Leitsatz (amtlich)
Der in HHG § 2 Abs 1 Nr 3 geregelte (absolute) Ausschließungsgrund (Ausschluß von Leistungen an Personen, die nach dem 1945-05-08 durch ein deutsches Gericht im Geltungsbereich dieses Gesetzes zu einer Gefängnisstrafe von mehr als 3 Jahren oder zu einer Zuchthausstrafe rechtskräftig verurteilt worden sind) gilt nur für Verurteilungen, die in der Vergangenheit liegen, dh die vor der Bewilligung von Leistungen nach dem HHG ausgesprochen worden sind.
Normenkette
BVG § 62 Abs. 1 Fassung: 1964-02-21; HHG § 2 Abs. 1 Nr. 3 Fassung: 1960-07-25
Tenor
Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Landessozialgerichts Berlin vom 16. Mai 1969 wird zurückgewiesen.
Der Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten des Revisionsverfahrens zu erstatten.
Gründe
Der Kläger, der von März 1950 bis April 1956 aus politischen Gründen in der sowjetischen Besatzungszone und in der Sowjetunion in Haft war, erhielt wegen der gesundheitlichen Folgen dieser Haft auf seinen Antrag vom 20. September 1956 Versorgung nach dem Häftlingshilfegesetz vom 6. August 1955 (BGBl I 498 - HHG) i. V. m. dem Bundesversorgungsgesetz (BVG). Nachdem zunächst mit Bescheid des Versorgungsamtes (VersorgA) vom 21. Februar 1958 Versorgung wegen Harnwegkatarrhs und Vorsteherdrüsenentzündung nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 30 v. H. seit dem 1. September 1956 anerkannt worden war, wurde gemäß § 62 BVG mit weiterem Bescheid vom 8. Mai 1962 auch eine chronische Lebererkrankung als Schädigungsfolge anerkannt und dem Kläger seit dem 1. Februar 1962 Beschädigtenversorgung nach einer MdE um 60 v. H. gewährt. Am 18. Januar 1965 wurde die Versorgungsbehörde telefonisch darüber unterrichtet, daß sich der Kläger seit dem 27. Oktober 1964 in Untersuchungshaft befinde. Am 23. Dezember 1965 wurde in den Akten vermerkt, daß eine frühere Vorlagefrist versäumt worden sei. Am gleichen Tag wurde durch telefonische Rückfrage beim Bezirksamt T und später, im Februar 1966, durch den Strafregisterauszug vom 21. Januar 1966 ermittelt, daß der Kläger wegen Blutschande und Unzucht mit einer Abhängigen am 15. Februar 1965 zu einem Jahr Zuchthaus verurteilt worden sei. Mit Bescheid vom 2. März 1966 teilte die Versorgungsbehörde dem Kläger mit, daß der Versorgungsanspruch wegen dieser rechtskräftigen Verurteilung gemäß § 62 BVG neu festzustellen sei, weil gemäß § 2 Abs. 1 Ziffer 3 HHG Leistungen an solche Personen nicht gewährt würden, die nach dem 8. Mai 1945 durch ein deutsches Gericht im Geltungsbereich des HHG zu einer Zuchthausstrafe rechtskräftig verurteilt worden seien. Deshalb stünden dem Kläger ab 1. März 1965 Versorgungsbezüge nicht mehr zu. Der Kläger sei im Bescheid vom 8. Mai 1962 darauf hingewiesen worden, daß die Verbüßung einer Freiheitsstrafe dem VersorgA sofort mitzuteilen sei. Da der Kläger diese Anzeige unterlassen habe, seien ihm die Versorgungsbezüge vom 1. März 1965 bis zum 31. März 1966 in Höhe von 1365,- DM zu Unrecht gezahlt worden; dieser Betrag werde gemäß § 47 des Verwaltungsverfahrensgesetzes (VerwVG) zurückgefordert. Im Widerspruchsverfahren, das erfolglos blieb (Bescheid vom 17. Mai 1966), trug der Kläger vor, er sei zwar zu der gesetzlichen Mindeststrafe von einem Jahr Zuchthaus verurteilt worden, habe die Strafe aber nicht verbüßt. Er habe sich lediglich in Untersuchungshaft befunden, die auf die zu verbüßende Strafe angerechnet worden sei. Die Reststrafe sei durch einen Gnadenakt zur Bewährung ausgesetzt worden. Im übrigen widerspreche die Regelung des § 2 HHG dem Gleichheitsgrundsatz sowie dem Art. 103 des Grundgesetzes (GG). Das Sozialgericht (SG) hat den Beklagten auf die Klage des Klägers mit Urteil vom 8. April 1968 unter Aufhebung der angefochtenen Bescheide verurteilt, dem Kläger über den 28. Februar 1965 hinaus Versorgungsrente weiter zu gewähren. Das Landessozialgericht (LSG) hat die Berufung des Beklagten mit Urteil vom 16. Mai 1969 zurückgewiesen. Es hat ua ausgeführt, dem Kläger sei gemäß § 4 HHG i. V. m. dem BVG unstreitig zu Recht Versorgung gewährt worden. Die Verurteilung des Klägers zu einer Zuchthausstrafe von einem Jahr habe im Februar 1965 Rechtskraft erlangt. Zu Unrecht berufe sich der Beklagte