Beteiligte
Klägerin und Revisionsbeklagte |
Beklagte und Revisionsklägerin |
Tatbestand
I.
Streitig ist, ob die Witwenrente der Klägerin aus der Rentenversicherung trotz Zusammentreffens mit einer Witwenrente aus der Unfallversicherung in voller Höhe auszuzahlen ist.
Die Klägerin ist die Witwe des am 29. März 1924 geborenen und am 1. Oktober 1992 verstorbenen K. M. (Versicherter). Diesem wurde von der Beklagten ab 1. April 1984 Altersruhegeld gemäß § 1248 Abs. 2 Reichsversicherungsordnung (RVO) gewährt. Nachdem der Versicherte an Silikose erkrankt war (Versicherungsfall: 30. Oktober 1987), bewilligte ihm die Hütten- und Walzwerks-Berufsgenossenschaft (BG) unter Anerkennung der Erkrankung als Berufskrankheit ab 31. Oktober 1987 eine Rente aus der Unfallversicherung. Die Rentenzahlung der Beklagten erfolgte weiterhin in voller Höhe.
Nach dem Tod des Versicherten gewährte die Beklagte der Klägerin eine große Witwenrente ab 1. November 1992 (Bescheid vom 7. Dezember 1992). Die BG gewährte der Klägerin ebenfalls eine Witwenrente, da der Ehemann an den Folgen der Berufskrankheit verstorben war. Daraufhin hob die Beklagte ihren Rentenbescheid vom 7. Dezember 1992 hinsichtlich der Rentenhöhe auf und bestimmte die Höhe der Witwenrente unter Anrechnung der Rente der Unfallversicherung neu (Bescheide vom 13. April 1993 und 2. August 1993; Widerspruchsbescheid vom 29. September 1993). Statt der ursprünglichen Rentenhöhe von 1.288, 86 DM ergab sich im Rahmen der Neuberechnung nach § 93 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Rentenversicherung - (SGB VI) lediglich ein monatlicher Zahlbetrag von 71, 18 DM.
Das Sozialgericht (SG) hat die Beklagte unter Aufhebung der angefochtenen Bescheide verurteilt, der Klägerin die Witwenrente ungekürzt zu gewähren (Urteil vom 31. März 1994). Das Landessozialgericht (LSG) hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen (Urteil vom 28. November 1994) : Die Ausnahmeregelung des § 93 Abs. 5 Nr. 1 SGB VI schließe die Anrechnung der der Klägerin aus der Unfallversicherung gewährten Leistungen auf die Witwenrente aus der Rentenversicherung aus. Gemäß § 93 Abs. 5 Nr. 1 SGB VI bzw. nach dem bis 31. Dezember 1991 geltenden § 1278 Abs. 3 Nr. 1 RVO seien die von dem Versicherten selbst bezogenen Leistungen aus der Unfallversicherung nicht auf die von der Beklagten geleistete Rente anrechenbar. Aus der Systematik des § 93 SGB VI sowie der Regelung der Hinterbliebenenrenten, die sich aus den Versichertenrenten ableiteten, ergebe sich - auch unter Berücksichtigung der Materialien zum diesbezüglichen Gesetzentwurf -, daß § 93 Abs. 5 SGB VI nicht nur Versichertenrenten, sondern auch Hinterbliebenenrenten erfasse.
Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt die Beklagte die Verletzung materiellen Rechts. Sie vertritt die Ansicht, daß § 93 Abs. 5 Nr. 1 SGB VI sich nur auf einen eigenen Rentenanspruch des Versicherten, nicht aber auf den abgeleiteten Witwenrentenanspruch beziehe. Dies müsse insbesondere in den Fällen gelten, in denen nach Beginn des Altersruhegeldes kein Arbeitsunfall, sondern eine Berufskrankheit eingetreten sei, die nach § 551 Abs. 1 Satz 1 RVO dem Vorliegen eines Arbeitsunfalles gleichgestellt werde: Diese Fiktion des § 551 Abs. 1 Satz 1 RVO solle zwar für das Zusammentreffen von Altersrente und Verletztenrente Anwendung finden, sie schaffe jedoch keinen Schutz beim Zusammentreffen von Hinterbliebenenrenten.
Die Beklagte beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 31. März 1994 sowie das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 28. November 1994 abzuändern und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtenen Urteile für zutreffend.
Entscheidungsgründe
II.
