Leitsatz (amtlich)
Zur Frage, ob mit der Ablegung der 1. juristischen Prüfung (Referendarexamen) eine abgeschlossene Berufsausbildung iS des AFG § 41 Abs 1 gegeben ist.
Leitsatz (redaktionell)
Als abgeschlossene Berufsausbildung iS des AFG § 41 Abs 1 ist eine Ausbildung anzusehen, die aufgrund der auf dem Arbeitsmarkt herrschenden Anschauungen und Verhältnisse eine Person befähigt, unmittelbar aufgrund des Abschlusses eine berufliche Tätigkeit auszuüben, die nicht lediglich in einem organisierten Ausbildungsgang besteht, der erst seinerseits zu einem vollwertigen Beruf führen soll (hier: Teilnahme an Steuerrechts- und Betriebswirtschaftslehrgängen).
Normenkette
AFG § 41 Abs. 1 Fassung: 1969-06-25
Verfahrensgang
LSG Niedersachsen (Entscheidung vom 08.04.1975; Aktenzeichen L 7 Ar 53/74) |
SG Oldenburg (Entscheidung vom 22.04.1974; Aktenzeichen S 4 Ar 52/72) |
Tenor
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen vom 8. April 1975 aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Teilnahme des Klägers an den Steuerrechts- und Betriebswirtschaftslehrgängen des Instituts für Steuerrecht der Rechtsanwaltschaft eV, B, von der Beklagten zu fördern ist.
Der im Jahre 1941 geborene Kläger legte im August 1970 die zweite juristische Staatsprüfung ab. Von November 1970 bis Juni 1971 war er als juristischer Mitarbeiter in der Praxis des Wirtschaftsprüfers und Steuerberaters Dr. L. arbeitslosenversicherungspflichtig beschäftigt. In der Zeit vom 5. Juli bis 14. August 1971 besuchte er die Lehrgänge "Einführung in das Steuerrecht und das betriebliche Rechnungswesen" (5. bis 10. Juli 1971) und "Steuern und Betrieb" (12. Juli bis 14. August 1971), die das Institut für Steuerrecht der Rechtsanwaltschaft eV Bochum in Detmold veranstaltete. Am 16. August 1971 trat er in ein Angestelltenverhältnis zur T O als Syndikusanwalt.
Zu den Lehrgängen waren Referendare, Assessoren und Rechtsanwälte zugelassen. Das Land Nordrhein-Westfalen entsendet zu dem Lehrgang "Steuern und Betrieb" Referendare im Rahmen der sogenannten freien Wahlstation. Zweck des Instituts ist es nach § 2 der Satzung, die Anwaltschaft und ihren Nachwuchs an das Steuerrecht, Bilanz- und Buchhaltungswesen (Betriebswirtschaft) heranzuführen, die Anwaltschaft auf steuerlichen und betriebswirtschaftlichen sowie diesen verwandten Gebieten fortzubilden und der Anwaltschaft beratend zur Verfügung zu stehen.
Den Antrag des Klägers vom 16. Februar 1971 auf Förderung der Teilnahme an den Lehrgängen lehnte die Beklagte ab, weil das erste juristische Staatsexamen noch keine abgeschlossene Berufsausbildung iS des § 41 Abs 1 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) sei (Bescheid vom 3. November 1971 Widerspruchsbescheid vom 27. April 1972) und damit für die Teilnahme an den Kursen keine abgeschlossene Berufsausbildung erforderlich sei.
Die hiergegen erhobene Klage hatte keinen Erfolg (Urteil des Sozialgerichts - SG - vom 22. April 1974).
Die Berufung hat das Landessozialgericht Niedersachsen (LSG) mit Urteil vom 8. April 1975 zurückgewiesen. Zur Begründung hat es im wesentlichen ausgeführt: Die Voraussetzungen für eine im vorliegenden Fall allein in Betracht kommende Fortbildungsförderung nach § 41 Abs 1 AFG seien nicht gegeben, weil die vom Kläger besuchten Lehrgänge nicht den objektiven Erfordernissen einer Fortbildungsmaßnahme genügten. Sie setzten nicht eine abgeschlossene Berufsausbildung oder eine angemessene Berufserfahrung voraus. Zwar könne der Senat der Auffassung der Beklagten nicht folgen, daß das erste juristische Staatsexamen, das als Mindesterfordernis für die Zulassung zu den Lehrgängen verlangt würde, in keinem Falle als eine abgeschlossene Berufsausbildung iS des § 41 Abs 1 AFG angesehen werden könne, weil die zu diesem Zeitpunkt erreichte fachliche Einsatzfähigkeit keine auf dem Arbeitsmarkt ins Gewicht fallende Berufsqualifikation erschlösse. Nach Ansicht des Senats seien durchaus Fälle denkbar, in denen ein erfolgreich geprüfter Rechtskandidat eine Beschäftigung ausübe, die an das abgeleistete Studium anknüpfe aber nicht die Ausbildung zum Volljuristen verlange, wie etwa als Schadensbearbeiter in Versicherungsunternehmen. Ob mit dem Bestehen des ersten juristischen Staatsexamens bereits eine Berufsausbildung abgeschlossen sei, brauche im vorliegenden Fall jedoch nicht abschließend entschieden zu werden; denn nach dem vom Maßnahmeträger erklärten Zweck sollten die erworbenen Kenntnisse und Fertigkeiten nicht etwa dazu dienen, Rechtskandidaten, die nicht in den Vorbereitungsdienst eingetreten seien oder eintreten wollten, eine auf dem Arbeitsmarkt verwertbare Berufsqualifikation zu verschaffen. Das Maßnahmeziel sei vielmehr darauf gerichtet, den Teilnehmern Kenntnisse auf dem Gebiet des Steuerrechts und der Betriebswirtschaft zu vermitteln, die sie erst in Verbindung mit dem zweiten juristischen Staatsexamen, nämlich als Rechtsanwälte, nutzen könnten. Demgemäß lasse das Institut für Steuerrecht nach der vom Senat eingeholten Auskunft zu den Lehrgängen auch nur Teilnehmer zu, die das zweite juristische Staatsexamen bereits abgelegt hätten oder als Referendare anstrebten. Die Beschränkung der Zulassung auf diesen Personenkreis entspreche der in der Satzung des Instituts niedergelegten Aufgabe. Im Sinne des Maßnahmezweckes verfügten die zugelassenen Referendare jedoch nicht über eine abgeschlossene Berufsausbildung. Vom Maßnahmeziel her gesehen müßten die vom Kläger besuchten Lehrgänge als Zugangsvoraussetzung eine mit dem zweiten juristischen Staatsexamen abgeschlossene Berufsausbildung verlangen, um der beruflichen Fortbildung iS des AFG zugeordnet werden zu können. Daß dies nicht der Fall sei, zeige, daß hier nicht nur Inhaber eines bestimmten abgeschlossenen Berufes fortgebildet werden sollten, sondern daß auch die Ausbildung zu einem bestimmten Beruf, nämlich dem des Volljuristen und künftigen Rechtsanwalts, ergänzt bzw. in einer bestimmten Richtung betrieben werde. Letzteres werde daran deutlich, daß das Institut für Referendare des Landes Nordrhein-Westfalen auch Ausbildungsstätte sei.
In der Verneinung der Förderungsfähigkeit könne eine ungleiche Behandlung von geprüften Rechtskandidaten und anderen Personen, die Universitätsexamina abgelegt hätten, nicht erblickt werden. Der Hinweis des Klägers auf Lehrgänge zur Vorbereitung auf die Prüfung zum Steuerberater und Wirtschaftsprüfer sei insoweit nicht durchgreifend, weil diese weder nach Inhalt, Ausbildungszweck, noch dem Teilnehmerkreis mit den vorliegenden Lehrgängen vergleichbar seien.
Mit der zugelassenen Revision rügt der Kläger sinngemäß eine Verletzung des § 41 AFG und führt hierzu insbesondere aus: Entgegen der Auffassung des LSG sei es für den vorliegenden Fall von Bedeutung, ob die juristische Ausbildung mit dem ersten oder zweiten Staatsexamen abgeschlossen sei. Die Begründung des LSG enthalte einen schwerwiegenden Zirkelschluß. Indem das Urteil für die Frage der abgeschlossenen Berufsausbildung auf eine spätere anwaltliche Tätigkeit abstelle, werde inzidenter unterstellt, daß der "Noch - nicht - Anwalt" seine Ausbildung noch nicht abgeschlossen habe. Gegenwärtig könne jedoch nicht mehr davon ausgegangen werden, daß die juristische Ausbildung erst mit dem zweiten Staatsexamen abgeschlossen sei. Die gegenteilige Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) sei historisch bedingt und führe zu systemwidrigen Überschneidungen des Ausbildungsbegriffs. Es gehe nicht an, daß historisch bedingt staatsbezogene Berufe (Lehrer und Juristen) wegen des staatlichen Ausbildungsmonopols anders beurteilt würden als andere akademische Berufe. Auch Diplomingenieure und Diplomvolkswirte, die mit dem Hochschulabschluß zweifellos über eine abgeschlossene Berufsausbildung verfügten, müßten bei Eintritt in die Verwaltung ein Referendariat absolvieren. Andererseits könnten Juristen auf die Ableistung der Referendarzeit verzichten, eine praktische Ausbildung bei einem Steuerberater beginnen und nach Ableistung der vorgeschriebenen Dreijahresfrist (§ 5 Abs 1 Ziff 1 StBerG) ebenso wie jeder andere nach § 5 Abs 1 Ziff 1 StBerG qualifizierte Hochschulabsolvent ihre Steuerberaterprüfung ablegen. Es erscheine doch einigermaßen zweifelhaft, Personen mit vergleichbaren Hochschulabschlüssen einmal als fertig, das andere Mal als Person ohne abgeschlossene Berufsausbildung zu betrachten. Von Bedeutung sei auch das Urteil des Bundesfinanzhofes (BFH) vom 25. November 1966 - VI 72/65 - (BStBl. 1967 Teil III S 340), in dem der BFH insbesondere infolge des Abwanderns von jungen Juristen ohne zweites Staatsexamen in die Wirtschaft unter Aufgabe seiner bisherigen Rechtsprechung die Ausbildung zum Juristen mit dem ersten Staatsexamen als abgeschlossen angesehen und den Ansatz von Kosten der Berufsfortbildung als Werbungskosten zum Abzug zugelassen habe.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Landessozialgericht Niedersachsen vom 8. April 1975 sowie die Bescheide der Beklagten vom 3. November 1971 und 27. April 1972 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm für die Teilnahme an den Lehrgängen des Instituts für Steuerrecht der Rechtsanwaltschaft eV Bochum vom 5. Juli 1971 bis 14. August 1971 Fortbildungsförderung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält das Urteil des LSG für zutreffend. Für die Frage, wann eine Berufsausbildung iS des AFG abgeschlossen ist, weist sie ergänzend auf die Rechtsprechung des Senats zum pädagogischen Studium hin (Urteil vom 21. Mai 1974 SozR 4100 § 47 AFG Nr 2).
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung (§ 124 Abs 2 SGG) einverstanden erklärt.
Entscheidungsgründe
Die Revision des Klägers ist iS der Zurückverweisung der Sache an das LSG begründet. Die vom LSG getroffenen Feststellungen reichen zu einer abschließenden Entscheidung nicht aus.
