Verfahrensgang

LSG Nordrhein-Westfalen (Urteil vom 21.03.1990; Aktenzeichen L 17 U 135/88)

 

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 21. März 1990 wird zurückgewiesen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

I

Streitig ist, ob dem Kläger als forstwirtschaftlichem Unternehmer eine Ermäßigung der Beiträge zur landwirtschaftlichen Unfallversicherung zu gewähren ist.

Der Kläger ist seit Oktober 1977 Eigentümer eines 86,25 ha großen Waldgrundstücks in Baden-Württemberg, das von ihm forstwirtschaftlich genutzt wird (Kleinprivatwald). Da er kein eigenes Forstpersonal beschäftigt, bedient er sich der staatlichen Forstverwaltung im Wege der sogenannten fallweisen Betreuung nach § 2 Abs 1 und 2, § 4 Privatwaldverordnung Baden-Württemberg vom 14. Januar 1983 (GBl BW 1983, S 34 ff). Insoweit schloß er mit dem Forstamt B. … ab 1980 Verträge über die jeweils durchzuführenden Holzhauerarbeiten ab, deren Umfang sich nach den vom Forstamt aufgestellten und vom Kläger anerkannten Nutzungsplänen richtete. Das Forstamt führte die Arbeiten durch eigene Arbeitskräfte aus, wobei ausdrücklich geregelt war, daß die Waldarbeiter im Arbeitsverhältnis zur Staatsforstverwaltung blieben. Für die durchgeführten Arbeiten hatte der Kläger Stück-bzw Zeitlohn zuzüglich eines Aufschlags für Lohnnebenkosten von 100 vH (ab 1982: 110 vH, ab 1990: 115 vH) zu zahlen. Im Jahre 1983 schloß der Kläger auch mit einem privaten Unternehmen einen Vertrag über Holzwerbungsarbeiten ab.

Mit Bescheiden vom 2. Oktober 1981 setzte die Beklagte die Beiträge zur landwirtschaftlichen Unfallversicherung für die Jahre 1978, 1979 und 1980 fest. Dem widersprach der Kläger durch Schreiben vom 10. Oktober 1981 mit der Begründung, er sei mit seinem Waldbesitz kein forstwirtschaftlicher Unternehmer. Im übrigen seien die Unfallversicherungsbeiträge in den von ihm an das Forstamt B. … gezahlten Lohnnebenkosten enthalten. Der Widerspruch blieb ohne Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 5. März 1982). Die dagegen erhobene Klage vor dem Sozialgericht (SG) Köln nahm der Kläger am 10. Juni 1983 zurück (Az S 16 U 71/82).

Mit Schreiben vom 17. Oktober 1983 beantragte der Kläger eine Beitragsermäßigung nach § 804 Abs 2 Reichsversicherungsordnung (RVO). Die Höhe des Beitrags bzw die Frage der Beitragsermäßigung sei im sozialgerichtlichen Verfahren „offengeblieben”. Er habe nur insoweit „auf einen förmlichen Urteilsausspruch” verzichtet, als es um seine Unternehmereigenschaft gegangen sei. Sein Widerspruch vom 10. Oktober 1981 sei bereits als Ermäßigungsantrag anzusehen, den er auch auf die Folgejahre ausdehne.

Durch Bescheid vom 3. Februar 1984 lehnte die Beklagte die Beitragsermäßigung ab, da Voraussetzung für eine solche Ermäßigung nach § 804 Abs 2 RVO sei, daß der Unternehmer nichtversicherte oder versicherungsfreie Personen beschäftige. Diese Voraussetzungen lägen nicht vor. Der Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 26. März 1984).

Das SG Köln hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 30. Oktober 1986). Das Landessozialgericht (LSG) für das Land Nordrhein-Westfalen hat die Berufung mit Urteil vom 21. März 1990 zurückgewiesen. Zur Begründung hat es im wesentlichen ausgeführt, die Voraussetzungen für eine Beitragsermäßigung nach § 804 Abs 2 RVO lägen nicht vor. Der Kläger habe in seinem Unternehmen keine versicherungsfreien oder nichtversicherten Personen beschäftigt. Soweit er die anfallenden Arbeiten durch das Forstamt oder durch ein Holzverarbeitungsunternehmen ausführen lasse, sei er weder unmittelbar noch mittelbar Arbeitgeber der dabei eingesetzten Arbeitskräfte. Bei den Verträgen zwischen dem Kläger und der staatlichen Forstverwaltung handle es sich um Werkverträge, die kein Beschäftigungsverhältnis zwischen dem Kläger und den jeweils eingesetzen Arbeitskräften begründeten. § 804 Abs 2 RVO könne auch nicht entsprechend auf den vorliegenden Fall angewendet werden. Es handle sich um eine Ausnahmevorschrift, die sicherstellen solle, daß landwirtschaftliche Ordensbetriebe, die Ordensangehörige beschäftigten, beitragsfrei gestellt werden könnten. Hingegen ergebe sich aus § 804 Abs 2 RVO nicht der allgemeine Gedanke, daß eine doppelte Beitragszahlung verhindert werden müsse. In den vom Kläger zu übernehmenden Lohnnebenkosten für die vom Forstamt eingesetzten Arbeitskräfte seien zwar auch die Beiträge zur gesetzlichen Unfallversicherung enthalten,

