Leitsatz (redaktionell)
Der Senat hält an der Rechtsauffassung fest, daß nur geringfügige Zahlungen des Versicherten im letzten Jahr vor seinem Tode, die auch bei Berücksichtigung des eigenen Einkommens der Frau deren Lebensführung nicht merklich verbessert haben, nicht als "Unterhalt" iS des AVG § 42 S 1 Alternative 3 anzusehen sind.
Er hält grundsätzlich aber auch an der in ständiger Rechtsprechung des BSG vertretenen Rechtsauffassung fest, daß als geringfügig in der Regel ein Betrag anzusehen ist, der nicht etwa 25 % des zeitlich und örtlich notwendigen "Mindestbedarf", der an den Richtsätzen der für die Gewährung von Sozialhilfe zuständigen Behörden gemessen werden kann, erreicht.
Normenkette
AVG § 42 S. 1 Alt. 3 Fassung: 1957-02-23; RVO § 1265 S. 1 Alt. 3 Fassung: 1957-02-23
Tenor
Auf die Revision der Klägerin werden das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 31. Januar 1968, das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 5. Juni 1967, der Bescheid der Beklagten an die Klägerin vom 11. Februar 1966 und der Bescheid der Beklagten an die Beigeladene vom 11. März 1966 aufgehoben.
Die Beklagte wird verpflichtet, der Klägerin und der Beigeladenen Bescheide über die Gewährung von Hinterbliebenenrente nach § 45 Abs. 4 Satz 1 des Angestelltenversicherungsgesetzes zu erteilen.
Die Beklagte hat der Klägerin die außergerichtlichen Kosten des Verfahrens zu erstatten. Der Beigeladenen sind Kosten nicht zu erstatten.
Gründe
I
Der Rechtsstreit wird um die Frage geführt, ob die Klägerin, deren Ehe mit dem Versicherten geschieden ist, nach dem Tode des Versicherten Rente zu beanspruchen hat (§ 42 Satz 1 des Angestelltenversicherungsgesetzes - AVG -). Die Beklagte hat dies mit Bescheid vom 11. Februar 1966 verneint. Die Vorinstanzen haben den Bescheid für rechtmäßig gehalten (Urteil des Sozialgerichts - SG - Köln vom 5. Juni 1967; Urteil des Landessozialgerichts - LSG - Nordrhein-Westfalen vom 31. Januar 1968). Mit Bescheid vom 11. März 1966 hat die Beklagte der Beigeladenen (der Witwe des Versicherten) ab 1. Juli 1965 die Witwenrente gewährt.
Dem Urteil des LSG liegen folgende - mit der Revision nicht angegriffene und daher für das Bundessozialgericht (BSG) bindende - tatsächliche Feststellungen zugrunde: Die Klägerin war mit dem Versicherten seit April 1939 - nach ihren Angaben im Revisionsverfahren als dessen zweite Ehefrau - verheiratet. Aus dieser Ehe stammt ein 1941 geborener Sohn. Die Ehe wurde im September 1957 aus überwiegendem Verschulden des Versicherten geschieden. Eine Unterhaltsvereinbarung haben der Versicherte und die Klägerin nicht getroffen. Im Februar 1958 heiratete der Versicherte die Beigeladene. Am 31. Juli 1965 starb der Versicherte; die Ehe mit der Beigeladenen bestand bis zu seinem Tode.
Der Versicherte zahlte an die Klägerin in den letzten Jahren vor seinem Tode - auch nach dem Selbständigwerden des Sohnes im Jahre 1961 - alle vier Wochen 40,- DM. Er verdiente in der Zeit vom 1. Januar bis 31. Juli 1965 netto rund 672,- DM monatlich; etwa in dieser Höhe lag auch sein Einkommen im Jahre 1964. Die Klägerin verdiente als Hausgehilfin in den Monaten Januar bis Juli 1965 neben freiem Frühstück und Mittagessen netto monatlich 577,- DM; für das Jahr 1964 wurden für sie Beiträge nach einem Entgelt von 5.291,- DM entrichtet. An Miete hatten sie bis Mai 1965 monatlich 36,40 sodann 48,- DM zu zahlen. Der Regelsatz für den Unterhaltsbedarf im Bereich des Sozialamts der Stadt B - dem Wohnort der Klägerin - betrug in der Zeit vom 1. Januar bis 30. September 1965 für Alleinstehende monatlich 120,- DM zuzüglich des Unterkunftsbedarfs (und eines Zuschlages bei Erwerbsunfähigkeit).