Die zulässige Revision ist unbegründet.
Das LSG hat zu Recht entschieden, daß die Witwenrente der Klägerin aus der Rentenversicherung trotz Zusammentreffens mit einer Witwenrente aus der Unfallversicherung in voller Höhe auszuzahlen ist. Entgegen der Ansicht der Beklagten schließt die Ausnahmeregelung des § 93 Abs. 5 Nr. 1 SGB VI die Anrechnung der der Klägerin aus der Unfallversicherung gewährten Rente aus.
Die von der Beklagten und der BG bewilligten Witwenrenten für die Klägerin wurden ab 1. November 1992 geleistet. Somit bestimmt sich die Anrechnung der Witwenrente aus der Unfallversicherung auf die Witwenrente aus der Rentenversicherung nach dem mit dem Rentenreformgesetz 1992 zum 1. Januar 1992 in Kraft getretenen § 93 SGB VI, der die §§ 1278, 1279, 1279a RVO bzw. §§ 55, 56, 56a Angestelltenversicherungsgesetz ersetzt.
§ 93 Abs. 1 Nr. 2 SGB VI sieht vor, daß, wenn für denselben Zeitraum Anspruch auf eine Hinterbliebenenrente und eine entsprechende Hinterbliebenenrente aus der Unfallversicherung besteht, die Rente insoweit nicht geleistet wird, als die Summe der zusammentreffenden Rentenbeträge vor Einkommensanrechnung den jeweiligen Grenzbetrag übersteigt. Nach § 93 Abs. 5 Nr. 1 SGB VI werden die Anrechnungsregelungen der Abs. 1 bis 4 nicht angewendet, wenn die Rente aus der Unfallversicherung für einen Arbeitsunfall geleistet wird, der sich nach Rentenbeginn oder nach Eintritt der für die Rente maßgebenden Minderung der Erwerbsfähigkeit ereignet hat.
In Anwendung der Vorschrift des § 93 Abs. 5 Nr. 1 SGB VI bzw. der entsprechenden bis 31. Dezember 1991 geltenden Bestimmung des § 1278 Abs. 3 Nr. 1 RVO hat die Beklagte zu Lebzeiten des Versicherten die Leistungen aus der Unfallversicherung nicht auf das dem Versicherten gewährte Altersruhegeld angerechnet. Die Voraussetzungen des § 1278 Abs. 3 Nr. 1 RVO bzw. des § 93 Abs. 5 Nr. 1 SGB VI waren in der Person des Versicherten erfüllt: Zu den Renten aus der Unfallversicherung, die "für einen Arbeitsunfall" geleistet werden, gehören auch die Renten wegen einer Berufskrankheit, da nach § 551 Abs. 1 Satz 1 RVO eine Berufskrankheit als Arbeitsunfall gilt. Bei Berufskrankheiten gilt als Zeitpunkt des Arbeitsunfalls der Beginn der Krankheit im Sinne der Krankenversicherung oder, wenn dies für den Versicherten günstiger ist, der Beginn der Minderung der Erwerbsfähigkeit (§ 551 Abs. 3 Satz 2 RVO). Vorliegend ist die Berufskrankheit am 30. Oktober 1989 und damit nach dem Beginn des Altersruhegeldes am 1. April 1984 eingetreten.