Zutreffend ist das LSG davon ausgegangen, daß die Teilnahme des Klägers an den Steuerrechts- und Betriebswirtschaftslehrgängen für ihn eine Maßnahme der beruflichen Fortbildung iS des § 41 Abs 1 Satz 1 AFG darstellt. Das AFG kennt als Bildungsmaßnahmen Ausbildung, Fortbildung und Umschulung. Ausbildung ist immer nur die erste zu einem Abschluß führende Bildungsmaßnahme in ein und derselben Berufsrichtung (BSG SozR 4100 § 41 Nr 1). Fortbildung und Umschulung unterscheiden sich dadurch, daß bei der Fortbildung die in dem bisherigen Beruf erlernten Fertigkeiten in den angestrebten Beruf inhaltlich mit übernommen werden, während die Umschulung zu einem Beruf mit neuem Inhalt befähigt (BSG SozR 4100 § 41 Nr 11). Zu der Zeit, als der Kläger die Steuerrechtslehrgänge besuchte, um die es hier geht, hatte er bereits einen abgeschlossenen Beruf. Die Fähigkeiten, die er zu erwerben trachtete, stellten für ihn lediglich eine Erweiterung seiner bisher schon vorhandenen beruflichen Kenntnisse dar.
Die Teilnahme an einer Bildungsmaßnahme ist nur dann als Fortbildung förderbar, wenn grundsätzlich nur Teilnehmer zugelassen werden, die über eine abgeschlossene Berufsausbildung oder angemessene Berufserfahrung verfügen (§ 41 Abs 1 AFG). Wie das BSG in ständiger Rechtsprechung entschieden hat, handelt es sich bei diesen Voraussetzungen des § 41 Abs 1 nicht nur um eine auf den Teilnehmer bezogene - subjektive - Förderungsvoraussetzung, sondern um objektive Merkmale der Bildungsmaßnahme, die vorliegen müssen, wenn die Teilnahme an dieser Maßnahme förderungsfähig sein soll (BSGE 36, 48, 50; 37, 163, 168; SozR 4100 § 41 Nr 1; Urteile vom 15. Juni 1976 - 7 RAr 107/74 und 7 RAr 11/75 -; Urteil vom 22. Januar 1977 - 7/12/7 RAr 42/74). Nur wenn die Teilnahme an der Maßnahme überhaupt und allgemein von einer abgeschlossenen Berufsausbildung oder einer angemessenen Berufserfahrung abhängig gemacht wird, ist der Zweck des § 41 Abs 1 AFG erfüllt, der darin liegt, sicherzustellen, daß die Maßnahme auf dem vorhandenen Wissen der Teilnehmer aufbaut und unter Nutzung vorhandener Berufskenntnisse entsprechend gestrafft ist (BSG Soz R 4100 § 34 Nr 3; Urteile vom 15. Juni 1976 - 7 RAr 107/74 und 7 RAr 11/75 -).
Die Feststellungen des LSG reichen nicht aus, um zu beurteilen, ob die Teilnahme an der Maßnahme von den objektiven Voraussetzungen des § 41 Abs 1 AFG abhängig gemacht worden ist. Zwar hat das LSG festgestellt, daß zu den Lehrgängen Assessoren, Anwälte und Referendare zugelassen waren. Assessoren und Anwälte haben unzweifelhaft eine abgeschlossene Berufsausbildung. Ob das von Referendaren gesagt werden kann, hängt jedoch von tatsächlichen Feststellungen ab, die vom LSG nicht getroffen worden sind.
Zwar hat das LSG gemeint, daß die objektiven Voraussetzungen für eine Maßnahme der beruflichen Fortbildung nicht vorgelegen haben. Die Ausführungen des LSG darüber binden den Senat jedoch nicht, da es sich insoweit nicht um eine Tatsachenfeststellung iS des § 163 SGG, sondern um eine rechtliche Wertung handelt. Das LSG begründet diese Auffassung nämlich damit, daß die Maßnahme allein darauf gerichtet gewesen sei, Teilnehmern Kenntnisse auf dem Gebiet des Steuerrechts- und der Betriebswirtschaft zu vermitteln, die sie erst in Verbindung mit dem zweiten juristischen Staatsexamen, nämlich als Rechtsanwälte nützen könnten. Darauf kommt es aber nicht an.
Richtig ist allerdings, daß nicht jede abgeschlossene Berufsausbildung zur Teilnahme an einer Maßnahme nach § 41 Abs 1 AFG befähigt. Da es Sinn und Zweck der vom § 41 Abs 1 AFG verlangten Zugangsvoraussetzungen ist, die Verwertung bisherigen Berufswissens sicherzustellen und eine entsprechende Kürzung und Straffung der Maßnahme zu erreichen, so folgt hieraus die Notwendigkeit eines inneren Zusammenhangs zwischen der verlangten beruflichen Vorqualifikation und demjenigen Kenntnisstand, der nach erfolgreichem Abschluß der Maßnahme erreicht wird. Zur Zulassung an einer Fortbildungsmaßnahme müssen demnach einschlägige Berufsabschlüsse verlangt werden (BSG vom 4. November 1975, - 7 RAr 12/74 -). Daran fehlt es aber in vorliegendem Fall nicht, da die Teilnahme an den Lehrgängen des Instituts für Steuerrecht jeweils von juristischen Abschlüssen, (Referendarprüfung, Assessorprüfung, Rechtsanwaltszulassung) abhängig gemacht ist und die dadurch verbürgten Kenntnisse einschlägig sind.
Nicht maßgeblich ist auch, was der Einzelne mit der Teilnahme an der Maßnahme konkret anstrebt oder in welcher Form er die vermittelten Kenntnisse später beruflich verwerten will. § 41 Abs 1 verlangt als Merkmal der Fortbildung lediglich, daß die Maßnahme auf das Ziel gerichtet ist, berufliche Kenntnisse und Fertigkeiten festzustellen, zu erhalten, zu erweitern oder der technischen Entwicklung anzupassen oder einen beruflichen Aufstieg zu ermöglichen. Daß es darüber hinaus nicht auf die konkrete Zielsetzung ankommen kann, ergibt sich auch daraus, daß die meisten Berufsbildungsmaßnahmen zu einer Vielzahl von beruflich verwertbaren Tätigkeiten hinführen, die im einzelnen sehr unterschiedlich und kaum zu überschauen sind (vgl auch Urteil vom 27. Januar 1977, - 7 RAr 36/75 -). Es ergibt sich auch daraus, daß das AFG nicht auf die Förderung von Berufen mit festgelegten Berufsbildern beschränkt ist. Ziel der beruflichen Bildung ist es nicht, den einzelnen Teilnehmer auf bestimmte Berufsausübungsformen festzulegen, sondern ein erhöhtes berufliches Können und Wissen zu vermitteln. Es ist deshalb nicht erforderlich, daß das Ergebnis einer Bildungsmaßnahme für die berufliche Tätigkeit des Einzelnen notwendig ist oder sich unmittelbar vorteilhaft auswirkt. Ausreichend ist vielmehr, daß die Beteiligung an der Maßnahme unter Berücksichtigung des vorhandenen beruflichen Status für das spätere Berufsleben des Teilnehmers als nützlich erscheint, um seine berufliche Beweglichkeit zu verbessern und ihm unter Umständen einen beruflichen Aufstieg zu ermöglichen.
Nicht bedeutsam ist daher der Gesichtspunkt, auf den das LSG es abgestellt hat, daß nämlich das Wissen, das der Kläger während des Steuerrechtslehrgangs erworben hat, nur von "Volljuristen" mit unmittelbarem erwerbswirksamen Nutzen eingesetzt werden könne. Entscheidend dafür, ob die Teilnahme an den Steuerrechtslehrgängen gefördert werden kann, die der Kläger besucht hat, ist damit allein die Frage, ob das mit dem ersten juristischen Examen abgeschlossene Hochschulstudium eine abgeschlossene Berufsausbildung iS des § 41 Abs 1 AFG darstellt. Assessoren und Rechtsanwälte haben eine abgeschlossene Berufsausbildung, da sie die Befähigung zum Richteramt haben und somit zu allen Berufen Zugang haben, die diese Ausbildung fordern. Allgemein und von allen fordern die Kurse, an denen der Kläger teilgenommen hat, nur dann eine abgeschlossene Berufsausbildung, wenn auch der Referendar bereits einen Beruf darstellt. Da ein bestimmter traditioneller Berufsbereich für Juristen mit nur dem ersten Staatsexamen nicht vorhanden ist, kann die Frage, ob Referendare einen Beruf haben, nur anhand des tatsächlichen Geschehens auf dem Arbeitsmarkt verantwortet werden. Wie der Senat bereits entschieden hat, kommt eine Ausbildungsförderung nach § 40 AFG grundsätzlich nicht mehr in Betracht, wenn der Bildungswillige vor Eintritt in die Maßnahme in einer bestimmten Berufsrichtung bereits einen Status erlangt hat, der ihn zur verantwortlichen Ausübung des gewählten Berufes befähigt. Ob der hierzu erforderliche Wissens- oder Kenntnisstand durch eine ordnungsgemäße Lehre oder durch mehrjährige Berufstätigkeit erreicht wird, ist dabei ohne Bedeutung (BSGE 40, 234, 236). Wer zu einem Status gekommen ist, der ihm die verantwortliche Ausübung eines Berufes ermöglicht, hat damit nicht nur einen Beruf mit der Folge, daß er für eine Erstausbildung nicht mehr in Frage kommt, sondern auch mit der Folge, daß auf diesem beruflichen Stand aufbauend eine Fortbildung vorgenommen werden kann.
Zu der Frage, ob derjenige, der das erste juristische Staatsexamen bestanden hat, einen Beruf in diesem Sinne (§ 41 Abs 1 AFG) erlangt hat, hat das BSG bisher keine Entscheidung getroffen. Zwar war der Senat im Urteil vom 15. Juni 1976 (7 RAr 131/74) davon ausgegangen, daß der Referendar keine abgeschlossene Berufsausbildung habe, was zur Folge hatte, daß der Besuch eines Steuerrechtslehrgangs für den Kläger nach § 41 AFG nicht förderbar war, weil der betreffende Lehrgang auch Referendare zuließ. In jenem Falle hatte aber das LSG nicht nur seine rechtliche Auffassung dahin geäußert, daß das erste juristische Staatsexamen nicht der Abschluß einer Berufsausbildung sei, sondern hatte in tatsächlicher Hinsicht bindend festgestellt, daß für Juristen mit der ersten juristischen Staatsprüfung auf dem Arbeitsmarkt keine spezifisch für Referendare bestehenden Berufe vorhanden seien. Zu der Frage, ob die Referendarzeit dessen, der das erste juristische Staatsexamen abgelegt hat, zur Umschulung oder Fortbildung gehört, hatte sich der Senat allerdings bereits im Urteil vom 25. Oktober 1961 geäußert (7 RAr 58/60; Breithaupt 1962, 640). In dem vom Senat damals anzuwendenden § 95 Abs 2 Ziff 3 des AVAVG aF hieß es, daß in die Rahmenfrist (für die Erfüllung der Anwartschaftszeit für die Arbeitslosenunterstützung) diejenige Zeit nicht eingerechnet werde, in der sich der Arbeitslose in einem geregelten Ausbildungsgang zur Berufsumschulung oder Fortbildung befunden habe. Der Senat hat damals die Auffassung vertreten, daß bei dem juristischen Vorbereitungsdienst eines Referendars es sich nicht um eine Berufsfortbildung handele. Der Vorbereitungsdienst stelle zusammen mit dem Hochschulstudium eine einheitliche Ausbildung dar, wobei das Hochschulstudium die theoretische und der Vorbereitungsdienst die praktische Ausbildung umfasse. Die Entscheidung stützte sich auf weitere Urteile des BSG, die ebenfalls in Studium- und Referendarzeit des Juristen zwei Teile einer zusammengehörigen und nur zusammen eine vollendete Ausbildung ergebenden Einheit sahen. Der Umstand, daß ein Teil der Absolventen des Referendarexamens unmittelbar danach in das Arbeitsleben eintrat und auf den für die Ablegung der großen juristischen Staatsprüfung notwendigen Vorbereitungsdienst verzichtete, erschien dem Senat für die Anwendung des § 95 Abs 2 Ziff 3 AVAVG nicht von Bedeutung. Diese Gesichtspunkte, die für die Entscheidung zu § 95 Abs 2 Ziff 3 AVAVG bestimmt waren, können jedoch hinsichtlich der Auslegung des § 41 Abs 1 AFG nicht entscheidend sein. Aufgabe der beruflichen Bildung ist es nicht, den Einzelnen auf festgelegte Berufsbilder hin auszurichten, sondern ihm zu ermöglichen, auf dem Arbeitsmarkt, wie er sich tatsächlich darstellt, zu bestehen. Nach § 3 Abs 2 Satz 2 AFG hat die Bundesanstalt Arbeitsmarkt- und Berufsforschung zu betreiben. Daraus ergibt sich, daß die Bundesanstalt den Arbeitsmarkt und auch die Berufe als eine soziale Wirklichkeit vorfindet, auf die sie zwar mit den Zielen einzuwirken hat, die sich aus §§ 1 und 2 des AFG ergeben, die sie aber nicht aus eigenen Vorstellungen dessen heraus, was zu sein habe, negieren darf. Mit Urteilen vom 29. August 1974 (7 RAr 28/73, SozR 4460 § 21 Nr 1; 7 RAr 31/72, SozR 4100 § 41 Nr 6) hat der Senat entschieden, daß eine Bildungsmaßnahme nicht nur dann förderungsfähig ist, wenn die Prüfung von einer gesetzlich bestimmten Stelle vorgenommen wird, sondern daß daneben auch andere, insbesondere private Berufsausbildungseinrichtungen zur Abnahme von Prüfungen berechtigt seien. Der Erwerb einer Qualifikation (dort zum Bilanzbuchhalter) ist durch eine solche private Prüfung nur dann als bestätigt angesehen worden, wenn die Prüfung in den Kreisen derjenigen Arbeitgeber, welche Arbeitnehmer mit entsprechenden Qualifikationen beschäftigen, hinreichend anerkannt wird. Erst dann kann das mit der Fortbildungsmaßnahme angestrebte Ziel eines beruflichen Aufstiegs, wie der Senat dargelegt hat, erreicht sein. Was als Beruf und was als berufliche Qualifikation anzusehen ist, ist damit nicht (zumindest nicht allein) gesetzlich niedergelegten Prüfungsbestimmungen zu entnehmen, sondern der sozialen Wirklichkeit des Arbeitslebens, den Erfordernissen des Arbeitsmarktes.
Nicht vorentschieden ist die Frage, ob der Referendar einen Beruf darstellt - anders als der Kläger meint - auch durch die Entscheidungen des BFH vom 25. November 1966 (VI 72/76 BStBl 1967 III S 340), 10.Dezember 1971 (VI R 253/68, BStBl 1972, Teil II, S 247 und VI R 112/70, BStBl 1972, Teil II, S 251). Der BFH hat in diesen Entscheidungen insbesondere aus dem Umstand, daß die Einkünfte des Referendars aus seiner Referendartätigkeit steuerpflichtiges Einkommen sind, den Schluß gezogen, daß die Ausgaben des Referendars zur Fortbildung in dem von ihm bereits ausgeübten Beruf als Referendar auch Werbungskosten iS von § 9 Einkommenssteuergesetz darstellen. Die vom BFH geprüften Rechtsfragen sind für den vorliegenden Fall nicht vorgreiflich. Der BFH ist allerdings in tatsächlicher Hinsicht davon ausgegangen, daß die Verhältnisse sich insofern grundlegend geändert hätten, als auch Juristen schon oft als Referendare in das Wirtschaftsleben träten wie die Akademiker verwandter Sparten, die im Anschluß an das akademische Studium keine weitere vorgeschriebene Ausbildung zu durchlaufen brauchten, wie z.B. Diplomvolkswirte, Diplomkaufleute und Betriebswirte.
Da es damit für die Entscheidung des vorliegenden Falles maßgebend darauf ankommt, ob die Kenntnisse und Fähigkeiten eines Referendars einem Beruf entsprechen, der auf dem Arbeitsmarkt gefragt ist (vgl auch Urteil vom 22. September 1976, 7 RAr 24/75) bzw. das erste Staatsexamen die Ausbildung für einen auf dem Arbeitsmarkt bedeutsamen Berufsbereich abschließt, bedarf es insoweit noch tatsächlicher Feststellungen durch das LSG. Auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ist eine mit einem Bildungsabschnitt erreichte Qualifikation nicht verwertbar, wenn entsprechende Berufsmöglichkeiten nur ausnahmsweise oder vereinzelt vorhanden sind (BSG SozR 4100 § 47 Nr 2; Urteil vom 15. Juni 1976, 7 RAr 131/74). Zu beachten ist auch, daß das erste juristische Staatsexamen nur insoweit und nur dann den Zugang zu einem auf dem Arbeitsmarkt verwertbaren Beruf darstellt, wenn es nicht nur eine Stufe für eine weitere Ausbildung, gleichgültig ob förmlicher oder nichtförmlicher Art darstellt, sondern nur wenn die dem Juristen bis zu seinem ersten Examen vermittelten Kenntnisse als solche die Grundlage für eine Erwerbstätigkeit bieten. Der Annahme, daß unmittelbar verwendbare berufliche Kenntnisse vorliegen, steht es allerdings nicht entgegen, wenn der Referendar zwar eine Tätigkeit auf dem Arbeitsmarkt finden kann, sich jedoch stets, häufig oder in der Regel einer Einarbeitungszeit unterziehen muß. Auch derjenige, der unzweifelhaft eine abgeschlossene Berufsausbildung hat, wird eine solche Einarbeitung in vielen Fällen bei Antritt einer Arbeitsstelle benötigen. Als abgeschlossene Berufsausbildung iS des § 41 Abs 1 AFG ist damit eine Ausbildung anzusehen, die aufgrund der auf dem Arbeitsmarkt herrschenden Anschauungen und Verhältnisse eine Person befähigt, unmittelbar aufgrund des Abschlusses eine berufliche Tätigkeit auszuüben, die nicht lediglich in einem organisierten Ausbildungsgang besteht, der erst seinerseits zu einem vollwertigen Arbeitsmarktberuf führen soll.
Die Frage, ob der Referendar eine abgeschlossene Berufsausbildung in diesem Sinne besitzt, wird das LSG durch Auskünfte aus einschlägigen Wirtschaftszweigen, insbesondere aus dem Bankgewerbe, der Versicherungswirtschaft, Steuerberatern und Großbetrieben feststellen können. Das LSG kann auch Tatsachen verwerten, die es von der Beklagten erfragt, insbesondere Tatsachen, die der Beklagten durch die zentrale Arbeitsvermittlungsstelle für Akademiker in Frankfurt bekannt geworden sind. Ebenso wird es die berufskundlichen Erkenntnisse, die bereits in der Literatur ihren Niederschlag gefunden haben, heranziehen können - soweit sie ihm zugänglich sind - und mit dem vergleichen können, was es bei seinen Ermittlungen erfährt (vgl von Nieding JuS 1967, 382).
Das LSG wird auch zu prüfen haben, ob die Voraussetzungen des § 6 der Anordnung des Verwaltungsrates der Bundesanstalt für Arbeit über die individuelle Förderung der beruflichen Fortbildung und Umschulung vom 18. Dezember 1969 (AFuU) bei dem vom Kläger besuchten Lehrgang gegeben waren. Von der Zweckmäßigkeit der Förderung nach Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes (§ 36 AFG) kann bei einer Maßnahme der beruflichen Fortbildung regelmäßig ausgegangen werden. Die Eignung iS des § 36 AFG und die Erfolgserwartung iS des § 42 AFG hat der Kläger mit dem erfolgreichen Abschluß des Lehrgangs bewiesen (BSG SozR 4100 § 42 AFG Nr 2). Auch hat er vor der Maßnahme eine die Beitragspflicht begründende Beschäftigung ausgeübt (§ 42 AFG).
Die Entscheidung über die Kosten, auch das Revisionsverfahrens, bleibt dem Urteil des LSG vorbehalten.
Fundstellen