, der Rentenversicherungsträger leistungspflichtig ist (§ 1244a Abs 1 iVm Abs 3 RVO). Von dieser Rechtsauffassung geht auch das LSG aus. Das LSG hat in seine Feststellungen die des von ihm gehörten Sachverständigen Prof. Dr. E vom 5. März 1981 übernommen; dieser hat ausgeführt, daß in der Zeit der stationären Behandlung vom 31. Juli bis zum 12. September 1974 die Wirbelsäulentuberkulose "offensichtlich wieder aktiv" geworden ist. Schon aus dieser Feststellung folgt die Pflicht der Beklagten zur Kostentragung für diesen Behandlungszeitraum.

Für die Entscheidung über die anderen streitigen Behandlungszeiträume bedarf es weitergehender Überlegungen. Da der Versicherte an aktiver behandlungsbedürftiger Tbc erkrankt war, und zwar zunächst zu der Zeit, als die Spanverriegelung vorgenommen wurde, aber auch danach noch häufig, und da die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für ihn erfüllt waren, bestand "wegen dieser Erkrankung" ein Anspruch des Versicherten gegen die beklagte LVA auf die Maßnahmen nach §§ 1236 bis 1244 RVO. Der Streit geht darum, ob zu diesen Maßnahmen auch eine mehrere Jahre danach während einer "nicht-aktiven Periode" erfolgte Heilbehandlung gehört, die nur wegen der - durch eine aktive behandlungsbedürftige Tbc wesentlich (mit-) verursachten - Tbc-Folgen durchgeführt wird.

Mit der Frage, welcher Leistungsträger nach dem Ende des Zustandes der aktiven behandlungsbedürftigen Tbc zuständig ist, hat sich das Bundessozialgericht (BSG), soweit ersichtlich, erst zweimal beschäftigt: Der erkennende Senat hat im Urteil vom 14. Januar 1969 - 4 RJ 189/66 - (BSGE 29, 87, 89 = SozR Nr 11 zu § 1244a RVO) die erste Kontrolluntersuchung nach der Heilbehandlung "nicht als isolierte Heilbehandlung, sondern als eine medizinische Maßnahme in untrennbarem Zusammenhang mit der ... stationären Heilbehandlung wegen ... Tbc" gesehen, sie der vorangegangenen stationären Heilbehandlung als "Schlußakt" versicherungsrechtlich zugerechnet und den Träger der Rentenversicherung zur Kostenerstattung verurteilt. Der 3. Senat hat im Urteil vom 20. Juli 1976 - 3 RK 10/75 - (SozR 2200 § 1244a Nr 7) diejenigen stationären Nachuntersuchungen, die auch noch einige Jahre nach Überwindung der aktiven Tbc aus medizinischen Gründen - Gefahr der Reaktivierung der Tbc - erforderlich sind, der dem Rentenversicherungsträger obliegenden Heilbehandlung zugerechnet und diesen zur Zahlung verurteilt. Er hat dazu ausgeführt: Alle stationären medizinischen Maßnahmen, die die Heilung der Tbc zum Ziele hätten, gehörten zum Zuständigkeitsbereich der Rentenversicherungsträger. Heilmaßnahmen seien aber noch nicht dann ausgeschlossen, wenn die akute Krankheit überwunden sei. Insbesondere dann, wenn gemäß ärztlicher Erfahrung nach überstandener akuter Erkrankung das Wiederaufleben der Krankheit nicht nur eine entfernte Möglichkeit sei, seien Nachuntersuchungen sachlich nicht von der Heilbehandlung zu trennen und nicht als nachgehende oder vorbeugende Maßnahmen zu qualifizieren.

Der Senat führt diese Rechtsprechung dahin fort, daß der Träger der Rentenversicherung - unter den Voraussetzungen des § 1244a RVO - auch für diejenigen Krankheiten Heilbehandlung zu gewähren hat, für die eine aktive behandlungsbedürftige Tbc ursächlich eine wesentliche Bedingung gesetzt hat.

Für eine solche Auslegung spricht zunächst der Wortsinn. Nach § 1244a Abs 1 RVO hat der Versicherte einen Anspruch nicht (nur) auf die Behandlung der aktiven behandlungsbedürftigen Tbc, sondern auf bestimmte Maßnahmen - medizinische, berufsfördernde und ergänzende Leistungen zur Rehabilitation mit Ausnahme der ambulanten Behandlung - wegen dieser Erkrankung. Die Leistungen sind also immer dann - schon und noch - zu erbringen, wenn sie wegen der Grunderkrankung erforderlich werden. Die Wortwahl "wegen dieser Erkrankung" deutet auf eine Ursachenverknüpfung hin. Im Gegensatz etwa zu dem Wort "anläßlich" stellt "wegen" nicht auf einen räumlichen oder zeitlichen, sondern auf den kausalen Zusammenhang ab (vgl Eicher/Haase/ Rauschenbach, Die Rentenversicherung der Arbeiter und der Angestellten, 6. Aufl, Anm 10 zu § 1244a RV0: Verbandskommentar, Rz 10 zu § 1244a RVO, Stand: 1. Januar 1978).