Grundlage für den Aufschlag wegen der Lohnnebenkosten sei jedoch die Vereinbarung mit der Forstverwaltung. Diese dürfe nicht dazu führen, daß sich daraus ergebende Lasten von der Versichertengemeinschaft übernommen und im Rahmen der Beitragsfestsetzung zu Lasten der übrigen Beitragszahler wieder ausgeglichen würden.

Mit der – vom LSG zugelassenen – Revision rügt der Kläger eine Verletzung von § 804 Abs 2 RVO. Die vom Forstamt B. … im Rahmen der Werkverträge in seinem Forst eingesetzten Arbeitskräfte seien als versicherungsfreie Personen anzusehen, da sie bei der Beklagten nicht versichert seien. Für die Anwendung des § 804 Abs 2 RVO komme es nicht entscheidend darauf an, ob diese versicherungsfreien Arbeiter von ihm persönlich eingestellt und eingesetzt würden oder in einem Beschäftigungsverhältnis zu einem Dritten (staatliche Forstverwaltung) stünden. Auch die mittelbare Beschäftigung der versicherungsfreien Personen müsse als Voraussetzung für eine Beitragsermäßigung anerkannt werden. Es sei davon auszugehen, daß der Gesetzgeber den Fall der mittelbaren Beschäftigung von versicherungsfreien Arbeitnehmern nicht bedacht habe. Deshalb sei eine entsprechende Anwendung von § 804 Abs 2 RVO vorliegend geboten.

Der Kläger hat keinen ausdrücklichen Antrag gestellt, seinem Vorbringen ist jedoch zu entnehmen, daß er die Aufhebung der Urteile der Vorinstanzen und des Bescheids der Beklagten vom 3. Februar 1984 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 26. März 1984 sowie die Verurteilung der Beklagten begehrt, den Beitrag zur Beklagten ab 1979 um zwei Drittel zu ermäßigen.

Die Beklagte beantragt,

die Revision des Klägers zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch Urteil einverstanden erklärt (§ 124 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz ≪SGG≫).

 

Entscheidungsgründe

II

Die Revision ist nicht begründet.

Zutreffend ist das LSG davon ausgegangen, daß der angefochtene Bescheid vom 3. Februar 1984 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 26. März 1984 den Anspruch des Klägers auf eine Beitragsermäßigung ab 1978 zum Gegenstand hat. Der Senat schließt sich auch der Rechtsauffassung der Vorinstanzen an, daß der Kläger keinen Anspruch auf Ermäßigung der festgestellten Beiträge nach § 804 Abs 2 RVO hat.