hinsichtlich der Entziehung der Leistungen auf § 2 HHG. Denn der Wortlaut dieser Bestimmung idF vom 25. Juli 1960, die in Abs. 1 Ziffer 3 den Ausschluß von Leistungen für die Personen bestimme, die nach dem 8. Mai 1945 durch ein deutsches Gericht im Geltungsbereich dieses Gesetzes zu einer Gefängnisstrafe von mehr als drei Jahren oder zu einer Zuchthausstrafe rechtskräftig verurteilt worden seien, erfasse nur Fälle, in denen über einen Neuantrag auf Bezüge nach dem HHG zu entscheiden sei. Nur bei diesen Fällen sollten Antragsteller unberücksichtigt bleiben, in deren Person die Ausschließungsgründe des § 2 HHG verwirklicht seien. Dem Kläger sei bereits seit der Zeit unmittelbar nach seiner Wohnsitzbegründung in Berlin (West), nämlich auf seinen Antrag vom 20. September 1956, die Rechtswohltat des HHG zuteil geworden. Wie das SG bereits zutreffend erkannt habe, sei dieser Fall den Ausschließungsgründen des § 2 HHG ihrem Wortlaut nach nicht zuzuordnen. Es sei offen, was mit einem Rentenberechtigten zu geschehen habe, der nach Gewährung der Rentenleistungen straffällig und zu Zuchthaus verurteilt werde. Der Gesetzgeber habe diesen Fall offenbar nicht zum Nachteil der Betroffenen regeln wollen. Daß es sich bei dieser erkennbaren Unterlassung nicht um eine Vergeßlichkeit oder um ein Versehen handeln könne, ergebe sich aus § 2 Abs. 2 und 3 HHG, denen zufolge der Gesetzgeber durchaus unter bestimmten Voraussetzungen an die Einstellung von Rentenleistungen gedacht habe. Wenn er bei der Kodifizierung dieser beiden Absätze Fälle wie den des Klägers ausdrücklich nicht geregelt habe, so könne dieser Umstand nicht ohne weiteres als eine Gesetzeslücke angesehen werden, da sich für eine Weitergewährung von Häftlingshilfeleistungen an Bezugsberechtigte im Falle ihrer Straffälligkeit durchaus gute Gründe anführen ließen. Der Gesetzgeber habe in andere Gesetze Entziehungstatbestände eingebaut, die auch Fälle wie den des Klägers erfaßten (vgl. § 6 des Bundesentschädigungsgesetzes - BEG -). Es sei ferner zu beachten, daß das BVG, das gemäß § 4 HHG ergänzend (entsprechend) anzuwenden sei, für den hier zu beurteilenden Sachverhalt eine Entziehung von Rentenleistungen nicht kenne (vgl. § 71 BVG). Damit habe der Gesetzgeber klar herausgestellt, daß der Kreis der Bezugsberechtigten nach dem HHG und der Versorgungsberechtigten nach dem BVG jedenfalls in dem hier zu beurteilenden Umfange besser gestellt werden sollte als beispielsweise die Entschädigungsberechtigten nach dem BEG. Daß diese Regelung vom Gesetzgeber gewollt sei, müsse auch daraus geschlossen werden, daß die Entziehungstatbestände des BEG (§ 6) zeitlich den Bestimmungen des HHG vorausgingen, also früher konzipiert worden seien. Im Zeitpunkt der Entstehung des HHG habe dem Gesetzgeber daher bekannt sein müssen, daß Fälle auftauchen könnten, in denen Bezugsberechtigte nach dem HHG später straffällig wurden und damit die Frage nach der Weitergewährung ihrer Bezüge aufgeworfen werde. Sonach fehle es hier an einer gesetzlichen Regelung für eine Rentenentziehung und damit auch an einer rechtlichen Grundlage für den vom Beklagten geltend gemachten Rückforderungsanspruch. Der Beklagte könne sich auch nicht auf den Runderlaß des Arbeits- und Sozialministers vom 19. Dezember 1960 idF des Änderungs- und Ergänzungsrunderlasses vom 29. März 1963 (SMBl NW 2435) berufen, denn dieser betreffe erkennbar nicht den hier zu beurteilenden Sachverhalt, sondern stelle lediglich klar, daß die Ausschließungsgründe des § 2 HHG - hier also die Zuchthausstrafe - sowohl vor als auch während und nach der Haft gegeben sein könnten. Es könne dahingestellt bleiben, ob beim Kläger mit seiner Inhaftierung zugleich auch ein Tatbestand des BVG, insbesondere des § 5 BVG, erfüllt sei. Hierauf komme es schon deswegen nicht an, weil nur die Ansprüche des Klägers nach dem HHG zu beurteilen seien. Ferner könne es auf sich beruhen, ob sein Anspruch auf Fortgewährung seiner Bezüge nicht schon aus dem Gesichtspunkt des erlangten Besitzstandes eine zusätzliche Stütze fände. Schließlich stritten die Beteiligten auch zu Unrecht über die Verletzung des im GG verankerten Gleichheitsgrundsatzes. Denn gegen diesen verstoße die Regelung des § 2 HHG nicht.