So wird das Wort in der RVO auch in anderem Zusammenhang gebraucht. Nach § 183 Abs 2 Satz 1 RVO wird "für den Fall der Arbeitsunfähigkeit wegen derselben Krankheit" das Krankengeld begrenzt. Das bedeutet dasselbe wie die Wendung in § 182 Abs 1 Nr 2 RVO "wenn die Krankheit den Versicherten arbeitsunfähig macht", was wiederum voraussetzt, daß die Arbeitsunfähigkeit "auf Krankheit beruht" (Gesamtkommentar/Heinze, Anm 16 zu § 182 RVO, Stand: Juni 1979).

Die Auslegung entspricht auch der Regelungsabsicht des Gesetzgebers. Dieser wollte im System der sozialen Sicherheit das finanzielle Eintreten bei langdauernden Leistungsfällen in der Regel der gesetzlichen Rentenversicherung auferlegen: demgegenüber soll die gesetzliche Krankenversicherung mehr bei vorübergehenden Leistungseinbußen eintreten, sie ist nicht für finanzielle Dauerleistungen eingerichtet (Gesamtkommentar/Heinze, Anm 5a zu § 183 RVO, Stand: März 1981). Die stationäre Tbc-Behandlung ist aber in der Regel ein längerdauernder Leistungsfall. Der Gesetzgeber hatte die Vorstellung, daß die Tbc-Bekämpfung im Einzelfall von Anfang bis zum Ende in einer Hand bleiben solle (Gesamtkommentar/Müller, Anm 5 zu § 1244a RVO, Stand: September 1977); ein Zuständigkeitswechsel sollte vermieden werden (wie für die Tbc-Hilfe des Bundessozialhilfegesetzes -BSHG- in §§ 60 und 135 BSHG geregelt). Das entspricht dem Grundgedanken des § 5 Abs 2 Satz 1 des Gesetzes über die Angleichung der Leistungen zur Rehabilitation (RehaAnglG), wonach jeder Träger im Rahmen seiner Zuständigkeit die nach Lage des Einzelfalles erforderlichen Leistungen so vollständig und umfassend zu erbringen hat, daß Leistungen eines anderen Trägers nicht erforderlich werden. Der Senat hat auch wiederholt entschieden, daß Sinn und Zweck der Tbc-Hilfe eine weite Auslegung des § 1244a Abs 1 RVO gebieten (BSGE 43, 279, 280 = SozR 2200 § 1244a Nr 10).

Dem entspricht auch die Regelung in anderen Sozialleistungsbereichen. Nach § 49 Abs 2 Nr 8 BSHG umfaßt die dem (Tbc-) Kranken zu gewährende Heilbehandlung ua die nachgehende Hilfe zur Sicherung der Wirksamkeit ärztlicher Maßnahmen. Dabei ist der Begriff der Tbc-Hilfe nicht eng abzugrenzen; eine Einengung lediglich auf die im medizinischen Sinn akut Kranken entspricht nicht dem Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung (Schellhorn/Jirasek/Seipp, BSHG, 10. Aufl, Rz 4 zu § 49). Nach der Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) meint das Gesetz mit dem "Kranken" auch den im medizinischen Sinn ehemals Kranken; erst wenn die Erkrankung so abgeheilt ist, daß der ehemals Kranke sich nunmehr gesundheitlich nicht mehr von einem Gesunden unterscheidet, kommt die Gewährung von Sonderleistungen nicht mehr in Betracht (BVerwGE 40, 187 ff). Ziel der nachgehenden Hilfe ist es, möglichst Folgen der Primärtherapie und Spätfolgen auszuschließen oder zu mildern (Mergler/Zink/Dahlinger/Zeitler, BSHG, 3. Aufl, Anm 25 zu § 49).

Der Träger der Unfallversicherung hat auch die mittelbaren Unfallfolgen - zu denen die Folgen eines bei einem Verletzten vorgenommenen ärztlichen Eingriffs gehören - zu entschädigen (BSG, Urteil vom 4.11.1981 - 2 RU 39/80 - mwN).

Dem System einer umfassenden Sicherung entspricht es am besten, wenn der Träger der Rentenversicherung auch für die Folgen der Tbc-Behandlung zuständig bleibt, die durch die Erkrankung wesentlich (mit-)verursacht sind. Die Einheit der Behandlung gewährleistet am ehesten das Erreichen des erstrebten Behandlungserfolges. Hinzu kommt, daß sich eine Abgrenzung zwischen Behandlung der aktiven Tbc und Mitbehandlung (zum Mitbehandlungsgrundsatz: § 49 Abs 3 BSHG; BSG SozR 2200 § 1244a Nr 8 und 14 sowie BSGE 50, 29 = SozR aa0 Nr 18) sowie Behandlung von Folgezuständen im Einzelfall häufig kaum treffen läßt; die etwa 34 Jahre andauernde Krankheitsgeschichte des Versicherten, die durch einen Ablauf von aktiven, inaktiven und Folgebehandlungs-Phasen gekennzeichnet ist, bietet dafür ein anschauliches Beispiel.

Zu dem so gewonnenen Ergebnis steht die Vorschrift des § 1244a Abs 4 RVO nicht im Widerspruch. Sie sieht vor, daß Versicherte unter bestimmten Voraussetzungen berufsfördernde und ergänzende Leistungen auch wegen der Folgen der Erkrankung erhalten. Bis zum Inkrafttreten des RehaAnglG am 1. Oktober 1974 erhielten die Versicherten "Berufsförderung und nachgehende Maßnahmen", wobei die nachgehenden Maßnahmen der "Sicherung des nach Durchführung der Heilbehandlung und der Berufsförderung erzielten Ergebnisses" dienten (§ 1237 Abs 4 Buchst b RVO aF). Jetzt sind die ergänzenden Leistungen in § 1237b RVO beschrieben; sie umfassen Geldleistungen (Abs 1 Nr 1 bis 3), Behindertensport (Nr 4) und Haushaltshilfe (Nr 5) sowie die nicht näher gekennzeichneten sonstigen Leistungen (Nr 6 iVm § 1242 RVO).

Die Neufassung des § 1244a Abs 4 RVO und die Umbenennung der "nachgehenden Maßnahmen" mit der in § 1237 Abs 4 Buchst b RVO aF enthaltenen Definition in "ergänzende Leistungen", die in § 1237b RVO beschrieben sind, durch das RehaAnglG war lediglich eine redaktionelle Änderung (BT-Drucks 7/1237, S 72). Sie entsprach der Terminologie des RehaAnglG, insbesondere dem § 12 RehaAnglG ("Ergänzende Leistungen"), und muß im Zusammenhang mit dem Ziel des Gesetzes, die Eingliederung der Behinderten erneut in den Vordergrund der sozialpolitischen Aussagen zu stellen (BT-Drucks aa0, S 50), gesehen werden, sollte also keine Einschränkung der Leistungen bringen. Die Ansprüche des Tbc-Kranken gegen den Rentenversicherungsträger sind sonach mit dem Inkrafttreten des RehaAnglG am 1. Oktober 1974 nicht verringert worden.

Der Anspruch der Klägerin erweist sich aber noch aus einem weiteren Grund als gerechtfertigt. Das BSG hatte in einer Entscheidung vom 12. Dezember 1972 - 3 RK 47/70 = BSGE 35, 102 über einen Sachverhalt zu befinden, daß einer Erkrankten ein Knochenspan implantiert werden mußte, der nicht von der Erkrankten selbst entnommen werden konnte, sondern von einer dritten Person zur Verfügung gestellt wurde. In diesem Zusammenhang hat der 3. Senat entschieden, daß die Behandlung des Organspenders grundsätzlich nur eine Teilmaßnahme im Rahmen der Behandlung der Implantation ist und dieser voll zugerechnet werden muß. Im vorliegenden Rechtsstreit ist zwar der Knochenspan nicht von einer dritten Person, sondern vom Versicherten selbst entnommen worden, dennoch muß unter Übertragung des dargelegten Grundsatzes auch hier die Entnahme des Knochenspanes der Implantation zugerechnet werden, zumal auch hier die Leistungspflicht zweier verschiedener Versicherungsträger im Streit steht. Diese Entnahme erfolgte jedoch wegen der Tbc. Daß die streitigen Krankenhausaufenthalte aber eine unmittelbare Folge der Spanentnahme waren, ist unter den Beteiligten nicht streitig.

Der geltend gemachte Erstattungsanspruch ist somit dem Grunde nach gerechtfertigt. Die Beklagte hatte die Höhe der Forderung in der Berufungsschrift nur hinsichtlich des Krankengeldspitzbetrages beanstandet, dann aber mit Schriftsatz vom 27. Juli 1980 dem LSG auf Anfrage erklärt, daß im Falle einer Maßnahme nach § 1244a RVO alle von der Klägerin geltend gemachten Kosten von der Beklagten zu übernehmen wären. In der Revisionserwiderung hat sie gegen die Höhe der Forderung keine Einwendungen erhoben. Der Senat kann deshalb in der Sache entscheiden.

Auf die Revision der klagenden BKK hin war das Urteil des LSG aufzuheben; die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des SG war als unbegründet zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz.

 

Fundstellen

Haufe-Index 1660118

BSGE, 224

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