Der Kläger hat nach § 802 iVm § 723 Abs 1 RVO an die Beklagte Beiträge zu entrichten. Er ist als forstwirtschaftlicher Unternehmer kraft Gesetzes Mitglied der Beklagten als der zuständigen landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft (§ 539 Abs 1 Nr 5, §§ 792, 658 Abs 2 Nr 1, § 776 Abs 1 Nr 1 RVO). Er betreibt seit dem Jahre 1977 ein forstwirtschaftliches Unternehmen, da die Bewirtschaftung und Nutzung des in seinem Eigentum stehenden Waldgrundstücks auf seine Rechnung geht (§ 658 Abs 2 Nr 1 RVO). Nach § 803 RVO bestimmt die Satzung der Beklagten den Beitragsmaßstab. Nach § 47 der am 15. Dezember 1954 genehmigten Satzung idF des am 14. Dezember 1982 genehmigten 19. Nachtrags (Satzung alt) bestimmte sich der Beitragsmaßstab nach dem Arbeitsbedarf (s zur Zulässigkeit dieses Maßstabes BSG SozR 2200 § 809 Nr 1; BSG Urteil vom 24. Januar 1991 – 2 RU 62/89). Der Arbeitsbedarf wurde nach dem Durchschnittsmaß der für das Unternehmen erforderlichen menschlichen Arbeit geschätzt und das Unternehmen hiernach veranlagt (§§ 798 Nr 1, 809 Abs 1 RVO iVm § 48 Satzung alt). Hinzu kam ein Gefahrzuschlag für Wald von zwei Beitragseinheiten je ha nach § 50 Satzung alt. Nach der am 20. Dezember 1983 genehmigten und ab 1. Januar 1984 geltenden Satzung der Beklagten (Satzung neu) ist nach § 32 für ein Unternehmen der Forstwirtschaft ein einheitlicher Grundbeitrag und ein zusätzlicher Flächenwertbeitrag zu entrichten (§ 33 Abs 1 iVm Abs 5 Satzung neu; s zur Zulässigkeit BSG SozR 2200 § 803 Nr 2; BSG Urteil vom 24. Januar 1991 – 2 RU 32/90). Sowohl die Berechnung nach Grundbeitrag und Flächenwertbeitrag als auch die Berechnung nach dem Arbeitsbedarf erfolgen ohne Rücksicht auf tatsächlich eingesetzte Arbeitskräfte. Bei der Berechnung nach der zuerst genannten Methode ist dies offensichtlich, bei der Berechnung nach dem Arbeitsbedarf ergibt sich dies aus dem Wortlaut des § 48 Satzung alt iVm § 809 Abs 1 RVO, wonach von dem Durchschnittsmaß der für das Unternehmen erforderlichen menschlichen Arbeit auszugehen ist (vgl Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, 11. Aufl, S 544 f; Noell/Breitbach, Landwirtschaftliche Unfallversicherung, § 809 RVO, Anm 27; KassKomm-Ricke § 809 RVO RdNr 4).

Die Voraussetzungen für eine Beitragsermäßigung nach § 804 Abs 2 RVO iVm § 57 Satzung alt bzw § 38 Satzung neu liegen nicht vor.

Nach § 804 Abs 2 Satz 1 RVO ist Unternehmen, die nicht versicherte oder versicherungsfreie Personen beschäftigen, auf Antrag Beitragsermäßigung zu gewähren. Die Beitragsermäßigung bestimmt sich nach dem Verhältnis der nichtversicherten oder versicherungsfreien Personen zu den versicherten Personen im Unternehmen (§ 804 Abs 2 Satz 2 RVO). Das Nähere bestimmt die Satzung (§ 804 Abs 2 Satz 3 RVO).

§ 804 Abs 2 RVO ist durch das Unfallversicherungs-Neuregelungsgesetz vom 30. April 1963 (BGBl I 241) in die RVO aufgenommen worden und übernahm eine bis zu diesem Zeitpunkt nur in den Satzungen der landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaften verankerte Praxis, nach der Unternehmen, die in großem Umfange versicherungsfreie Personen beschäftigten, auf Antrag Beitragsermäßigung gewährt werden konnte. In der Begründung zum Gesetzentwurf ist ausgeführt, daß in der landwirtschaftlichen Unfallversicherung die Beiträge überwiegend nach dem Einheitswert des landwirtschaftlichen Unternehmens bemessen würden, also ohne Rücksicht darauf, ob die in dem Unternehmen Tätigen gegen Arbeitsunfall versichert seien oder nicht. Wegen der unmittelbaren Beziehung zwischen Einheitswert (Ertragswert) und der Zahl der im Unternehmen tätigen Personen hätten die von geistlichen Genossenschaften betriebenen landwirtschaftlichen Unternehmen deshalb grundsätzlich auch für ihre nichtversicherten Ordensmitglieder Beiträge zu entrichten. Die Vorschrift solle sicherstellen, daß die landwirtschaftlichen Ordensbetriebe kraft Gesetzes auf Antrag insoweit beitragsfrei gestellt würden, als sie – nichtversicherte – Ordensangehörige beschäftigten (BT-Drucks IV/120 S 72).

Der Kläger hat zur Bewirtschaftung seiner Forstwirtschaft in dem hier maßgebenden Zeitraum keine nichtversicherten oder versicherungsfreien Personen „beschäftigt”. Nichtversicherte Personen sind in diesem Zusammenhang Personen, die nicht der landwirtschaftlichen Unfallversicherung unterliegen; versicherungsfreie Personen sind die in § 541 Abs 1 RVO genannten Personengruppen (Lauterbach/Watermann, Gesetzliche Unfallversicherung, 3. Aufl, Anm 10 und 11 zu § 804; Noell/Breitbach, aaO, § 804, Anm 2 Buchst a; KassKomm-Ricke § 804 RVO RdNr 3). Der Kläger hat vielmehr die anfallenden Arbeiten im Rahmen von Werkverträgen mit dem Forstamt B. … oder anderen Unternehmern verrichten lassen. Ein unmittelbares oder mittelbares Beschäftigungsverhältnis zwischen ihm und den vom Forstamt eingesetzten Arbeitskräften lag nicht vor, weil der Kläger nach den bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) keinerlei Einfluß auf Art und Weise der tatsächlichen Arbeitsausführung nehmen konnte und das Forstamt somit gegenüber dem Kläger nicht unselbständig handelte (s BSGE 17, 273, 278; Brackmann, aa0, S 470 c). Der Bewirtschaftung durch andere Unternehmen trägt die Satzung der Beklagten hinsichtlich der Beitragsberechnung in einer der Land- und Forstwirtschaft entsprechenden Weise Rechnung. So haben der landwirtschaftliche Unternehmer mit Bodenbewirtschaftung und der forstwirtschaftliche Unternehmer nach den oben dargestellten Grundsätzen den nach Flächenwert berechneten Beitrag zu entrichten. Ein forst- oder landwirtschaftlicher Lohnunternehmer, also derjenige, der mit seinen Arbeitskräften die anfallenden Arbeiten im Rahmen von Werkverträgen im Forst oder in der Landwirtschaft verrichtet, zahlt lediglich einen Zusatzbeitrag für die im Unternehmen eingesetzten Arbeitskräfte (§ 37 Abs 2 Satzung neu) bzw einen festen Beitrag (§ 53 Abs 1 Satzung alt). Der land- oder forstwirtschaftliche Unternehmer entrichtet somit den vollen nach dem Maß der Bodenbewirtschaftung berechneten Beitrag, während sich der Beitrag des land- oder forstwirtschaftlichen Lohnunternehmers lediglich auf das zusätzliche Unfallrisiko (zB durch die größeren Betriebswege) beschränkt (Noell/ Breitbach, aaO).

Ob für die Waldarbeiter der staatlichen Forstverwaltung tatsächlich Beiträge zur landwirtschaftlichen Unfallversicherung abgeführt werden oder ob diese Arbeiter bei einem Eigenunfallversicherungsträger der öffentlichen Hand bzw einer nichtlandwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft versichert sind (nichtversicherte Personen iS von § 804 Abs 2 Satz 1 RVO), ist nicht entscheidend. Ebenso ist nicht erheblich, ob die Arbeiten von Personen verrichtet wurden, für die beamtenrechtliche Unfallfürsorgevorschriften gelten oder die von den übrigen Regelungen des § 541 Abs 1 RVO (versicherungsfreie Personen iS von § 804 Abs 2 Satz 1 RVO) erfaßt sind. Eine Beitragsermäßigung nach § 804 Abs 2 RVO iVm der Satzung kann der Kläger in keinem der genannten Fälle verlangen. Der Kläger hat als forstwirtschaftlicher Unternehmer mit Bodenbewirtschaftung nach den oben dargelegten Satzungsbestimmungen stets den gleichen Beitrag zur landwirtschaftlichen Unfallversicherung zu zahlen, unabhängig davon, ob er den Forst allein bearbeitet oder mit bei ihm beschäftigten Arbeitskräften oder im Rahmen von Werkverträgen durch andere bearbeiten läßt. Dies ist Folge der Beitragsberechnung nach dem Flächenwert und – früher – dem durchschnittlichen Arbeitsbedarf. Beschäftigt nunmehr der Werkunternehmer nichtversicherte oder versicherungsfreie Personen, so kann sich dies hinsichtlich des Unfallrisikos und damit der Einstandspflicht der Beklagten nur auf das zusätzliche Unfallrisiko durch den Einsatz der Arbeitskräfte des Werkunternehmers auswirken. Dieser hat dann keinen Beitrag zur landwirtschaftlichen Unfallversicherung nach § 37 Abs 2 der Satzung neu und § 53 Abs 1 der Satzung alt zu zahlen, während sich an dem Unfallrisiko und der Beitragspflicht des Werkbestellers (Klägers) nichts ändert. Lediglich dann, wenn der Kläger die Forstbewirtschaftung durch eigene Arbeitskräfte durchführt, die nicht versichert oder versicherungsfrei sind, sinkt das Risiko einer Einstandspflicht der Beklagten. Ein zusätzliches Risiko durch den Einsatz fremder – versicherter – Arbeitskräfte besteht dann nicht, und im Fall eines Arbeitsunfalls der nichtversicherten oder versicherungsfreien Arbeitnehmer des Klägers hat die Beklagte für die Folgen nicht einzustehen. Dies rechtfertigt eine Beitragsermäßigung nach den genannten Bestimmungen.