Mit der zugelassenen Revision rügt der Beklagte die Verletzung des § 2 HHG. Aus § 2 Abs. 1 Nr. 3 HHG ergebe sich klar, daß niemand einen Anspruch auf eine Leistung nach diesem Gesetz habe, der nach dem 8. Mai 1945 durch ein deutsches Gericht im Geltungsbereich dieses Gesetzes rechtskräftig zu einer Zuchthausstrafe verurteilt worden sei. Etwas anderes könne nicht deshalb gelten, weil der Kläger zu dieser Strafe erst nach der Ostinhaftierung verurteilt worden sei. In diesem Fall sei die Auslegung der genannten Vorschrift zwar streitig, es sei aber kein vernünftiger und zwingender Grund ersichtlich, weshalb ein Unterschied gemacht werden sollte, je nachdem, ob die Bestrafung vor oder nach der Inhaftierung erfolgt sei. Die einzige Erwägung wäre die, daß Antragsteller durch die besonderen Umstände ihrer Inhaftierung seelisch und moralisch in ihrem Wesen derart stark beeinträchtigt worden seien, daß eine spätere Gesetzesverletzung nicht mehr so stark ins Gewicht fallen dürfe. Abgesehen davon, daß man mit einer solchen Auffassung den Straftaten derartiger Personen zu weit entgegenkommen würde, sei es auch denkbar, daß die Straftat und Bestrafung zwar vor der Antragstellung, aber nach der Inhaftierung erfolgt sei. Auch hier müsse die Versorgung nach dem HHG ohne Zweifel abgelehnt werden, obwohl die gleichen mildernden Gesichtspunkte vorlägen. Eine andere Auslegung verkenne auch, daß § 2 HHG als Überschrift das Wort "Ausschließungsgründe" trage. Daraus folge zwingend, daß bei Vorliegen dieser Gründe ein Anspruch nach dem HHG ausgeschlossen sei. Nach § 2 Abs. 1 HHG müsse es auch möglich sein, eine bewilligte Leistung zu entziehen, wenn nachträglich solche Tatbestände einträten oder bekannt würden, zumal die Vorschrift davon spreche, daß Leistungen bei Vorliegen der Voraussetzungen zu Nr. 1 bis 4 "nicht gewährt" würden. Hätte der Gesetzgeber etwas anderes beabsichtigt, so hätte er den Begriff "versagen" statt "nicht gewähren" gewählt, wie es in § 2 Abs. 2 HHG geschehen sei. Der Begriff "nicht gewähren" beinhalte als Oberbegriff sowohl die Begriffe "versagen" als auch "einstellen". Diese Auffassung des Gesetzgebers erscheine auch sachgerecht und überzeugend, weil es sich - unabhängig davon, ob die Bestrafung vor oder nach der Ostinhaftierung erfolgt sei - um zwei in ihrem Unrechtsgehalt völlig gleichgeartete Tatbestände handele. Diese Auffassung werde zudem durch eine Interpretation des Gesetzes aufgrund des Dritten Gesetzes zur Änderung des HHG vom 30. Mai 1969 bestätigt. Denn hier habe der Gesetzgeber in § 2 den Absatz 5 eingefügt, wonach während eines Ermittlungs- oder Strafverfahrens Entscheidungen über Anträge nach diesem Gesetz zurückzustellen seien, und wo bestimmt sei, daß bei Einleitung eines solchen Verfahrens, nachdem der Anspruch auf Leistung zuerkannt worden sei, die Auszahlung einmaliger Leistungen auszusetzen sei und wiederkehrende Leistungen ausgesetzt werden könnten. Folglich müßten unter § 2 HHG auch Bestrafungen nach der Inhaftierung fallen. Die Einfügung des klärenden Absatz 5 sei zwar erst mit Wirkung vom 1. Juni 1969 erfolgt, sie stelle aber keine Rechtsänderung, sondern eine Klarstellung und Legalinterpretation des im übrigen insoweit unveränderten § 2 Abs. 1 HHG dar. Die diesen Rechtsstreit betreffenden Bestimmungen würden somit dadurch nur ergänzt, so daß aus der Gesetzesänderung die dargelegten Folgerungen gezogen werden könnten.
