Entscheidungsstichwort (Thema)
Verurteilung des Beigeladenen
Leitsatz (amtlich)
1. Die Zuständigkeit eines anderen Rehabilitationsträgers schließt gemäß AFG § 57 (Fassung: 1974-08-07) berufsfördernde und ergänzende Leistungen zur Rehabilitation durch die Bundesanstalt für Arbeit aus. Ihr ist eine Aufstockung der Leistung des anderen Rehabilitationsträgers in diesem Falle untersagt.
2. Will das Gericht die Klage gegen einen Versicherungsträger nur deshalb ablehnen, weil es einen anderen Versicherungsträger für zuständig hält, der seine Zuständigkeit selbst bejaht hat, so kommt eine Verurteilung des anderen Versicherungsträgers nach SGG § 181 nicht in Betracht.
Orientierungssatz
Der nach SGG § 75 Abs 2 Alt 2 beigeladene Versicherungsträger ist trotz Vorliegens eines bindenden Bescheides gemäß SGG § 75 Abs 5 zu verurteilen, wenn der Kläger Anspruch auf einen sogenannten Zugunstenbescheid hat.
Normenkette
AFG § 57 S 1 Fassung: 1974-08-07; AVG § 13 Fassung: 1974-08-07, § 14a Abs 1 S 1 Nr 1 Fassung: 1974-08-07; RVO § 1236 Fassung: 1974-08-07, § 1237a Abs 1 S 1 Nr 1 Fassung: 1974-08-07; RehaAnglG § 6 Abs 1 Fassung: 1974-08-07, § 9 Abs 1 Fassung: 1974-08-07; SGG § 181 Fassung: 1953-09-03, § 75 Abs 2 Alt 2 Fassung: 1953-09-03, § 75 Abs 5 Fassung: 1953-09-03
Verfahrensgang
LSG Bremen (Entscheidung vom 12.01.1979; Aktenzeichen L 5 Ar 22/78) |
SG Bremen (Entscheidung vom 10.02.1978; Aktenzeichen S Ar 26/77) |
Tatbestand
Die Klägerin ist seit ihrer Geburt an beiden Beinen und an der rechten Hand gelähmt. Ihr letztes Arbeitsverhältnis als Stenotypistin an der Universität Bremen hat sie am 28. Mai 1975 angetreten. Ihr Ehemann erzielt kein Einkommen aus einer beruflichen Tätigkeit.
Die Beigeladene gewährte der Klägerin durch einen vorläufigen Bewilligungsbescheid vom 28. Juli 1976 sowie durch einen endgültigen Bescheid vom 5. November 1976 eine finanzielle Hilfe von 6.000,-- DM zu den Anschaffungskosten von 10.928,64 DM für einen Pkw, den die Klägerin aufgrund eines Kaufvertrages vom 8. Oktober 1976 erworben hatte. Ferner übernahm die Beigeladene die Kosten der Fahrausbildung des Ehemannes der Klägerin. Einen darüber hinausgehenden Zuschuß lehnte sie mit der Begründung ab, daß es sich bei dem gewährten Betrag von 6.000,-- DM auch unter Berücksichtigung der Härteklausel - um einen Höchstbetrag handele.
Die Klägerin beantragte daraufhin die Aufstockung des gewährten Zuschusses durch die Beklagte. Diesen Antrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 12. November 1976 ab. Zur Begründung berief sie sich auf ihre gemäß § 57 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) idF des Gesetzes zur Angleichung der Leistungen zur Rehabilitation vom 7. August 1974 (BGBl I 1881) - RehaAnglG fehlende Zuständigkeit und führte aus, die Beigeladene habe sich für zuständig erklärt und sei somit nach § 5 RehaAnglG verpflichtet, die von ihr übernommenen Leistungen so vollständig und umfassend zu erbringen, daß Leistungen anderer Träger nicht erforderlich seien. Der Widerspruch der Klägerin wurde durch Bescheid vom 25. Januar 1977 zurückgewiesen.
