Leitsatz (amtlich)
Die Kassenzahnärzte sind zur Herausgabe der Unterlagen, deren Kenntnis die Gutachter zur Durchführung der Gutachterverfahren nach den Anlagen 6, 9 und 12 zum ZÄBMV benötigen, kraft Gesetzes befugt.
Orientierungssatz
Gutachtenverfahren und Schweigepflicht der Kassenzahnärzte - Verfassungsmäßigkeit von § 368 Abs 2 S 2 RVO:
1. Durch die Erfüllung ihrer Mitwirkungspflichten im Rahmen der Gutachterverfahren verletzen die Kassenzahnärzte die ihnen gegenüber den Versicherten obliegende Schweigepflicht nicht, auch wenn diese nicht in die Herausgabe der Befundunterlagen an die Gutachter einwilligen.
2. Es verstößt nicht gegen geltendes Verfassungsrecht (Art 2 Abs 1 GG) in der gesetzlichen Auskunftspflicht des Kassenzahnarztes (§ 368 Abs 2 S 2 RVO) eine Offenbarungsbefugnis iS von § 203 StGB zu stehen. Insbesondere ist diese Regelung mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit vereinbar, der sich aus dem Rechtsstaatsprinzip (Art 20 Abs 3 GG) ergibt.
Normenkette
SGB 10 § 100 Fassung: 1982-11-04; StGB § 203; RVO § 368 Abs. 2 S. 2; BMV-Z § 2 Abs. 3, § 16; BMV-Z Anl 6; BMV-Z Anl 9; BMV-Z Anl 12; GG Art. 2 Abs. 1, Art. 20 Abs. 3
Verfahrensgang
SG Münster (Entscheidung vom 16.12.1981; Aktenzeichen S 16 Ka 88/80) |
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die beklagte Kassenzahnärztliche Vereinigung (KZV) berechtigt ist, ihre Mitglieder dahin zu unterrichten, daß für die Durchführung der in der Anlage des Bundesmantelvertrag-Zahnärzte (BMV-Z) vorgesehenen Gutachterverfahren, Erklärungen der Versicherten dergestalt erforderlich sind, daß sie den behandelnden Zahnarzt gegenüber dem Gutachter von der Schweigepflicht entbinden.
Nach den §§ 3 der Anlagen 6, 9 und 12 zum BMV-Z können die Krankenkassen im Fall der kieferorthopädischen Behandlung den eingereichten Behandlungsplan (§ 3 Anlage 6), bei der Behandlung von Parodontopathien den eingereichten Parodontalstatus (§ 3 Anlage 9) und bei der Versorgung mit Zahnersatz und Zahnkronen den eingereichten Heil- und Kostenplan (§ 3 Anlage 12) begutachten lassen. Bei der kiefer-orthopädischen Behandlung und bei der Behandlung von Parodontopathie sendet die Krankenkasse den Behandlungsplan bzw den Parodontalstatus an den Zahnarzt zurück mit der Bitte, dem von der Kasse benannten Gutachter den Behandlungsplan bzw Status zusammen mit den Befundunterlagen (Kiefermodelle, Röntgenaufnahmen, ggfs Fotografie, Fernröntgenaufnahmen, HNO-Befund und Modelle etc) zuzuleiten. Nach § 3 der Anlage 12 zum BMV-Z übersendet die Kasse den Heil- und Kostenplan unverzüglich einem nach § 5 bestellten Gutachter und setzt den Zahnarzt davon in Kenntnis. Der Gutachter kann der Kasse anheimstellen, Unterlagen sowie Nachbefunde zu verlangen.
Auf Anfrage des Klägers hat die Beklagte unter dem 11. August 1980 mitgeteilt, sie halte eine ausdrückliche Entbindung des Zahnarztes von der Schweigepflicht auch im Rahmen der Gutachterverfahren für erforderlich und beabsichtige, bis zu einer anders gearteten Entscheidung alle Kassenzahnärzte in Westfalen-Lippe darauf hinzuweisen, daß die kassenzahnärztliche Schweigepflicht auch im Rahmen der kassenzahnärztlichen Versorgung und der Gutachterverfahren bestehe. Der Kläger hat Klage erhoben mit dem Antrag, die Beklagte zu verurteilen, es zu unterlassen, ihre Mitglieder dahin zu unterrichten, daß für die Durchführung der in den Anlagen des BMV-Z vorgesehenen Gutachterverfahren Erklärungen der Versicherten erforderlich sind, mit denen sie den behandelnden Kassenzahnarzt gegenüber dem Gutachter von der Schweigepflicht entbinden.
Diese Klage hat das Sozialgericht (SG) abgewiesen und ausgeführt, die beabsichtigte Unterrichtung über das Bestehen der ärztlichen Schweigepflicht im Rahmen der Gutachterverfahren sei rechtmäßig. Auch gegenüber den Einrichtungen der Sozialversicherung sei der Zahnarzt grundsätzlich zur Verschwiegenheit verpflichtet. Die Verschwiegenheitspflicht sei nur dann aufgehoben, wenn eine ausdrückliche, eine konkludente oder eine mutmaßliche Einwilligung der geheimnisgeschützten Person vorliege oder die Offenbarung der Geheimnisse nach den Grundsätzen der Pflichtenkollision erlaubt sei. Eine ausdrückliche oder konkludente Erklärung der Versicherten über die Entbindung der Schweigepflicht zur Durchführung des Gutachterverfahrens liege nicht vor. Sie scheide schon deshalb aus, weil der überwiegende Teil der Patienten die Einrichtung der Gutachterverfahren nicht kenne. Es bestehe für die Zahnärzte auch keine Pflicht zur Weiterleitung der Befund- und Behandlungsunterlagen an die Gutachter nach den Grundsätzen der Pflichtenkollision. Bei den streitigen Gutachterverfahren gehe es nicht um eine solche Pflichtenkollision, bei der das Interesse des Geheimnisgeschützten und das allgemeine Interesse an der Durchführung der gesetzlichen Krankenversicherung im System des Kassenarztrechts in Widerspruch stünden. Streitig sei hier allein die Prüfung der Anspruchsvoraussetzungen für eine in Zukunft im Interesse des Geheimnisgeschützten zu gewährende Leistung. Die Entscheidung dieses Interessenkonflikts sei dem geheimnisgeschützten Leistungsberechtigten zugewiesen, der insoweit nach § 60 Abs 1 Ziff 1 Sozialgesetzbuch - Allgemeiner Teil - (SGB I) eine Mitwirkungspflicht habe. Als Korrelat zu der freien Entscheidungsbefugnis des Leistungsberechtigten über die Erfüllung seiner Mitwirkungspflichten habe der Gesetzgeber den Leistungsträgern in § 66 SGB I das Recht eingeräumt, bei Verletzung der Mitwirkungspflicht die Leistung zu versagen.