Dem LSG ist darin zuzustimmen, daß Fälle wie der gegebene, in denen eine Berufskrankheit aufgrund einer früher ausgeübten Beschäftigung erst nach Beginn des Altersruhegeldbezugs auftritt, nicht der ursprünglichen Zweckbestimmung der Nichtanrechnungsvorschrift des § 1278 Abs. 3 Nr. 1 RVO bzw. des § 93 Abs. 5 Nr. 1 SGB VI unterfallen. Ziel der Anrechnung gemäß § 1278 Abs. 1 RVO, § 93 Abs. 1 SGB VI ist, eine Überversorgung des Rentenbeziehers in den Fällen zu verhindern, in denen eine oder mehrere soziale Leistungen höher sind als das Einkommen, das sie ersetzen sollen. So hält es das Bundessozialgericht (BSG) in seiner Entscheidung vom 25. Juni 1987 (5b RJ 54/86, SozR 2200 § 1278 RVO Nr. 12) für gerechtfertigt, bei einem Versicherten, der vor oder während seiner Versicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung einen Unfall erleidet, das Renteneinkommen aus der Verletztenrente und dem Altersruhegeld auf das Maß zu begrenzen, welches ein nicht durch Unfall geschädigter Arbeitnehmer ungefähr am Ende seines Arbeitslebens als Altersruhegeld erreicht. Der Versicherte habe nämlich im Laufe seines Erwerbslebens die Möglichkeit, mit Hilfe der Unfallrente neben der Sozialversicherung aus seiner versicherungspflichtigen Beschäftigung noch eine zusätzliche Sicherung aufzubauen, um einen etwa durch den Unfall bedingten Minderbetrag seiner künftigen Altersrente auszugleichen. Die hier zugrunde gelegte Auffassung gilt indessen nicht in den Fällen, auf die § 1278 Abs. 3 Nr. 1 RVO, § 93 Abs. 5 Nr. 1 SGB VI abstellen: Personen, die noch nach Erreichen der Altersgrenze eine versicherungspflichtige Tätigkeit ausüben, sollen im Falle eines Arbeitsunfalles keine Minderung ihrer bisherigen Rente erleiden. Sinn der Nichtanrechnungsvorschriften ist somit, dem Rentner weiterhin den Betrag zu belassen, der ihm aus einer neben dem Bezug der Rente ausgeübten Tätigkeit zufließt und - nach Eintritt des Arbeitsunfalles - durch eine hierfür gewährte Verletztenrente in etwa ersetzt wird (Urteil des BSG vom 25. Juni 1987, a.a.O.; Zweng/Scheerer/Buschmann/Dörr, Handbuch der Rentenversicherung - SGB VI, Stand September 1993, § 93 SGB VI RdNr 69; Gürtner in Kasseler Komm, Stand September 1994, § 93 SGB VI RdNr 44; Brähler in "Die Sozialversicherung" 1993, 88 ≪94≫; Hauck/Haines, Sozialgesetzbuch - SGB VI -, § 93 SGB VI RdNr 21). Der Fall, in dem der Versicherte im Zeitpunkt des Beginns der Berufskrankheit (§ 551 Abs. 3 Satz 2 RVO), die erst längere Zeit nach Aufgabe der gefährdenden Tätigkeit zum Ausbruch gekommen ist, nicht mehr versicherungspflichtig beschäftigt ist, sondern seinen Lebensunterhalt allein aus dem von der Beklagten bezogenen Altersruhegeld bestreitet, wird von diesem Normzweck nicht erfaßt.
Der Wortlaut des § 93 Abs. 5 Nr. 1 SGB VI ist indessen weiter gefaßt und läßt keinen Raum für eine entsprechend einschränkende Auslegung. Auch wenn der Gesetzgeber bei der Formulierung des § 1278 Abs. 3 Nr. 1 RVO bzw. § 93 Abs. 5 Nr. 1 SGB VI möglicherweise nicht an den Fall einer erst nach Beendigung der versicherungspflichtigen Beschäftigung auftretenden Berufskrankheit gedacht hat, so verlangen die Vorschriften nach ihrem eindeutigen Wortlaut lediglich das Eintreten eines Arbeitsunfalles, setzen jedoch nicht voraus, daß zu diesem Zeitpunkt noch ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis besteht. Aufgrund der in § 551 Abs. 1 Satz 1 RVO erfolgten Gleichstellung von Arbeitsunfall und Berufskrankheit, die nicht nur die Berufskrankheiten erfaßt, die noch während der Fortführung der versicherungspflichtigen Beschäftigung zum Ausbruch kommen, sondern auch die nach Versicherungsende auftretenden Berufskrankheiten betrifft (Ricke in Kasseler Komm, § 551 RVO RdNr 10), stellte sich daher die Nichtanrechnung der Verletztenrente des Ehemannes auf sein von der Beklagten bezogenes Altersruhegeld - bzw. ab 1. Januar 1992 auf die Regelaltersrente (§ 302 Abs. 1 SGB VI) - als rechtmäßig dar.