Das LSG wies die Berufung der Klägerin gegen das klagabweisende Urteil des SG zurück: Für die Frage, ob der Versicherte gegenüber der Klägerin "zur Zeit seines Todes" unterhaltspflichtig gewesen sei (§ 42 Satz 1 AVG, 1. und 2. Alternative), komme es auf den letzten wirtschaftlichen Dauerzustand vor dem Tode des Versicherten an. In dieser Zeit sei der Versicherte der Klägerin nach den Vorschriften des Ehegesetzes (EheG) nicht unterhaltspflichtig gewesen, weil das Einkommen der Klägerin aus eigener Erwerbstätigkeit für ihren angemessenen Unterhalt ausgereicht habe. Diese Erwerbstätigkeit sei der Klägerin trotz der bei ihr vorliegenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen zumutbar gewesen. Eine Unterhaltspflicht aus "sonstigen Gründen" habe nicht bestanden. Der von dem Versicherten alle vier Wochen an die Klägerin gezahlte Betrag von 40,- DM erfülle aber auch nicht die Voraussetzungen der 3. Alternative des § 42 Satz 1 AVG. "Unterhalt" im Sinne dieser Alternative sei nur eine Zahlung, die sowohl nach der allgemeinen Auffassung dem Betrage nach nominell ins Gewicht falle als auch am Einkommen der geschiedenen Frau gemessen geeignet sei, deren Lebensführung merklich zu verbessern. Das zweite Erfordernis ergebe sich aus der nach § 45 Abs. 4 Satz 1 AVG auch im vorliegenden Falle in Betracht kommenden "Aufteilung" der Rente an mehrere frühere Frauen des Versicherten, die nur dann berechtigt sei, wenn die Zahlungen des Versicherten für die geschiedene Frau so wesentlich gewesen seien, daß sie nach dem Tode des Versicherten einen "Ersatz" durch die Rente erforderten. Die Klägerin habe aber ihren Lebensstandard aus ihrem Erwerbseinkommen auch ohne diese Zahlungen aufrechterhalten können.
Die Klägerin legte frist- und formgerecht die vom LSG zugelassene Revision ein. Sie beantragte,
unter Abänderung des angefochtenen Urteils den Bescheid vom 11. Februar 1966 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin "Geschiedenen-Witwenrente" in gesetzlicher Höhe zu gewähren.
Die Beigeladene beantragte,
die Revision zurückzuweisen.
Sie trug vor, die Klägerin habe wegen ihres eigenen Erwerbseinkommens keinen gesetzlichen Unterhaltsanspruch gegen den Versicherten gehabt. Die Klägerin habe nicht aus Not gearbeitet, sondern nach ihrem eigenen Vorbringen gerade mit dem Willen, dadurch zu Lebzeiten des Versicherten von dessen Unterhaltsleistungen unabhängig zu bleiben; damit bestehe auch kein Anlaß zur Gewährung von Rente nach dem Tode des Versicherten. Die "Unterhaltsersatzfunktion" der Rente habe für den vorliegenden Fall keine Bedeutung. Der Betrag von 40,- DM für je vier Wochen stelle - gemessen an dem sonstigen Einkommen der Klägerin - keinen "Unterhalt" dar. Da § 45 Abs. 4 AVG zu einer "Interessen-Kollision" der geschiedenen Frau und der Witwe führe, könnten nur Zuwendungen des Versicherten, von denen die geschiedene Frau wenigstens zu einem nennenswerten Teil hätte leben können, den Rentenanspruch rechtfertigen. Diese Voraussetzungen lägen hier nicht vor.
Die Beklagte stellte keinen Antrag.
Alle Beteiligten erklärten sich mit einem Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden (§§ 165, 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG -).
II
Die Revision der Klägerin ist zulässig (§§ 162, 164 SGG). Sie ist auch begründet; der Klägerin als der geschiedenen Frau des Versicherten steht ab 1. Juli 1965 - dem Monat des Todes des Versicherten - Rente ("Geschiedenen-Witwenrente") in der sich aus § 45 Abs. 4 Satz 1 AVG ergebenden Höhe zu. Die Beigeladene als die Witwe des Versicherten hat von diesem Zeitpunkt an - unbeschadet ihres Anspruchs nach § 45 Abs. 5 AVG für die ersten drei Monate, das sogenannte "Sterbevierteljahr" - Anspruch auf Rente nur in der Höhe, die sich aus § 45 Abs. 4 Satz 1 AVG ergibt.