Entgegen der Ansicht der Revision ist die Regelung des § 804 Abs 2 RVO iVm der jeweils geltenden Satzungsbestimmung auch nicht entsprechend auf den vorliegenden Fall anwendbar. Der Senat übersieht dabei nicht, daß das Risiko der Einstandspflicht der Beklagten nicht nur dann sinkt, wenn für den land- oder forstwirtschaftlichen Unternehmer nichtversicherte oder versicherungsfreie Personen tätig werden, sondern auch dann, wenn er überhaupt keine Personen beschäftigt, sondern die Arbeiten von einem Unternehmen ausführen läßt, dessen Arbeitskräfte nicht bei der landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft versichert sind, deren Mitglied er ist. Durch die Beschränkung der Beitragsermäßigung nach § 804 Abs 2 RVO auf die dort angeführten Personenkreise wird aber vermieden, daß entgegen der Beitragsberechnung nach dem Flächenwert und dem Maßstab des Arbeitsbedarfs, die jeweils ohne Rücksicht auf die Zahl der in dem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb beschäftigten Personen erfolgt, allgemein die Beiträge doch noch durch die Ermäßigung entsprechend der Zahl der versicherten Beschäftigten abzustufen sind; denn eine analoge Anwendung des § 804 Abs 2 RVO müßte sich dann zwangsläufig auf die Fälle erstrecken, in denen im Betrieb – aus welchen Gründen auch immer – keine oder wesentlich weniger Personen als üblich beschäftigt sind. § 804 Abs 2 RVO ist aber nach seinem Wortlaut und seiner Entstehungsgeschichte keine Vorschrift, mit der allgemein auf eine geringere Zahl von Beschäftigten als üblich reagiert werden soll. Auch die Systematik des Gesetzes spricht dagegen, wie die allgemeine Befreiungsmöglichkeit kleiner Unternehmen mit geringer Unfallgefahr nach § 806 RVO zeigt. Der Gesetzgeber wollte die Beitragsermäßigung nach § 804 Abs 2 RVO vielmehr auf die abgrenzbare Fallgestaltung beschränken, in der eigene nichtversicherte oder versicherungsfreie Arbeitskräfte im land- oder forstwirtschaftlichen Unternehmen tätig sind. Die Ausnahmen von dem Grundsatz der von der Zahl der tatsächlich Beschäftigten im einzelnen Betrieb unabhängigen Beitragsberechnung möglichst niedrig und sicher abgrenzbar zu halten, ist ein sachlicher Grund im Rahmen der Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers. Ob es die zweckmäßigste und auch bei einer Neuregelung des Rechts der gesetzlichen Unfallversicherung beizubehaltende Regelung ist, hat das Gericht nicht zu entscheiden. Aus diesen Gründen kann daher auch nicht davon ausgegangen werden, daß der Gesetzgeber – wie die Revision meint – bei der Formulierung des § 804 Abs 2 RVO den Fall der über einen Werkvertrag in einem land- oder forstwirtschaftlichen Unternehmen eingesetzten Arbeitskräfte nicht bedacht habe.

Soweit die Revision geltend macht, durch den Zuschlag auf die Lohnkosten der eingesetzten Arbeitskräfte der staatlichen Forstverwaltung habe er die Lohnnebenkosten und damit auch den Beitrag zur Unfallversicherung abgegolten, ist dies unerheblich. Die Höhe des Entgelts für den Werkunternehmer unterliegt der freien Vertragsgestaltung, worauf das LSG zu Recht hingewiesen hat. Die gesetzliche Beitragspflicht des land- oder forstwirtschaftlichen Unternehmers zur landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft kann dadurch nicht beschränkt werden.

Da jedenfalls die sachlichen Voraussetzungen für eine Beitragsermäßigung nach § 804 Abs 2 RVO iVm der jeweils geltenden Satzungsbestimmung nicht vorliegen, brauchte das LSG nicht zu entscheiden, ob der Antrag auf Ermäßigung für jedes streitbefangene Geschäftsjahr fristgemäß gestellt wurde (§ 38 Abs 2 Satz 1 Satzung neu, § 57 Abs 2 Satz 1 Satzung alt) oder als fristgemäß gestellt gelten kann.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

 

Fundstellen

Haufe-Index 1173555

NZA 1992, 192

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