An dieser für den Versicherten selbst geltenden Beurteilung des Verhältnisses zwischen Leistung aus der gesetzlichen Rentenversicherung und Leistung aus der gesetzlichen Unfallversicherung änderte sich durch den Tod des Versicherten nichts. Der Schutz der Nichtanrechnungsvorschrift des § 93 Abs. 5 Nr. 1 SGB VI erfaßt entgegen der Ansicht der Beklagten nicht nur die Versicherten-, sondern auch die Hinterbliebenenrenten (Brähler, a.a.O., S. 94; Jorks in GemeinschaftsKomm zum Sozialgesetzbuch - SGB VI, § 93 SGB VI RdNrn 108 bis 111; Hauck/Haines, Sozialgesetzbuch - SGB VI -, § 93 SGB VI RdNr 22; Udsching, Sozialversicherung - GesamtKomm, § 93 SGB VI Anm. 3; zu § 1278 Abs. 3: Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, Bd IV, S. 715b, c). § 93 Abs. 5 SGB VI bestimmt, daß die Anrechnungsvorschriften der Abs. 1 bis 4 in zwei Ausnahmefällen (§ 93 Abs. 5 Nrn 1 und 2 SGB VI) nicht gelten sollen und nimmt damit inhaltlich nicht nur auf das in § 93 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI genannte Zusammentreffen von Versichertenrenten aus der Renten- und Unfallversicherung, sondern ebenso auf die in § 93 Abs. 1 Nr. 2 SGB VI geregelte gleichzeitige Gewährung von Hinterbliebenenrenten aus der Renten- und Unfallversicherung Bezug. Die Bezugnahme kann daher nur so verstanden werden, daß § 93 Abs. 5 Nr. 1 SGB VI auch den Fall der Nichtanrechnung von Hinterbliebenenrenten regeln will.
Aus dem Wortlaut des Gesetzes läßt sich nichts gegen diese Auslegung herleiten. Daß sich die in § 93 Abs. 5 Nr. 1 SGB VI genannte "Rente aus der Unfallversicherung" nur auf die Verletztenrente des Versicherten bezieht, ist nicht ersichtlich. Das Gesetz spricht in § 93 Abs. 5 Nr. 1 SGB VI zudem nicht von einer Rente, die "wegen" eines Arbeitsunfalles, sondern die "für" einen Arbeitsunfall geleistet wird. Unter diese Formulierung gehört auch die Hinterbliebenenrente, die geleistet wird, wenn der für die Verletztenrente ursächliche Arbeitsunfall wie im vorliegenden Fall auch ursächlich für den Tod des Verletzten ist.
Die Beklagte vertritt hinsichtlich des "Rentenbeginns" i.S. des § 93 Abs. 5 Nr. 1 SGB VI die Ansicht, daß mit dem Tod des Versicherten ein neuer Leistungsfall eingetreten sei und sich daher der Begriff des "Rentenbeginns" allein auf den nach § 99 Abs. 2 SGB VI zu bestimmenden Beginn der Hinterbliebenenrente beziehen könne. Damit sei ausgeschlossen, daß der maßgebende Arbeitsunfall sich nach dem "Rentenbeginn" ereignen könne (so auch: Zweng/Scheerer/Buschmann/Dörr, § 93 SGB VI RdNr 68; Amtliche Mitteilungen der Landesversicherungsanstalt Rheinprovinz 1992, 313 ≪318≫). Dieser Auffassung kann nicht gefolgt werden. Hinsichtlich des "Arbeitsunfalles" kann zweifellos nur auf den vom Versicherten erlittenen Unfall abgestellt werden, da ein eigener Unfall der Witwe allenfalls zu einer Verletztenrente aus eigener Versicherung führen würde, die dann nicht mehr der Regelung des § 93 Abs. 1 Satz 2 SGB VI unterfallen würde. Geht man aber hiervon aus, so würde nach der Interpretation der Beklagten die Regelung des § 93 Abs. 5 Nr. 1 SGB VI bezüglich der Hinterbliebenenrenten stets ins Leere laufen, da es in der Natur der Sache liegt, daß ein Verstorbener keinen Arbeitsunfall mehr erleiden kann. Ein solches Ergebnis stünde auch im Widerspruch zu der Systematik des § 93 SGB VI, der sich in Abs. 1 Nr. 2 ausdrücklich auch auf Hinterbliebenenrenten bezieht, und wäre zudem nicht mit dem Wesen der Hinterbliebenenrente vereinbar, die sich aus der originären Versichertenrente ableitet (Hauck/Haines, § 93 SGB VI RdNr 22; Brähler, a.a.O., S. 94) und die Funktion hat, den Unterhalt der Hinterbliebenen des verstorbenen Versicherten etwa auf der Stufe des bisherigen, durch die Renteneinkünfte des Versicherten bestimmten Lebensstandards zu sichern. § 93 Abs. 5 Nr. 1 SGB VI ist hinsichtlich des Begriffs "Rentenbeginn" daher im Falle des Zusammentreffens von Hinterbliebenenrenten dahingehend auszulegen, daß maßgebender Zeitpunkt nicht der Beginn der Hinterbliebenenrente (der stets nach dem Arbeitsunfall liegen würde), sondern der Beginn der Versichertenrente ist.
Diese Auslegung findet auch eine Stütze in der amtlichen Begründung zu dem Gesetzentwurf zu § 92 Abs. 5 (der später in § 93 Abs. 5 SGB VI abgeändert wurde), wo es heißt: "Absatz 5 entspricht dem geltenden Recht. " (BT-Drucks 11, 4124, S. 175). Die bis 31. Dezember 1991 geltenden Vorschriften über das Zusammentreffen und Ruhen von Renten (§§ 1278, 1279, 1279a RVO) enthielten keine klare Regelung darüber, ob die Nichtanrechnungsbestimmung des § 1278 Abs. 3 Nr. 1 RVO auch auf Hinterbliebenenrenten Anwendung finden sollte. Mit Urteil vom 29. November 1967 hat jedoch das BSG entschieden (4 RJ 161/67, BSGE 27, 230 = SozR Nr. 2 zu § 1279 RVO), daß eine Witwenrente aus der Rentenversicherung trotz Zusammentreffens mit einer Witwenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung jedenfalls dann nicht ruht, wenn der Versicherte den Anspruch auf die höchstmögliche Rente aus der Rentenversicherung erworben hatte, bevor der Arbeitsunfall eintrat. Das BSG begründete die Nichtanrechnung der Hinterbliebenenrente aus der Unfallversicherung unter Hinweis auf § 1279 Abs. 1 Satz 1 RVO, der eine Regelung über das Zusammentreffen von Hinterbliebenenrenten enthielt. Nach dieser Norm hänge der auszuzahlende Betrag der Witwenrente aus der Rentenversicherung von den Rentenbezügen ab, die dem Versicherten, wenn er zur Zeit seines Todes erwerbsunfähig gewesen wäre, zugestanden hätten. Für die Höhe dieser letzten Bezüge sei aber auch § 1278 Abs. 3 RVO maßgebend. Die in § 1278 Abs. 3 RVO enthaltene Regelung sei daher sinngemäß auf § 1279 Abs. 1 RVO zu erstrecken. Nach der bis zum 31. Dezember 1991 geltenden Rechtslage galt demnach der Nichtanrechnungsschutz des § 1278 Abs. 3 Nr. 1 RVO nicht nur für Versicherten-, sondern auch für Hinterbliebenenrenten. Entgegen der Ansicht der Beklagten kann nicht davon ausgegangen werden, daß der Gesetzgeber mit § 93 Abs. 5 Nr. 1 SGB VI eine Neuregelung hinsichtlich des Anrechnungsschutzes bei Hinterbliebenenrenten schaffen wollte. Zwar ist der Beklagten zuzugeben, daß § 93 SGB VI verschiedene Änderungen gegenüber dem alten Recht enthält (z.B. Herabsetzung des Grenzbetrages); dies gilt jedoch nicht für die Nichtanrechnungsvorschrift des Abs. 5, da diese nach dem ausdrücklichen Wortlaut der amtlichen Begründung des Gesetzentwurfs dem geltenden Recht entsprechen sollte.
Da § 551 Abs. 3 Satz 2 RVO bei Berufskrankheiten als Zeitpunkt des Arbeitsunfalles den Beginn der Krankheit bestimmt, läßt sich auch nicht, wie die Beklagte es unter Hinweis auf § 576 RVO und Pöhl/Kozian in Kompaß 1995, 128, sowie auf das Urteil des BSG vom 6. August 1986 (5a RKnU 4/85, SozR 2200 § 576 Nr. 2 = Breithaupt 1987, 107ff.) für richtig hält, auf den Zeitpunkt des "Erleidens" der Krankheit abstellen, also auf den Zeitpunkt, zu dem die schädlichen Einwirkungen bestanden, die zur Krankheit führten. Ob eine derartige Regelung de lege ferenda zu erwägen wäre, kann hier dahinstehen. § 576 RVO bezieht sich jedenfalls auf einen Fall, der mit dem vorliegenden nichts zu tun hat.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz.
Fundstellen