Entscheidungsstichwort (Thema)
Maßnahmen zur Früherkennung von Krankheiten als Mehrleistung. Aufhebung der Altersgrenzen
Leitsatz (amtlich)
Durch die Einführung der §§ 181 bis 181b RVO ist die Befugnis der Krankenkassen nicht entfallen, Vorsorgeuntersuchungen, die noch nicht Regelleistung nach § 181 RVO sind, als Mehrleistungen nach § 187 Nr 2 RVO zur Verhütung von Erkrankungen der einzelnen Kassenmitglieder satzungsmäßig einzuführen.
Leitsatz (redaktionell)
1. Der Grund für die Einführung von Pflichtleistungen der Krankheitsfrüherkennung in der RVO unter einer von der Krankenhilfe abgesetzten besonderen Überschrift ist nicht rechtssystematischer, sondern psychologischer Natur. Zu den satzungsmäßigen Mehrleistungen, zu denen sich die Krankenkassen mit Rechtsanspruch für die Versicherten oder nach pflichtgemäßem Ermessen verpflichten können, gehören nach § 187 Nr 2 RVO als "andere Maßnahmen zur Verhütung von Erkrankungen der einzelnen Kassenmitglieder" auch Früherkennungsuntersuchungen, die nach § 181 Abs 1 RVO dem Versicherten als Regelleistung nicht zustehen.
2. Der Vorbehalt des § 181a RVO, durch Rechtsverordnung über § 181 RVO hinaus Rechtsansprüche auf weitere Maßnahmen zur Früherkennung von Krankheiten begründen zu können, schränkt die satzungsmäßige Mehrleistungsautonomie in dem von § 187 RVO umschriebenen Ausmaß ebenfalls nicht ein.
Normenkette
RVO § 181 Abs. 1 Fassung: 1970-12-21, § 181a Abs. 1 Nr. 2 Fassung: 1970-12-21, § 181b Fassung: 1970-12-21, § 187 Nr. 2 Fassung: 1977-06-27, § 181a Abs. 1 Nr. 3 Fassung: 1970-12-21
Verfahrensgang
SG Reutlingen (Entscheidung vom 18.09.1979; Aktenzeichen S 2 Kr 865/79) |
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob das beklagte Land durch seine Aufsichtsbehörde § 15 Abs 8 Nr 6 der Satzung der Klägerin die zu ihrer Rechtswirksamkeit erforderliche Genehmigung versagen darf.
Die Vertreterversammlung der Klägerin hatte mit Beschluß vom 17. Mai 1979 als Maßnahme zur Verhütung von Erkrankungen nach § 187 Nr 2 der Reichsversicherungsordnung (RVO) vorgesehen:
"Früherkennungsuntersuchungen auf Krebserkrankungen und unter der vorstehenden Nr 5 genannten Erkrankungen für Frauen und Männer vor Erreichen der in § 181 Abs 1 Nr 2 und 3 RVO festgelegten Altersgrenze".
Diese Bestimmung hat das beklagte Land durch Bescheid vom 20. Juni 1979 nicht genehmigt, weil Mehrleistungen nach § 187 RVO nur hinsichtlich der Krankenhilfe möglich seien, nicht aber in der diesen Leistungen gegenüber nach der Systematik des Gesetzes eigenständigen Leistungsart der Früherkennungsmaßnahmen (§ 181 RVO). Die hier festgelegten Altersgrenzen könnten nur durch Rechtsverordnung nach § 181a RVO ausgedehnt werden, nicht aber kraft Satzungsautonomie der Krankenkasse.
Das Sozialgericht (SG) Reutlingen hat die auf Genehmigung der umstrittenen Satzungsbestimmung gerichtete Klage mit Urteil vom 18. September 1979 abgewiesen. § 187 Nr 2 RVO beziehe sich nämlich auf die Früherkennung möglicherweise vorhandener, aber noch nicht erkannter Krankheiten, während die Verhütung von Erkrankungen noch nicht eingetretene, aber doch schon drohende oder zu befürchtende Krankheiten erfassen solle. Das Gesetzgebungsverfahren lasse erkennen, daß ein Änderungsvorschlag in BT-Drucksache VI 726 nicht übernommen worden sei, die Krankenkassen zu Mehrleistungen bei der Früherkennung von Krankheiten zu ermächtigen. Deshalb und weil der Gesetzgeber die Früherkennungsmaßnahmen auch systematisch von der Krankenhilfe getrennt habe, insbesondere aber, weil er dem Verordnungsgeber die Möglichkeit vorbehalten habe, durch Rechtsverordnung weitere Früherkennungsmaßnahmen als Regelleistungen der Krankenkassen zuzulassen (§ 181a RVO), biete der § 187 Nr 2 RVO für den Verzicht auf die Altersgrenzen bei den Vorsorgeuntersuchungen keine Rechtsgrundlage.
Mit der vom SG zugelassenen und mit der schriftlichen Zustimmung des Beklagten eingelegten Revision rügt die Klägerin sinngemäß eine Verletzung des § 187 Nr 2 RVO, der in geeigneten Fällen auch die Verhütung der Verschlimmerung von Krankheiten erfasse.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
den Beklagten unter Aufhebung des Urteils des
Sozialgerichts Reutlingen vom 18. September 1979
und des Bescheides des Landesaufsichtsamtes für
die Sozialversicherung in Stuttgart vom 20. Juni 1979
zu verurteilen, die Satzungsänderung des § 15 Abs 8
Nr 6 in der von der Vertreterversammlung vom
17. Mai 1979 beschlossenen Fassung zu genehmigen.
Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Die Beteiligten sind damit einverstanden, daß der Senat durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entscheidet (§ 124 Abs 2 des Sozialgerichtsgesetzes -SGG-).
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet. Das angefochtene Urteil ist aufzuheben und der Beklagte in Abänderung seines Bescheides vom 20. Juni 1979 zur Genehmigung des § 15 Abs 8 Nr 6 der Satzung der Klägerin idF des Beschlusses vom 17. Mai 1979 zu verurteilen.
Nach § 324 Abs 2 RVO darf die Genehmigung einer Satzung nur versagt werden, wenn die Satzung den gesetzlichen Vorschriften nicht genügt. Daran fehlt es hier. Die umstrittene Satzungsbestimmung hat in § 187 Nr 2 RVO ihre rechtliche Grundlage.
Gegenstand der Krankenversicherung der Klägerin als Krankenkasse iS der RVO (§ 225 I RVO) sind neben den Regelleistungen des § 179 Abs 1 RVO die durch Satzung bestimmten Mehrleistungen (§ 179 Abs 3 Satz 1 RVO). Zu den Satzungs- und damit aufsichtsrechtlich genehmigungspflichtigen Mehrleistungen (§ 187 RVO), zu denen sich die Krankenkassen mit Rechtsanspruch der Versicherten oder nach pflichtgemäßem Ermessen verpflichten können (BSG 40, 20 = SozR 2200 § 187 Nr 5), gehören nach § 187 Nr 2 RVO "andere Maßnahmen zur Verhütung von Erkrankungen der einzelnen Kassenmitglieder".
Die Maßnahmen zur Verhütung von Erkrankungen (§ 187 Nr 2 RVO) gehen inhaltlich auf Art IX des Gesetzes vom 19. Juli 1923 (RGBl I S 686) zurück. Auch die Genesendenfürsorge (§ 187 Nr 3 RVO) war sinngemäß schon in § 21 Abs 1 Nr 3a des Krankenversicherungsgesetzes idF der Novelle vom 10. April 1892 (RGBl I S 417) enthalten. Die Maßnahmen zur Stabilisierung der Gesundheit der Versicherten vor Eintritt und nach Heilung von Krankheiten gehörten somit - neben bestimmten Maßnahmen der Krankenhilfe, die inzwischen zu Regelleistungen geworden sind (vgl § 187 Nrn 1 und 3 RVO in der vor Inkrafttreten des Rehabilitationsangleichungsgesetzes vom 7.August 1974 - BGBl I S 1881 - geltenden Fassung mit § 183 Abs 1 und 2 RVO sowie mit § 182b RVO) - schon lange vor den durch das Zweite Krankenversicherungsänderungsgesetz vom 21. Dezember 1970 (BGBl I S 1770) als Regelleistungen eingeführten Maßnahmen zur Früherkennung von Krankheiten zum leistungsrechtlichen Kernbereich satzungsmäßiger Kassenautonomie, wenn auch damals das Oberversicherungsamt zustimmen und insofern mitwirken mußte. Im sachlichen Umfang hat das oa Gesetz nur insoweit etwas geändert, als es bestimmte "Maßnahmen zur Früherkennung von Krankheiten" (§ 181 Abs 1 RVO) aus der rechtlich schwächeren Form von Mehrleistungen (§ 187 RVO) zu Regelleistungen (§ 179 Abs 1 Nr 1 RVO) erhoben hat. Wie das SG zutreffend betont hat, ist zwar der in BT-Drucksache VI/726 zu Art 1 Nr 2 von der Fraktion der CDU/CSU vorgeschlagene § 181a Abs 2 nicht Gesetz geworden, der eine Ermächtigung der Krankenkassen zu weiteren Maßnahmen der sogenannten Vorsorgehilfe im Wege der Mehrleistungen vorsah; zugleich ist aber auch die in diesem Vorschlag (Art 1 Nr 3) vorgesehene Streichung des damaligen § 187 Nr 4 RVO - jetzt § 187 Nr 2 RVO - unterblieben. Darüber hinaus ist im schriftlichen Bericht des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung zu der erwähnten BT-Drucksache und zu dem von der Bundesregierung eingebrachten Gesetzesentwurf der BT-Drucksache VI/1130 der Grundsatz betont worden, bei der Aufnahme von Maßnahmen zur Früherkennung von Krankheiten in den Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung bleibe das bisherige Recht der Kassen, auch andere Maßnahmen zur Verhütung von Erkrankungen einzuführen, erhalten (vgl zu BT-Drucksache VI/1297 S 3 zu ff).
Demnach hätte § 187 Nr 2 RVO als Rechtsgrundlage für die hier umstrittene Mehrleistung nur dann auszuscheiden, wenn entweder die Maßnahmen zur Früherkennung von Krankheiten begrifflich nicht den Maßnahmen zur Verhütung von Erkrankungen zugeordnet werden könnten, oder wenn durch die Herausnahme der Maßnahmen zur Früherkennung von Krankheiten aus dem Kapitel II - Krankenhilfe - im Zweiten Abschnitt des Buches Krankenversicherung und durch ihre im Kapitel Ia erfolgte Regelung hinreichend zum Ausdruck gekommen wäre, daß sich nunmehr jedenfalls die Satzungsautonomie der Krankenkassen auf Maßnahmen dieser Art nicht mehr erstrecken solle. Beides ist jedoch nicht der Fall.
Die Maßnahmen zur Früherkennung von Krankheiten weisen gegenüber den Maßnahmen zur Verhütung von Erkrankungen - ebenso zur Fürsorge an Genesenden - wie auch gegenüber den Maßnahmen der Krankenhilfe einen grundsätzlichen Unterschied auf: Sie sind rein diagnostischer Natur und als solche nicht auf Änderung des festgestellten Zustandes des Versicherten gerichtet. Dies schließt indes eine begriffliche Zuordnung zur Krankheitsvergütung oder zur Heilbehandlung noch nicht aus. Denn sowohl die Maßnahmen zur Krankheitsverhütung und Genesendenfürsorge als auch die der Krankenhilfe setzen sich in der Regel zwar aus diagnostischen und einwirkenden Handlungen zusammen, können aber ausnahmsweise auch allein diagnostischer oder allein einwirkender Natur sein; etwa bei der Schutzimpfung, beim unbegründeten Verdacht einer Krankheit oder bei Wiederbelebungsmaßnahmen.
Die Maßnahmen zur Früherkennung von Krankheiten dienen im übrigen auch nicht etwa nur diagnostisch-statistischen Zwecken, sondern sind dazu bestimmt, möglichst viele Personen der durch bestimmte Krankheiten gefährdeten Bevölkerungsgruppen zu untersuchen, um aus dieser Vielzahl die Minderheit der erkrankten Personen herauszufinden und sie möglichst schon im Frühstadium der Krankheit einer erfolgversprechenden Behandlung zuzuführen. Bei dieser Minderheit der untersuchten Personen stellt die Maßnahme zur Früherkennung von Krankheiten begrifflich den ersten - diagnostischen - Schritt der Heilbehandlung dar. In bezug auf die jeweils gesunde große Mehrheit der untersuchten Personen handelt es sich dagegen bei den Früherkennungsmaßnahmen um die auf Bestätigung der Freiheit von bestimmten Krankheiten - also auf relative Gesundheit - gerichteten Diagnosen, die durch ihre jährliche Wiederholung eine relative Gesundheitssicherungsfunktion entfalten (vgl hierzu das Urteil des erkennenden Senats vom 28. Februar 1980 - 8a RK 5/79 in SozR 2200 § 187 Nr 7). Das ist in § 181 Abs 1 Satz 1 RVO ausdrücklich bestätigt worden, wenn dort der Anspruch auf Maßnahmen zur Früherkennung von Krankheiten den Versicherten "zur Sicherung der Gesundheit" eingeräumt wird. Durch Hervorheben dieses Zwecks der Früherkennungsmaßnahmen hat der Gesetzgeber deutlich gemacht, daß es sich dabei nach seiner Auffassung um die im Vorfeld der akuten Erkrankung und damit auch der Krankenhilfe notwendigen präventiven Maßnahmen handelt, die - bezeichnenderweise - als zur "Sicherung der Gesundheit" bestimmt ausgewiesen sind. Dem Übergang bestimmter lebensbedrohender Krankheiten aus dem Stadium des latenten Krankheitsbeginns in das Stadium der durch erste Beschwerden gekennzeichneten akuten Erkrankung soll zuvorgekommen und so die akute "Erkrankung" verhütet werden.
Das Gesetz unterscheidet also nicht in der etwa von Töns (OKK 1971, 424, 425 zu f) subtil herausgearbeiteten Weise zwischen: 1. drohender, aber noch nicht eingetretener, 2. möglicherweise vorhandener, aber noch nicht erkannter und 3. festgestellter oder bemerkbar gewordener Krankheit. Es kennt vielmehr nur einerseits die "Krankheit", von deren Beginn an es Krankenpflege vorschreibt (§ 182 Abs 1 Nr 1 RVO) und zu deren Früherkennung es Ansprüche auf bestimmte Maßnahmen als Regelleistungen einräumt (§ 181 Abs 1 RVO) sowie andererseits die Maßnahmen zur Verhütung von Erkrankungen, die es satzungsmäßigen Mehrleistungen überläßt (§ 187 Nr 2 RVO) und denen entsprechende Vereinbarungen mit den kassenärztlichen Vereinigungen folgen müssen.
Entgegen der vom SG im Anschluß an Töns (aaO), Kastner (OKK 1971, 422, 423 zu 4b), Peters (Handbuch der Krankenversicherung, Stand September 1980, § 187 Anm 5), Brackmann (Handbuch der Sozialversicherung, Stand August 1980, S 3821) und Krauskopf/Schroeder-Printzen (Soziale Krankenversicherung, 2. Aufl Anm 3 vor § 181) vertretenen Auffassung hat auch die Gesetzestechnik der §§ 181 bis 181b RVO die Ermächtigung der Krankenkassen aus § 187 Nr 2 RVO zur satzungsmäßigen Einführung von Mehrleistungen in dem hier streitigen Punkt nicht beseitigt.
Richtig ist, daß Satzungsregelungen über Mehrleistungen ihre rechtliche Bedeutung eingebüßt haben, soweit § 181 Abs 1 RVO Ansprüche auf Regelleistungen geschaffen hat. Denn soweit die Krankenkassen schon gesetzlich zu Leistungen verpflichtet sind, kommt es auf die daneben auch kraft Satzung stehenden Leistungsverpflichtungen nicht mehr an. Ob daraus der Schluß zu ziehen ist, daß von Beginn einer gesetzlichen Verpflichtung an solche Satzungsbestimmungen über die rechtliche Bedeutung hinaus auch die rechtliche Existenz einbüßen, bedarf keiner Entscheidung. Denn die hier zu beurteilende Satzungsnorm räumt Altersgruppen der Kassenmitglieder Ansprüche auf Früherkennungsuntersuchungen ein, denen solche Ansprüche nach § 181 Abs 1 RVO gerade nicht zustehen. Deshalb scheidet insoweit jedenfalls eine Verdrängung von Satzungsrecht durch das Gesetz aus.
Auch die Regelung der Früherkennungsmaßnahmen in einem eigenen Kapitel außerhalb der Krankenhilfe rechtfertigt nicht die Annahme, damit sei dieser Maßnahmenbereich der im Kapitel Krankenhilfe enthaltenen Mehrleistungsautonomie der Krankenkassen entzogen. Gedankliche Voraussetzung hierfür wäre, daß die im Kapitel Krankenhilfe enthaltene Norm des § 187 RVO sich wegen dieser Einordnung nur auf Leistungen dieses Kapitels beziehen könnten. Dies ist jedoch unzutreffend. Bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Gesetzes zur Verbesserung der wirtschaftlichen Sicherung der Arbeiter im Krankheitsfalle vom 12. Juli 1961 (BGBl I S 913), das die in § 187 Nr 1 RVO der damals geltenden Fassung vorgesehene Erweiterung der Krankenhilfe bis auf ein Jahr überflüssig machte und des Rehabilitationsangleichungsgesetzes, das § 187 Nr 3 RVO in der zuvor geltenden Fassung (Hilfsmittel) strich, waren zwar noch Leistungen der Krankenhilfe neben Maßnahmen zur Verhütung von Erkrankungen Gegenstand der von § 187 erteilten Ermächtigung zu satzungsmäßigen Mehrleistungen. § 187 RVO in der jetzt geltenden Fassung betrifft dagegen mit seinen Zuschüssen zu Kuren, die eine Schwächung der Gesundheit beseitigen, welche in absehbarer Zeit zu einer Krankheit führen würde, mit den Maßnahmen zur Verhütung von Erkrankungen der einzelnen Kassenmitglieder sowie mit der Fürsorge für Genesende ausschließlich nur noch Leistungen vor Eintritt oder nach Beendigung einer (akuten) Krankheit, also Leistungen außerhalb der Krankenhilfe.
Der Vorbehalt des § 181a RVO, durch Rechtsverordnung über § 181 RVO hinaus Rechtsansprüche auf weitere Maßnahmen zur Früherkennung von Krankheiten begründen zu können, schränkt die satzungsmäßige Mehrleistungsautonomie in dem von § 187 RVO umschriebenen Ausmaß ebenfalls nicht ein. Wollte man dies annehmen, würde den auf Ausdehnung der Gesundheitssicherung zielenden §§ 181 bis 181b RVO die Wirkung beigelegt, satzungsmäßige Mehrleistungen der Gesundheitssicherung abzubauen, um Raum für künftige Regelungen dieser Art im Verordnungswege freizuhalten. Eine Absicht des Gesetzgebers, so zu verfahren, ist jedoch weder dem Wortlaut noch der oben dargestellten Entwicklungsgeschichte des Zweiten Krankenversicherungs-Änderungsgesetzes zu entnehmen. Sie wäre auch sachlich nicht erforderlich, weil ohne solche "Reservierung" jederzeit im Verordnungswege satzungsmäßige Mehrleistungen der Krankheitsfrüherkennung durch entsprechende Pflichtleistungen verdrängt würden. Der Grund für die Einführung von Pflichtleistungen der Krankheitsfrüherkennung unter einer von der Heilbehandlung abgesetzten besonderen Überschrift ist mithin nicht rechtstechnischer, sondern psychologischer Natur. Es soll den leistungsberechtigten Bevölkerungskreisen damit die gesundheitspolitische Bedeutung der neuen Regelleistungen zusammen mit dem Hinweis darauf vor Augen geführt werden, daß es sich dabei nicht um die Behandlung von Krankheiten - Krankenhilfe -, sondern um die Sicherung der Gesundheit handelt.
Nach alledem war der Beklagte nicht berechtigt, dem § 15 Abs 8 Nr 6 der Satzung der Klägerin, die übrigens auch in ihrer von der Aufsichtsbehörde nicht beanstandeten Nr 5 Krankheitsfrüherkennungsmaßnahmen vorsieht, die Genehmigung zu versagen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs 1 und 4 SGG.
Fundstellen