Der Kläger hat Sprungrevision eingelegt und macht geltend, die Einleitung der Gutachterverfahren nach den Anlagen 6, 9 und 12 zum BMV-Z sei eine Maßnahme der Krankenkasse. Deshalb sei die Einschaltung des Gutachters durch § 69 Abs 1 Nr 1 des Sozialgesetzbuches - Zehntes Buch - (SGB X) gedeckt, so daß es keiner Erklärung des Versicherten zur Entbindung von der Schweigepflicht bedürfe. Das angefochtene Urteil des SG sei inkonsequent. Einerseits werde unbefugtes Offenbaren eines zum persönlichen Lebensbereich des Patienten gehörenden Geheimnisses bejaht. Andererseits aber billige das angefochtene Urteil, daß eben dieses Geheimnis auf dem Wege über den der Abrechnung beigefügten Behandlungsausweis eines Versicherten der Beklagten bekannt werde. Der Versicherte stelle sich heute in der Regel den Krankenschein selbst aus, mit dem er den Kassenzahnarzt aufsuche, so daß nach begonnener oder abgeschlossener Behandlung das Recht des Krankenversicherungsträgers aus § 66 SGB I weitgehend hinfällig werde. Bei kieferorthopädischer Behandlung ergebe sich das Problem der Begutachtung aufgrund einer Verlängerungsanzeige der Behandlung; auch hier laufe die Behandlung also schon seit geraumer Zeit, und es sei unzweckmäßig, sie auch nur für die Dauer des Gutachterverfahrens zu unterbrechen.
Der Kläger beantragt, unter Abänderung des Urteils des Sozialgerichts Münster vom 16.12.1981 die Beklagte zu verurteilen, es zu unterlassen, ihre Mitglieder dahin zu unterrichten, daß für die Durchführung der in den Anlagen des BMV-Z vorgesehenen Gutachterverfahren Erklärungen der Versicherten erforderlich sind, mit denen sie den behandelnden Kassenzahnarzt gegenüber dem Gutachter von der Schweigepflicht entbinden.
Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Die Beigeladenen zu 1), 2) und 3) haben sich (nach Ablauf der Revisionsbegründungsfrist) dem Antrag und der Begründung des Klägers angeschlossen.
Der Beigeladene zu 2) hat dargelegt, nach dem Bundesdatenschutzgesetz dürften dem Betroffenen wegen der Verweigerung der Einwilligung in die Verarbeitung personenbezogener, geschützter Daten keine Rechtsnachteile zugefügt werden. Wenn aber die Krankenkasse nach § 66 SGB I dem Versicherten wegen Verweigerung der Einwilligung die Leistung versage, erleide dieser dadurch einen Rechtsnachteil. Dies sei nach dem Bundesdatenschutzgesetz zu vermeiden, so daß der Versicherte durch Verweigerung der Einwilligung das Gutachterverfahren blockieren könnte ohne befürchten zu müssen, daß ihm die Kassenleistung versagt werde.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet.
Die Klage ist zulässig. Insbesondere besteht für die vorbeugende Unterlassungsklage ein Rechtsschutzinteresse, da die angestrebte Entscheidung die Streitfrage endgültig zu erledigen verspricht und dem Kläger nicht zugemutet werden kann, die von der Beklagten angekündigte Information ihrer Mitglieder abzuwarten (BSGE 43, 134, 139; BSGE 45, 109, 113). Denn sonst wäre er darauf angewiesen, zur Klärung der Grenzen der kassenzahnärztlichen Schweigepflicht bezogen auf die Gutachterverfahren nach den Anlagen 6, 9 und 12 zum BMV-Z ggfs eine unabsehbare Zahl von Einzelverfahren durchzuführen. Insoweit macht der Kläger zulässigerweise Rechte aus der zwischen ihm und der Beklagten bestehenden gesamtvertraglichen Vereinbarung (§ 368g Abs 1 und 2 der Reichsversicherungsordnung -RVO-) geltend, welche ihrerseits die Regelungen des BMV-Z samt Anlagen zum Inhalt hat (§ 368g Abs 3 RVO).
Die Klage ist auch begründet. Entgegen der Auffassung des SG kann der Kläger von der Beklagten die Unterlassung der beabsichtigten Verlautbarung verlangen. Dieser Anspruch folgt aus dem Gesamtvertrag, da es insoweit zu den Nebenpflichten der Beklagten gehört, alles zu unterlassen, was die ordnungsgemäße Abwicklung der Gutachterverfahren nach den Anlagen 6, 9 und 12 zum BMV-Z beeinträchtigt. Eine derartige Störung würde es bedeuten, wenn die Beklagte ihre Mitglieder in dem angekündigten Sinne unterrichtet. Befolgen nämlich die Kassenzahnärzte diese Belehrung der Beklagten, so verletzen sie ihre kassenzahnärztlichen Pflichten, denn sie sind im Rahmen der Gutachterverfahren zur Mitwirkung verpflichtet, ohne daß jeweils eine Erklärung des Versicherten über die Entbindung von der ärztlichen Schweigepflicht erforderlich wäre.
Die Pflicht der Kassenzahnärzte, ihre Befundunterlagen den von den Krankenkassen beauftragten Gutachtern zur Verfügung zu stellen, ergibt sich aus § 2 Abs 3, § 16 Abs 1 BMV-Z iVm § 3 Abs 1 der Anlagen 6 und 9 sowie § 3 Abs 3 der Anlage 12 zum BMV-Z, welche kraft Satzungsrecht für alle Mitglieder der Beklagten verbindlich sind (§ 368m Abs 2 RVO). Diese Bestimmungen des BMV-Z und seiner Anlagen finden ihrerseits ihre gesetzliche Grundlage in § 368 Abs 2,§ 368g Abs 1 und 3 RVO. Die Vertragspartner des BMV-Z haben danach nämlich nicht nur die Erbringung der Versicherungsleistungen selbst zu regeln, sondern sind auch befugt, Verfahren vorzusehen, die eine Überprüfung gestatten, ob eine Leistung den gesetzlichen Voraussetzungen (insbesondere nach § 182 Abs 2 RVO) entspricht. Eben diesem Zweck dient die Vorlage der zahnärztlichen Befundunterlagen im Rahmen der Gutachterverfahren.
Ihrer Pflicht zur Auskunftserteilung und Herausgabe von Befundunterlagen im Rahmen der Gutachterverfahren können sich die Kassenzahnärzte nicht unter Berufung auf ihre Schweigepflicht entziehen. Allerdings gilt die ärztliche Schweigepflicht grundsätzlich auch im Verhältnis zwischen den Kassenzahnärzten und den Krankenkassen sowie den von diesen eingeschalteten Gutachtern (Landessozialgericht -LSG- Niedersachsen NJW 1980, 1352). Daran ändert insbesondere auch der Umstand nichts, daß sowohl die Krankenkassen selbst als auch deren Bedienstete ebenso wie die Gutachter zur Geheimhaltung verpflichtet sind (§ 76 Abs 1 SGB X, § 203 Strafgesetzbuch -StGB-; ebenso Oberverwaltungsgericht Lüneburg, NJW 1975, 2263, 2264; Kohlhaas, VersR 1965, 529, 531). Denn die Schweigepflicht schützt das zwischen dem behandelnden Arzt und dem Patienten entstehende persönliche Vertrauensverhältnis, dem nicht nur besondere Bedeutung für den individuellen Heilerfolg, sondern auch für die Volksgesundheit als Ganzes insofern zukommt, als dadurch eine ungestörte Inanspruchnahme der ärztlichen Behandlung abgesichert wird (vgl LSG Bremen, NJW 1958, 278, 279 mit Anm Göppinger; Eb. Schmidt, NJW 1962, 1745, 1747). Die Pflicht zur Wahrung des Patientengeheimnisses ist seit Alters her standesrechtlich verankert (vgl § 2 der Musterberufsordnung für die deutschen Ärzte, DÄ 1979, 2442; siehe dazu allgemein Zakrzewski, Abgrenzung der ärztlichen Schweigepflicht gegenüber der Offenbarungspflicht bei Sozialversicherungsträgern und anderen Berechtigten im Bereich der Sozialgesetzgebung, jur Diss Würzburg 1968, S 35 ff). Ihre Einhaltung ist insbesondere auch strafrechtlich in § 203 StGB geschützt.
Durch die Erfüllung ihrer Mitwirkungspflichten im Rahmen der Gutachterverfahren verletzen die Kassenzahnärzte die ihnen gegenüber den Versicherten obliegende Schweigepflicht nicht, auch wenn diese nicht in die Herausgabe der Befundunterlagen an die Gutachter einwilligen. Denn iS von § 203 StGB ist nur die unbefugte Offenbarung des aus der Behandlung des Versicherten erwachsenen Berufsgeheimnisses verboten. Hingegen ist den Kassenzahnärzten die Preisgabe der für die gutachterliche Prüfung nach den Anlagen 6, 9 und 12 zum BMV-Z erforderlichen Unterlagen aufgrund der gesetzlichen Vorschriften über die kassenärztliche Versorgung nicht nur erlaubt, sondern sogar zur Pflicht gemacht. Daß sich eine Offenbarungsbefugnis ua auch aus einem gesetzlichen Gebot ergeben kann, ist im Bereich des Strafrechts allgemein anerkannt (zB RGZ 53, 315, 317; RGSt 38, 62, 63f; Dreher/Tröndle, Komm zum StGB, 41. Aufl 1983, § 203 RdNr 29; Lencker in Schönke/Schröder, Komm zum StGB, 21. Aufl 1982, § 203 RdNr 28). Auch nach § 100 StGB X, der am 1. Juli 1983 in Kraft tritt (Art II § 25 Abs 1 des SGB - Zusammenarbeit der Leistungsträger und ihre Beziehungen zu Dritten - vom 4. November 1982, BGBl I S 1450), besteht eine Auskunftspflicht des Arztes gegenüber dem Leistungsträger auch ohne Einwilligung des Patienten, soweit die Auskunftserteilung für die Durchführung von dessen gesetzlichen Aufgaben erforderlich und zudem gesetzlich zugelassen ist. Diese Bestimmung ist zwar mit Rücksicht auf die speziellen kassenarztrechtlichen Vorschriften nach § 37 SGB I im vorliegenden Fall nicht anwendbar, (siehe Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung zu dem von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines SGB - Zusammenarbeit der Leistungsträger und ihre Beziehungen zu Dritten -, BT-Drucks 9/1753 S 43), sie zeigt jedoch deutlich, daß auch der Gesetzgeber von der Möglichkeit einer gesetzlichen Zulassung der Offenbarung von Patientengeheimnissen ausgeht.
Wie in Rechtsprechung und Literatur weitgehend anerkannt ist, können auch sozialversicherungsrechtliche Auskunftspflichten des Arztes für diesen eine Offenbarungsbefugnis iS von § 203 StGB begründen (Bayer LSG, SGb 1962, 440, 442; Bockelmann in Ponsold, Lehrbuch der Gerichtlichen Medizin, 3. Aufl 1967, S 9, 17; Gitter, Mitt LVA Oberfr 1981, 491, 497; Hertel, Ärztliche Auskunft 1966, S 121, 172; Heuer, DRV 1967, 204, 207; Maier, SGb 1983, 89, 92; Martens, DMW 1976, 59; Meydam, BlStSozArbR 1982, 211f; K. Müller in Mergen, Die juristische Problematik in der Medizin, Band II, 1971, S 63, 108; Eb. Schmidt, Brennende Fragen des ärztlichen Berufsgeheimnisses, 1951, S 12; Spann, Ärztliche Rechts- und Standeskunde, 1962, S 238, 243). Insbesondere bezieht sich die in § 368 Abs 2 Satz 2 RVO verankerte Pflicht des Kassenarztes zur Ausstellung von Bescheinigungen und Erstellung von Berichten nicht nur allgemein auf dessen Mitwirkung im Rahmen der kassenärztlichen Versorgung (§ 368 Abs 1 Satz 1 RVO), sondern rechtfertigt auch die Preisgabe der von den Krankenkassen zur Durchführung ihrer gesetzlichen Aufgaben benötigten medizinischen Informationen an diese bzw an von diesen beauftragte Gutachter (ebenso Sendler, SGb 1981, 97, 98f; vgl auch ders, KrV 1980, 269, 272f; Zakrzewski, aa0, S 118 ff, 129 ff). Diese Pflicht findet ihrerseits ihre Grundlage in der allgemeinen Verpflichtung der Kassen(zahn)ärzte und Krankenkassen, zur Sicherstellung der kassenärztlichen Versorgung der Versicherten und ihrer Angehörigen zusammenzuwirken (§ 368 Abs 1 RVO), wie sie sich im einzelnen auch aus den Regelungen der §§ 368e und 368g Abs 3 RVO iVm §§ 2 Abs 3 und 16 BMV-Z ergibt.
Dem kann nicht mit Erfolg entgegengehalten werden, die kassenärztlichen Auskunftspflichten seien nicht Grund, sondern Folge einer Befugnis, die sich regelmäßig aus dem Einverständnis des Versicherten ergebe, welches dieser - um den Preis des Verlustes seines Anspruchs - aber auch verweigern könne (so Lencker in Schönke/Schröder, aa0, RdNr 29; anders wohl noch ders in Göppinger, Arzt und Recht, 1966, S 159, 187f; vgl zB auch LSG Niedersachsen, Breith 1965, 893, 896f; Kohlhaas, Medizin und Recht, 1969, S 26; ders, DMW 1976, 345; Krämer-Günther, DMW 1970, 239; Narr, Ärztliches Berufsrecht, 2. Aufl 1977 ff, RdNr 758). Soweit diese Rechtsansicht überhaupt begründet wird, erscheinen ihre Argumente dem Senat nicht überzeugend. Zwar mag nicht jede gesetzlich vorgeschriebene Mitteilungspflicht die Befugnis zur Offenbarung von strafrechtlich geschützten Geheimnissen enthalten. Eine Durchbrechung der ärztlichen Verschwiegenheit ist jedoch auch in Ansehung ihrer herausragenden Bedeutung nicht nur bei Vorliegen einer ausdrücklich dazu berechtigenden Vorschrift gerechtfertigt (so jedoch Baur, ArztR 1981, 233, 235; ders, BlStSozArbR 1982, 380, 382). Dies gilt insbesondere für die Informationspflichten des Kassenarztes iS von § 368 Abs 2 Satz 2 RVO. Deren Erfüllung setzt nicht schon deshalb eine Entbindung von der Schweigepflicht voraus, weil § 368 Abs 2 S 2 RVO nicht ausdrücklich die Offenbarung von Geheimnissen erlaubt. Vielmehr liegt die Auslegung nahe, daß die in dieser Bestimmung erfolgte Aufgabenzuweisung eine Offenbarungsbefugnis hinsichtlich der danach mitzuteilenden Tatsachen einschließt. Denn es handelt sich dabei nicht um eine allgemeine Auskunftspflicht, sondern um die Pflicht eines Kassenarztes, die, wenn nicht zwangsläufig, so doch typischerweise die Offenbarung von Patientengeheimnissen mit sich bringt.
Diese Auslegung folgt auch aus dem systematischen Zusammenhang, in welchem die kassenärztlichen Informationspflichten zu sehen sind. Durch das Recht der RVO ist aus dem ursprünglichen Arzt-Patienten-Verhältnis ein komplexes Leistungssystem geworden, an dem insbesondere auch die Kassenärztlichen Vereinigungen (KÄVen) und die Krankenkassen beteiligt sind. Dieses wäre ohne die Übermittlung von bestimmten Patientendaten vom Arzt an die Krankenkasse bzw KÄV zum Scheitern verurteilt, weil sonst nicht gewährleistet werden könnte, daß (nur) die nach Art und Umfang für die Erzielung des Heilerfolges notwendigen und wirtschaftlichen Leistungen (§ 368e RVO) erbracht und vergütet werden (siehe dazu allgemein Glenewinkel-Baurhenn, Die ärztliche Auskunftspflicht des Kassenarztes im System der gesetzlichen Krankenversicherung, med. Diss Kiel 1974, S 4 ff; Zakrzewski, aa0 S 118 ff, 152). Konsequenterweise sehen die Bestimmungen der gesetzlichen Krankenversicherung eine Vielzahl von ärztlichen Auskünften, Mitteilungen, Berichten und Bescheinigungen vor (siehe die Übersicht bei Peters, Handbuch der Krankenversicherung, 17. Aufl 1970 ff, § 368 Anm 10f - S 17/1500-1 -). Von besonderer Bedeutung ist die Offenlegung von Tatsachen, die der Schweigepflicht unterliegen, naturgemäß bei der Abrechnung der Leistungen des Kassenzahnarztes. Im Krankenschein, den er dazu der KZV vorlegt, sind bereits detaillierte Angaben über die erhobenen Befunde zu machen (§ 17 BMV-Z iVm Anl 2 zum BMV-Z; siehe auch §§ 8, 31 BMV-Ä iVm der Vereinbarung über Vordrucke für die kassenärztliche Versorgung - Stand 1. Juli 1981 - Nr 2.5; Vordrucksmuster Nr 5). Dabei ergibt sich das Erfordernis, den Arzt zu solchen Angaben zu verpflichten, schon aus dessen Pflicht, nur notwendige und wirtschaftliche Leistungen zu erbringen (§ 368e RVO), ferner zB im Hinblick auf die Krankenkasse aus der Leistungsbegrenzung des Krankengeldes bei Arbeitsunfähigkeit wegen derselben Krankheit - § 183 Abs 2 RVO -. Darüber hinaus ist der Kassenzahnarzt zur Angabe der einzelnen von ihm erbrachten Leistungen verpflichtet, zumal § 368f Abs 2 RVO ausdrücklich die Berechnung der Gesamtvergütung auch nach Einzelleistungen vorsieht. Der Kassenzahnarzt muß auch Befunde vorlegen, um der KZV und der Krankenkasse die Überprüfung ihrer Leistungspflicht zu ermöglichen. Da die Prüfungs- und Beschwerdeausschüsse grundsätzlich eine Einzelfallprüfung vornehmen können, sind sie insoweit auf die Möglichkeit der Einsichtnahme in diese Unterlagen angewiesen. Im Verfahren zur Überwachung der Wirtschaftlichkeit können auch die Krankenkassen von Befunden Kenntnis erhalten, da sie nach der ausdrücklichen Vorschrift des § 28 Abs 2 Buchst b BMV-Z berechtigt sind, in die zur Abrechnung gehörenden Unterlagen Einsicht zu nehmen. Ausdrücklich geregelt ist schließlich die Pflicht des Kassenzahnarztes, dem Vertrauensarzt Röntgenaufnahmen zugänglich zu machen (§ 16 Abs 2 BMV-Z). Wenn ihm in § 5 Abs 2 BMV-Z die Pflicht auferlegt ist, Aufzeichnungen einschließlich der diagnostischen Unterlagen bei kieferorthopädischer Behandlung und der Röntgenaufnahmen aufzubewahren, so hat dies nur Sinn, wenn die KZV und die Prüfungseinrichtungen darauf zurückgreifen können. Aus all dem ergibt sich, daß zur kassenzahnärztlichen Versorgung vielfache systemimmanente Pflichten des Zahnarztes zur Auskunftserteilung und Vorlage von Befundunterlagen gehören.
Insoweit erscheint dem Senat auch die Annahme nicht zutreffend, daß sich bei Fehlen einer Entbindungserklärung des Patienten die sozialversicherungsrechtliche Informationspflicht und die ärztliche Schweigepflicht im Sinne einer Pflichtenkollision gegenüberstünden und letzterer der Vorrang einzuräumen sei (jedoch LSG Niedersachsen, RSpDienst, 1200 § 368m RVO, 1, 3f; Baur, BlStSozArbR 1982, 380, 382). Im Gegenteil ist davon auszugehen, daß der Gesetzgeber bei Schaffung des § 368 Abs 2 Satz 2 RVO das Problem der ärztlichen Schweigepflicht gesehen und die sich daraus ergebende Interessenabwägung zugunsten der Erfordernisse der kassenärztlichen Versorgung vorgenommen hat (ähnlich zu § 1543d RVO: Gitter, aa0, S 497). Es liegt bereits mit Rücksicht darauf fern, in diesem Zusammenhang das Institut des rechtfertigenden Notstandes heranzuziehen, weil dieses, wie § 34 StGB zeigt, jedenfalls in erster Linie für die Bewältigung von unvorhersehbar eingetretenen Gefahrensituationen vorgesehen ist. Im übrigen bedeutete es für den Kassenarzt in Anbetracht der Gegebenheiten der kassenärztlichen Versorgung eine unzumutbare Belastung, wenn dieser ständig mit einander widersprechenden gesetzlichen Pflichten konfrontiert und ihm die folgenschwere Entscheidung über den Vorrang einer dieser beiden Pflichten generell für alle denkbaren Fälle aufgebürdet wäre.
Gesetzlich zugelassen ist die Offenbarung von medizinischen Daten der Kassenpatienten nicht nur gegenüber der Krankenkasse, sondern auch gegenüber dem von dieser nach § 2 Abs 3 BMV-Z iVm den Anl 6, 9 und 12 dieses Vertrages beauftragten Gutachter. Die Kasse kann sich nämlich zur Durchführung ihrer gesetzlichen Aufgaben durchaus des medizinischen Sachverstandes von angestellten oder beauftragten Ärzten bedienen, zumal sie auch hierbei für die Wahrung des Sozialgeheimnisses Sorge zu tragen hat (§ 35 SGB I, § 76 SGB X). Eine Parallele stellen in dieser Beziehung die Regelungen über die Einschaltung eines Vertrauensarztes, der nicht notwendig Angestellter der Kasse sein muß, zur Prüfung der Verordnung von Versicherungsleistungen dar (§ 369b RVO).
Die gesetzliche Offenbarungsbefugnis der Kassenzahnärzte erstreckt sich insbesondere auch auf die Herausgabe von Befundunterlagen im Rahmen der Gutachterverfahren. Allerdings regelt § 368 Abs 2 Satz 2 RVO nur die Erstellung von Berichten. Während der Arzt in einem Bericht die zu übermittelnde Information selbst gestaltet, dient die Übersendung von Befundunterlagen nach § 3 der Anl 6, 9 und 12 zum BMV-Z dazu, dem Gutachter eine von der Meinung des behandelnden Zahnarztes möglichst unabhängige Stellungnahme hinsichtlich der Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit der vorgeschlagenen Maßnahme zu ermöglichen (vgl § 3 Abs 4 der Anl 6 und 9, § 3 Abs 5 der Anl 12 zum BMV-Z). Für die Frage, ob ein Geheimnis des Versicherten offenbart werden darf, kommt es auf den Unterschied zwischen einem Bericht und der Vorlage von Unterlagen nicht an. Die Geheimnissphäre des Versicherten wird nämlich durch die Weiterleitung von Befunden grundsätzlich nicht stärker berührt als durch einen Bericht über das Ergebnis der Befunde, zumal es dem Arzt frei steht, im Bericht auch Befunde wiederzugeben.
Gegen diese Auslegung des § 368 Abs 2 Satz 2 RVO und der damit im Zusammenhang stehenden kassenarztrechtlichen Vorschriften ergeben sich nach Auffassung des Senats auch keine verfassungsrechtlichen Bedenken (so jedoch Baur, ArztR 1981, 233, 235; ders BlStSozArbR 1982, 380, 382; Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, 9. Aufl 1978 ff, S 286i f; vgl zu § 1543d RVO: Küppers, DVR Bd 8 -1979- 373, 376 mwN). Zwar wird durch die ärztliche Schweigepflicht vor allem die persönliche Geheimsphäre des Patienten geschützt, welche im Grundgesetz (GG) durch das allgemeine Persönlichkeitsrecht (Art 2 Abs 1 GG) als Ausfluß der Menschenwürde (Art 1 Abs 1 GG) verbürgt ist (BVerfGE 32, 373, 379; BGH, MDR 1957, 600, 601, mit Anm Pohle; LSG Bremen, aa0 S 279; OVG Lüneburg, aa0; Baur, ArztR 1981, 233, 235; Maier, aa0 S 91; Stern, SozVers 1977, 90, 91). Jedoch wird das Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit nur innerhalb der Schranken der Rechte Dritter, der verfassungsmäßigen Ordnung und des Sittengesetzes gewährleistet (Art 2 Abs 1 GG). Eine derartige Grundrechtsbeschränkung erfolgt für die Kassenpatienten im Rahmen der Gutachterverfahren durch die Pflicht des Zahnarztes zur Herausgabe der Befundunterlagen nach § 368 Abs 2 Satz 2, § 368g Abs 3 RVO iVm § 2 Abs 3 BMV-Z und den Anl 6, 9 und 12 zum BMV-Z. Diese kassenarztrechtlichen Bestimmungen sind Teil der verfassungsmäßigen Ordnung, zu der alle gesetzlichen und untergesetzlichen Vorschriften gehören, welche sowohl unter formellen als auch materiellen Gesichtspunkten mit dem GG im Einklang stehen (so grundlegend BVerfGE 6, 32, 36 ff). Es verstößt insofern nicht gegen geltendes Verfassungsrecht, in der gesetzlichen Auskunftspflicht des Kassenzahnarztes eine Offenbarungsbefugnis iS von § 203 StGB zu sehen. Insbesondere ist diese Regelung mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit vereinbar, der sich aus dem Rechtsstaatsprinzip (Art 20 Abs 3 GG) ergibt (siehe dazu zB BVerfGE 19, 342, 348f). Das Persönlichkeitsrecht der betroffenen Kassenpatienten wird dadurch nämlich nur so weit beschränkt, als dies zum Schutz überwiegender öffentlicher Interessen unerläßlich ist (vgl BVerfGE 35, 382, 401 mwN).
Ziel der gesetzlichen Offenbarungspflicht des Kassen(zahn)arztes nach § 368 Abs 2 Satz 2 RVO ist es, die Funktionsfähigkeit der kassenärztlichen Versorgung sicherzustellen, welche ihrerseits zur Erbringung und Abrechnung von Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung dient, indem der Krankenkasse eine Überprüfungsmöglichkeit eingeräumt wird, die deren Leistungspflicht entspricht. Dabei handelt es sich um einen sachgerechten Zweck, der grundsätzlich einen gesetzgeberischen Eingriff in verfassungsrechtlich geschützte Positionen rechtfertigen kann (vgl BVerfGE 30, 292, 316). Von dieser gesetzgeberischen Zielsetzung ist auch die in § 2 Abs 3 BMV-Z iVm §§ 3 der Anl 6, 9 und 12 zum BMV-Z vereinbarte Herausgabe der kassenzahnärztlichen Befundunterlagen gedeckt. Denn zum einen sind die von den genannten Regelungen betroffenen Leistungen für die Versichertengemeinschaft regelmäßig mit einem erheblichen Kostenaufwand verbunden, zum anderen treten gerade bei kieferorthopädischen Maßnahmen, bei der Behandlung von Parodontopathien wie auch bei der Versorgung mit Zahnersatz und Zahnkronen besondere Abgrenzungsprobleme hinsichtlich des Krankheitsbegriffs auf (siehe dazu ausführlich Siebeck, Beziehungen zwischen Zahnärzten und Krankenkassen, 1975, S 24 ff mwN), die eine frühzeitige Abklärung der Leistungsvoraussetzungen im Interesse aller Beteiligten angezeigt erscheinen lassen. Insoweit dient das Gutachterverfahren unmittelbar der Prüfung der Leistungspflicht und der Feststellung, welche Leistung im einzelnen zweckmäßig ist. Darüber hinaus kann es die nachträgliche Wirtschaftlichkeitsprüfung überflüssig machen (§§ 2 Abs 3 der Anl 6 und 12 zum BMV-Z).
Die Ausgestaltung der kassenärztlichen Auskunftspflicht als gesetzliche Offenbarungsbefugnis ist nicht nur geeignet, den zur Abwicklung der kassenärztlichen Versorgung erforderlichen Informationsfluß zwischen Arzt und Krankenkasse reibungslos ablaufen zu lassen, sondern ist auch zur Erreichung dieses Zweckes erforderlich. Denn das dargestellte gesetzgeberische Ziel läßt sich nicht auf andere, für die betroffenen Kassenpatienten weniger belastende Weise ebensogut erreichen (vgl BVerfGE 38, 281, 302). Zwar würde eine Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts der Versicherten und ihrer leistungsberechtigten Angehörigen in dieser Beziehung vermieden, wenn man die Preisgabe der Behandlungsunterlagen von einer Einwilligung des jeweiligen Geheimnisträgers abhängig machen würde, dieser Weg stellt sich jedoch nicht als gleichwertig dar, weil er jedenfalls teilweise untauglich ist, die Funktionsfähigkeit des Kassenarztsystems zu gewährleisten.
Mit Rücksicht darauf, daß § 100 Abs 1 S 2 SGB X für die Entbindungserklärung jetzt grundsätzlich die Einhaltung der Schriftform verlangt, ist es bereits fraglich, ob die Annahme eines mutmaßlichen bzw konkludenten Einverständnisses ausreichen würde, um die Offenbarung von geheimzuhaltenden Tatsachen im Rahmen der kassenärztlichen Versorgung befugt zu machen (so jedoch noch LSG Niedersachsen, Breith 1965, 893, 897; Brenner, Arzt und Recht, 1983, S 117; Gitter, aa0 S 495f; Rieger, DMW 1973, 2371, 2372; vgl auch zu § 1543d RVO: Woesner, NJW 1957, 692, 693). Unabhängig davon werden die Umstände des Einzelfalles den Schluß auf eine Einwilligungserklärung mitunter als zweifelhaft erscheinen lassen oder ihn - etwa bei einem ausdrücklichen Bestehen des Patienten auf Einhaltung der Schweigepflicht - sogar ausschließen. Diesen Schwierigkeiten kann auch nur bedingt dadurch begegnet werden, daß der Arzt vor dem Behandlungsbeginn ein schriftliches Einverständnis des Kassenpatienten einholt, welches ihn ermächtigt, der Krankenkasse die benötigten Informationen zu übermitteln. Denn der Geheimnisträger kann die Entbindung von der Schweigepflicht grundsätzlich frei widerrufen (Bockelmann, aa0 S 16).
Entgegen der Auffassung des SG bietet auch § 60 Abs 1 Nr 1 SGB I keine ausreichende Gewähr für eine ordnungsgemäße Abwicklung der kassenärztlichen Versorgung. Danach ist der Leistungsberechtigte zwar unter anderem verpflichtet, der Erteilung der erforderlichen Auskünfte durch Dritte zuzustimmen. Die Verletzung dieser Pflicht führt jedoch nicht, wie vielleicht teilweise angenommen wird (vgl Brenner, aa0; Kohlhaas, Medizin und Recht, S 26; Lenckner in Schönke/Schröder, aa0), unmittelbar zu einem Verlust des Leistungsanspruchs, vielmehr kommt eine Versagung der beanspruchten Leistungen erst nach Durchführung eines an strenge Formvorschriften gebundenen Verwaltungsverfahren in Betracht (§ 66 SGB I). Bis zu einer entsprechenden Entscheidung bleibt ein objektiv bestehender Leistungsanspruch aufrechterhalten, ohne daß die Kasse das tatsächliche Vorliegen der Voraussetzungen überprüfen kann. Zudem wird bei einem Vorgehen nach § 66 SGB I regelmäßig eine nicht unerhebliche Zeit verstreichen. Dies kann zu Verzögerungen in der ärztlichen Behandlung führen, die sicher nicht im Interesse des Patienten liegen und letztlich auch dem Zweck der kassenärztlichen Versorgung widersprechen. Schließlich käme eine Leistungsversagung zu spät, soweit der Kassenarzt die betreffenden Maßnahmen bereits ganz oder teilweise durchgeführt hat. Zwar wird dies in erster Linie bei der kassenärztlichen Abrechnung und der Wirtschaftlichkeitsprüfung der Fall sein, aber auch im Zusammenhang mit den in Anl 6, 9 und 12 zum BMV-Z geregelten Verfahren können - abgesehen von Vorbereitungshandlungen wie Befunderhebung uä - bereits bestimmte kassenzahnärztliche Leistungen erbracht worden sein, bevor das Gutachterverfahren eingeleitet wird. Auch wenn die eigentliche Behandlung grundsätzlich erst nach Rückgabe des (genehmigten) Behandlungsplanes, Parodontalstatus bzw Heil- und Kostenplanes an den Zahnarzt beginnen soll (§§ 2 Abs 2 Anl 6, 9 und 12 zum BMV-Z), so ist dies doch keine zwingende Leistungsvoraussetzung. Insbesondere wird sich die Fortsetzung einer Behandlung mitunter aus medizinischen Gründen kaum vermeiden lassen, wenn es nach der Einreichung eines kieferorthopädischen Verlängerungsantrages (Anl 8a zum BMV-Z) oder eines berichtigten Heil- und Kostenplanes (§ 2 Abs 2 Satz 2 Anl 12 zum BMV-Z) bei der Krankenkasse zu Verzögerungen der Bearbeitung kommt.
Unter Berücksichtigung dieser Gegebenheiten steht das Maß der die Kassenpatienten treffenden Belastung noch in einem vernünftigen Verhältnis zu den sich aus einer gesetzlichen Offenbarungspflicht der Kassenzahnärzte ergebenden Vorteilen (vgl BVerfGE 38, 281, 302). Insbesondere ist es verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, daß der Gesetzgeber im Rahmen der insoweit vorzunehmenden Güterabwägung den Interessen der Versichertengemeinschaft Vorrang vor denen des Einzelnen eingeräumt hat.
Auf der einen Seite stehen nämlich überragende Belange des Allgemeinwohls auf dem Spiel, da das System der gesetzlichen Krankenversicherung selbst gefährdet wäre, wenn die Kassenzahnärzte den Krankenversicherungsträgern bzw den von diesen beauftragten Gutachtern Auskünfte nur mit Einverständnis der Patienten erteilen dürften. Dabei handelt es sich nur vordergründig um finanzielle Interessen, entscheidend ist vielmehr, daß eine ordnungsgemäße Leistungserbringung nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen (vgl insbesondere § 182 Abs 2, § 368e RVO) unter solchen Voraussetzungen nicht sichergestellt werden könnte. Soweit von Vertretern der Gegenmeinung darauf hingewiesen wird, daß die Leistungsgewährung von einer vorherigen Entbindungserklärung abhängig gemacht werden könne (siehe zB Baur, ArztR 1981, 233, 235; Brackmann, aa0 S 286k; Narr, aa0 RdNr 758) geben sie den Krankenkassen - wie dargelegt - kein wirksames Mittel in die Hand.
Demgegenüber tritt das Interesse des Versicherten bzw seiner Angehörigen an der Geheimhaltung der Befundunterlagen des Kassenzahnarztes zurück, zumal die Offenbarung gegenüber einem eng begrenzten Personenkreis (Gutachter und ggfs sachbearbeitende Kassenangestellte) erfolgt, welcher seinerseits einer Schweigepflicht iS von § 203 StGB unterliegt (vgl BVerfGE 32, 373, 381). Weiterhin ist zu bedenken, daß die Herausgabe der Befundunterlagen in unmittelbarem Zusammenhang mit der Geltendmachung von Versicherungsleistungen steht. Wer jedoch eine kassenzahnärztliche Leistung in Anspruch nimmt, dem kann das Gesetz zumuten, daß der Zahnarzt die Befunde an die KZV und die Krankenkasse herausgibt, soweit es zur Durchführung ihrer gesetzlichen Aufgaben erforderlich ist. Im übrigen liegt die Prüfung der Leistungserbringung durch den Gutachter letztlich im Interesse des Kassenpatienten, nicht nur, weil dadurch ua eine ausreichende Qualität der Behandlung sichergestellt werden soll, sondern auch, weil er als Beitragszahler betroffen wäre, wenn in größerem Umfang unnötige bzw unwirtschaftliche Leistungen auf Kosten seiner Krankenkasse erbracht würden.
Die danach bestehende gesetzliche Offenbarungspflicht bedeutet nicht, daß der Kassenzahnarzt im Rahmen des Gutachterverfahrens unterschiedslos alle den Patienten betreffende Unterlagen und Informationen preisgeben müßte oder auch nur dürfte. Vielmehr hat er sich bei der Erfüllung seiner Auskunftspflicht auf die Herausgabe der Befundunterlagen zu beschränken, welche der Gutachter für seine Stellungnahme benötigt (siehe Müller, aa0 S 109; Eb. Schmidt, Brennende Frage des ärztlichen Berufsgeheimnisses, S 12). Denn auch insofern gebietet der Schutz des Persönlichkeitsrechts des Patienten eine Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit (vgl Mösl in Leipziger Komm zum StGB, 9. Aufl 1974/77, § 300 RdNr 16). Daneben mag es Fälle geben, in denen dem Kassenzahnarzt - insbesondere zur Wahrung besonders schutzwürdiger Interessen des Patienten - ein weitergehendes Auskunftsverweigerungsrecht zusteht (vgl § 34 StGB, § 100 Abs 2 SGB X; so auch Müller, a0 S 109).
Die Offenbarungsbefugnis besteht schließlich nur, soweit der Versicherte oder mitversicherte Angehörige die Kassenleistung in Anspruch nimmt. Wenn er hingegen mit dem Zahnarzt vereinbart, er werde die betreffende Behandlung als Privatpatient selbst vergüten, und wenn er auf Zuschüsse nach § 182a RVO verzichtet, entfällt naturgemäß die Einleitung eines Gutachterverfahrens durch die Krankenkasse und damit auch die Offenbarungspflicht des Zahnarztes. Auf diese Möglichkeit wären die Versicherten ggfs hinzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht darauf, daß die Aufwendungen der Beteiligten nach § 193 Abs 4 SGG nicht erstattungsfähig sind.
Fundstellen