Leitsatz (redaktionell)
Kein Versorgungsanspruch für die Folgen eines Motorradunfalls, den ein Soldat während seiner Freizeit erlitten hat.
Normenkette
BVG § 1 Abs. 1 Fassung: 1950-12-20
Tenor
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen in Celle vom 14. Mai 1959 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Von Rechts wegen.
Gründe
Der Kläger leistete vom 2. September 1939 bis Ende Februar 1940 und vom 6. August 1941 bis Kriegsende Wehrdienst und geriet anschließend in Kriegsgefangenschaft, aus der er am 1. September 1946 entlassen wurde. Schon bald nach seiner ersten Einberufung erlitt er am 19. September 1939 auf dem Gelände der B.-kaserne in Münster einen Unfall; er half, ohne im Rahmen seines Dienstes - als Funker - dazu verpflichtet zu sein, einem anderen Soldaten, als dieser an seinem Kraftrad mit Beiwagen die Haltevorrichtung überprüfte und instand setzte, und unternahm anschließend zunächst zusammen mit dem Fahrer, sodann allein eine Probefahrt im Kasernengelände. Bei dieser Alleinfahrt, die der Fahrer des Motorrades dem Kläger gestattete, ohne daß dieser im Besitz eines zum Führen der schweren Beiwagenmaschine berechtigenden Führerscheins war, verlor der Kläger die Herrschaft über die Maschine, kippte um und zog sich einen Bluterguß im linken Knie zu. Er wurde im Standortlazarett Münster und im Reservelazarett Bielefeld bis zum 7. März 1940 ärztlich behandelt und dann vorübergehend aus dem Wehrdienst entlassen. Ein am 19. März 1940 gestellter Antrag auf Fürsorge und Versorgung nach dem Wehrmachtsfürsorge- und Versorgungsgesetz (WFVG) wegen der Folgen des Blutergusses (Schmerzen im linken Knie, Schwäche im linken Bein, Muskelschwund am linken Oberschenkel) wurde vom Wehrmachtsfürsorge- und Versorgungsamt Bielefeld mit Bescheid vom 16. Mai 1940 abgelehnt, weil die Benutzung des Kraftrades durch den Kläger am 19. September 1939 entgegen einem ausdrücklich erteilten Befehl erfolgt sei, Wehrdienstbeschädigung (WdB) liege deshalb nicht vor. Die gegen diesen Bescheid eingelegte Beschwerde nahm der Kläger zurück.
Nach seiner Wiedereinberufung zum Wehrdienst war der Kläger als Sanitätsdienstgrad eingesetzt. Wegen Blutergusses im linken Kniegelenk befand er sich vom 8. bis 26. September 1941 und vom 31. Mai bis 14. Juli 1943, wegen Diphterie vom 7. bis 24. März 1944 in Lazarettbehandlung.
In Mai 1951 stellte der Kläger beim Versorgungsamt (VersorA) Osnabrück den Antrag, ihm wegen "Meniskusschaden und Wackelknie links, Myocardschaden" Versorgung nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) zu gewähren. Nach versorgungsärztlichen Untersuchungen und Begutachtungen, bei denen das Bestehen eines Wackelknies links mit verbildenden Veränderungen bestätigt wurde, ein Myocardschaden jedoch nicht festgestellt werden konnte, lehnte das VersorgA mit Bescheid vom 16. Juli 1952 den Antrag unter Berufung auf § 85 BVG ab, weil mit Bescheid des Wehrmachtsfürsorge- und Versorgungsamts Bielefeld vom 16. Mai 1940 bereits rechtsverbindlich über die Frage des Ursachenzusammenhangs entschieden worden sei. Den Einspruch hiergegen wies der Beschwerdeausschuß in Hannover mit Einspruchsentscheidung vom 1. September 1953 mit derselben Begründung zurück. Sowohl im Bescheid vom 16. Juli 1952 als auch in der Einspruchsentscheidung vom 1. September 1953 wurde der vom Kläger geltend gemachte Myocardschaden nicht erwähnt.
Mit der zum Oberversicherungsamt (OVA) Osnabrück eingelegten Berufung, die nach dem Inkrafttreten des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) als Klage auf das Sozialgericht (SG) Osnabrück übergegangen ist, hat der Kläger die Bescheide der Versorgungsverwaltung insoweit angefochten, als mit ihnen die Anerkennung des Wackelknies mit den Beschwerden in linken Bein als Folge des Unfalls vom 19. September 1939 abgelehnt worden ist. Dabei hat er auf zwei erneute Blutergüsse in der Zeit nach seiner Wiedereinberufung, auf Prellungen und Verletzungen, die er durch die Luftdruckwirkung einer auf die Stadt Wuppertal im Mai 1943 abgeworfenen Luftmine erlitten habe, auf eine Verletzung des linken Knies bei einem Lagerfußballspiel in der Kriegsgefangenschaft und auf die im Jahre 1944 durchgemachte Diphterie, von der er Herzbeschwerden zurückbehalten habe, hingewiesen. In der mündlichen Verhandlung vor dem SG am 5. November 1956 hat der Kläger einen Myocardschaden nicht mehr erwähnt und nur noch die Gesundheitsstörung am linken Knie geltend gemacht; er hat beantragt, den Beklagten zu verurteilen, "Wackelknie nach Binnenverletzung, des linken Kniegelenks mit mäßigen verbildenden Veränderungen" als Schädigungsfolgen anzuerkennen und vom 1. Mai 1951 an Rente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 30 v.H. zu zahlen. Demgemäß hat das SG zur Frage des früher geltend gemachten Myocardschadens weder Ermittlungen angestellt noch eine Entscheidung getroffen; es hat nach Anhörung des als ärztlichen Sachverständigen gehörten Terminarztes Dr. E. den Beklagten mit Urteil vom 5. November 1956 unter Aufhebung der angefochtenen Bescheide verurteilt,
"1.) als Schädigungsfolgen anzuerkennen:
Wackelknie nach Binnenverletzung des linken Kniegelenks mit mäßigen verbildenden Veränderungen,
2.) Rente mit Wirkung ab 1. Mai 1951 nach einer MdE von 30 v.H. zu zahlen".
Die Vorschrift des § 85 Abs. 1 BVG könne im Falle des Klägers keine Anwendung finden, da die Entscheidung aus den Jahre 1940, auf die sich die Versorgungsverwaltung berufen habe, nach der damaligen Rechtslage nicht angreifbar gewesen sei und der Kläger innerhalb eines Jahres nach dem Inkrafttreten des BVG einen Antrag gestellt habe (§ 85 Abs. 2 BVG). Sachlich sei der Anspruch des Klägers berechtigt, weil es sich bei dem Unfall am 19. September 1939 um einen schädigenden Unfall im Sinne des § 1 BVG gehandelt habe.
Das Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen in Celle hat mit Urteil vom 14. Mai 1959 das Urteil des SG aufgehoben und die Klage abgewiesen. Die Entscheidung des SG über die Nichtanwendbarkeit des § 85 Abs. 1 BVG sei zutreffend. Jedoch habe es sich bei dem Unfall des Klägers am 19. September 1939 nicht um einen Unfall im Sinne des § 1 BVG gehandelt. Zwischen militärischem Dienst und Schadensereignis müsse eine zusammenhängende Kausalkette bestehen, denn nicht jede während des Wehrdienstes vorgenommene Verrichtung sei eine Verrichtung militärischen Dienstes. Der infragestehende Unfall des Klägers habe sich nicht in Ausführung einer militärischen Dienstverrichtung ereignet, so daß aus ihm ein Versorgungsanspruch nicht hergeleitet werden könne. Bei den späteren Schädigungen am linken Knie während und aus Anlaß des Wehrdienstes (Blutergüsse 1941 und 1945) und durch den Bombenangriff auf Wuppertal habe es sich allenfalls um vorübergehende und später wieder abgeklungene Verschlechterungen der früheren Unfallfolgen gehandelt. Ein Anspruch auf Versorgung bestehe nicht. Das LSG hat die Revision zugelassen.
Gegen dieses am 8. Juni 1959 zugestellte Urteil hat der Kläger form- und fristgerecht Revision eingelegt. Er rügt die Verletzung des § 1 BVG, hilfsweise auch einen Verstoß gegen die §§ 103, 106, 128, 153 SGG durch das Berufungsgericht. Durch die Führung des Motorrades am 19. September 1939 habe er höchstens fahrlässig gehandelt, von einer absichtlich herbeigeführten Schädigung könne keine Rede sein. Selbst ein gegebenenfalls verbotswidriges Handeln schließe einen Versorgungsanspruch nicht aus. Deshalb müsse der infragestehende Unfall als solcher während der Ausübung des militärischen Dienstes angesehen werden, zumal die kameradschaftliche Hilfeleistung beim Instandsetzen und Erproben des Motorrades der besonderen, vom Kameradschaftsgedanken geprägten Eigenart des militärischen Lebens entsprungen gewesen sei.