Das Sozialgericht (SG) hat am 10. Februar 1978 die Beklagte unter Aufhebung der Bescheide vom 12. November 1976 und vom 25. Januar 1977 verurteilt, der Klägerin unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts einen neuen Bescheid zu erteilen.
Das Landessozialgericht (LSG) Bremen hat die Berufung mit Urteil vom 12. Januar 1979 zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die Beklagte könne ihre Zuständigkeit zur Durchführung ergänzender Rehabilitationsmaßnahmen nicht aufgrund von § 57 AFG idF des RehaAnglG deshalb ablehnen, weil die Beigeladene vorrangig leistungspflichtig sei. Es sei nicht erkennbar geworden, daß infolge der Änderung des § 57 AFG durch das RehaAnglG eine Änderung gegenüber dem vorherigen Rechtszustand eingetreten sei. Gemäß § 57 AFG aF sei die Förderungspflicht der Beklagten nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) jedoch lediglich in dem Umfange entfallen, in dem die andere Stelle vorrangig verpflichtet war. Das RehaAnglG gehe nach den Gesetzesmaterialien vom gegliederten System der Rehabilitation aus. Aus diesem Grunde sei eine konkurrierende Zuständigkeit zwischen dem vorrangig und dem nachrangig leistungsverpflichteten Rehabilitationsträger möglich. Zwar mache es § 5 Abs 2 RehaAnglG den Rehabilitationsträgern zur Pflicht, im Rahmen ihrer Zuständigkeit die nach Lage des Einzelfalles erforderlichen Leistungen so vollständig und umfassend zu erbringen, daß Leistungen eines anderen Trägers (möglichst) nicht erforderlich sind. Im vorliegenden Falle habe aber die Beigeladene ihren durch § 13 Angestelltenversicherungsgesetz (AVG) iVm Ziffern 4 und 6 ihrer am 1. Juli 1974 in Kraft getretenen Richtlinien für die Hilfe zur Beschaffung von Kraftfahrzeugen für behinderte Versicherte und Rentner (D AngVers 1974, 362) vorgegebenen Leistungsrahmen ausgeschöpft. Für einen Anspruch der Klägerin gegenüber der Beklagten auf eine nachrangige Leistung nach dem AFG spreche auch, daß die Klägerin als Behinderte nicht deshalb schlechter gestellt sein dürfe, weil sie nicht ausschließlich von der Beklagten betreut worden sei. Der Grundsatz der einheitlichen Trägerschaft müsse hinter der Grundkonzeption des RehaAnglG zurückstehen, wonach die Rehabilitationsleistungen für alle Behinderte möglichst einheitlich zu gestalten seien. Da es sich bei der Gewährung eines Zuschusses zur Beschaffung eines Pkw gemäß § 56 AFG iVm §§ 37 Abs 1 Nr 8 und 45 der Anordnung des Verwaltungsrats der Bundesanstalt für Arbeit (BA) über die Arbeits- und Berufsförderung Behinderter (AReha) vom 31. Juli 1975 (ANBA 994) um eine Ermessensleistung der Beklagten handele, sei die Beklagte nur zur Erteilung eines Bescheides materiell-rechtlichen Inhalts zu verurteilen gewesen.
Die Beklagte macht mit der Revision geltend, aufgrund des geänderten Wortlauts des § 57 AFG nF (insbesondere wegen des Wortes "sofern") könne die Rechtsprechung des Senats zu § 57 AFG aF nicht übertragen werden. Der § 57 AFG nF enthalte nunmehr ein klar formuliertes absolutes Leistungsverbot, welches bereits bei Zuständigkeit - nicht erst bei einer Leistungspflicht - eines anderen Trägers eintrete. Nach § 5 Abs 2 Satz 1 RehaAnglG habe jeder Träger im Rahmen seiner Zuständigkeit die nach Lage des Einzelfalles erforderlichen Leistungen so vollständig und umfassend zu erbringen, daß Leistungen eines anderen Trägers nicht erforderlich werden. Aufstockungen durch die Beklagte kämen daher nicht mehr in Betracht. Vielmehr sei dem Rentenversicherungsträger bei unvollständiger Leistungserbringung die Berufung auf Ermessenserwägungen verschlossen (BSG SozR 2200 § 1236 Nr 15). Eine Entscheidung über eine erweiterte Leistungspflicht der Beigeladenen könne der Senat nach § 75 Abs 5 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) treffen.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des LSG Bremen vom 12. Januar 1979
und das Urteil des SG Bremen vom 10. Februar 1978
aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Revision der Beklagten zurückzuweisen.
Sie hält das Urteil des LSG in vollem Umfange für zutreffend.
Die Beigeladene beantragt,
die Revision der Beklagten zurückzuweisen.
Auch sie hält das Urteil des LSG für zutreffend. Ergänzend führt sie aus, daß sie nicht gehalten sei, Kraftfahrzeuge in vollem Umfange zu finanzieren. Hiergegen spreche zum einen, daß § 13 AVG die Beschränkung der Leistungen im Rahmen pflichtmäßigen Ermessens gestatte. Dadurch solle die finanzielle Belastung der Versichertengemeinschaft in Grenzen gehalten werden. Ferner müßten die ihr anvertrauten Mittel sparsam und wirtschaftlich verwaltet werden. Ein Kraftfahrzeug werde aber nicht nur für berufliche Zwecke, sondern auch privat für Besorgungen, Ausflüge und Urlaub genutzt. Die Finanzierung der privaten Nutzung eines Pkw ginge über den Aufgabenkreis der Rehabilitation durch den Rentenversicherungsträger hinaus. Eine Beschränkung auf Zuschüsse sei bei Kraftfahrzeughilfen daher geboten (so auch BSGE 46, 286 = SozR 2200 § 1236 Nr 10). Den dargelegten Ermessenserwägungen entsprächen ihre "Richtlinien für die Hilfe zur Beschaffung von Kraftfahrzeugen für behinderte Versicherte und Rentner" vom 1. Juli 1974, die im übrigen mit den Richtlinien der übrigen Rentenversicherungsträger und der Auffassung des Verbandes Deutscher Rentenversicherungsträger übereinstimmten.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung (§ 124 Abs 2 SGG) einverstanden erklärt.
Entscheidungsgründe
Die Revision der Beklagten ist begründet.
Die Urteile der Vorinstanzen können keinen Bestand haben. Mit Recht hat die Beklagte die begehrte Aufstockung des Zuschusses abgelehnt.
Die Leistungspflicht der Beklagten ist gemäß § 57 AFG idF des RehaAnglG (nF) vollständig ausgeschlossen, da für die Gewährung des Zuschusses zu den Anschaffungskosten des Kraftfahrzeugs die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) zuständig ist. Zuständigkeit iS des § 57 AFG ist nicht gleichzusetzen mit der konkreten Leistungsverpflichtung. Vielmehr unterscheidet das RehaAnglG ausdrücklich zwischen Zuständigkeit (§ 6 Abs 1) und Voraussetzungen, Art und Umfang der Leistungen eines Rehabilitationsträgers (§ 9 Abs 1). Die gleiche Unterscheidung findet sich weiterhin in § 13 Abs 3 AVG (= § 1246 Abs 3 der Reichsversicherungsordnung -RVO-), wonach im dort genannten Falle "Verpflichtung und Zuständigkeit" des anderen Rehabilitationsträgers unberührt bleiben. Die Zuständigkeit stellt nur einen Teil der Voraussetzungen für die Leistungsverpflichtung im Einzelfall dar. Sie bestimmt sich nach Merkmalen, die für einen Personenkreis allgemein gelten, in der Regel nach der Ursache, auf der die Behinderung beruht, nach der Zugehörigkeit zum versicherten Personenkreis oder (für den Geltungsbereich des des Bundesversorgungsgesetzes -BVG-) zum Kreis der zu Betreuenden (BSG Urteil vom 15. November 1979 - 11 RA 22/79; BSG SozR 2200 § 1236 Nr 15, Bl 34); Gagel/Jülicher, Kommentar zum AFG, 1. Lieferung, § 57 RdNr 3; Schönefelder/Kranz/Wanka, AFG, 4. Lieferung, Stand August 1976, § 57 RdNr 1 und § 56 RdNr 16). Der Zuschuß zu den Anschaffungskosten des Kraftfahrzeugs der Klägerin ist eine berufsfördernde Leistung zur Rehabilitation gemäß § 14a Abs 1 Nr 1 AVG, nämlich eine Hilfe zur Erhaltung des Arbeitsplatzes. Für diese Leistung war die Beigeladene gemäß § 13 AVG idF des RehaAnglG zuständig. Nach § 13 Abs 1 AVG kann der Rentenversicherungsträger Leistungen zur Rehabilitation in dem in den §§ 14 bis 14b bestimmten Umfange gewähren, wenn die Erwerbsfähigkeit eines Versicherten infolge von Krankheit oder anderen Gebrechen oder Schwäche seiner körperlichen oder geistigen Kräfte gefährdet oder gemindert ist und sie voraussichtlich erhalten, wesentlich gebessert oder wiederhergestellt werden kann. Der § 13 Abs 1a AVG idF des Gesetzes zur zwanzigsten Rentenanpassung und zur Verbesserung der Finanzgrundlage der gesetzlichen Rentenversicherung (20. RAG) vom 27. Juni 1977 (BGBl I 1040), wonach Versicherter iS des Absatzes 1 bei berufsfördernden Maßnahmen zur Rehabilitation nur ist, wer im Zeitpunkt der Antragstellung eine Versicherungszeit von 180 Kalendermonaten zurückgelegt hat oder Rente wegen Berufsunfähigkeit oder Erwerbsunfähigkeit bezieht, gilt für den Leistungsfall der Klägerin noch nicht.
Eine Leistungsverpflichtung der Beklagten ergibt sich ferner nicht daraus, daß die Leistung der Beigeladenen gemäß § 13 Abs 1 AVG eine Ermessensleistung ist, während der Behinderte auf die berufsfördernden Leistungen zur Rehabilitation nach den §§ 56 ff AFG - entgegen der Ansicht der Vorinstanzen - einen Rechtsanspruch hat (BSGE 41, 241, 244; BSG SozR 4100 § 57 Nr 3); denn der Beklagten ist gemäß § 57 Satz 1 AFG nF die Leistung nicht erst dann untersagt, wenn ein anderer Träger eine (Ermessens-)Leistung erbracht hat, sondern bereits dann, wenn ein anderer Träger überhaupt für eine Leistung zuständig ist. Bei der Entscheidung über die Zuständigkeit ist dem Rentenversicherungsträger ein Ermessen nach dem Wortlaut des § 13 AVG (§ 1236 RVO) nicht eingeräumt.
Eine Aufstockung der Leistung des zuständigen Rehabilitationsträgers durch die BA kommt nach § 57 AFG idF des RehaAnglG nicht mehr in Betracht. Zu § 57 AFG in der vor Inkrafttreten des RehaAnglG geltenden Fassung hat der Senat entschieden, daß die in der Vorschrift zum Ausdruck kommende Subsidiarität der Leistungsverpflichtung der BA lediglich bewirkt, daß sie nur verpflichtet ist, die ihr nach dem AFG obliegenden Leistungen unter Berücksichtigung der entsprechenden Leistungen anderer Rehabilitationsträger zu erbringen, diese also aufzustocken (BSGE 41, 241, 245 = SozR 4100 § 57 Nr 2 und BSG SozR 4100 § 57 Nr 3). Der § 57 AFG aF lautete: "Die Bundesanstalt hat ... Maßnahmen ... zu treffen, soweit nicht ein anderer Träger zuständig ist". Da die Rehabilitationsaufgabe der BA aus der allgemeinen Aufgabe der BA zur Berufsförderung hervorgegangen und mit dieser noch eng verklammert war (Schwerdtfeger, "Die Sozialgerichtsbarkeit" -SGb- 1976, 170), ließ § 57 AFG aF ebenso wie § 37 AFG eine Aufstockung von Leistungen anderer Rehabilitationsträger zu. Auch nach dem Inkrafttreten des RehaAnglG läßt es die Rechtsprechung des BSG im Verhältnis zwischen Kriegsopferversorgung und Rentenversicherung zu, daß der Rentenversicherungsträger aufstockende Leistungen erbringt (BSG SozR 2200 § 1242 Nr 3; BSGE 46, 286, 289 ff = SozR 2200 § 1236 Nr 10). Das BSG hat dabei dem im RehaAnglG angelegten Finalprinzip den Vorrang gegenüber dem in diesem Gesetz (s § 5 Abs 2 Satz 1) ebenfalls enthaltenen Prinzip der einheitlichen Trägerschaft gegeben, soweit es sich nicht darum handelt, welcher Rehabilitationsträger Leistungen zu erbringen hat, sondern die Frage zu entscheiden ist, in welcher Höhe die Leistungen zu gewähren sind. In diesen Entscheidungen geht das BSG von der Vorschrift des § 13 Abs 3 AVG bzw 1236 Abs 3 RVO aus. Der Wortlaut dieser Vorschrift weicht aber erheblich von dem des § 57 AFG nF ab. Der § 13 Abs 3 AVG lautet: "Soweit nach Gesetz ... ein Träger eines anderen Zweiges der Sozialversicherung oder eine sonstige durch Gesetz verpflichtete Stelle, insbesondere die Kriegsopferversorgung oder die Bundesanstalt für Arbeit, zuständig ist, bleiben deren Verpflichtung und Zuständigkeit unberührt". Die Vorschrift besagt also allein, daß die Zuständigkeit eines anderen Trägers neben der des Rentenversicherungsträgers weiterbesteht. Sie will verhindern, daß der andere Träger oder eine sonstige Stelle sich auf Kosten des nach § 13 AVG zuständigen Rentenversicherungsträgers entlasten, ihre Leistungszuständigkeit also auf die Rentenversicherung abwälzen (BSGE 46, 286, 289). Wenn hingegen die §§ 13 ff AVG einen Ausschluß der Leistungspflicht des Rentenversicherungsträgers bei Zuständigkeit der Kriegsopferversorgung ausdrücklich oder doch nach ihrem Sinn und Zweck erlauben würden, wäre die Versagung einer Aufstockung möglich (BSGE 44, 231, 234).
Der § 57 AFG nF verbietet die Aufstockung. Der Gebrauch des Wortes "sofern" bedeutet nämlich - anders als das in § 57 AFG aF gebrauchte Wort "soweit" -, daß Leistungen der BA bei Zuständigkeit eines anderen Trägers vollständig ausgeschlossen sein sollen. Allerdings ist in der Entscheidung des BSG vom 28. Juni 1979 - 1 RA 97/78 (BSG SozR 2200 § 1242 Nr 3) - ausgeführt, die Zuständigkeit der BA komme nur in Betracht, soweit die beklagte BfA nicht zu leisten habe (vgl § 57 AFG). Das Urteil bezieht sich damit aber, wie auch durch die Bezugnahme auf die Entscheidung in BSGE 41, 241, 245 deutlich wird, auf § 57 AFG aF.
Der dem Wortlaut des § 57 AFG nF gegebenen Auslegung entspricht der Sinn der Vorschrift. Dieser ergibt sich aus dem Zusammenhang des RehaAnglG. Die Änderung des § 57 AFG und der damit bewirkte Ausschluß von Aufstockungsleistungen durch das RehaAnglG entspricht nämlich den Zielen, die mit der Vereinheitlichung des Rehabilitationsrechts angestrebt worden sind. In § 5 Abs 2 des Regierungsentwurfs des RehaAnglG (BT-Drucks 7/1237 war folgende Regelung vorgesehen: "Jeder Träger hat im Rahmen seiner Zuständigkeit die nach Lage des Einzelfalles erforderlichen Leistungen so vollständig und umfassend zu erbringen, daß Leistungen eines anderen Trägers möglichst nicht erforderlich werden". Das RehaAnglG sollte damit den Grundsatz zum Ausdruck bringen, daß für jeden Rehabilitationsfall nur ein Träger zuständig sein soll. In der Begründung des Entwurfs heißt es dazu (aaO S 55): "Es muß sichergestellt sein, daß der jeweils zuständige Rehabilitationsträger vom Anfang bis zum Abschluß des Verfahrens zuständig und damit verantwortlich bleibt. Ein Wechsel in der Trägerschaft ist möglichst auszuschließen (Grundsatz von der Einheitlichkeit der Trägerschaft). Hierdurch wird vermieden, daß der Behinderte während des Rehabilitationsverfahrens von einem zum anderen Träger weitergeschickt wird und dringend notwendige Rehabilitationsmaßnahmen nicht rechtzeitig eingeleitet werden". Der Bundestagsausschuß für Arbeit und Sozialordnung strich in § 5 Abs 2 des Entwurfs das Wort "möglichst", da er das Ziel des Gesetzes, einheitlich Leistungen zu gewähren, nur dann als erreicht ansah, "wenn die Träger ohne jeden Vorbehalt verpflichtet sind, einheitliche Leistungen zu erbringen" (BT-Drucks 7/2256 zu § 5, Buchst f, S 8).
