Leitsatz (amtlich)
1. Den bindend gewordenen Verwaltungsakten kommt in den der Sozialgerichtsbarkeit unterliegenden Angelegenheiten eine materielle Bindungswirkung zu.
2. Ausnahmen davon sind nur möglich, soweit sie das Gesetz zuläßt. Gesetz im Sinne dieser Vorschrift sind auch die Grundsätze des allgemeinen Verwaltungsrechts (Anschluß BSG 1958-02-12 11/9 RV 948/55 = BSGE 7, 8-16, BSG 1958-03-12 11/9 RV 1122/55 = BSGE 7, 51-53, BSG 1958-07-17 11/9 RV 96 8/55 = BSGE 8, 11-15 und BSG 1959-06-11 11 RV 1188/57 = BSGE 10, 72-77).
3. Nach diesen Grundsätzen ist die Verwaltung befugt, auch beim Vorliegen eines bindend gewordenen Verwaltungsakts auf einen sachgerechten Antrag oder auf sachliche Vorstellungen des Betroffenen hin einen neuen Verwaltungsakt in der Sache zu erlassen, wenn der Betroffene durch den neuen Verwaltungsakt nicht weiter belastet wird. Unter dieser Voraussetzung kann die Verwaltung einen neuen Verwaltungsakt auch erlassen, um den Rechtsweg zu eröffnen und die Rechtmäßigkeit der von ihr bereits einmal ausgesprochenen Rechtsfolge der Nachprüfung durch die Gerichte zuzuführen.
4. Dieser Grundsatz des allgemeinen Verwaltungsrechts gilt auch im Recht der Kriegsopferversorgung.
Normenkette
SGG § 77 Fassung: 1953-08-03
Tenor
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts in München vom 14. Juli 1959 aufgehoben und die Sache zur erneuten Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.
Die Entscheidung über die Kosten bleibt dem abschließenden Urteil vorbehalten.
Von Rechts wegen.
Gründe
Der Kläger beantragte im April 1947 die Anerkennung des Verlustes des Daumens der linken Hand nebst Zeige- und Mittelfinger als Leistungsgrund nach dem Bayerischen Körperbeschädigten-Leistungsgesetz (BKBLG) und die Gewährung einer Rente. Das Versorgungsamt (VersorgA) N lehnte diesen Antrag mit Bescheid vom 8. Januar 1952 ab und führte in der Begründung aus, der Kläger habe am 4. November 1944 mit einem Kameraden in der Werderau durch fahrlässige Handlung den Zündstoff einer Brandbombe zur Explosion gebracht und dadurch die Finger verloren. Er habe bei freier Willensbestimmung und voller Zurechnungsfähigkeit das schädigende Ereignis hervorgerufen und dadurch den ursächlichen Zusammenhang mit einer Kriegseinwirkung unterbrochen. Eine Schädigung liege weder im Sinne des BKBLG noch des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) vor. Gegen diesen Bescheid, der mit einer dem damaligen Recht entsprechenden Rechtsmittelbelehrung versehen war, hat der Kläger keinen Rechtsbehelf eingelegt.
Auf eine Eingabe des Klägers an das Bayerische Staatsministerium für Arbeit und soziale Fürsorge, in welcher der Kläger Vorstellungen gegen die Ablehnung seines Versorgungsanspruchs erhob, erstattete das VersorgA dem Ministerium am 13. August 1954 Bericht über die Vorgänge und äußerte sich abschließend dahin, daß auch eine Rentengewährung im Wege des Härteausgleiches nach § 89 BVG nicht in Betracht komme. Daraufhin führte das Ministerium in seinem Erlaß vom 24. August 1954 an das VersorgA aus, es stehe zwar fest, daß der Kläger den Unfall durch eigenes Handeln verursacht habe. Es sei aber nicht ohne weiteres zu entscheiden, ob der zur Zeit des Unfalls vor Vollendung des 15. Lebensjahres stehende Kläger schon die verstandesmäßige und sittliche Reife besessen habe, um sich der Gefährlichkeit seines Tuns voll bewußt zu sein. Eine Entscheidung sei nur bei genauer Kenntnis der Persönlichkeit des Klägers und der Umwelt, in der er aufgewachsen ist, möglich. Die Anerkennung seines Versorgungsanspruchs im Verwaltungswege sei nicht vertretbar. Dagegen werde es für erforderlich gehalten, dem Kläger eine richterliche Prüfung seines Anspruchs zu ermöglichen, da immerhin Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung vom 8. Januar 1952 bestehen könnten. Es werde daher gebeten, dem Kläger insoweit einen Zugunstenbescheid zu erteilen. Aufgrund dieser Anweisung erteilte das VersorgA den Bescheid vom 26. August 1954, den es als Zugunstenbescheid nach Art. 30 Abs. 4 Halbs. 1 BKBLG bezeichnete. In dem Bescheid sprach das VersorgA aus, daß es auf die Rechtskraft des Bescheides vom 8. Januar 1952 verzichte, daß aber auch jetzt eine Anerkennung des Versorgungsanspruchs im Verwaltungswege der Sachlage nach nicht vertretbar sei. Mit diesem Bescheid solle dem Kläger eine richterliche Prüfung seines Anspruchs ermöglicht werden. Im übrigen enthielt der Bescheid die übliche Belehrung über den Rechtsbehelf (Widerspruch). Der Widerspruch des Klägers gegen diesen Bescheid wurde mit Widerspruchsbescheid des Landesversorgungsamts (LVersorgA) vom 1. April 1955 nach erneuter sachlicher Prüfung des Anspruchs zurückgewiesen.