Der Beklagte beantragt,
unter Abänderung des angefochtenen Urteils des LSG Berlin vom 16. Mai 1969 der Berufung stattzugeben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
An der Richtigkeit der vom LSG vertretenen Auffassung könne auch die von der Revision erwähnte Ergänzung des § 2 HHG nichts ändern. Diese gebe sich zwar als Legalinterpretation, sei aber eine Gesetzesänderung. Es dränge sich der Verdacht auf, daß auch der vorliegende Fall, der dem zuständigen Ministerium bekannt sei, Anlaß zur Änderung der Bestimmung gewesen sei. Hierfür werde der Gesetzgebungsreferent des zuständigen Ministeriums als Zeuge benannt. Im übrigen handele es sich hier um eine Doppelbestrafung, die Art. 103 Abs. 3 GG widerspreche. Das Gericht, das bewußt die gesetzliche Mindeststrafe verhängt habe, habe nicht gewußt und bestimmt nicht gewollt, daß der - damals - Angeklagte seine monatliche Rente verliere. Der zuständige Gnadenreferent des Senators für Justiz habe sich bereit erklärt, die Umwandlung der Zuchthausstrafe in eine Gefängnisstrafe dem Gnadenausschuß vorzuschlagen, wenn hierdurch die Aberkennung der Rente vermieden werden könnte; das Landesversorgungsamt (LVersorgA) habe dies aber nach Rücksprache mit dem Bundesministerium abgelehnt. § 2 HHG sei im übrigen verfassungswidrig, weil darin eine einjährige Zuchthausstrafe mit einer Gefängnisstrafe von drei Jahren gleichgesetzt werde. Das widerspreche dem Willkürverbot des Gleichheitsgrundsatzes. Allenfalls wäre gemäß § 21 des Strafgesetzbuches (StGB) eine achtmonatige Zuchthausstrafe einer einjährigen Gefängnisstrafe gleichzusetzen. Die im HHG vorgenommene, über das notwendige Maß hinausgehende Diffamierung des mit Zuchthaus Bestraften widerspreche Art. 1 und 3 GG. Nachdem die Zuchthausstrafe demnächst wegfalle, könne ohnehin nur die erste Alternative des § 2 Abs. 1 Nr. 3 HHG Anwendung finden, nämlich die Ausschließung von Leistungen wegen einer Freiheitsstrafe von drei Jahren.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Verwaltungs- und Gerichtsakten sowie der im Revisionsverfahren eingereichten Schriftsätze der Beteiligten Bezug genommen.
Die durch Zulassung statthafte Revision ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden und deshalb zulässig (§§ 162 Abs. 1 Nr. 1, 164, 166 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG -); sachlich konnte sie jedoch keinen Erfolg haben.
Das VersorgA ist in seinem Entziehungsbescheid vom 2. März 1966 vom Häftlingshilfegesetz idF vom 25. Juli 1960 (BGBl I 578, 579) ausgegangen und hat sich dabei auf § 62 BVG gestützt. Das ist an sich nicht zu beanstanden, da § 4 des HHG für die Beschädigtenversorgung in materiell-rechtlicher Hinsicht die entsprechende Anwendung der Vorschriften des BVG vorsieht und § 10 Abs. 1 HHG bestimmt, daß sich das Verfahren, soweit die Versorgungsbehörden zuständig sind, nach den für die Kriegsopferversorgung (KOV) geltenden Vorschriften richtet (vgl. BGBl 1960 I 580, 581). § 62 Abs. 1 BVG in der damals geltenden Fassung des Zweiten Neuordnungsgesetzes vom 21. Februar 1964 (BGBl I 85) ließ allerdings eine Neufeststellung des Anspruchs nur dann zu, wenn in den Verhältnissen, die für die (frühere) Feststellung des Anspruchs auf Versorgung maßgebend gewesen waren, eine wesentliche Änderung eingetreten war. Es mag zweifelhaft sein, ob die spätere Bestrafung des St. wegen einer Sittlichkeitsstraftat eine solche wesentliche Änderung der Verhältnisse darstellte. Diese Frage konnte jedoch dahingestellt bleiben. Denn § 2 HHG würde, sofern er die Entziehung der dem Kläger bewilligten Leistungen zuließe, als eine lex specialis neben der Vorschrift des § 62 BVG stehen und die Verwaltungsbehörde deshalb zu einer Einstellung der Leistungen berechtigen.
§ 2 Abs. 1 Nr. 3 des Häftlingshilfegesetzes vom 6. August 1955 (BGBl I 498) bestimmte, daß Leistungen nach diesem Gesetz nicht gewährt werden an Personen, "die nach dem 8. Mai 1945 durch ein deutsches Gericht im Geltungsbereich dieses Gesetzes zu einer Zuchthausstrafe von mehr als drei Jahren rechtskräftig verurteilt worden sind". Diese Vorschrift wurde durch die Neufassung des HHG aufgrund des Art. III des Gesetzes vom 13. März 1957 (BGBl I 165) durch die Bekanntmachung vom 13. März 1957 (BGBl I 168) nicht geändert. Die Neufassung des HHG vom 25. Juli 1960 (BGBl I 578, 579), die aufgrund des Art. II des Zweiten Änderungsgesetzes zum HHG vom 16. Juli 1960 (BGBl I 561) - 2. ÄndGHHG - bekanntgemacht wurde, änderte die Vorschrift des § 2 Abs. 1 Nr. 3 HHG dahin, daß Leistungen nach dem HHG an Personen nicht gewährt werden, die nach dem 8. Mai 1945 durch ein deutsches Gericht im Geltungsbereich dieses Gesetzes "zu einer Gefängnisstrafe von mehr als drei Jahren oder zu einer Zuchthausstrafe rechtskräftig verurteilt worden sind" (vgl. BGBl 1960 I 579). Diese die Zuchthausstrafe betreffende Verschärfung der Ausschließungstatbestände wurde durch die Neufassung des HHG vom 29. September 1969 (BGBl I 1793), die aufgrund des Art. 4 des Dritten Änderungsgesetzes zum HHG vom 30. Mai 1969 (BGBl I 451) und des Art. 2 des Vierten Änderungsgesetzes zum HHG vom 22. Juli 1969 (BGBl I 934) sowie zweier weiterer Gesetzesänderungen, darunter der des Art. 37 des Ersten Strafrechtsreformgesetzes vom 25. Juni 1969 (BGBl I 645), erfolgte, wieder beseitigt. Denn hiernach werden gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 3 HHG Leistungen an Personen nicht gewährt, "die nach dem 8. Mai 1945 durch deutsche Gerichte im Geltungsbereich dieses Gesetzes wegen vorsätzlicher Straftaten zu Freiheitsstrafen von insgesamt mehr als drei Jahren rechtskräftig verurteilt worden sind". Außerdem wurde nun in einem Absatz 5 zu § 2 HHG bestimmt: "Solange wegen einer Straftat, die zu einem Ausschluß nach Absatz 1 Nr. 2 und 3 oder Absatz 2 führen kann, ein Ermittlungsverfahren oder Strafverfahren schwebt, sind Entscheidungen über Anträge nach diesem Gesetz zurückzustellen. Wird ein solches Verfahren eingeleitet, nachdem der Anspruch auf Leistungen zuerkannt ist, so ist die Auszahlung einmaliger Leistungen auszusetzen; wiederkehrende Leistungen können ausgesetzt werden."