Der Kläger beantragt,
unter Aufhebung des Urteils des LSG Niedersachsen in Celle vom 14. Mai 1959 die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des SG Osnabrück als unbegründet zurückzuweisen,
hilfsweise,
die Sache unter Aufhebung des Berufungsurteils zur nochmaligen Verhandlung und Entscheidung an das LSG Niedersachsen in Celle zurückzuverweisen.
Der Beklagte beantragt,
die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Auf die Schriftsätze der Beteiligten vom 16. Juni 1959 und 25. August 1959 wird verwiesen.
Die durch Zulassung (§ 162 Abs, 1 Nr. 1 SGG) statthafte Revision des Klägers ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden und deshalb zulässig.
Die Revision ist jedoch nicht begründet; das LSG hat im Ergebnis zu Recht entschieden, daß dem Kläger auf Grund der bestehenden Gesundheitsstörungen am linken Knie und Bein, die er durch das Ereignis am 19. September 1939, nämlich durch den Sturz mit einem Kraftrad mit Beiwagen, erlitten hat, Ansprüche nach dem BVG nicht zustehen. Dabei bedurfte es keiner Erörterungen des erkennenden Senats zu den noch im Berufungsverfahren geltend gemachten weiteren, angeblich schädigenden Vorgängen (Blutergüsse im linken Knie in den Jahren 1941 und 1945, Bombenangriff auf Wuppertal im Mai 1943), denn der Kläger hat gegen die Entscheidung des LSG hierzu keine Einwendungen erhoben und insbesondere gegen die hierbei getroffenen Feststellungen keine zulässigen und begründeten Revisionsgründe vorgebracht. Im Streit steht danach allein noch die Frage, ob wegen der gesundheitlichen Folgen des Sturzes am 19. September 1939 ein Anspruch des Klägers auf Versorgung besteht.
Nach § 1 Abs. 1 BVG erhält wegen der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen einer Schädigung auf Antrag Versorgung, wer die - gesundheitliche - Schädigung durch eine militärische (§ 2 BVG) oder militärähnliche (§ 3 BVG) Dienstverrichtung oder durch einen Unfall während der Ausübung des militärischen oder militärähnlichen Dienstes oder durch die diesem Dienst eigentümlichen Verhältnisse erlitten hat.
Zu den Fragen, ob die gesundheitliche Schädigung am linken Knie und Bein des Klägers durch eine militärische Dienstverrichtung oder durch dem militärischen Dienst eigentümliche Verhältnisse eingetreten ist, hat das LSG Ausführungen im einzelnen und insbesondere klar voneinander getrennt nicht gemacht; es hat vielmehr seine Entscheidung im wesentlichen darauf beschränkt, daß es sich bei dem Vorgang am 19. September 1939 um keinen Unfall während der Ausübung militärischen Dienstes durch den Kläger gehandelt habe. Ebensowenig hat der Kläger im Revisionsverfahren vorgetragen, daß er seine Gesundheitsstörung am linken Knie und Bein gegebenenfalls durch eine auf eine militärische Dienstverrichtung oder durch eine auf die dem militärischen Dienst eigentümlichen Verhältnisse zurückzuführende Schädigung erlitten habe. Der Senat hat trotzdem geprüft, ob diese Tatbestandsmerkmale des § 1 Abs. 1 BVG auf den Kläger angewendet werden können. Er hat dies verneint.
Zunächst ist die im Streit stehende Gesundheitsstörung des Klägers nicht auf eine "durch eine militärische Dienstverrichtung" erlittene Schädigung zurückzuführen. Zwar trifft zu, daß der Kläger im Zeitpunkt des angeschuldigten schädigenden Ereignisses Soldat gewesen ist und nach deutschem Wehrrecht (§ 2 Abs. 1a BVG) Dienst geleistet hat. Das jedoch bedeutet nicht, daß nunmehr auch jedes Tun des Klägers während seiner Dienstleistungszeit als Soldat eine militärische Dienstverrichtung gewesen ist. Um eine militärische Dienstverrichtung im Sinne des § 1 Abs. 1 BVG, die durch den militärischen Dienst veranlaßt sein und militärischen Zwecken dienen muß, handelt es sich vielmehr nur dann, wenn der Soldat militärische Obliegenheiten erfüllt, die ihm durch soldatische Pflicht und militärische Grundsätze, durch allgemeine Dienstvorschriften oder im Einzelfalle durch besondere Befehle auferlegt sind (vgl. BSG 8, 264, 267; 10, 251, 254). Daß es sich im vorliegenden Falle bei der Instandsetzung der Kraftradbeiwagenmaschine am 19. September 1939 durch deren Fahrer um die Erfüllung einer militärischen Obliegenheit durch diesen gehandelt hat, kann nach den Feststellungen des LSG zwar nicht zweifelhaft sein; ebensowenig zweifelhaft ist aber auch, daß es sich bei der Hilfe durch den Kläger, die dieser dem Fahrer - wie vom LSG festgestellt - während seiner Freizeit geleistet hat, nicht um die Erfüllung einer militärischen Obliegenheit gehandelt hat. Denn eine solche war ihm weder durch soldatische Pflicht noch durch allgemeine Dienstvorschriften noch durch einen besonderen Befehl auferlegt. Entgegen der Auffassung der Revision kann sich der Kläger auch nicht mit Erfolg auf einen soldatisch-militärischen Grundsatz, nämlich auf den der Kameradschaft und der gegebenenfalls notwendigen kameradschaftlichen Hilfeleistung, berufen. Zwar trifft zu, daß mehr als sonst gerade im Leben des Soldaten die Kameradschaft und die kameradschaftliche Hilfeleistung nicht hinweggedacht werden können; sie gehören, ohne daß allgemeine Dienstvorschriften oder besondere Befehle erforderlich wären, zu den militärischen Grundsätzen im Soldatenleben, wenn eine rechtfertigende Veranlassung oder eine sittliche Pflicht zum kameradschaftlichen Handeln besteht. Davon kann jedoch im Falle des Klägers keine Rede sein. Es kann deshalb dahingestellt bleiben, ob der Hilfeleistung durch den Kläger während seiner Freizeit beim Instandsetzen der Kraftradbeiwagenmaschine und beim gemeinschaftlichen Probefahren mit dem Fahrer eine rechtfertigende Veranlassung zugrunde gelegen hat oder nicht. Denn auf jeden Fall muß eine solche rechtfertigende Veranlassung oder gar eine sittliche Verpflichtung für den Kläger verneint werden, wenn dieser während seiner dienstfreien Zeit über seine Hilfeleistung bei den Instandsetzungsarbeiten hinaus ohne den für die Maschine verantwortlichen Fahrer und ohne den zum selbständigen Fahren einer solchen Maschine erforderlichen Führerschein allein eine - wenn auch nur kurze - Probefahrt unternommen hat. Dabei kann unerörtert bleiben, ob dem dienstlichen Vorgesetzen des Fahrers der Maschine die Mithilfe des Klägers bei den reinen Instandsetzungsarbeiten bekannt war oder nicht, und ob er sie, obwohl der Kläger als Funker mit dem Fahrzeugpark dienstlich nichts zu tun hatte, geduldet hat. Ebenso unerheblich ist hierbei, ob der das Führen von Kraftfahrzeugen betreffende Kompaniebefehl, durch den das Fahren außer dem Fahrpersonal dritten Personen - wie hier dem Kläger - verboten war, nur dem Fahrpersonal oder der ganzen Einheit bekannt gegeben worden war. Danach hatte die vom Kläger mit der Kraftradbeiwagenmaschine seines Kameraden am 19. September 1939 allein unternommene Probefahrt mit seinem militärischen Dienst nichts zu tun. Der Sturz mit der Maschine und seine gesundheitsschädigenden Folgen für den Kläger sind nicht auf eine militärische Dienstverrichtung im Sinne des § 1 Abs. 1 BVG zurückzuführen.
Schädigungen während des Wehrdienstes eines Soldaten können u.U. auch auf die "dem militärischen Dienst eigentümlichen Verhältnisse" zurückzuführen sein (§ 1 Abs. 1 BVG). Für diese Tatbestandsmerkmale ist eine militärische Dienstverrichtung oder die Ausübung militärischen Dienstes nicht erforderlich; es genügt, wenn die Schädigungen Personen betreffen, die im militärischen Dienst stehen und Soldaten sind. Insoweit soll die Versorgung auch für Schädigungen ermöglicht werden, die nicht durch ein bestimmtes Ereignis (militärische Dienstverrichtung, Ausübung militärischen Dienstes), sondern durch Einwirkungen eingetreten sind, die zeitlich und örtlich nicht immer bestimmbar, aber sonst nicht oder nicht in dem Maße wie beim militärischen (oder militärähnlichen) Dienst wirksam und erfahrungsgemäß den besonderen Verhältnissen dieses Dienstes zuzurechnen sind (vgl. BSG 10, 255). Dem militärischen Dienst eigentümlich sind danach Verhältnisse, die für die Eigenart dieses Dienstes typisch und zwangsläufig mit ihm verbunden sind. Es bedarf keiner Erörterung, daß es sich bei der Hilfeleistung des Klägers, seiner verbotswidrigen Probefahrt und dem darauf folgenden Unfall an 19. September 1939 - als bestimmtes, für die Eigenart des militärischen Dienstes keinesfalls typisches Ereignis - nicht um "dem Militärdienst eigentümliche Verhältnisse" gehandelt hat, aus denen ein Anspruch auf Versorgung hergeleitet werden könnte.
Schließlich hat das LSG den § 1 Abs. 1 BVG auch insofern - im Ergebnis - richtig angewandt, als es entschieden hat, daß die Gesundheitsschädigung des Klägers am linken Knie und Bein nicht auf eine durch "einen Unfall während der Ausübung militärischen Dienstes" erlittene Schädigung zurückzuführen ist. Nach dieser Alternative der Vorschrift des § 1 Abs. 1 BVG muß die Schädigung nicht durch den militärischen Dienst, sondern "durch einen Unfall während" des militärischen Dienstes entstanden sein. Voraussetzung für die Anwendung dieses Tatbestandsmerkmales ist also zunächst, daß ein Unfall stattgefunden hat, durch den die Schädigung eingetreten ist; der Unfall muß für die Schädigung ursächlich gewesen sein. Wie bereits dargelegt, hat das LSG die verschiedenen alternativen Tatbestandsmerkmale des § 1 Abs. 1 BVG bei seiner Entscheidung zwar nicht scharf voneinander getrennt..., es hat jedoch offenbar keine Bedenken getragen, die am 19. September 1939 vom Kläger erlittene Schädigung auf einen "Unfall", das ist der Sturz des Klägers mit der Kraftradbeiwagenmaschine, zurückzuführen. Diese Auffassung trifft zu. Denn als Unfall ist ein auf äußerer Einwirkung beruhendes, plötzliches, örtlich und zeitlich bestimmbares, einen Körperschaden verursachendes Ereignis anzusehen (BSG 8, 264, 270). Als ein solches Unfallereignis konnte das Berufungsgericht im vorliegenden Falle auch den Sturz des Klägers am 19. September 1939 ansehen. Dabei brauchte nicht geprüft zu werden, inwieweit etwa ein schuldhaftes oder auch verbotswidriges Verhalten des Klägers zu dem Unfallereignis mit beigetragen hat. Denn für den Begriff des Unfalls im Sinne des § 1 Abs. 1 BVG ist es grundsätzlich bedeutungslos, ob ein schuldhaftes Verhalten des Verletzten mitgewirkt hat, den Unfall herbeizuführen (BSG 8, 271). Ebenso bedurfte es keiner Erörterungen zu der Frage, ob bei dem Begriff Unfall ein Schulden insofern beachtlich ist, als der Verletzte den Unfall wenigstens nicht absichtlich oder vorsätzlich herbeigeführt haben darf, weil sonst der Unfall kein plötzliches, unerwartetes Ereignis wäre. Nach dem Sachverhalt und nach den Feststellungen des LSG bestand kein Anlaß zu der Annahme, daß der Kläger den infragestehenden Sturz etwa absichtlich oder vorsätzlich herbeiführt hat. Soweit jedoch das LSG bei seinen Betrachtungen darüber, ob der Schaden am linken Bein und Knie des Klägers auf einen Unfall während der Ausübung militärischen Dienstes zurückzuführen ist, davon ausgegangen ist, daß der Unfall mit dem militärischen Dienst im ursächlichen Zusammenhang stehen müsse ("daß zwischen dem militärischen Dienst und dem Schadensereignis eine zusammenhängende Kausalkette bestehen muß"), widerspricht diese Auffassung dem Gesetz. Denn § 1 Abs. 1 BVG verlangt hier nicht etwa, daß die Schädigung mit dem militärischen Dienet ursächlich zusammenhängt, sondern nur, daß ein Ursachenzusammenhang mit dem Unfall besteht, der sich "während" der Ausübung militärischen Dienstes ereignet hat. Durch das Wort "während" wird die Dauer eines tatsächlichen Zustandes mit einem bestimmten Ereignis lediglich in eine zeitliche Verbindung gebracht; das bedeutet bei Anwendung des § 1 Abs. 1 BVG, daß mit den Worten "während der Ausübung militärischen Dienstes" nur ein zeitliches Zusammentreffen des Unfalls mit der Ausübung militärischen Dienstes gefordert wird (BSG 8, 271). Die Auffassung des LSG, das entgegen dieser Auslegung die einzelnen Schädigungstatbestände des § 1 Abs. 1 BVG hinsichtlich des ursächlichen Zusammenhangs mit dem militärischen Dienst einheitlich beurteilt hat, ist deshalb rechtsirrig.
Trotzdem stellt sich die Entscheidung des Berufungsgerichts aus einem anderen Grunde als richtig dar (§ 170 Abs. 1 Satz 2 SGG); denn der Kläger hat den angeschuldigten Unfall, den Sturz mit der Kraftradbeiwagenmaschine am 19. September 1939, nicht "während der Ausübung militärischen Dienstes" erlitten. Wie das LSG zutreffend festgestellt hat, hatte der als Funker seiner Einheit zugeteilte Kläger während der Zeit seiner Hilfeleistung beim Instandsetzen der Kraftradbeiwagenmaschine durch deren Fahrer und insbesondere im Zeitpunkt seines Sturzes mit der Maschine "dienstfreie Zeit" in der B.-kaserne in Münster, wobei kein soldatischer und kein militärischer Grundsatz, auch keine allgemeine Dienstvorschrift und kein besonderer Befehl, ihn zu dieser Hilfeleistung verpflichtete. Der infragestehende Unfall hat ihn also nicht zu einer Zeit getroffen, in der er "militärischen Dienst" ausgeübt hat; seine - für ihn - dienstfremde Tätigkeit während seiner Freizeit schließt die Anwendung des Begriffs "während der Ausübung militärischen Dienstes" und damit einen nach § 1 Abs. 1 BVG zur Versorgung berechtigenden Unfall ohne weiteres aus.
Bei dieser Sach- und Rechtslage konnten auch die - hilfsweisevorgebrachten Verfahrensrügen des Klägers keinen Erfolg haben. Das LSG brauchte nicht aufzuklären (§ 103 SGG), ob der Kompaniebefehl, "daß nur der Fahrer, der dem betreffenden Fahrzeug zugeteilt ist, dieses führen darf", regelmäßig und wiederholt allen Angehörigen der Einheit und nicht nur den als Fahrern eingeteilten Soldaten bekanntgegeben worden ist. Ebensowenig brauchte sich das LSG mit der Frage auseinanderzusetzen (§ 128 Abs. 1 SGG), ob dem während der Hilfeleistung und Probefahrt durch den Kläger abwesenden Schirr- und Hallenmeister - als dem Vorgesetzen des Fahrers der Maschine - die kameradschaftliche Hilfeleistung des Klägers bekannt war oder nicht. Denn weder eine Auseinandersetzung mit dieser Frage noch die vom Kläger vermißte Aufklärung hätten etwas an der Tatsache ändern können, daß der Unfall, der zur Gesundheitsschädigung am linken Bein und Knie geführt hat, nicht "während der Ausübung militärischen Dienstes" erlitten worden ist.
Nach alledem hat das LSG im Ergebnis zu Recht das Urteil des SG aufgehoben und die Klage gegen die ablehnenden Bescheide vom 16. Juli 1952 und 1. September 1953 abgewiesen.
Die Revision des Klägers war deshalb als unbegründet zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 SGG.
Fundstellen