Gegenstand des Verfahrens ist sowohl der Bescheid der Beklagten vom 11. Februar 1966, mit dem die Beklagte die Gewährung von "Geschiedenen-Witwenrente" an die Klägerin abgelehnt hat, als auch der Bescheid vom 11. März 1966, mit dem die Beklagte der Beigeladenen die (volle) Witwenrente gewährt hat. Jeder der beiden Bescheide regelt die Frage, ob im Sinne von § 45 Abs. 4 AVG "mehrere Berechtigte nach den §§ 41 und 42 (oder) AVG vorhanden sind" und ob deshalb hier der geschiedenen Frau und der Witwe nur "der Teil der ... Rente der im Verhältnis zu dem anderen Berechtigten der Dauer (ihrer) Ehe mit dem Versicherten entspricht" zusteht (vgl. Urteil des BSG vom 23. Juni 1964, BSG 21, 125 f mit weiteren Hinweisen). Die Klägerin wendet sich daher im vorliegenden Falle nicht nur gegen den ihren Anspruch betreffenden Bescheid der Beklagten vom 11. Februar 1966, sondern auch gegen den die Rente der Beigeladenen betreffenden Bescheid vom 11. März 1966. Sie hat im übrigen im Berufungsverfahren ausdrücklich auch die Aufhebung des Bescheides vom 11. März 1966 begehrt, das LSG hat durch die Zurückweisung der Berufung der Klägerin, obwohl es dies nicht ausdrücklich gesagt hat, auch die Rechtmäßigkeit des Bescheids vom 11. März 1966 bejaht. Damit betrifft auch die Revision der Klägerin die Im vorliegenden Fall kann dahingestellt bleiben, ob der Versicherte der Klägerin nach § 58 EheG unterhaltspflichtig gewesen ist (eine Unterhaltspflicht des Versicherten "aus sonstigen Gründen" hat das LSG mit zutreffender Begründung verneint, dies ist zwischen den Beteiligten auch nicht mehr streitig); es kommt deshalb hier auch nicht darauf an, ob tatsächlich erzieltes Erwerbseinkommen der geschiedenen Frau bei der Prüfung ihrer "Unterhaltsbedürftigkeit" stets zu berücksichtigen ist oder nur dann, wenn ihr nach den Verhältnissen der Beteiligten, insbesondere auch nach ihrem eigenen Gesundheitszustand, die von ihr verrichtete Arbeit "zuzumuten" gewesen ist. Der Anspruch der Klägerin ist jedenfalls deshalb begründet, weil ihr der Versicherte im letzten Jahr vor seinem Tode "Unterhalt" geleistet hat (§ 42 Satz 1 AVG, 3. Alternative).
Zu dem Begriff des "Unterhalts" im Sinne dieser Vorschrift ist bereits in dem Urteil des BSG vom 20. Juli 1960 (BSG 12, 279, 281) ausgeführt, daß darunter nicht nur Unterhaltsleistungen zu verstehen sind, die zur Deckung des angemessenen oder auch nur des notwendigen Lebensbedarfs der geschiedenen Frau erforderlich sind, und daß der Versicherte auch "Unterhalt" geleistet haben kann, wenn die geschiedene Frau im maßgeblichen Zeitraum eigene ausreichende Einkünfte gehabt hat. Auch ein Betrag, der nur als "Zuschuß" zu dem von der geschiedenen Frau - ganz oder teilweise - aus anderen Einkünften, insbesondere aus ihrem eigenen Erwerbseinkommen bestrittenen Unterhalt von dem Versicherten geleistet worden ist, kann "Unterhalt" im Sinne von § 42 Satz 1 AVG sein und damit nach dem Tode des Versicherten zu einem Anspruch auf "Geschiedenen-Witwenrente" führen. Andererseits ist nach der ständigen Rechtsprechung des BSG - vgl. zuletzt Urteil des BSG (5. Senat) vom 14. März 1968, SozR Nr. 41 zu § 1265 RVO; ferner u. a. die Urteile vom 31. Mai 1967 (12. Senat), BSG 26, 293, 294; vom 27. Oktober 1964 (4. Senat), BSG 22, 44, 46/47; des erkennenden Senats vom 17. März 1964, SozR Nr. 18 zu § 1265 RVO - nicht jeder Betrag, der von dem Versicherten der geschiedenen Frau tatsächlich gezahlt worden ist, also nicht "jede D-Mark oder gar jeder D-Pfennig" (BSG 22, 46) als "Unterhalt" im Sinne von § 42 Satz 1 AVG anzusehen. Es muß sich vielmehr bei den Zahlungen des Versicherten um Beträge handeln, die "nach der allgemeinen Auffassung unter besonderer Berücksichtigung auch der zeitlichen und örtlichen Verhältnisse nominell ins Gewicht fallen und auch im Hinblick auf den Gesamtunterhalt erheblich" sind (BSG 22, 48); sie müssen die Lebensführung der geschiedenen Frau "merklich verbessert" haben (SozR Nr. 18 zu § 1265 RVO). Nach der Rechtsprechung des BSG folgt dies einerseits aus der allgemeinen "Unterhaltsersatzfunktion" der Rente, die in den Fällen der 1. und 2. Alternative des § 42 Satz 1 AVG wegen des Wegfalls des Rentenanspruchs auf Unterhalt gegen den Versicherten oder bei der 3. Alternative wegen des Wegfalls der tatsächlich von dem Versicherten geleisteten Zahlungen gewährt wird. Andererseits gebietet dies aber auch die Rücksicht auf die Witwe des Versicherten, deren Rentenanspruch durch die Rentengewährung an die geschiedene Frau nach § 45 Abs. 4 Satz 1 AVG möglicherweise erheblich beschränkt wird. Der Rentenanspruch der Witwe und der geschiedenen Frau, die gegen den Versicherten einen Anspruch auf Unterhalt gehabt haben, trägt der "Erwartung" Rechnung, daß an die Stelle des mit dem Tode des Versicherten weggefallenen Anspruchs die Leistungen der Sozialversicherung treten werden. Der Anspruch, der der geschiedenen Frau, die keinen Unterhaltsanspruch gegen den Versicherten gehabt hat, eingeräumt wird, berücksichtigt die "Erwartung", daß von dem Versicherten im letzten Jahr vor seinem Tode tatsächlich gezahlte Beträge ihr voraussichtlich wohl auch weiterhin zugeflossen wären und daß sie sich deshalb auf diese Leistungen hat "einstellen" dürfen. Diese Erwartung verdient aber dann keine Berücksichtigung, wenn die geschiedene Frau von dem Versicherten nur geringfügige, für ihre Lebenshaltung nicht ins Gewicht fallende Zahlungen erhalten hat. Es mag zwar rechtspolitisch erwünscht sein, daß der geschiedenen Frau ohne Rücksicht darauf, ob eine Unterhaltspflicht des früheren Ehemannes bestanden hat und auch ohne Rücksicht darauf, ob und welche Zahlungen sie von dem Versicherten im letzten Jahr von seinem Tode erhalten hat, ein Anspruch auf Rente eingeräumt würde, und zwar deshalb, weil sie als "Hausfrau während bestehender Ehe die Rentenberechtigung ihres Ehemannes mitverdient hat und diese Teilhabe zumindest einen unbedingten Anspruch auf Hinterbliebenenrente rechtfertigt" (vgl. Langkeit, Gutachten für die sozialrechtliche Arbeitsgemeinschaft des 47. Deutschen Juristen-Tags - 1968 -, insbesondere F 97; auch der erkennende Senat hat bereits in dem Urteil vom 17. März 1964, SozR Nr. 18 zu § 1265 RVO, ausgeführt, daß die Hinterbliebenenrente der Witwe und der geschiedenen Frau neben ihrer "Unterhaltsersatzfunktion" auch der während der Ehe von der Frau durch ihre Haushaltstätigkeit erbrachten "Vorleistung" Rechnung tragen soll. Solange aber, wie dies nach der derzeitigen gesetzlichen Regelung in der Rentenversicherung - ebenso auch in der Kriegsopferversorgung (vgl. § 42 BVG) und in der Unfallversicherung (vgl. § 592 RVO) - der Fall ist, der Rentenanspruch der geschiedenen Frau an die Unterhaltspflicht des Versicherten zur Zeit seines Todes oder an die tatsächlichen Zahlungen im letzten Jahr vor dem Tode des Versicherten geknüpft, also im wesentlichen auf die "Unterhaltsersatzfunktion" der Rente abgehoben ist, ist daran festzuhalten, daß in den Fällen der 3. Alternative des § 42 Satz 1 AVG nur solche Zahlungen den Rentenanspruch der geschiedenen Frau rechtfertigen, die im Hinblick auf ihre Höhe einen "Ersatz" durch die Gewährung von Rente notwendig erscheinen lassen. Hieran ändert auch nichts, daß dann, wenn in diesem Sinne von dem Versicherten "Unterhalt" geleistet worden ist, nach § 45 Abs. 4 Satz 1 AVG die "Aufteilung" der Rente allein nach dem Verhältnis der Dauer der Ehe der berechtigten Frauen mit dem Versicherten erfolgt und der Rentenanspruch der geschiedenen Frau damit höher sein kann als die Zahlungen, die sie von dem Versicherten erhalten hat. Entscheidend ist, daß nach der derzeitigen Rechtslage "Rechtsgrund" für den Anspruch auf die "Geschiedenen-Witwenrente" die Unterhaltspflicht bzw. die Unterhaltszahlungen des Versicherten ist, während die Regelung des § 45 Abs. 4 Satz 1 AVG nur das Verhältnis der mehreren "Berechtigten" untereinander betrifft. Der Senat hält also ungeachtet der von Heussner (in "Der Betrieb". Beilage Nr. 19/68 zu Heft Nr. 37) geäußerten Bedenken an der auch vom Schrifttum ganz überwiegend geteilten Rechtsauffassung fest, daß nur geringfügige Zahlungen des Versicherten im letzten Jahr vor seinem Tode, die auch bei Berücksichtigung des eigenen Einkommens der Frau deren Lebensführung nicht merklich verbessert haben, nicht als "Unterhalt" im Sinne des § 42 Satz 1 AVG, 3. Alternative, anzusehen sind.
Festzuhalten ist grundsätzlich aber auch an der in den erwähnten Urteilen vertretenen Rechtsauffassung, daß als geringfügig in der Regel ein Betrag anzusehen ist, der nicht etwa 25 v. H. des zeitlich und örtlich notwendigen "Mindestbedarfs", der an den Richtsätzen der für die Gewährung von Sozialhilfe zuständigen Behörden gemessen werden kann, erreicht. In der Regel hat dieser "Grenzbetrag", wie sich in den bisher vom BSG entschiedenen Fällen gezeigt hat, in dem hier maßgeblichen Zeitraum (1964/65) etwa 40,- bis 50,- DM monatlich betragen. Ob an dieser Abgrenzung auch dann festzuhalten ist, wenn es sich um Versicherte "in wirtschaftlichen Verhältnissen, die sich am Rande des Existenzminimums bewegen", handelt (Heussner aaO), kann hier dahingestellt bleiben. Der Senat braucht sich auch nicht dazu zu äußern, ob - wie die Vorinstanzen angenommen haben und auch die Beigeladene meint - ein Betrag, der 25 v. H. des "Mindestbedarfs" erreicht oder überschreitet, im Einzelfall trotzdem deshalb nicht als "Unterhalt" anzusehen ist, weil die geschiedene Frau besonders hohe eigene Einkünfte gehabt hat. In den Regelfällen wird ein Betrag von 40,- bis 50,- DM monatlich für die Lebenshaltung der geschiedenen Frau meistens erheblich sein. Jedenfalls trifft dies im vorliegenden Falle zu; die Klägerin hat nach der Feststellung des LSG im Durchschnitt des letzten Jahres vor dem Tode des Versicherten ein Arbeitseinkommen von netto etwa 480,- DM monatlich (zuzüglich von freiem Frühstück und Mittagessen) erzielt. Immerhin haben damit hier die Zahlungen des Versicherten einen Betrag ausgemacht, der etwa 10 v. H. des sonstigen Bareinkommens der Klägerin betragen hat;, die Klägerin hat davon auch im wesentlichen ihre Wohnungsmiete bestreiten können. Diese Zahlungen können deshalb auch gemessen an dem Arbeitseinkommen der Klägerin nicht als nur geringfügig angesehen werden.
Die Klägerin hat sonach, entgegen der Auffassung der Vorinstanzen, "Geschiedenen-Witwenrente" nach § 42 Satz 1 AVG, 3. Alternative, zu beanspruchen. Der Beigeladenen steht Witwenrente nach § 41 AVG zu. Es sind sonach "mehrere Berechtigte" im Sinne von § 45 Abs. 4 Satz 1 AVG vorhanden mit der Folge, daß sowohl die Klägerin als auch die Beigeladene den Teil der für sie zu berechnenden Rente zu erhalten hat, der der Dauer ihrer Ehe mit dem Versicherten entspricht. Der Bescheid vom 11. Februar 1966 ist sonach rechtswidrig, weil die Beklagte die Gewährung von Rente an die Klägerin zu Unrecht abgelehnt hat. Der Bescheid vom 11. März 1966 ist rechtswidrig, weil die Beklagte bei der Gewährung der Rente an die Beigeladene nicht berücksichtigt hat, daß auch die Klägerin anspruchsberechtigt ist. Auf die Revision der Klägerin sind daher die Urteile der Vorinstanzen und die Bescheide vom 11. Februar 1966 und 11. März 1966 aufzuheben. Der Senat kann in der Sache entscheiden (§ 170 Abs. 2 Satz 1 SGG). Die Beklagte hat der Klägerin und der Beigeladenen die Rente in der Höhe zu gewähren, die sich aus § 45 Abs. 4 Satz 1 AVG ergibt, und hierüber Bescheide zu erteilen.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen