Leitsatz (amtlich)

Ist ein Versicherter, dessen Knappschaftsrente zum 1957-01-01 umgestellt wurde und seitdem von einem Träger der Rentenversicherung der Arbeiter gewährt wird, Mitglied der knappschaftlichen Krankenversicherung der Rentner geblieben und außerdem freiwillig in der allgemeinen gesetzlichen Krankenversicherung versichert, so hat er für diese Versicherung keinen Anspruch auf den Beitragszuschuß nach RVO § 381 Abs 4.

 

Normenkette

RVO § 381 Abs. 4 Fassung: 1956-06-12; KnVNG Art. 2 § 27 Fassung: 1957-05-21

 

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 30. März 1971 wird zurückgewiesen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

I

Der Rechtsstreit wird um die Frage geführt, ob der in der knappschaftlichen Krankenversicherung der Rentner pflichtversicherten Klägerin ein Beitragszuschuß zu ihrer zusätzlich bestehenden freiwilligen Versicherung bei einer Ersatzkasse zusteht.

Die Witwenrente; die die 1920 geborene Klägerin seit 1951 von der Süddeutschen Knappschaft bezog, wird seit dem 1. Januar 1957 durch die beklagte Landesversicherungsanstalt (LVA) gezahlt (vgl. § 102 des Reichsknappschaftsgesetzes und Art. 2 § 26 des Knappschaftsversicherungs-Neuregelungsgesetzes -KnVNG-). Auch nach der Rentenumstellung blieb gemäß Art. 2 § 27 KnVNG. die knappschaftliche Krankenversicherung der Rentner für die Klägerin zuständig. Die Klägerin war während der ganzen Zeit des Rentenbezugs bei einer Ersatzkasse krankenversichert. Freiwillig versichert war sie vom 1. August 1962 bis zum 31. August 1965 und vom 1. September 1966 bis zum 31. Dezember 1969. Für die Zeit der freiwilligen Versicherung begehrt sie von der Beklagten den Beitragszuschuß nach § 381 Abs. 4 der Reichsversicherungsordnung (RVO).

Die Klägerin hatte im bisherigen Verfahren keinen Erfolg (Bescheid vom 17. Juli 1968; Urteil des Sozialgerichts -SG- vom 12. Februar 1969; Urteil des Landessozialgerichts -LSG- vom 30. März 1971). Das LSG hat im wesentlichen ausgeführt: Das nur wegen der Besonderheiten der knappschaftlichen Krankenversicherung der Rentner mögliche Nebeneinanderbestehen zweier Mitgliedschaften in der gesetzlichen Krankenversicherung sei bei der Klägerin nicht vermieden worden, weil sie nicht von dem Wahlrecht nach Art. 2 § 27 Abs. 2 KnVNG Gebrauch gemacht habe. Das Wahlrecht - Beitritt zu einer Krankenkasse, der der Rentner bereits früher angehörte oder Beitritt zu der für den Wohnort zuständigen Allgemeinen Ortskrankenkasse bzw. Landkrankenkasse - habe die Klägerin zwar wegen ihrer Versicherungspflicht aufgrund des Beschäftigungsverhältnisses verständlicherweise nicht ausgeübt. Es könne aber sozialpolitisch gesehen nicht der Sinn des § 381 Abs. 4 RVO sein, allen, die von dem Wahlrecht - etwa auch aus Nachlässigkeit - keinen Gebrauch gemacht haben, eine zusätzliche freiwillige Versicherung auf Kosten der Versicherungsgemeinschaft zu finanzieren.

Die Klägerin hat die zugelassene Revision eingelegt. Sie rügt die Verletzung des § 381 Abs. 4 RVO: Der Sinn des § 381 Abs. 4 RVO sei es, allen Beziehern von Renten aus den Rentenversicherungen der Arbeiter oder der Angestellten, die nicht nach § 165 Abs. 1 Nr. 3 RVO versichert seien, einen Zuschuß zu ihrer freiwilligen oder privaten Versicherung zu gewähren. Da die Klägerin - unbestritten - Rente aus der Rentenversicherung der Arbeiter beziehe und freiwillig - somit nicht nach § 165 Abs. 1 Nr. 3 RVO - versichert sei, seien die Voraussetzungen des § 381 Abs. 4 RVO erfüllt. Da der Gesetzgeber auch nicht durch die Neufassung des § 165 RVO (gemeint ist die durch das Finanz-Änderungsgesetz vom 21. Dezember 1967 - BGBl I 1259 -) zum Ausdruck gebracht habe, - daß die Pflichtversicherung in der knappschaftlichen Krankenversicherung der Rentner der Zahlung des Beitragszuschusses entgegenstehe, könne die Rechtsprechung nicht, wie dies das LSG getan habe, aufgrund von Billigkeitserwägungen den Zuschuß versagen.

Sie beantragt,

unter Aufhebung der Urteile des Bayerischen LSG vom 30. März 1971, des SG Augsburg vom 12. Februar 1969 sowie des Bescheids der Beklagten vom 17. Juli 1968 die Beklagte zu verurteilen, ihr den Beitragszuschuß nach - § 381 Abs. 4 RVO zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

II

Die Revision ist nicht begründet.

Der Anspruch stützt sich für beide Zeiträume der freiwilligen Versicherung - 1. August 1962 bis zum. 31. August 1965 und 1. September 1966 bis zum 31. Dezember 1969 - auf § 381 Abs. 4 Satz 1 RVO, der im wesentlichen mit der ursprünglichen Fassung des Gesetzes über die Krankenversicherung der Rentner (KVdR) vom 12. Juni 1956 (BGBl I 500) übereinstimmt. Hiernach erhalten Bezieher von Renten aus der Rentenversicherung der Arbeiter oder der Angestellten, die als solche nicht schon nach § 165 Abs. 1 Nr. 3 RVO - vor dem Finanz-Änderungsgesetz 1967 nach den Nummern 3 und 4 dieser Vorschrift - pflichtversichert sind, einen Zuschuß zu ihrem Krankenversicherungsbeitrag, wenn sie nachweisen, daß sie als freiwillige Mitglieder in der gesetzlichen Krankenversicherung versichert sind.

Die Klägerin, die ihre Rente seit 1957 aus der Arbeiterrentenversicherung bezieht und in den streitigen Zeiten, nicht nach § 165 Abs. 1 RVO pflichtversichert war, hat nachgewiesen, daß sie in diesen Zeiten neben ihrer Pflichtversicherung in der knappschaftlichen KVdR auch freiwillig versichert war. Diese - für Versicherte in der nichtknappschaftlichen KVdR ausgeschlossene (vgl. § 312 Abs. 1 RVO) - Doppelversicherung (vgl. § 16 Abs. 2 der Verordnung vom 4. November 1941 - RGBl I 689 -, § 2 Abs. 1 der Verordnung vom 8. Juli 1942 - RGBl I 409 -, Art. 4 Abs. 2 Nr. 2 des Gesetzes über die KVdR, Art. 3 § 13 Nr. 7 des Finanz-Änderungsgesetzes 1967) macht die Vorstellung der Klägerin verständlich, neben ihrer knappschaftlichen Pflichtkrankenversicherung außerdem einen Anspruch auf den Beitragszuschuß nach § 381 Abs. 4 RVO zu ihrer freiwilligen Versicherung in der gesetzlichen Krankenversicherung zu haben.

Dieser Vorstellung steht aber nicht nur der offenkundige sozialpolitische Zweck des § 381 Abs. 4 Satz 1 RVO entgegen, nur denjenigen Rentnern eine finanzielle Hilfe für ihren freiwilligen Versicherungsschutz zu bieten, die nicht schon als Bezieher der betreffenden Rente zu Lasten der Versichertengemeinschaft pflichtversichert sind; entgegen steht auch der Wortlaut der Vorschrift, die das Fortbestehen der knappschaftlichen KVdR trotz der Rentenumstellung und -zahlung durch einen Träger der. Rentenversicherung der Arbeiter oder den Träger der Rentenversicherung der Angestellten anordnet, des Art. 2 § 27 Abs. 1 KnVNG. Dieses Fortbestehen wird nämlich in einer Weise angeordnet, die zugleich deutlich macht, daß der Bezug einer Rente nicht zusätzlich zu der Mitgliedschaft in der knappschaftlichen KVdR auch noch zu den Leistungen nach § 381 Abs. 4 RVO berechtigen kann. Wer in der knappschaftlichen KVdR versichert ist und seine Rente nunmehr von der Rentenversicherung der Arbeiter oder Angestellten bezieht, wird - abgesehen von der Möglichkeit, einen anderen Krankenversicherungsträger zu wählen - “hinsichtlich seiner Krankenversicherung so behandelt, wie wenn die Rente nicht umgestellt worden wäre„. Damit ist zum Ausdruck gebracht, daß ein solcher Versicherter, was seine Rechtsstellung in der Krankenversicherung betrifft, so angesehen wird, als ob er keine Rente aus einer der beiden Rentenversicherungen bezöge. Der Bezug ist aber die Voraussetzung für den Anspruch auf den Beitragszuschuß nach § 381 Abs. 4 RVO. Diese Vorschrift ist daher im vorliegenden Fall nicht anwendbar.

Die Urteile der Vorinstanzen stellen sich somit als richtig dar. Die Revision der Klägerin war zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 des Sozialgerichtsgesetzes.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1669130

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