Nach Auffassung des Ausschusses kam der einheitlichen Ausrichtung auch der ergänzenden Leistungen erhöhte Bedeutung zu. Er sah es als wichtig an, daß künftig insbesondere auch für die Gewährung nachgehender Leistungen zur Sicherung des Rehabilitationserfolges ein einziger Rehabilitationsträger verantwortlich sein würde (aaO, allgemeine Begründung, 2., S 4). Schließlich werden durch die in § 57 AFG nF angelegte klare Zuständigkeitsverteilung allgemeine gesetzgeberische Ziele erreicht, nämlich unnötige Leistungskumulationen abzubauen, klare Zuständigkeiten zu schaffen und das Sozialleistungssystem insgesamt durchsichtiger zu machen (Schwerdtfeger SGb 1976, 170, 171).
Die für die begehrte Leistung zuständige Beigeladene kann der Senat im anhängigen Verfahren nicht verurteilen, ihr Ermessen erneut zu betätigen und der Klägerin einen neuen Bescheid zu erteilen.
Die Beigeladene kann insbesondere nicht gemäß § 75 Abs 5 SGG verurteilt werden. Zwar gilt die Vorschrift gemäß §§ 165, 153 Abs 1 SGG auch im Revisionsverfahren (BSGE 8, 170, 175). Die Beiladung durch das SG (Beschluß vom 7. Oktober 1977) bleibt auch für das Revisionsverfahren wirksam. Der Verurteilung der Beigeladenen gemäß § 75 Abs 5 SGG steht jedoch die Rechtsbeständigkeit ihres Bescheides vom 5. November 1976 entgegen (vgl Peters/Sautter/Wolff, Kommentar zur Sozialgerichtsbarkeit, 4. Aufl 20. Nachtr, § 181, S III/86-17-; Meyer-Ladewig, Kommentar zum SGG, § 75 RdNr 12); denn die Klägerin hat gegen diesen (endgültigen) Bewilligungsbescheid bei der Beigeladenen keinen Widerspruch - auch nicht hinsichtlich der Höhe des bewilligten Zuschusses - eingelegt. Auch gegen die ausdrückliche Ablehnung der Übernahme weiterer Kosten für die Pkw-Anschaffung in dem Schreiben der Beigeladenen vom 25. Oktober 1976 hat sich die Klägerin nicht mit einem Widerspruch gewandt. Allerdings ist der nach § 75 Abs 2 zweite Alternative SGG beigeladene Versicherungsträger trotz Vorliegens eines bindenden Bescheides gemäß § 75 Abs 5 SGG zu verurteilen, wenn der Kläger Anspruch auf einen sogenannten Zugunstenbescheid hat. Dieser Weg scheidet im vorliegenden Falle aber aus, weil die Beigeladene Zuschüsse zu den Anschaffungskosten eines Pkw - wie dargelegt - als Ermessensleistung gewährt. Der Klägerin steht kein Rechtsanspruch auf den von ihr begehrten (Rest-)Zuschuß gegen die Beigeladene zu.
Eine Verurteilung der Beigeladenen gemäß § 181 SGG scheidet ebenfalls aus. Nach dieser Vorschrift iVm § 180 Abs 4 SGG bestimmt das Gericht den leistungspflichtigen Versicherungsträger, wenn es die Klage gegen einen Versicherungsträger ablehnen will, weil es einen anderen Versicherungsträger für leistungspflichtig hält. Der § 181 SGG soll es - ebenso wie §§ 180 und 75 SGG - verfahrensrechtlich ermöglichen, im Sozialrecht widersprechende Entscheidungen zu vermeiden und die materiell-rechtlich richtige Entscheidung ohne Rücksicht auf eine bereits eingetretene Rechtskraft- oder Bindungswirkung durchzusetzen. Während durch § 75 Abs 5 SGG - auch aus prozeßökonomischen Zwecken - erreicht werden soll, daß schon im Verfahren gegen den ersten ablehnenden Bescheid widersprechenden Entscheidungen vorgebeugt wird, bieten die §§ 180, 181 SGG eine verfahrensrechtliche Handhabe, rechtskräftige oder verbindliche Entscheidungen zu beseitigen, die einander widersprechen (§ 180 SGG) oder im Widerspruch zu einer beabsichtigten Entscheidung stehen (§ 181 SGG). Damit soll ein negativer Konflikt vermieden werden (BSG, Urteil vom 25. Januar 1973 - 2 RU 170/71; BSG in SozR Nr 2 zu § 181 SGG; Meyer-Ladewig, SGG, Anm 1 zu § 181; Miesbach-Ankenbrank-Hennig-Danckwerts, Kommentar zum SGG, Anm 1 zu § 181). Dieser Sinn und Zweck der bezeichneten Vorschrift, widersprüchliche Entscheidungen ohne Rücksicht auf die Rechtskraft- oder Bindungswirkung zu vermeiden, ergibt sich ferner aus der geschichtlichen Entwicklung (vgl hierzu BSG aaO). Ist es aber Aufgabe des besonderen Wiederaufnahmeverfahrens nach § 181 SGG, eine materiell-rechtlich richtige Entscheidung ohne Rücksicht auf eine bereits eingetretene Rechtskraft- oder Bindungswirkung durchzusetzen, so ist es Voraussetzung für die Anwendung dieser Vorschrift, daß die frühere (bindend oder rechtskräftig gewordene) Entscheidung ihrem materiellen Inhalt nach der nunmehr zu treffenden Entscheidung widerspricht, insoweit also eine dem Betroffenen gegenüber ergangene bindende Entscheidung materiell unrichtig ist. Diese Voraussetzung liegt im vorliegenden Falle nicht vor. Der Senat hat die Klage der Klägerin gegen die Beklagte nicht deshalb abgelehnt, weil deren Leistungspflicht unter materiell-rechtlichen Gesichtspunkten nicht besteht, sondern weil sie nicht für die Leistung zuständig ist; der bindende Verwaltungsakt der Beigeladenen bejaht aber gerade - wie auch der Senat - die Zuständigkeit der Beigeladenen und lehnt eine höhere dem Begehren der Klägerin entsprechende Leistungspflicht ab. Daraus ergibt sich aber, daß der bindende Verwaltungsakt der Beigeladenen nicht im Widerspruch zu der vom Senat beabsichtigten (und getroffenen) Entscheidung steht, so daß eine widersprechende Entscheidung iS des § 181 SGG nicht vorliegt. Bei dieser Rechtslage kann es offen bleiben, ob im Rahmen des besonderen Wiederaufnahmeverfahrens nach § 181 SGG auch bindende Bescheide einbezogen werden können, mit denen Leistungen gewährt werden, die im Ermessen des einen Leistungspflichtigen stehen, während bei gegebener Zuständigkeit der andere Leistungsträger insoweit zur Erfüllung eines Rechtsanspruchs verpflichtet wäre.
Nach allem sind die angefochtenen Entscheidungen der Vorinstanzen aufzuheben; die Klage ist abzuweisen.
Die Kostenentscheidung ergeht gemäß § 193 SGG.
Fundstellen