Das Sozialgericht Nürnberg hat mit Urteil vom 28. März 1956 die Klage abgewiesen, weil durch das eigenverantwortliche Handeln des Klägers der Kausalzusammenhang zwischen dem Unfall und Vorgängen im Sinne des Art. 1 Abs. 1 BKBLG und §§ 1, 5 BVG unterbrochen worden sei.
Das Landessozialgericht (LSG) hat die Berufung des Klägers mit Urteil vom 14. Juli 1959 zurückgewiesen. Es hat ausgeführt, daß der § 85 Satz 1 BVG die erneute Prüfung des Anspruchs des Klägers nicht hindere, weil diese Vorschrift voraussetze, daß eine rechtsverbindliche Entscheidung über den ursächlichen Zusammenhang einer Gesundheitsstörung mit einer Schädigung nach bisherigen versorgungsrechtlichen Vorschriften bereits in dem Zeitpunkt vorliegen müsse, in dem die Verwaltungsbehörde nach dem Inkrafttreten des BVG über den ursächlichen Zusammenhang entscheide. Mit dem Bescheid vom 8. Januar 1952 sei aber über den Anspruch des Klägers gleichzeitig nach dem BKBLG und dem BVG entschieden worden, so daß in diesem Zeitpunkt die Entscheidung nach dem BKBLG nicht rechtsverbindlich gewesen sei. Jedoch sei der Bescheid vom 8. Januar 1952 bindend geworden. Damit sei eine neue sachliche Prüfung oder eine von dem Bescheid vom 8. Januar 1952 abweichende Beurteilung des ursächlichen Zusammenhangs der geltend gemachten Gesundheitsstörungen mit Schädigungen im Sinne des BVG unzulässig, es sei denn, daß dieser Bescheid oder dessen Rechtsverbindlichkeit wirksam beseitigt wäre. Davon könne nicht gesprochen werden. Der auf Anweisung des Bayerischen Ministeriums für Arbeit und soziale Fürsorge hin vom VersorgA in dem Bescheid vom 26. August 1954 erklärte Verzicht auf die Rechtskraft des Bescheides vom 8. Januar 1952 habe die Rechtsverbindlichkeit dieses Bescheides, jedenfalls für die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit, nicht beseitigt. Der Bescheid vom 26. August 1954, der nur zu dem Zwecke erteilt sei, dem Kläger eine richterliche Prüfung seines Anspruchs zu ermöglichen, sei rechtswidrig. Es könne dahingestellt bleiben, ob die vom früheren Reichsversicherungsamt (RVA) und Reichsversorgungsgericht (RVersorgG) vertretene Ansicht zutreffend sei, wonach die Versorgungsbehörde ohne Änderung der materiellen Rechtsbeziehungen durch bloßen Verzicht auf die Rechtskraft dem Berechtigten einen neuen Rechtsweg eröffnen und damit erreichen könne, daß die Gerichte ohne Rücksicht auf ein rechtskräftiges Urteil oder einen verbindlich gewordenen Bescheid den gleichen Streitgegenstand erneut sachlich entscheiden. Auch bei Anwendung der vom RVA und RVersorgG ergangenen Rechtsprechung zu dieser Frage sei der Verzicht auf die Rechtskraft früherer Entscheidungen von bestimmten Voraussetzungen abhängig gewesen, die im vorliegenden Fall nicht gegeben seien. Der Verzicht auf die Rechtskraft einer ablehnenden Entscheidung sei nur in den Fällen für zulässig erachtet worden, in denen sich nachträglich die Unrichtigkeit des ergangenen Bescheides herausgestellt habe oder wenigstens die Richtigkeit der früheren Entscheidungen zweifelhaft gewesen sei. Inwieweit sich nachträglich die Unrichtigkeit des Bescheides vom 8. Januar 1952 herausgestellt haben solle, sei nicht ersichtlich. Weder das VersorgA noch das LVersorgA noch das Bayerische Ministerium für Arbeit und soziale Fürsorge hätten die Unrichtigkeit dieses Bescheides festgestellt. Vielmehr sei die Richtigkeit dieses Bescheides in den angefochtenen Bescheiden vom 26. August 1954 und 1. April 1955 unterstrichen und dort ausdrücklich erklärt worden, daß eine Anerkennung des Versorgungsanspruchs im Verwaltungswege nicht vertretbar sei. Auch sonst seien keine sachlichen Gründe ersichtlich, die die Richtigkeit der Entscheidung vom 8. Januar 1952 zweifelhaft erscheinen lassen. Die vage Andeutung von Zweifeln, wie sie das Bayerische Ministerium zum Ausdruck gebracht habe, genüge dazu nicht. Der Verzicht der Versorgungsbehörde sei somit unwirksam, die Verbindlichkeit des Bescheides vom 8. Januar 1952 sei bestehen geblieben und stehe einer erneuten sachlichen Nachprüfung des Anspruchs des Klägers entgegen.
Das LSG hat die Revision zugelassen.
Gegen dieses ihm am 2. September 1959 zugestellte Urteil hat der Kläger mit Schriftsatz vom 15. September 1959, beim Bundessozialgericht (BSG) eingegangen am 15. September 1959, Revision eingelegt und beantragt,
das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen.
Der Kläger hat die Revision innerhalb der bis zum 2. Dezember 1959 verlängerten Revisionsbegründungsfrist mit Schriftsatz vom 30. November 1959, beim BSG eingegangen am 1. Dezember 1959, begründet.
Er rügt eine Verletzung des § 54 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG), des Art. 30 Abs. 4 BKBLG sowie allgemeinverwaltungsrechtlicher Grundsätze. Er beruft sich auf das Urteil des 11. Senats des BSG vom 13. Oktober 1959 (BSG 10, 248) und meint, nach der dort wiedergegebenen Auffassung könne der Bindungswirkung des Bescheides vom 8. Januar 1952 nicht die Bedeutung zukommen, daß die Versorgungsbehörde an die von ihr in diesem Bescheid getroffene Regelung unwiderruflich gebunden sei. Sie sei nicht gehindert gewesen, zugunsten des Klägers eine andere Regelung zu treffen; denn die Verwaltung sei berechtigt, auch unanfechtbar gewordene belastende Verwaltungsakte auf ihre Rechtmäßigkeit hin zu überprüfen und neue Verwaltungsakte zu erlassen. Dies ergebe sich aus Art 30 Abs. 4 BKBLG und § 40 des Gesetzes über das Verwaltungsverfahren in der Kriegsopferversorgung (VerwVG) sowie den allgemeinen verwaltungsrechtlichen Grundsätzen. Demgemäß habe hier die Verwaltungsbehörde auf Weisung ihrer Aufsichtsbehörde den Bescheid vom 26. August 1954 erlassen, da immerhin Zweifel an der Richtigkeit des Bescheides vom 8. Januar 1952 bestehen konnten. Der Beklagte habe sich deshalb zur Begründung der erneuten Ablehnung des Versorgungsanspruchs des Klägers nicht einmal hilfsweise auf die Bindungswirkung der früheren Entscheidungen berufen, sondern sowohl im Bescheid vom 26. August 1954 wie im Widerspruchsbescheid vom 1. April 1955 die Ablehnung allein auf die nochmalige sachliche Überprüfung gestützt, um dem Kläger insoweit den Rechtsweg erneut zu eröffnen. Das LSG hätte deshalb sachlich prüfen müssen, ob der Versorgungsanspruch des Klägers begründet und der angefochtene neue Verwaltungsakt rechtswidrig ist.
Der Beklagte erklärt, er schließe sich dem Antrag des Klägers an.
Die Revision ist nach § 162 Abs. 1 Nr. 1 SGG statthaft, der Kläger hat sie auch form- und fristgerecht eingelegt und begründet (§§ 164, 166 SGG); sie ist somit zulässig. Sie ist auch begründet. Der angefochtene Bescheid vom 26. August 1954 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 1. April 1955 ist nicht - wie das LSG angenommen hat - schon deshalb rechtswidrig, weil ihm der im Verfügungssatz gleichlautende und bindend gewordene Bescheid vom 8. Januar 1952 vorausgegangen ist. Die Versorgungsbehörde war vielmehr berechtigt, diesen Bescheid trotz des bindend gewordenen Verwaltungsakts vom 8. Januar 1952 zu erlassen.
Dem LSG ist zunächst insoweit zuzustimmen, daß nicht § 85 BVG die Verwaltungsbehörde gehindert hat, in dem angefochtenen Bescheid über den von dem Kläger geltend gemachten Anspruch erneut sachlich zu entscheiden. Der § 85 BVG ist eine Übergangsvorschrift, welche die Wirkung von Entscheidungen, die nach bisherigen vor dem Inkrafttreten des BVG geltenden versorgungsrechtlichen Vorschriften ergangen sind, zu solchen Entscheidungen regelt, die erstmalig nach den Vorschriften des BVG getroffen werden. Für die Beurteilung der Frage, ob und welche Wirkung eine bereits nach den Vorschriften des BVG ergangene Entscheidung auf spätere, ebenfalls nach den Vorschriften des BVG ergangene Entscheidungen ausübt, gilt diese Übergangsvorschrift nicht. Im vorliegenden Fall handelt es sich um die Frage, ob der nach den Vorschriften des BVG ergangene Bescheid vom 8. Januar 1952 Wirkungen auf den ebenfalls nach den Vorschriften des BVG ergangenen Bescheid vom 26. August 1954 äußert. Es kommt daher auf die Erwägungen nicht mehr an, die das LSG darüber angestellt hat, ob bei Erlaß des Bescheides vom 8. Januar 1952 insofern eine Bindungswirkung im Sinne des § 85 BVG zu beachten war, als mit diesem Bescheid über den Anspruch des Klägers zugleich nach den Vorschriften des BKBLG und des BVG entschieden worden ist. Jedenfalls war mit diesem Bescheid bereits erstmalig auch über den Anspruch des Klägers nach den Vorschriften des BVG entschieden worden, so daß damit die Anwendung des § 85 bei Erlaß des späteren Bescheides nach dem BVG, wie hier bei dem angefochtenen Bescheid vom 26. August 1954, grundsätzlich nicht mehr in Frage kam.
Ob bei einem Berichtigungsbescheid (§§ 40 ff. VerwVG), durch den ein aufgrund des § 85 ergangener Erstbescheid nach dem BVG aufgehoben oder geändert wird, ein nach bisherigen versorgungsrechtlichen Vorschriften ergangener Bescheid noch weiterhin Wirkungen nach § 85 BVG äußern kann, bedarf hier keiner Erörterung, da es sich bei dem Bescheid vom 26. August 1954 nicht um einen Berichtigungsbescheid im Sinne der Vorschriften des VerwVG handelt; in diesem Bescheid ist der vorangegangene Bescheid vom 8. Januar 1952 in seinem Ausspruch der Sache nach weder aufgehoben noch geändert. Der § 85 BVG steht somit dem Erlaß des Bescheides vom 26. August 1954 nicht entgegen.
Aber auch andere Vorschriften, insbesondere der § 77 SGG, hinderten die Verwaltungsbehörde nicht, den Bescheid vom 26. August 1954 trotz des im Ausspruch gleichlautenden und bindend gewordenen Bescheides vom 8. Januar 1952 zu erlassen. Nach § 77 SGG wird ein Verwaltungsakt, gegen den der gegebene Rechtsbehelf nicht oder erfolglos eingelegt ist, "für die Beteiligten in der Sache bindend, soweit durch Gesetz nichts anderes bestimmt ist". Nach dem Wortlaut dieser Vorschrift muß angenommen werden, daß einem Verwaltungsakt in den der Sozialgerichtsbarkeit unterliegenden Angelegenheiten neben der formellen Bindungswirkung auch eine materielle Bindungswirkung zukommt, andernfalls würden die Worte "in der Sache" jeden Sinns entbehren. Das Gesetz hat damit für die in Angelegenheiten der Sozialgerichtsbarkeit ergangenen Verwaltungsakte das ausdrücklich ausgesprochen, was für Verwaltungsakte in Angelegenheiten der allgemeinen Verwaltungsgerichtsbarkeit als ungeschriebener Rechtsgrundsatz gilt (so Haueisen in NJW 1959 S. 697 (699) Anm. Nr. 21 und in DVBl 1960 S. 913 (917) mit weiteren Hinweisen in Anm. Nr. 53) oder wenigstens als Grundsatz und Ausgangspunkt jeder Betrachtung über die Wirkung von bindend gewordenen Verwaltungsakten zu gelten hat, um von hier aus die vielfachen Ausnahmen oder Abweichungen von dieser Bindungswirkung - seien sie nun aus dem Wesen des Verwaltungsakts oder aus der besonderen Gestaltung des betreffenden Rechtsgebiets hergeleitet - zu begründen (vgl. Knoll in Die Sozialgerichtsbarkeit 1956 S. 369 ff.). Wenn Verwaltungsakten in Angelegenheiten der Sozialgerichtsbarkeit keine materielle Bindungswirkung zukäme, dann wären alle Vorschriften und normengleichen Grundsätze überflüssig, welche die Rücknahme oder den Widerruf von Verwaltungsakten zum Inhalt haben, im Recht der Kriegsopferversorgung also insbesondere die §§ 40 ff. VerwVG; denn nur die materielle Bindungswirkung früherer Verwaltungsakte hindert, daß die Verwaltungsbehörde unbeschränkt neue Verwaltungsakte mit einem anderen Ausspruch über die Rechtsfolge erlassen kann. Im Ergebnis sind bereits das frühere RVA und das RVersorgG dazu gekommen, auch Bescheiden eine materielle Rechtskraftwirkung beizumessen (RVA in AN 1892 (J u. AV) S. 17, 1901 S. 200, 1905 S. 277 (278), 1927 S. 321 und in EuM 25 S. 165 (167); RVG 13 S. 170 (176) und S. 201 (207); vgl. auch BSG 5, 96 (98) mit weiteren Hinweisen). An diesem Ergebnis ändert nichts, daß das RVA und das RVersorgG in den früheren Bescheiden urteilsgleiche Entscheidungen gesehen haben.
Wenn somit Verwaltungsakten in Angelegenheiten der Sozialgerichtsbarkeit eine materielle Bindungswirkung (Bindung in der Sache) zukommt, so bedeutet dies nicht zugleich, daß diese Wirkung in jeder Beziehung der materiellen Rechtskraftwirkung von Urteilen gleichzusetzen ist. Zwar spricht § 141 SGG, der die Wirkung rechtskräftiger Urteile behandelt, ebenso wie § 77 SGG von einer "Bindung" der Beteiligten. Es darf aber nicht außer acht gelassen werden, daß Verwaltungsakte von einem der Beteiligten ergehen, Urteile aber von einem Dritten, einem Gericht, erlassen werden, und daß wegen der besonderen Aufgaben, der Rechtsprechung in unserem Verfassungssystem und der Ausstattung der Akte der Rechtsprechung mit besonderen Sicherheitsgarantien (z. B. durch die Unabhängigkeit der bei ihrem Erlaß mitwirkenden Richter) den Urteilen eine weitergehende Bestandskraft zukommen muß als Verwaltungsakten (vgl. insoweit BGHZ 9, 123 (133, 134)). Die Bestandskraft von Verwaltungsakten ist daher in aller Regel geringer als die von Urteilen. Darauf weist schon der § 77 SGG mit den Worten hin "soweit durch das Gesetz nichts anderes bestimmt ist"; dagegen fehlt dem § 141 SGG ein entsprechender Zusatz. Zwar kennt das SGG ebenso wie die Zivilprozeßordnung (ZPO) Fälle, in denen auch die Rechtskraftwirkung von Urteilen durchbrochen werden kann, so vornehmlich in den Vorschriften über die Wiederaufnahme des Verfahrens (§ 179 SGG), jedoch handelt es sich dabei um ausdrücklich hervorgehobene Ausnahmen, die unter ganz begrenzten Voraussetzungen und in einem besonderen Verfahren durchgeführt werden müssen. Dagegen kann die Bindungswirkung von Verwaltungsakten häufig durchbrochen werden nach Vorschriften, die eine Aufhebung oder Änderung eines bindend gewordenen Verwaltungsaktes bei einer wesentlichen Änderung der Verhältnisse, bei Rechtswidrigkeit des bindend gewordenen Verwaltungsaktes und in den Fällen des sogenannten Zugunstenbescheides zulassen (vgl. für den Bereich der KOV § 62 BVG und §§ 40 ff. VerwVG; für den Bereich der Sozialversicherung §§ 619, 1286, 1300 RVO; §§ 63, 79 AVG; §§ 86, 93 RKG). Auch der Zeitpunkt des Eintritts der Bindung eines Verwaltungsakts kann anders zu beurteilen sein als der Zeitpunkt der Rechtskraft eines Urteils (vgl. für das Recht der KOV § 24 Abs. 2 VerwVG). Diese besondere Ausgestaltung der Bindungswirkung von Verwaltungsakten in den der Sozialgerichtsbarkeit unterliegenden Angelegenheiten infolge der vielfachen Durchbrechungen der materiellen Bindungswirkung - die sich im übrigen nicht grundsätzlich von der Bindungswirkung der Verwaltungsakte in den der allgemeinen Verwaltungsgerichtsbarkeit unterliegenden Angelegenheiten unterscheidet - ist nur möglich, weil sie das Gesetz in § 77 SGG zuläßt. Das bedeutet für den vorliegenden Fall, daß der bindend gewordene Verwaltungsakt vom 8. Januar 1952 die im Verwaltungsakt vom 26. August 1954 getroffene erneute Entscheidung in der Sache verböte, wenn dies nicht das Gesetz zuließe.
Als Gesetz, das die erneute sachliche Entscheidung zuläßt, kommt hier nicht der Art. 30 Abs. 4 BKBLG in Frage, der ebenso wie der später in Kraft getretene ähnlich lautende § 40 VerwVG es zuläßt, zugunsten des Beschädigten jederzeit einen neuen Verwaltungsakt zu erlassen. Beide Vorschriften haben zur Voraussetzung, daß der vorangegangene verbindlich gewordene Bescheid unrichtig war. Das ergibt sich sowohl aus dem Zusammenhang, in dem diese Vorschriften mit den Vorschriften über die Berichtigung unrichtiger Bescheide zuungunsten des Beschädigten stehen, als auch aus dem Sinn dieser Vorschriften, die der Verwirklichung des materiellen Rechts dienen sollen (vgl. Schönleiter/Hennig, Gesetz über das Verwaltungsverfahren in der KOV, § 40 Anm. 1). Um einen sogenannten Zugunstenbescheid im Sinne dieser Vorschriften handelt es sich aber bei dem Verwaltungsakt vom 26. August 1954 nicht. Die Verwaltungsbehörde erließ ihn nicht, um damit die im früheren Verwaltungsakt etwa unrichtig ausgesprochene Rechtsfolge nunmehr mit der materiellen Rechtslage in Übereinstimmung zu bringen, vielmehr wurde in diesem Bescheid ausdrücklich die im Bescheid vom 8. Januar 1952 ausgesprochene Rechtsfolge (Ablehnung des Versorgungsanspruchs) nochmals ausgesprochen und bestätigt.
Wenngleich somit ein geschriebenes Gesetz im Sinne des § 77 SGG nicht besteht, das eine Ausnahme von der materiellen Bindungswirkung verbindlich gewordener Verwaltungsakte zuläßt, so sind als Gesetz im Sinne dieser Vorschrift auch die Grundsätze des allgemeinen Verwaltungsrechts anzusehen, die auf den der allgemeinen Verwaltungsgerichtsbarkeit unterliegenden Rechtsgebieten nach ständiger Rechtsprechung wie geschriebene Normen angewendet worden (vgl. z. B. BVerwG in NJW 1961 S. 1130). Wie bereits der 4., 7., 8., 9., und der erkennende Senat des BSG entschieden haben (4. Sen. in BSG 14, 154 (157, 158); 7. Sen. in BSG 7, 152 (156, 157); 8. Sen. in BVBl 1960 S. 177 und Urt. vom 28. April 1960 - 8 RV 401/58 -; 9. Sen. in BVBl 1961 S. 42; 10. Sen. Urt. vom 13. April 1961 - 10 RV 687/58 -, vom 29. November 1961 - 10 RV 695/57 - und vom 17. April 1962 - 10 RV 95/58 -), insbesondere aber vom 11. Senat des BSG in mehreren Entscheidungen (BSG 7, 8 (11 und 16); 7, 51 (53); 8, 11 (14); 10, 72) ausgeführt ist, haben auch auf den der Sozialgerichtsbarkeit unterliegenden Rechtsgebieten nicht nur die in einem Gesetzgebungsverfahren zustande gekommenen Rechtsnormen Geltung, sondern auch das Gewohnheitsrecht und die anerkannten Grundsätze des allgemeinen Verwaltungsrechts, soweit die Anwendung dieser Grundsätze nicht durch besondere Vorschriften für ein bestimmtes Rechtsgebiet ausgeschlossen ist oder sich ihre Anwendung aus dem Sinn und Zweck der für dieses Rechtsgebiet sonst geltenden Normen verbietet (vgl. auch Peters/Sautter/Wolff, Kommentar zur Sozialgerichtsbarkeit § 77 Anm. 8; Haueisen in Deutsche Rentenversicherung 1962 S. 81 (83) mit eingehender Begründung und weiteren Hinweisen). Für das Verwaltungsrecht sind die herkömmlichen und von Lehre und Rechtsprechung entwickelten allgemeinen Rechtsgrundsätze nicht kodifiziert, wie dies beispielsweise für das Gebiet des bürgerlichen Rechts weitgehend im Allgemeinen Teil des BGB geschehen ist. Weil derartige Grundsätze vorhanden sind und wie kodifizierte Normen angewendet werden (vgl. BVerwG in NJW 1961 S. 1130), sind Bestrebungen im Gange, diese Grundsätze zu kodifizieren; die erstrebte Kodifikation ist aber nicht etwa der Grund, die Grundsätze erst zu anwendbaren Normen zu erheben. Derartige allgemeine Grundsätze des Verwaltungsrechts haben weitgehend dem geltenden Verwaltungsrecht ein typisches Gepräge gegeben und sind Bestandteil dieses Rechts geworden.
Wenn aber die Grundsätze des allgemeinen Verwaltungsrechts anwendbare Normen sind, dann müssen sie ebenso wie kodifizierte Normen oder Normen des Gewohnheitsrechts als Gesetz im Sinne des § 77 SGG angesehen werden, und sie müssen grundsätzlich auch auf den von der Sozialgerichtsbarkeit beherrschten Rechtsgebieten gelten, da diese nur eine besondere Verwaltungsgerichtsbarkeit auf dem besonderen, von ihr beherrschten Gebiet des Sozialrechts darstellt (vgl. §§ 1, 51 SGG).
Wie alle allgemeinen Normen gelten auch die Grundsätze des allgemeinen Verwaltungsrechts auf dem besonderen Rechtsgebiet des Sozialrechts nur dann nicht, wenn besondere Normen dieses Rechtsgebietes oder dessen sonstige Gestaltung dies verbieten.
Die Rechtswirksamkeit des Bescheides vom 26. August 1954 hängt somit davon ab, ob Grundsätze des allgemeinen Verwaltungsrechts bestehen, die in Durchbrechung der materiellen Bindungswirkung von Verwaltungsakten eine erneute sachliche Entscheidung zum Zwecke der Nachprüfung durch die Verwaltungsgerichte zulassen, und ob die Anwendung dieser Grundsätze etwa für das Sozialrecht, hier für das Recht der KOV, ausnahmsweise ausgeschlossen ist.
Was die erste Voraussetzung angeht, so ist der Senat der Auffassung, daß es ein legitimes Anliegen der Verwaltung ist, trotz des Vorliegens eines bindend gewordenen Verwaltungsakts auf sachgerechten Antrag oder auf sachliche Gegenvorstellung des Betroffenen hin einen neuen Verwaltungsakt zu erlassen. Ein solches legitimes Anliegen kann auch dadurch begründet sein, daß die Verwaltungsbehörde selbst daran interessiert ist, die Rechtmäßigkeit der in einem früheren - nicht angefochtenen und deshalb bindend gewordenen - Verwaltungsakt ausgesprochenen Rechtsfolge der Überprüfung durch die Gerichte zuzuführen, und den neuen Verwaltungsakt nicht zuletzt deswegen erläßt. Es entspricht auch durchaus dem Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung, anzunehmen, daß die Verwaltung die Gesetzmäßigkeit ihrer Verwaltungsakte, deren Garant die Rechtsprechung der zuständigen Gerichte ist, in besonderen Fällen selbst der Nachprüfung durch die Gerichte zuführen darf; so in dem Fall, in dem ein Verwaltungsakt, bei dem der Betroffene aus irgendeinem Grunde der Weg zu den Gerichten nicht beschritten hat, bindend geworden ist, ein erneuter Antrag oder sachliche Gegenvorstellungen des Betroffenen der Verwaltung aber Anlaß geben, zur Überprüfung ihrer Rechtsauffassung diese nochmals in einem neuen Verwaltungsakt niederzulegen. Selbstverständlich darf durch den neuen Verwaltungsakt der Betroffene nicht weiterhin belastet werden. Rechtsprechung und Lehre haben bestätigt, daß die Verwaltung nach diesem Grundsatz verfahren darf (BSG 10, 248; 13, 86; BVerwG vom 26. Oktober 1959 in DVBl 1960 S. 107, vom 27. Mai 1960 in DVBl 1960 S. 838, vom 6. September 1960 in JZ 1961 S. 427 (428), vom 12. Mai 1960 in DVBl 1960 S. 727, vom 24. Juni 1960 in DVBl 1960 S. 728, vom 12. Oktober 1960 in DVBl 1961 S. 88, vom 10. Oktober 1961 in DVBl 1962 S. 225, vom 17. November 1961 in DVBl 1962 S. 108; BVerwG Bd. 4 S. 250 (253); Haueisen in DOK 1956 S. 189 (190), in NJW 1959 S. 2137, in DVBl 1960 S. 913 (917), in NJW 1960 S. 313 (315), in DÖV 1961 S. 121 (126); Baring in NJW 1952 S. 1073 (1074); Knoll in JZ 1961 S. 532; Menger in Verwaltungsarchiv Bd. 53 S. 275 (281); Bachof in JZ 1962 S. 670 Ziff. 89). Es gibt mithin Fälle, in denen es bei der Verwaltung liegt, ob sie sich auf die materielle Bindungswirkung berufen und einen neuen Bescheid in der Sache ablehnen will, oder ob sie auf einen erneuten Sachantrag oder sachliche Gegenvorstellungen des Betroffenen hin nach erneuter eigner Prüfung in einem neuen Bescheid eine neue sachliche Verfügung treffen, zugleich aber auch eine bereits ausgesprochene Rechtsfolge nochmals aussprechen will, weil sie nur mit dem Erlaß eines neuen Bescheides den Rechtsweg eröffnen und dadurch eine richterliche Nachprüfung der ausgesprochenen Rechtsfolge erreichen kann. Erläßt die Verwaltungsbehörde in solchem Fall einen neuen Verwaltungsakt, so durchbricht sie damit nicht etwa die formelle Bindungswirkung des früheren Verwaltungsaktes; es handelt sich dann nämlich nicht darum, daß auf diesem Wege die Möglichkeit geschaffen wird, den alten Verwaltungsakt nochmals anzufechten, sondern darum, daß die Möglichkeit geschaffen wird, den neuen Verwaltungsakt in einem neuen Verfahren auf seine Rechtmäßigkeit hin überprüfen zu lassen.
Der Grundsatz, daß die Verwaltung befugt ist, einen neuen Verwaltungsakt zu erlassen, auch wenn ein in der Sache bindender Verwaltungsakt bereits vorliegt, hat auf dem Gebiet des Sozialrechts schon von jeher Geltung gehabt. Dies geht aus der Rechtsprechung des RVA und des RVersorgG hervor (RVA in EuM Bd. 19 S. 279 Nr. 136, Bd. 25 S. 165 Nr. 11, Bd. 27 S. 444 Nr. 164, Bd. 29 S. 207 Nr. 82, Bd. 31 S. 201 Nr. 81, Bd. 32 S. 481 Nr. 208, Bd. 34 S. 449 Nr. 181, Bd. 43 S. 24 Nr. 7; RVG in Bd. 1 S. 251 Nr. 114, Bd. 2 S. 39 Nr. 12, Bd. 3 S. 171 Nr. 55 und S. 235 Nr. 79, Bd. 7 S. 279 Nr. 62, Bd. 10 S. 151 Nr. 39, Bd. 11 S. 28 Nr. 28, Bd. 13 S. 38 Nr. 10 und S. 51 Nr. 15; vgl. dazu auch Knoll in Die Sozialgerichtsbarkeit 1956 S. 369 ff. und in JZ 1961 S. 532). Wenn in diesen Entscheidungen auch des öfteren von einem "Verzicht auf die Rechtskraft" gesprochen wird und damit die Auffassung zum Ausdruck kommt, daß die früheren Bescheide der Versicherungsträger und Versorgungsbehörden Entscheidungen streitentscheidender Natur mit urteilsgleichen Wirkungen waren, so lassen diese Entscheidungen in ihrem Ergebnis doch keinen Zweifel, daß auch früher die Verwaltungsbehörden für berechtigt gehalten worden sind, auf dem Gebiet des Sozialrechts trotz des Vorliegens eines bindend gewordenen Bescheides einen neuen Bescheid zu erlassen, vorausgesetzt, daß der Betroffene dadurch nicht weiter belastet worden ist. Diese Auffassung des RVA und des RVersorgG ist um so bedeutsamer, als diese Gerichte im übrigen die früheren Bescheide als urteilsgleiche Entscheidungen angesehen haben.
Besteht demnach in der Tat ein Grundsatz des allgemeinen Verwaltungsrechts, daß die Verwaltung auch heute befugt ist, trotz des Vorliegens eines bindend gewordenen Verwaltungsaktes einen neuen, den Betroffenen nicht weiter belastenden Verwaltungsakt zu erlassen, so ist auch kein Grund ersichtlich, welcher der Geltung dieses Grundsatzes auch auf dem besonderen Gebiet des Sozialrechts, hier des Rechts der Kriegsopferversorgung (KOV), entgegensteht. Ein derartiger Grund ist weder aus den besonderen Normen des Rechts der KOV noch aus dem Wesen und der sonstigen Gestaltung dieses Rechtsgebietes herzuleiten. Schon der Umstand, daß im Recht der KOV die Verwaltungsbehörden von den Gerichten bereits in der Vergangenheit für berechtigt gehalten worden sind, einen neuen Verwaltungsakt zu erlassen, spricht dafür, daß das Wesen und die Gestaltung dieses Rechtsgebiets der Anwendung dieses Grundsatzes nicht entgegensteht. Mithin steht es der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsaktes vom 26. August 1954 jedenfalls nicht entgegen, daß der Verwaltungsakt vom 8. Januar 1952 dieselbe Rechtsfolge bereits einmal ausgesprochen hat. Zwar kommt dem Verwaltungsakt vom 8. Januar 1952 nach § 77 SGG eine materielle Bindungswirkung zu, jedoch gestatten es die allgemeinen Grundsätze des Verwaltungsrechts, die als Gesetz im Sinne des letzten Halbsatzes des § 77 anzusehen sind, diese Bindungswirkung dann zu durchbrechen und einen neuen Verwaltungsakt zu erlassen, wenn der neue Verwaltungsakt den Betroffenen nicht weiter belastet. Im vorliegenden Fall hat der Verwaltungsakt vom 26. August 1954 den Kläger nicht weiter belastet, da er nur dieselbe Rechtsfolge ausgesprochen hat wie der Verwaltungsakt vom 8. Januar 1952; nach den Feststellungen des LSG hat überdies die Verwaltungsbehörde den Verwaltungsakt vom 26. August 1954 auch gerade deshalb erlassen, um eine gerichtliche Nachprüfung ihrer Auffassung darüber herbeizuführen, ob im Zeitpunkt des Unfalls der noch jugendliche Kläger die Einsichtsfähigkeit gehabt hat, die Gefährlichkeit des Hantierens mit dem Zündstoff der aufgefundenen Brandbombe zu erkennen.
Da somit der Beklagte befugt gewesen ist, den Verwaltungsakt vom 26. August 1954 zu erlassen, in dem eine Rechtsfolge der Sache nach ausgesprochen ist, hat das LSG prüfen müssen, ob dieser Ausspruch in der Sache rechtmäßig ist; es hat diesen Verwaltungsakt nicht schon wegen des bindend gewordenen Verwaltungsaktes vom 8. Januar 1952 für rechtswidrig halten und deswegen eine Prüfung der Rechtmäßigkeit des sachlichen Ausspruchs unterlassen dürfen.
Das angefochtene Urteil mußte daher aufgehoben und die Sache an das LSG zurückverwiesen werden, da das LSG Feststellungen für die notwendige sachliche Entscheidung nicht getroffen hat.
Fundstellen
BSGE, 22 |
NJW 1963, 557 |
DVBl. 1963, 452 |