Es ist sonach zunächst festzustellen, daß dem Kläger im Zeitpunkt der erstmaligen Bewilligung von Leistungen nach dem HHG - im Jahre 1958 - diese auch dann nicht hätten versagt werden dürfen, wenn er nicht erst nach , sondern schon vor der Antragstellung zu einer einjährigen Zuchthausstrafe verurteilt worden wäre. Denn bis 1960 waren nur solche Personen von dem Leistungsausschluß betroffen, die zu einer Zuchthausstrafe von mehr als drei Jahren rechtskräftig verurteilt worden waren. Das Zweite Änderungsgesetz zum HHG vom 16. Juli 1960, das den Ausschluß von Leistungen bei jeder Zuchthausstrafe vorsah, enthält keine Übergangsvorschriften, die bestimmt hätten, daß früher bereits bewilligte Leistungen aus Anlaß dieser Gesetzesänderung nachträglich zu entziehen seien (vgl. Art. II bis IV des 2. ÄndGHHG, BGBl 1960 I 563).
Aus den obigen Darlegungen ergibt sich ferner, daß dem Kläger auch nach dem jetzt geltenden Recht, d. h. nach der Fassung des HHG vom 25. Juni 1969 und 29. September 1969, Leistungen wegen seiner einjährigen Zuchthausstrafe - unabhängig davon, wann diese ausgesprochen worden ist - nicht versagt werden dürften, weil vom Leistungsausschluß nur solche Personen betroffen sind, die zu Freiheitsstrafen von insgesamt mehr als drei Jahren rechtskräftig verurteilt worden sind.
Der Senat konnte jedoch dahingestellt sein lassen, ob die vorgenannten Umstände bereits der vom Beklagten ausgesprochenen Entziehung der Leistungen nach dem HHG entgegenstehen. Denn die angefochtenen Bescheide erweisen sich schon deshalb als rechtswidrig, weil der in § 2 Abs. 1 Nr. 3 HHG bestimmte Leistungsausschluß - jedenfalls in der Zeit bis zur Neufassung des HHG im Jahre 1969 - nur solche Personen betrifft, die vor der Geltendmachung oder Bewilligung von Leistungen nach dem HHG zu den genannten Freiheitsstrafen verurteilt worden sind. Dies ergibt sich aus einer Würdigung der Bestimmungen des § 2 HHG. Die hier in den Nummern 1 bis 4 genannten Tatbestände stellen absolute Ausschließungsgründe dar, d. h. bei ihrem Vorliegen dürfen - wenn keine unbillige Härte im Sinne des § 12 vorliegt - Leistungen aufgrund des HHG nicht gewährt werden (vgl. "Das Deutsche Bundesrecht", Verlag August Lutzeyer, Arbeits- und Sozialrecht, Sozialversicherung, Wiedergutmachung und Sozialhilfe VF 16 S. 12, Erläuterung zu § 2 HHG). Die Ausschließungsgründe sind, wie es in der Amtlichen Begründung zum Entwurf des HHG heißt (vgl. Deutscher Bundestag 2. Wahlperiode 1953, BT-Drucks. 1450 S. 8), in Anlehnung an entsprechende Vorschriften im Bundesvertriebenengesetz (BVFG), Kriegsgefangenenentschädigungsgesetz (KgfEG) und Bundesergänzungsgesetz zur Entschädigung für Opfer der nationalsozialistischen Verfolgung (letzteres ersetzt durch das Bundesgesetz zur Entschädigung für Opfer der nationalsozialistischen Verfolgung - Bundesentschädigungsgesetz-BEG - vom 29. Juni 1956, BGBl I 562, vgl. § 228 Abs. 2 BEG) in das Gesetz aufgenommen worden. Die in den genannten anderen Gesetzen enthaltenen Ausschließungsgründe sind jedoch mit dem in § 2 Abs. 1 Nr. 3 HHG vorgesehenen Ausschließungsgrund entweder nicht vergleichbar oder sie werden durch zusätzliche Bestimmungen ergänzt, die - für den Bereich dieser Gesetze - die hier streitige Frage klären. So enthält § 11 des BVFG vom 19. Mai 1953 (BGBl I 201) in der Neufassung aufgrund des Art. III des Gesetzes vom 27. Juli 1957 (BGBl I 1207) durch Bekanntmachung vom 14. August 1957 (BGBl I 1215) Ausschließungsgründe nur für Personen, die die durch die nationalsozialistische Gewaltherrschaft geschaffene Lage ausgenutzt oder die im Vertreibungs- oder sowjetisch besetzten Gebiet gegen die Grundsätze der Menschlichkeit oder Rechtsstaatlichkeit verstoßen haben. Einen ähnlichen Leistungsausschluß sieht das KgfEG vom 30. Januar 1954 (BGBl I 5) idF vom 29. September 1969 (BGBl I 1800) in § 8 Abs. 1 Nr. 1 vor, während in Nr. 3 die Bekämpfung der freiheitlich-demokratischen Grundordnung und in den Nummern 2 und 4 Verurteilungen wegen eines Verbrechens, das in Ausübung einer tatsächlichen oder angemaßten Befehlsbefugnis begangen wurde (Nr. 2) oder Verurteilungen wegen an Mitgefangenen in ausländischem Gewahrsam begangener Verbrechen oder Vergehen (Nr. 4) - so schon in § 8 des KgfEG idF vom 12. Juni 1954 (BGBl I 143) und des § 2 Ziffer 9 Abs. 4 des Vierten Überleitungsgesetzes vom 27. April 1955 (BGBl I 189) - als Ausschließungsgründe genannt sind. Endlich schließt das BEG ähnlich, wenn auch nicht so weitgehend wie § 2 Abs. 1 Nr. 3 HHG, in § 6 Abs. 1 ohne nähere Bezeichnung der Straftaten allgemein die Personen von der Entschädigung aus, die nach dem 8. Mai 1945 rechtskräftig zu Zuchthausstrafe von mehr als drei Jahren verurteilt worden sind; § 6 BEG enthält aber in Absatz 3 einen ausdrücklichen Verwirkungstatbestand für den Fall, daß nach Festsetzung oder nach rechtskräftiger gerichtlicher Entscheidung ein solcher Ausschließungsgrund eintritt. Eine derartige Vorschrift fehlt im HHG.
§ 2 Abs. 1 Nr. 3 HHG muß sonach aus sich selbst, d. h. anhand der einschlägigen Vorschriften des HHG ausgelegt werden. Dabei ergibt sich aus dem Gesetzeswortlaut des HHG in den Fassungen von 1955, 1957 und 1960, in denen in § 2 Abs. 1 übereinstimmend nur von der Gewährung von Leistungen gesprochen und insoweit bestimmt wird, daß diese an Personen "nicht gewährt" werden, die "rechtskräftig verurteilt worden sind ", daß diese Vorschrift nur solche Verurteilungen im Auge hat, die in der Vergangenheit und vor der Gewährung von Leistungen nach dem HHG erfolgt sind. Denn die Bestimmungen des Absatz 1 stehen insoweit in klarem Gegensatz zu Absatz 2 des § 2 HHG, wo ausgesprochen worden ist, daß die Gewährung von Leistungen "versagt oder eingestellt werden" kann, wenn festgestellt wird, daß der Berechtigte sich in einer die Sicherheit oder die demokratischen Einrichtungen der Bundesrepublik und des Landes Berlin gefährdenden Weise zugunsten eines in den in § 1 (Abs. 1) genannten Gewahrsamsgebieten (z. B. sowjetische Besatzungszone) herrschenden politischen Systems "betätigt hat oder betätigt " - so in den Fassungen von 1955 und 1957 - oder wenn, wie es in der Fassung des Gesetzes von 1960 kürzer heißt, der Berechtigte die freiheitliche demokratische Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland oder des Landes Berlin "bekämpft hat oder bekämpft" . Dieser Absatz 2 bringt durch die Worte "betätigt hat oder betätigt" bzw. "bekämpft hat oder bekämpft" zum Ausdruck, daß auch ein späteres Verhalten zu einem Leistungsausschluß, d. h. zu einer Entziehung schon bewilligter Leistungen führen kann. Der Umstand, daß im Gegensatz hierzu in der hier strittigen Vorschrift des § 2 Abs. 1 Nr. 3 HHG nur die in die Vergangenheit weisende Perfektform "verurteilt worden sind" verwendet worden ist und die Worte "oder werden" nicht angefügt worden sind, läßt hinreichend deutlich erkennen, daß der Gesetzgeber künftige Verurteilungen wegen irgendeiner sonstigen mit Strafe belegten Handlung im Rahmen des HHG nicht zum Anlaß nehmen wollte, um bereits bewilligte Leistungen zu entziehen. Dies ergibt sich weiterhin auch daraus, daß im Gesetz ausdrücklich nur für die gegen die demokratische Grundordnung der Bundesrepublik oder des Landes Berlin gerichteten Unternehmungen bestimmt worden ist, daß eine Leistung nicht nur von vornherein versagt, sondern auch nachträglich "eingestellt" werden kann. Diese unterschiedliche Regelung in zwei Absätzen des gleichen Paragraphen kann nur bewußt getroffen worden sein. Sonach muß angenommen werden, daß in das HHG eine Vorschrift, wie sie etwa in § 6 Abs. 3 des BEG enthalten ist, absichtlich nicht aufgenommen worden ist. Hier heißt es unmißverständlich, daß der Anspruch auf Entschädigung verwirkt ist, wenn nach Festsetzung oder nach rechtskräftiger gerichtlicher Entscheidung einer der Ausschließungsgründe des Absatz 1 Nr. 2 bis 4 (Nr. 4 betrifft - ähnlich wie hier - den Leistungsausschluß für den, der nach dem 8. Mai 1945 rechtskräftig zur Zuchthausstrafe - hier allerdings von mehr als drei Jahren - verurteilt worden ist) eintritt. Es ist hier ferner bestimmt, daß die nach Eintritt eines Verwirkungsgrundes bewirkten Leistungen zurückgefordert werden können. - Es bedarf keiner näheren Begründung dafür, daß der Gesetzgeber für das HHG die gleiche Regelung hätte treffen können, wenn er dies wirklich beabsichtigt haben sollte.
Aus dem klaren Wortlaut des § 2 HHG ergibt sich sonach eindeutig, daß der in § 2 Abs. 1 Nr. 3 HHG geregelte Ausschließungsgrund nur Verurteilungen im Auge haben kann, die in der Vergangenheit liegen und deshalb bei der Entscheidung über "die Gewährung von Leistungen" nach dem HHG in Betracht zu ziehen sind. Eine solche bei der Bewilligung von Leistungen nach dem HHG geltende Einschränkung war auch sinnvoll. Denn das HHG will nicht solchen Personen helfen, die wegen krimineller Veranlagung oder verbrecherischer Handlungen mit den deutschen Behörden und - wegen dieser Veranlagung - möglicherweise auch schon mit den Behörden der Gewahrsamsgebiete in Konflikt gekommen sind. Vielmehr sollte denjenigen Deutschen besondere Hilfe zuteil werden, "die um des Eintretens für ihre freiheitliche Gesinnung willen verfolgt, unter Verletzung der Grundrechte in Haft genommen wurden und damit für ihre freiheitliche Überzeugung für die demokratische Grundordnung Opfer an Leben, Gesundheit und persönlicher Freiheit gebracht haben" (vgl. Schriftlicher Bericht des Bundestagsausschusses für Gesamtdeutsche und Berliner Fragen (4. Ausschuß, Dt. Bundestag, 3. Wahlperiode, Drucks. 1855 S. 3). Auch wenn nicht bei allen nach dem HHG tatsächlich anerkannten Häftlingen diese strenge Voraussetzung erfüllt ist (vgl. Schriftlicher Bericht des 4. Bundestagsausschusses aaO), so entsprach doch der in § 2 Abs. 1 Nr. 3 HHG vom Gesetzgeber geregelte Leistungsausschluß seinen wohlüberlegten Vorstellungen, zumal er auch darauf bedacht sein mußte, daß durch das HHG eine "Sogwirkung auf entlassene, aber noch in der SBZ befindliche ehemalige Häftlinge" nach Möglichkeit vermieden wurde (vgl. Ausführungen in der Amtlichen Begründung zum HHG, Dt. Bundestag, 2. Wahlperiode 1953, Drucksache 1450 S. 7 zum Anwesenheitsstichtag, von dem später weitgehend Ausnahmen zugelassen worden sind - vgl. § 1 Abs. 2, insbesondere Nr. 4, HHG idF vom 29. September 1969 -). Aus solchen und ähnlichen Erwägungen konnte der Gesetzgeber Personen von Leistungen nach dem HHG ausschließen, die aufgrund ihrer nach dem 8. Mai 1945 in Westdeutschland begangenen Straftaten oder wegen ihres alsbaldigen Straffälligwerdens in der Bundesrepublik nach dem Sinn und Zweck des Gesetzes einer besonderen Häftlingshilfe nicht würdig erschienen. Lagen hingegen bei einem ehemaligen Häftling die in § 2 Abs. 1 Nr. 3 HHG genannten Strafverurteilungen nicht vor und erfüllte er - wie dies beim Kläger unstreitig der Fall ist - die Voraussetzungen des § 1 HHG, so erwuchs ihm ein Anspruch auf Leistungen nach dem HHG, die ihm nur nach Maßgabe der einschlägigen gesetzlichen Vorschriften wieder entzogen werden konnten. Gesetzliche Vorschriften, die einen Leistungsentzug wegen der späteren Verurteilung des Klägers zu einem Jahr Zuchthaus rechtfertigen könnten, enthält das HHG jedoch - wie oben dargelegt wurde - nicht. Auch die Vorschriften über die Kriegsopferversorgung bieten insoweit keine Handhabe. Nach § 4 HHG erhalten die infolge des Gewahrsams gesundheitlich geschädigten Häftlinge Beschädigtenversorgung in entsprechender Anwendung des BVG. Dabei ist der Gesetzentwurf von dem Grundsatz ausgegangen, daß den ehemaligen politischen Häftlingen Leistungen und Vergünstigungen "grundsätzlich in dem gleichen Umfange eingeräumt werden sollen, wie sie den Berechtigten nach dem Bundesversorgungsgesetz ... gewährt werden" (vgl. Amtliche Begründung zum HHG aaO S. 7). Das BVG enthält jedoch keine Vorschrift, die es gestattet, dem Berechtigten eine bereits bewilligte Versorgungsleistung deshalb wieder zu entziehen, weil er später aus irgendeiner, das Versorgungsrechtsverhältnis selbst nicht berührenden Handlung straffällig geworden ist. § 64 BVG aF sah nur das - teilweise - Ruhen des Rechts auf Versorgung bei einer Freiheitsstrafe von wenigstens drei Monaten Dauer vor, das sich - gegebenenfalls - den bedürftigen Angehörigen gegenüber jedoch nicht auswirken mußte. Diese Vorschrift ist überdies mit Wirkung vom 1. Juni 1960 an entfallen, um den Eindruck zu vermeiden, als wolle das BVG den Gefangenen zusätzlich bestrafen. Seitdem sieht § 71 BVG lediglich einen in mancherlei Hinsicht eingeschränkten Forderungsübergang auf die Strafanstalt vor, sofern dieser Unterbringungskosten entstehen (vgl. Wilke, Komm. zum BVG, 1. Aufl. Vorbem. I zu § 64 BVG und Erläuterungen I und II zu § 71 BVG). Auch das VerwVG (vgl. §§ 40 bis 42) kennt die Entziehung von Leistungen wegen einer den persönlichen Lebensbereich des Versorgungsberechtigten betreffenden Bestrafung nicht. Eine erneute Entscheidung ist nach § 42 VerwVG nur zulässig, wenn die frühere Entscheidung durch eine mit gerichtlicher Strafe bedrohte Handlung erwirkt worden ist oder in sonstiger Hinsicht beim Zustandekommen der Entscheidung Straftaten begangen worden sind, die zu einer rechtskräftigen strafgerichtlichen Verurteilung geführt haben oder hätten führen können (vgl. § 42 Abs. 1 Nr. 4 bis 7 und Abs. 2 VerwVG).
Steht sonach fest, daß das Versorgungsrecht, das im vorliegenden Fall entsprechend anzuwenden ist, keine Doppelbestrafung eines Berechtigten in Form einer an die rechtskräftige Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe sich anschließenden Entziehung bewilligter Leistungen kennt, so kann um so weniger angenommen werden, daß der Gesetzgeber entgegen dem klaren Wortlaut des § 2 Abs. 1 Nr. 3 HHG beabsichtigt haben sollte, dem ehemaligen Häftling die bereits entsprechend den Vorschriften des BVG bewilligte Leistung wegen einer später erfolgten, mit dem Zustandekommen der Leistungsbewilligung nicht zusammenhängenden gerichtlichen Bestrafung zu entziehen und ihn damit für seine Tat in zweifacher Hinsicht - und zwar hinsichtlich des Leistungsentzugs zusätzlich lebenslänglich - zu bestrafen.
Der Auffassung des LSG, daß eine nach Bewilligung von HHG-Leistungen erfolgte Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe den Beklagten zu einer Rentenentziehung und Rückforderung von Leistungen nicht berechtigt, ist daher - jedenfalls für eine Straftat der vorliegenden Art und für die Zeit vor dem Inkrafttreten des Dritten Änderungsgesetzes zum HHG im Jahre 1969 - zuzustimmen.
Ob das Dritte Änderungsgesetz zum HHG vom 30. Mai 1969 zu einer anderen Beurteilung Anlaß gibt, konnte dahingestellt bleiben. Hier ist neben einer für den vorliegenden Fall unwesentlichen Änderung des § 2 Abs. 1 Nr. 3 HHG in § 2 Abs. 5 HHG zwar bestimmt: "Solange wegen einer Straftat, die zu einem Ausschluß nach Abs. 1 Nr. 2 bis 4 (in der Bekanntmachung vom 29. September 1969 heißt es: 2 und 3) oder Absatz 2 führen kann, ein Ermittlungsverfahren oder Strafverfahren schwebt, sind Entscheidungen über Anträge nach diesem Gesetz zurückzustellen. Wird ein solches Verfahren eingeleitet, nachdem der Anspruch auf Leistungen zuerkannt ist, so ist die Auszahlung einmaliger Leistungen auszusetzen; wiederkehrende Leistungen können ausgesetzt werden" (vgl. BGBl 1969 I 452 und die ähnliche Vorschrift des § 8 Abs. 3 KgfEG idF vom 29. September 1969). Diese Vorschrift kann aber schon deshalb zu keinem anderen Ergebnis führen, weil der hier in Betracht kommende, in Abs. 1 Nr. 3 HHG genannte Ausschließungsgrund nach dem HHG in der Fassung des Art. 37 des Ersten Gesetzes zur Reform des Strafrechts vom 25. Juni 1969 (BGBl I 645, 667) nur noch - ähnlich wie für die Zeit vor dem Zweiten Änderungsgesetz vom 16. Juli 1960 - für Freiheitsstrafen von insgesamt mehr als drei Jahren gilt. An dieser Voraussetzung fehlt es aber im vorliegenden Fall, so daß insoweit eine Ermessensentscheidung der Versorgungsbehörde gar nicht mehr in Betracht kommt.
Nach alledem mußte die Revision, ohne daß noch auf die weiter geltend gemachten rechtlichen Gesichtspunkte, wie z. B. die Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes oder des Willkürverbots, einzugehen war, als unbegründet zurückgewiesen werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen