Verfahrensgang
LSG Rheinland-Pfalz (Urteil vom 17.10.1986) |
Tenor
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 17. Oktober 1986 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
I
Der Kläger begehrt Arbeitslosenhilfe (Alhi). Er ist 1958 geboren, türkischer Staatsangehöriger und seit 1982 verheiratet. Er besitzt keine abgeschlossene Berufsausbildung. Vom 9. Januar 1980 bis 11. November 1982 war er als Baufachwerker beschäftigt. Seine Arbeitsstelle verlor er wegen Arbeitsmangels. Auf seine Arbeitslosmeldung bezog er ab 27. November 1982, unterbrochen durch Zeiten der Arbeitsunfähigkeit, Arbeitslosengeld bis zur Erschöpfung des Anspruchs am 31. März 1984. Vermittlungsvorschläge durch das Arbeitsamt erfolgten während dieser Zeit nicht.
Der Antrag des Klägers auf Gewährung von Anschlußarbeitslosenhilfe vom 2. April 1984 wurde durch das Arbeitsamt mit Bescheid vom 23. Mai 1984 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. August 1984 abgelehnt. Zur Begründung wurde angegeben, der Kläger besitze keine Arbeitserlaubnis und habe auch keinen Anspruch auf die Erteilung einer besonderen Arbeitserlaubnis nach der Arbeitserlaubnis-Verordnung (ArbErlaubV). Er dürfe daher nur dann eine Beschäftigung ausüben, wenn Lage und Entwicklung des deutschen Arbeitsmarktes dies zuließen, dh der Arbeitsmarkt für ihn offen sei. Trotz einjähriger Vermittlungsbemühungen habe sich aber keine Dauerbeschäftigung für ihn finden lassen, so daß davon auszugehen sei, daß der deutsche Arbeitsmarkt für ihn verschlossen sei. Es hätten jeweils deutsche und ihnen gleichgestellte Arbeitnehmer zur Verfügung gestanden. Auch eine überbezirkliche Arbeitsvermittlung sei nicht in Betracht gekommen, weil bekannt gewesen sei, daß in anderen Bezirken ebenfalls keine Vermittlungschancen bestanden hätten. Maßnahmen zur beruflichen Fortbildung und Umschulung seien wegen der mangelnden deutschen Sprachkenntnisse nicht in Betracht gekommen.
Das Sozialgericht (SG) hat die Klage mit Urteil vom 15. April 1986 abgewiesen. Die Berufung des Klägers hatte keinen Erfolg. Das Landessozialgericht (LSG) hat zur Begründung seines Urteils vom 17. Oktober 1986 im wesentlichen folgendes ausgeführt: Der Kläger habe keinen Anspruch auf Alhi ab 2. April 1984. Es fehle an der für die Gewährung dieser Leistung erforderlichen Verfügbarkeit. Voraussetzung hierfür sei, daß der Kläger eine Beschäftigung unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes ausüben dürfe. Das sei hier nicht der Fall. Er benötige zur Ausübung einer Beschäftigung eine Arbeitserlaubnis. Diese besitze er nicht und habe hierauf auch keinen Anspruch. Eine allgemeine Arbeitserlaubnis könne der Kläger nicht beanspruchen, weil sich für ihn auf dem Arbeitsmarkt keine hierfür geeignete Beschäftigung finden lasse. Er sei bereits seit dem 29. November 1982, dh seit jetzt fast vier Jahren, beim Arbeitsamt als Arbeitsuchender gemeldet. Während dieser gesamten Zeit sei es der Arbeitsverwaltung wegen des fortwährend bestehenden Überhangs deutscher und gleichberechtigter ausländischer Arbeitsloser nicht möglich gewesen, ihn in eine seinen Kenntnissen und Fähigkeiten entsprechende Beschäftigung zu vermitteln. Überbezirkliche Vermittlungsversuche seien wegen der allgemeinen ungünstigen Arbeitsmarktsituation nicht in Betracht gekommen. Auch eigene Bemühungen des Klägers, einen Arbeitsplatz zu finden, seien erfolglos geblieben. Das folge in erster Linie aus den glaubhaften Angaben der Beklagten, ohne daß es noch eines besonderen statistischen Nachweises bedürfe. Die allgemein angespannte Arbeitsmarktsituation mit einer durchgehenden Arbeitsosenzahl seit etwa 1980 von ungefähr zwei Millionen und insbesondere die seit langem in der Öffentlichkeit immer wieder diskutierte schwierige Beschäftigungslage – vor allem im Baubereich –, aber auch die vielfachen Erfahrungen des Senats aus der Befassung mit vergleichbaren Fällen belegten überzeugend, daß der Kläger erst recht als Nichtbevorrechtigter insoweit, aber auch, was sonstige seinem Können und Wissen entsprechende Hilfstätigkeiten angehe, einem praktisch verschlossenen Arbeitsmarkt gegenüberstehe. Einzelne auch von ihm angeführte Beispiele des Gegenteils könnten demgegenüber nur als unwesentliche Ausnahmen angesehen werden. Es seien zudem keine Anzeichen dafür erkennbar gewesen, daß sich das ganz erhebliche Ungleichgewicht von Arbeitsuchenden und offenen Stellen in absehbarer Zeit spürbar mildern werde. Es bestünden keine Bedenken, von der Richtigkeit des Vortrags der Beklagten auszugehen, wonach sie entsprechend ihrem allgemeinen gesetzlichen Vermittlungsauftrag grundsätzlich auch bei Arbeitslosen, die wie der Kläger mangels Arbeitserlaubnis hinter bevorrechtigten Arbeitsuchenden zurücktreten müßten, um Vermittlung bemüht gewesen sei, indem sie beim Bekanntwerden freier Arbeitsplätze jeweils im Auge behalten habe, daß es neben deutschen und sonstigen bevorrechtigten Arbeitslosen auch zahlreiche arbeitserlaubnisbedürftige Ausländer auf dem Arbeitsmarkt gebe, und gegebenenfalls prüfe, ob etwa wegen besonderer Arbeitsplatzanforderungen ein Arbeitsuchender wie der Kläger qualifiziert sei, für eine solche Stelle vorgeschlagen zu werden, und dies dann auch tue. Seien jedoch Deutsche oder ihnen Gleichberechtigte für einen bestimmten Arbeitsplatz in größerer Zahl vorhanden, dann erübrigten sich konkrete Vermittlungsbemühungen. Mehr könne unter einer so ungünstigen Arbeitsmarktsituation, wie sie seit Jahren vorherrsche, auch bei Berücksichtigung des Interesses einer wohlverstandenen Sicherung eines gesetzlich erworbenen Rechtsanspruchs auf soziale Leistungen grundsätzlich nicht gefordert werden. Daß solche abstrakten Bemühungen im Einzelfall keinen schriftlichen Niederschlag fänden – es sei denn, es komme zu einem konkreten Vermittlungsvorschlag –, entspreche den Bedingungen einer arbeitsintensiven Massenverwaltung, ohne daß sich hieraus grundsätzliche Bedenken gegenüber der Verwaltungshandhabung durch die Beklagte ergäben.
Abweichend von der früheren Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) dürften an die Beweisbarkeit solcher Vermittlungsbemühungen keine überspannten Anforderungen gestellt werden. Wie die Beklagte einsehbar vorgetragen habe, würden schriftliche Niederlegungen über solche Vermittlungsbemühungen, die zu keinem konkreten Arbeitsplatzangebot geführt hätten, zu einem nicht vertretbaren Arbeitsaufwand führen, von dem der betroffene Arbeitslose keinen Vorteil hätte. Es dürfe nicht übersehen werden, daß die früheren Entscheidungen des BSG Sachverhalte aus dem Jahre 1974 und früher betroffen hätten, also aus einer Zeit, in der – anders als in den letzten Jahren – von einer Massenarbeitslosigkeit noch gar nicht habe gesprochen werden können. Es müsse nach der jetzigen Sachlage genügen, daß die Beklagte zur Feststellung eines verschlossenen Arbeitsmarktes glaubhaft vortrage, daß sie einen nicht bevorrechtigten ausländischen Arbeitsuchenden in ihre Vermittlungsüberlegungen eingeschlossen habe, jedoch außerstande gewesen sei, ihm einen konkreten Vermittlungsvorschlag zu machen. Daß sie dies aber getan habe, ergebe sich aus dem in der Leistungsakte enthaltenen Prüfungsbogen, wonach das Arbeitsamt die Prüfungsfrist festgestellt sowie festgehalten habe, daß ihm während dieser Zeit ein Einstellungsvorschlag nicht habe gemacht werden können, überbezirkliche Vermittlungsbemühungen wegen der allbekannten Arbeitsmarktlage nicht in Betracht gekommen und Maßnahmen zur beruflichen Fortbildung und Umschulung wegen mangelnder deutscher Sprachkenntnisse unzweckmäßig gewesen seien.
Im übrigen sei auch nicht zu erkennen, daß der Kläger einen Anspruch auf Erteilung einer besonderen Arbeitserlaubnis nach § 2 ArbErlaubV habe. Er erfülle insbesondere nicht die Voraussetzung nach § 2 Abs 1 Nr 1 ArbErlaubV, weil er in den letzten fünf Jahren vor Geltungsbeginn der zu erteilenden Arbeitserlaubnis nicht ununterbrochen eine unselbständige Tätigkeit ausgeübt habe. Es seien, auch nicht nach dem Vortrag des Klägers, ebensowenig Gesichtspunkte dahin hervorgetreten, daß dem Kläger nach § 2 Abs 7 ArbErlaubV ein Anspruch auf Erteilung einer Arbeitserlaubnis zustehen könnte. Schließlich könne er sich auch nicht auf das deutsch-türkische Assoziationsabkommen vom 23. Dezember 1963 – zweite Stufe der Freizügigkeit EG-Türkei (Beschluß Nr 1/80) – berufen, wonach türkischen Arbeitnehmern bei Erfüllung bestimmter Voraussetzungen das Recht auf Erneuerung der Arbeitserlaubnis, auf Bewerbung, auf Stellenangebote bzw auf freien Zugang zu einem Beschäftigungsverhältnis eingeräumt sei, weil der Kläger die hierfür gesetzten Bedingungen nicht erfülle.
Mit der Revision rügt der Kläger eine Verletzung des § 134 Abs 1 Nr 1 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) iVm § 19 Abs 1 AFG. Er ist der Auffassung, er stehe der Arbeitsvermittlung zur Verfügung. Seine Vermittelbarkeit könne aufgrund der getroffenen Feststellungen nicht verneint werden. Nach der Rechtsprechung des BSG müßten die Vermittlungsbemühungen mindestens ein Jahr lang gedauert haben, bevor die Vermittelbarkeit verneint werden könne. Diese dürfe keineswegs, wie es offenbar hier von der Beklagten geschehen sei, automatisch nach Ablauf eines Jahres verneint werden, ohne auf den Einzelfall und die bei diesem erfolgten Vermittlungsbemühungen abzuheben. Das schematische Abwarten von einem Jahr, um dann die Vermittelbarkeit zu verneinen, verkehre den Sinn der Rechtsprechung des BSG in sein Gegenteil. Die Beklagte habe die erforderlichen Vermittlungsbemühungen nicht nachgewiesen oder glaubhaft gemacht. Entgegen der Auffassung des LSG könne von ihr durchaus erwartet werden, daß sie bei jedem einzelnen Arbeitslosen Vermittlungsmöglichkeiten konkret überprüfe. Da der Revisionsführer einen Überblick über den tatsächlichen Umfang der vermittelten Stellen statusgleicher Asylbewerber naturgemäß nicht haben könne, sei ohne weiteres davon auszugehen, daß es sich um weit mehr als die zwei von ihm genannten Arbeitslosen handele, so daß diese keineswegs nur als unwesentliche Ausnahmen angesehen werden könnten. Allgemeine Erwägungen über eine angebliche angespannte Arbeitsmarktsituation und eine angeblich schwierige Beschäftigungslage, vor allem im Baubereich, seien demgegenüber nicht ausreichend. Dies insbesondere auch deshalb, weil für den in Betracht kommenden Zeitraum, der eine Konjunktur mit erheblicher Belebung im Baubereich umfaßt habe, die Situationen sich durchaus unterschiedlich gestellt hätten und zahlreiche Arbeitsplätze gerade auch im Baubereich hätten vermittelt werden können.
Schließlich sei die vom LSG getroffene Feststellung, der Kläger sei seit dem 29. November 1982 bis „jetzt” arbeitslos und habe auch selbst keinen Arbeitsplatz gefunden, unzutreffend. Seit dem 13. Juni 1985 stehe der Kläger bis zum heutigen Tage – mit Ausnahme einer ca vier Monate langen Unterbrechung – wieder in Arbeit. Insoweit werde auch eine Verletzung des rechtlichen Gehörs gemäß Art 103 Grundgesetz (GG) gerügt. Das Gericht habe mit seinen Feststellungen, deren Quelle ungenannt geblieben sei, den Kläger überrascht. Wäre dem Kläger Gelegenheit gegeben worden, sich hierzu zu äußern, hätte er dargelegt, daß er seit dem oben bezeichneten Zeitpunkt wieder in Arbeit stehe und dies gegebenenfalls bewiesen.
Der Kläger beantragt,
die Urteile des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 17. Oktober 1986 und des Sozialgerichts Speyer vom 15. April 1986 sowie den Bescheid des Arbeitsamts Mannheim vom 23. Mai 1984 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. August 1984 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger ab 2. April 1984 Arbeitslosenhilfe zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Sie meint, das LSG habe unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des BSG zutreffend die Verschlossenheit des Arbeitsmarkts festgestellt.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch Urteil (§ 124 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz -SGG-) einverstanden erklärt.
Entscheidungsgründe
II
Die Revision des Klägers ist nicht begründet.
Rechtsgrundlage für den Anspruch des Klägers auf Alhi ist § 134 AFG. Hiernach gehört zu den Anspruchsvoraussetzungen die Verfügbarkeit des Arbeitslosen (§ 134 Abs 1 Nr 1 AFG). Diese ist nur dann gegeben, wenn er eine Beschäftigung unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts ausüben darf (§ 134 Abs 4 iVm § 103 Abs 1 Satz 1 Nr 1 AFG).
Um in der Bundesrepublik eine Beschäftigung ausüben zu dürfen, bedarf der Kläger einer Arbeitserlaubnis. Nach § 19 Abs 1 Satz 1 AFG in der insoweit unveränderten Fassung des 6. Gesetzes zur Änderung des AFG vom 3. August 1981 (BGBl I 802) – 6. AFG-ÄndG – benötigen alle Arbeitnehmer, die nicht Deutsche im Sinne des Art 116 GG sind, zur Ausübung einer Beschäftigung eine Arbeitserlaubnis, soweit in zwischenstaatlichen Vereinbarungen nichts anderes bestimmt ist. Zwischenstaatliche Vereinbarungen sehen zugunsten türkischer Arbeitnehmer keine Ausnahme vor. Wie der Senat bereits entschieden hat (BSGE 60, 230, 231 = SozR 6100 Allg Nr 1; SozR 1300 § 48 Nr 28), enthält das Niederlassungsabkommen zwischen dem Deutschen Reich und der Türkischen Republik vom 12. Januar 1927 (RGBl II 76 und 454), dessen Weitergeltung am 1. März 1952 zwischen der Bundesregierung und der türkischen Regierung vereinbart worden ist (BGBl 1952 II, 608), keine Bestimmungen, nach denen für türkische Arbeitnehmer im Rechtsraum des AFG eine Arbeitserlaubnis entbehrlich wäre. Auch das Abkommen zur Gründung einer Assoziation zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) und der Türkei vom 12. September 1963 (BGBl II 1964, 510 und 1959; ABLEG 1964, 3687 und 3702), das Zusatzprotokoll zum Abkommen vom 12. September 1963 für die Übergangsphase der Assoziation vom 23. November 1970 (BGBl II 387 und 1973 II, 113; ABLEG 1972 L 293/3 und L 293/62) oder die bisher ergangenen Beschlüsse des Assoziationsrates sehen nicht vor, daß für türkische Arbeitnehmer im Bereich der Europäischen Gemeinschaft eine Arbeitserlaubnis nicht erforderlich ist. Auch Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaften, die nach § 19 Abs 3 AFG unberührt bleiben, sehen für Staatsangehörige der Türkei nichts Abweichendes vor. Die für Angehörige der Mitgliedstaaten geltenden Vergünstigungen finden auf türkische Staatsangehörige keine Anwendung; denn die Türkei ist nicht Mitglied der Europäischen Gemeinschaft.
Indessen ist die Verfügbarkeit nicht schon zu verneinen, wenn, wie das hier der Fall ist, ein ausländischer Arbeitsloser über keine gültige Arbeitserlaubnis verfügt. Es genügt, wenn der Arbeitslose erwarten kann, bei einer Beschäftigungsmöglichkeit eine Arbeitserlaubnis zu erhalten; dabei macht es keinen Unterschied, ob die Arbeitserlaubnis nach § 19 Abs 4 Satz 2 AFG, § 2 ArbErlaubV unabhängig vom Arbeitsmarkt oder gemäß § 19 Abs 1 Satz 2 AFG, § 1 ArbErlaubV nach Lage und Entwicklung des Arbeitsmarkts zu erteilen ist. Ein Arbeitsloser, der für eine Beschäftigung über die dafür erforderliche Arbeitserlaubnis nicht verfügt, darf dagegen iS des § 103 Abs 1 Satz 1 Nr 1 AFG eine Beschäftigung unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts nicht ausüben, wenn er eine arbeitsmarktunabhängige Arbeitserlaubnis nicht beanspruchen kann und wegen des Vorrangs der deutschen Arbeitnehmer und angesichts der ausländischen Arbeitnehmer, die den deutschen Arbeitnehmern gleichgestellt sind oder aufgrund gültiger Arbeitserlaubnisse beschäftigt werden dürfen, in absehbarer Zeit mit einer Arbeitserlaubnis nach Lage und Entwicklung des deutschen Arbeitsmarkts für eine Beschäftigung nicht mehr rechnen kann, für die er nach seinen Kenntnissen und Fähigkeiten und dem Umfang seiner Arbeitsbereitschaft in Betracht kommt (sogenanntes Verschlossensein des deutschen Arbeitsmarkts für ausländische Arbeitslose, vgl BSGE 43, 153, 160 = SozR 4100 § 19 Nr 2; BSGE 45, 153, 158 f = SozR 4100 § 103 Nr 10; SozR 4100 § 19 Nr 6; SozR 4100 § 103 Nrn 14, 22, 29; SozR 1300 § 48 Nr 28).
Der Kläger hat auf die Erteilung einer arbeitsmarktunabhängigen Arbeitserlaubnis keinen Anspruch. Er konnte auch, als er Alhi beantragte, nicht damit rechnen, daß ihm in absehbarer Zeit eine Arbeitserlaubnis nach Lage und Entwicklung des deutschen Arbeitsmarkts erteilt werden würde.
Wie der Senat bereits entschieden hat (BSGE 60, 230, 231 = SozR 6100 Allg Nr 1; SozR 1300 § 48 Nr 28), enthält das schon erwähnte Niederlassungsabkommen zwischen dem Deutschen Reich und der Türkischen Republik keine entsprechende Anspruchsgrundlage. Ebenso lassen sich aus dem Abkommen zur Gründung einer Assoziation zwischen der EWG und der Türkei von 1970 keine unmittelbaren Rechtsansprüche türkischer Staatsangehöriger auf eine Arbeitserlaubnis in der Bundesrepublik Deutschland ableiten. Schließlich kann, wie der Senat in seinen vorstehend erwähnten Urteilen des näheren ausgeführt hat, ein Rechtsanspruch eines türkischen Staatsangehörigen auf eine Arbeitserlaubnis unabhängig von der Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes auch nicht aus den in den Anlagen zu den Runderlassen der Beklagten vom 15. Juli 1977 (ANBA 1977, 1089) und vom 24. November 1980 (ANBA 1981, 2) auszugsweise abgedruckten Beschlüssen des Assoziationsrates Nr 2/76 und Nr 1/80 vom 19. September 1980 begründet werden. Soweit die Beklagte aufgrund der Weisungen des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung in Anwendung des Assoziationsratsbeschlusses Nr 1/80 Arbeitserlaubnisse erteilt, kann sich der Kläger hierauf nicht berufen. Die Praxis der Beklagten geht, wie der Senat in den oa Urteilen ausgeführt hat, in Anwendung des § 6 Abs 1 des Beschlusses dahin, eine unbeschränkte Arbeitserlaubnis dann zu erteilen, wenn der türkische Arbeitnehmer vier Jahre lang eine ordnungsgemäße ununterbrochene Beschäftigung im Geltungsbereich des AFG ausgeübt hat. Das trifft hier nicht zu. Nach den tatsächlichen Feststellungen des LSG stand der Kläger vom 9. Januar 1980 bis zum 11. November 1982 in einem Beschäftigungsverhältnis; das sind weniger als vier Jahre.
Anspruch auf die Erteilung einer unbeschränkten Arbeitserlaubnis nach § 2 ArbErlaubV, der hier in der Fassung vom 12. September 1980 (BGBl I 1754; 1981 I 1245) anzuwenden ist, hat der Kläger nicht. Die Änderungen des § 2 ArbErlaubV durch die Achte Änderungsverordnung vom 24. Juli 1986 (BGBl I 1160) können sich im vorliegenden Fall nicht auswirken, da der Verordnung keine rückwirkende Kraft zukommt. Sie ist nach ihrem Art 3 erst am Tage nach der am 30. Juli 1986 erfolgten Verkündung in Kraft getreten. Zu diesem Zeitpunkt hatte der Kläger aber die erforderliche Anwartschaftszeit (§ 134 Abs 1 Nr 4 AFG) nicht mehr erfüllt.
Für eine besondere Arbeitserlaubnis gemäß § 2 Abs 1 Nr 1 ArbErlaubV in der bis zum 30. Juli 1986 geltenden Fassung sind die Voraussetzungen nicht gegeben. Der Kläger hat nach den tatsächlichen Feststellungen des LSG in den letzten fünf Jahren vor Beginn der Geltungsdauer einer möglichen Arbeitserlaubnis nicht ununterbrochen eine unselbständige Tätigkeit rechtmäßig im Geltungsbereich dieser Verordnung ausgeübt. Daß er mit einer Deutschen verheiratet ist und deshalb gemäß § 2 Abs 1 Nr 2 ArbErlaubV eine Arbeitserlaubnis beanspruchen kann, ist nicht vorgetragen und auch nicht ersichtlich. Es spricht auch nichts dafür, daß der Kläger einen ihm als ausländischen Flüchtling von einer deutschen Behörde ausgestellten gültigen Reisepaß besitzt, was gleichfalls zur Erteilung einer Arbeitserlaubnis führen kann, sofern er sich rechtmäßig im Geltungsbereich der ArbErlaubV aufhält (§ 2 Abs 1 Nr 3 ArbErlaubV). Ein für den Kläger günstigeres Ergebnis läßt sich auch nicht aus § 2 Abs 7 ArbErlaubV in der bis zum 30. Juli 1986 geltenden Fassung herleiten. Hiernach kann die Arbeitserlaubnis unabhängig von der Lage und Entwicklung des Arbeitsmarkts erteilt werden, wenn die Versagung nach den besonderen Verhältnissen des Arbeitnehmers eine Härte bedeuten würde. Nach der Rechtsprechung des BSG (BSGE 54, 14, 21 f = SozR 4100 § 19 Nr 16) können die für ausländische Arbeitnehmer allgemein gültigen Verhältnisse einen Härtefall nicht begründen und besondere Verhältnisse nur, wenn sie stärkeres Gewicht haben als der Vorrang der deutschen und der ihnen gleichgestellten ausländischen Arbeitnehmer. Daß solche besonderen Verhältnisse vorliegen, ist den tatsächlichen Feststellungen des LSG nicht zu entnehemen. Die Auffassung des LSG, dem Kläger könne aufgrund der Härteklausel ein Anspruch auf Erteilung einer Arbeitserlaubnis nicht zustehen, läßt hiernach Rechtsfehler nicht erkennen. Die Erteilung einer allgemeinen Arbeitserlaubnis gemäß § 19 Abs 1 AFG iVm § 1 Abs 1 ArbErlaubV scheitert im Hinblick darauf, daß nach den tatsächlichen Feststellungen des LSG auf jeden Fall vom 2. April 1984 ab der Arbeitsmarkt für den Kläger verschlossen war.
Verschlossen in diesem Sinne ist der Arbeitsmarkt dem ausländischen Arbeitslosen regelmäßig nicht schon bei Ungewißheit, ob und wann und für welche Arbeit eine Arbeitserlaubnis in Betracht kommt; denn solange es im Geltungsbereich des AFG einen Bedarf an ausländischen Arbeitnehmern in dem Berufsbereich, dem der einzelne angehört, oder im Bereich ungelernter Arbeitskräfte gibt, ist die Möglichkeit nicht ausgeschlossen, daß eine Beschäftigung gefunden wird, für die eine Arbeitserlaubnis erteilt werden darf. Wenn sich aber trotz intensiver Vermittlungsbemühungen, die mindestens ein Jahr gedauert haben, für einen bestimmten Arbeitslosen keine Beschäftigung finden läßt, für die ihm eine Arbeitserlaubnis erteilt werden kann, und eine alsbaldige grundlegende Änderung des für den Arbeitslosen in Betracht kommenden Arbeitsmarkts nicht zu erwarten ist, kann dies den auf tatsächlichem Gebiet liegenden, eine Prognose einschließenden Schluß zulassen, es gebe keine Stelle, für die ihm eine Arbeitserlaubnis erteilt werden kann (vgl BSGE 43, 153, 163 = SozR 4100 § 19 Nr 2; BSG SozR 4100 § 103 Nr 22).
Die vom LSG bestätigte Schlußfolgerung der Beklagten, daß der deutsche Arbeitsmarkt dem Kläger ab 2. April 1984 verschlossen war, es also damals keine Stelle gab, in die der Kläger mit einer Arbeitserlaubnis vermittelt werden konnte, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Nach der Rechtsprechung des BSG setzt eine Schlußfolgerung dieser Art voraus, daß die Beklagte während der Prüfzeit von einem Jahr eine nachhaltige, fortgesetzte Tätigkeit in dem Sinne entfaltet hat, daß bei jeder gemeldeten offenen Stelle, die für den ausländischen Arbeitsuchenden in Betracht kommt, geprüft wird, ob er dorthin vermittelt und ob ihm hierfür eine Arbeitserlaubnis erteilt werden kann (BSGE 43, 153, 162 = SozR 4100 § 19 Nr 2; BSGE 45, 153, 160 = SozR 4100 § 103 Nr 10; SozR 4100 § 19 Nr 6; SozR 4100 § 103 Nr 22). Das ist hier geschehen; denn nach den getroffenen Feststellungen, an die der Senat gebunden ist (§ 163 SGG), waren die Vermittlungsbemühungen der Beklagten in zeitlicher, fachlicher und räumlicher Hinsicht ausreichend.
Das LSG hat festgestellt, daß es der Beklagten in der mehr als ein Jahr währenden Zeit seit der Arbeitslosmeldung Ende November 1982 bis zur Stellung des Antrags auf Anschluß-Alhi nicht möglich war, wegen des fortwährend bestehenden Überhangs deutscher und gleichberechtigter ausländischer Arbeitsuchender den Kläger in eine seinen Kenntnissen und Fähigkeiten entsprechende Beschäftigung zu vermitteln. Der Prüfungszeitraum von einem Jahr war damit abgelaufen.
Dem steht nicht entgegen, daß dem Kläger kein Stellenangebot gemacht worden ist. Die Vermittlungsbemühungen, die in der Prüfzeit von der Beklagten erwartet werden, müssen nämlich nicht zum Angebot von Arbeitsstellen geführt haben. Sie können sich gegebenenfalls auf gedankliche Operationen beschränken, wenn durch sie nur gewährleistet wird, daß bei jeder gemeldeten offenen Stelle geprüft wird, ob sie trotz des Vorrangs deutscher und den deutschen gleichgestellten ausländischen Arbeitsuchenden mit dem ausländischen Arbeitnehmer ohne Arbeitserlaubnis besetzt werden kann (BSG SozR 4100 § 19 Nr 6 und § 103 Nr 22). Letzteres ist hier geschehen, und zwar nach den Feststellungen des LSG auch in bezug auf offene Stellen aus anderen Bereichen als den Baubereichen. Das LSG hat ausdrücklich festgestellt, daß es wegen des Überhangs deutscher und gleichberechtigter ausländischer Arbeitsloser nicht möglich war, den Kläger in eine seinen Kenntnissen und Fähigkeiten entsprechende Stellung zu vermitteln. Ein schematisches Abwarten von einem Jahr, um dann die Vermittelbarkeit zu verneinen, liegt danach entgegen der Auffassung des Klägers nicht vor.
Soweit der Kläger geltend macht, die Beklagte habe die erforderlichen Vermittlungsbemühungen nicht nachgewiesen oder glaubhaft gemacht, handelt es sich der Sache nach um die Rüge einer Verletzung der Amtsermittlungspflicht gemäß § 103 SGG und der freien richterlichen Beweiswürdigung gemäß § 128 Abs 1 Satz 1 SGG. Beide Rügen sind jedoch unzulässig. Um eine Verletzung des § 103 SGG zu begründen, wären Darlegungen erforderlich gewesen, daß sich das LSG von seinem Rechtsstandpunkt aus hätte gedrängt fühlen müssen, weitere Beweise zu erheben. Hieran fehlt es. Die Rüge der Verletzung der freien richterlichen Beweiswürdigung kann schon deshalb nicht greifen, weil nicht vorgetragen worden ist, daß das LSG unter Verletzung eines allgemeinen Erfahrungssatzes oder der Denkgesetze zu diesem Ergebnis gekommen ist. Von der Revision wird insoweit lediglich das Verfahrensergebnis anders gewürdigt als es das LSG getan hat. Das gilt insbesondere auch für die Ausführungen hinsichtlich des Umfangs der vermittelten Stellen „statusgleicher Asylbewerber”. Hierbei wird außerdem übersehen, daß nicht vorgetragen und erst recht nicht festgestellt worden ist, der Kläger sei Asylbewerber. Darüber hinaus ist das LSG auch berechtigt, aufgrund allgemeiner Erfahrungssätze tatsächliche Schlußfolgerungen zu treffen. Diese können gegebenenfalls mit Verfahrensrügen angegriffen werden, was der Kläger jedoch nicht getan hat. Sollte dem Vortrag des Klägers die Auffassung zugrunde liegen, daß die Verschlossenheit des Arbeitsmarktes nur mit schriftlich festgehaltenen Vermittlungsbemühungen dargetan und bewiesen werden könne, dann übersieht er, daß der Senat eine solche Rechtsauffassung nicht vertreten hat. Er hat im Gegenteil entschieden, daß die erforderlichen Vermittlungsbemühungen nicht schriftlich festgehalten sein müssen (s BSG SozR 4100 § 103 Nr 22).
Soweit der Kläger rügt, das LSG habe gegen den Grundsatz der Gewährung des rechtlichen Gehörs verstoßen, indem es davon ausgegangen sei, der Kläger habe seit dem 29. November 1982 bis jetzt, dh bis zum Zeitpunkt der Entscheidung des LSG (17. Oktober 1986), keinen Arbeitsplatz gefunden, obwohl er in Wirklichkeit seit dem 13. Juni 1985 mit einer Unterbrechung wieder in Arbeit stehe, ist die Rüge gleichfalls unzulässig. Es kann dahinstehen, ob die Rüge schon deshalb nicht greifen kann, weil der Antrag des Klägers, der auf eine zeitlich uneingeschränkte Gewährung von Alhi gerichtet ist, die Schlußfolgerung zuläßt, der Kläger sei auch noch nach dem 13. Juni 1983 arbeitslos gewesen. Auf jeden Fall hat der Kläger nicht dargelegt, daß das LSG, wenn es das ihm abgeschnittene Vorbringen berücksichtigt hätte, möglicherweise zu einem anderen Ergebnis gekommen wäre. Das ist aber für die Zulässigkeit der Rüge erforderlich. Auch bei einer Verletzung des rechtlichen Gehörs muß dargelegt werden, daß das angefochtene Urteil auf diesem Mangel beruhen kann (vgl BSG SozR 1500 § 160a Nr 36).
Das Absehen von überbezirklichen Vermittlungsbemühungen durch die Beklagte entsprach den tatsächlichen Gegebenheiten. Wie das LSG festgestellt hat, waren solche Versuche von vornherein aussichtslos. Sie brauchten deshalb nicht unternommen zu werden (BSG SozR 1300 § 48 Nr 28). Da außerdem Maßnahmen der beruflichen Bildung nicht in Betracht kamen, weil die durch die Beklagte vorgenommene Überprüfung ergeben hatte, daß es dem Kläger an den hierfür erforderlichen Kenntnissen der deutschen Sprache fehlte, ist die Beklagte den Anforderungen nachgekommen, die das BSG für die Feststellung der Verschlossenheit des Arbeitsmarktes aufgezeigt hat.
Zutreffend sind hiernach die Vorinstanzen zu dem Ergebnis gelangt, daß der Kläger keinen Anspruch auf Gewährung von Alhi hat. Die Revision muß somit zurückgewiesen werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen