Leitsatz (amtlich)

Auch Kirchen und ihre Organisationen können als Zweckträger von Bildungsmaßnahmen auftreten und können damit "Betrieb oder Verband" iS des AFG § 43 Abs 2 (Fassung: 1969-06-25) sein.

 

Leitsatz (redaktionell)

Bei der Wortverbindung "Betrieb oder Verband" iS des AFG § 43 Abs 2 handelt es sich um einen allgemeinen Sammelbegriff, der jede Einrichtung erfassen soll, die überhaupt als Zweckträger für Fortbildungs- oder Umschulungsmaßnahmen in Betracht kommen kann.

2. Der Förderung der Ausbildung zum Katecheten (katholischer Religionslehrer) als Fortbildung oder Umschulung steht AFG § 43 Abs 2 aF entgegen.

3. Zur Anfechtbarkeit eines Zweitbescheids.

 

Orientierungssatz

Der Begriff des besonderen arbeitsmarktpolitischen Interesses ist ein unbestimmter Rechtsbegriff und nicht nur eine Ermessensregelung.

Die Ansprüche auf Förderung beruflicher Bildungsmaßnahmen sind als Rechtsansprüche ausgestaltet. Die Verwendung von unbestimmten Rechtsbegriffen (hier: "arbeitsmarktpolitisches Interesse") in einer einen Rechtsanspruch begründenden Norm wandelt den Rechtsanspruch nicht in eine Ermessensleistung um. Der Verwaltung wird damit aber ein gewisser Spielraum in der Beurteilung der Rechtsanwendung auf den einzelnen Sachverhalt eingeräumt. Die Ausübung dieses Beurteilungsspielraumes durch die Verwaltung wird für den Bereich der Förderung der beruflichen Bildung nach AFG § 33 ff im Rahmen der gesetzlichen Ermächtigung des AFG § 39 vorgenommen (vgl BSG 1974-09-24 7 RAr 51/72 = SozR 4100 § 43 Nr 9).

 

Normenkette

AFG § 43 Abs. 2 Fassung: 1969-06-25; AFuU § 4 Fassung: 1969-12-18; GG Art. 7 Abs. 1 Fassung: 1949-05-23; AFG § 43 Abs. 2 Hs. 2 Fassung: 1969-06-25, § 39

 

Verfahrensgang

LSG Nordrhein-Westfalen (Entscheidung vom 12.11.1975; Aktenzeichen L 12 (16) Ar 183/73)

SG Köln (Entscheidung vom 04.09.1973; Aktenzeichen S 10 Ar 126/72)

 

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 12. November 1975 wird zurückgewiesen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Förderung ihrer Teilnahme an einem Lehrgang zur Ausbildung von Katecheten des Erzbistums K.

Die 1935 geborene Klägerin war nach ihrem Schulabschluß (Obersekundareife) von 1953 bis 1957 als kaufmännische Angestellte tätig. Danach war sie Hausfrau. In der Zeit vom 22. April 1970 bis Mitte Mai 1972 nahm sie an einem Lehrgang des Erzbistums K, Generalvikariat, Hauptabteilung Schule/Hochschule, zur Erlangung der staatlichen Lehrbefähigung als Katechetin für das Fach "katholische Religionslehrerin" teil.

Folgende Fächer waren Gegenstand des Unterrichts:

1.   

Katholische Glaubens- und Sittenlehre

ca. 120 Std.

2.   

Neues Testament, Einführung und Exegese

ca. 80 Std.

3.   

Altes Testament, Einführung und Exegese

ca. 40 Std.

4.   

Kirchengeschichte

ca. 40 Std.

5.   

Allgemeine Pädagogik und Didaktik

ca. 120 Std.

6.   

Psychologie

ca. 60 Std.

7.   

Didaktik und Methodik des Religionsunterrichts

ca. 120 Std.

8.   

Gemeindekatechese

ca. 20 Std.

9.   

Schulrechtskunde

ca. 20 Std.

10.

Schulpraktikum

ca. 80 Std.

11.

Liturgik

ca. 40 Std.

12.

Freiwillige Arbeitsgemeinschaften, insbesondere ein mit dem Studiengang verbundenes theologisches Kolloquium.

Die Ausbildung von Katecheten, die als Religionslehrer verwendet werden, beruht auf der II. Vereinbarung zwischen der Unterrichtsverwaltung des Landes Nordrhein-Westfalen und den Erzbistümern und Bistümern des Landes in Durchführung des § 32 Abs 5 des Ersten Gesetzes zur Ordnung des Schulwesens im Lande Nordrhein-Westfalen vom 8. April 1952 (GVBl NW S. 430 - SchoG). Nach dieser Bestimmung kann der Religionsunterricht durch kirchlich ausgebildete Katecheten erteilt werden, falls die Erteilung des Religionsunterrichts durch Lehrer oder Geistliche nicht sichergestellt ist. Nach der II. oa Vereinbarung ist die Ausbildung der Katecheten Aufgabe der Kirche. Sie erteilt dem Katecheten die kirchliche Lehrerlaubnis (missio canonica). Der darauf dem Katecheten erteilte staatliche Unterrichtsauftrag wird durch die obere Schulaufsichtsbehörde zurückgenommen, wenn die kirchliche Oberbehörde die missio canonica entzieht.

Der Lehrgang, an dem die Klägerin teilnahm, wurde vom Erzbistum K finanziert. Die Teilnehmer brauchten nur die Fahrkosten und ihre Auslagen für Literaturbeschaffung selbst zu tragen. Persönliche Voraussetzungen für die Aufnahme in den Lehrgang waren:

1.

Positives Leben mit der Kirche,

a

Bereitschaft zur Erteilung des Religionsunterrichts in Übereinstimmung mit der Lehre der katholischen Kirche

b

Beachtung der Grundsätze der Lehre der katholischen Kirche in der persönlichen Lebensführung.

2.

Alter: In der Regel 20 bis 50 Jahre.

Am 11. Juni 1970 beantragte die Klägerin die Förderung ihrer Teilnahme an dem Katechetenlehrgang. Das Arbeitsamt teilte der Klägerin mit Schreiben vom 25. Juni 1970 mit, daß es die Teilnahme nicht fördern könne. Am 29. September 1971 ging wieder ein Schreiben der Klägerin beim Arbeitsamt ein, mit dem sie ihren Antrag wiederholte. Das Arbeitsamt lehnte diesen erneut gestellten Antrag ab (Bescheid vom 29. Mai 1972; Widerspruchsbescheid vom 7. Juli 1972).

Das Sozialgericht (SG) hat die Beklagte verurteilt, der Klägerin die beantragten Leistungen zu gewähren (Urteil vom 4. September 1973). Das Landessozialgericht (LSG) hat das Erzbistum K beigeladen. Mit Urteil vom 12. November 1975 hat es das angefochtene Urteil abgeändert und die Klage abgewiesen. Es hat dazu im wesentlichen ausgeführt:

§ 43 Abs 2 iVm § 47 Abs 1 Satz 2 des Arbeitsförderungsgesetzes (AFG) stehe der Förderung entgegen. Die Katechetenausbildung sei auf die Zwecke des Erzbistums K ausgerichtet. Als Teilnehmer des Lehrgangs kämen nur Katholiken in Betracht. Ihrem Inhalt nach erstrecke sich die Schulung auf die Lehren der katholischen Kirche, und Ziel des Lehrgangs sei der Erwerb der Befähigung zur Erteilung des katholischen Religionsunterrichts. Der Inhalt des Religionsunterrichts sei nicht dahin erweitert, daß er der Unterweisung nur noch in allgemeiner Religionslehre und Religionsgeschichte gleich käme. Unterrichtet werde im Glauben und zum Glauben. Zumindest bestehe ein zweckgebundenes Interesse des Landes Nordrhein-Westfalen; denn aus den gesetzlichen Bestimmungen ergebe sich, daß die Ausbildung von Religionslehrern auf die Zwecke des Landes Nordrhein-Westfalen ausgerichtet sei.

Für die Teilnahme der Klägerin an dem Katechetenlehrgang bestehe kein besonderes arbeitsmarktpolitisches Interesse. Wohl gebe der Beruf der Katechetin der Klägerin trotz ihrer häuslichen Bindungen eine Möglichkeit der Beschäftigung. Sowohl bei einem Interesse des Erzbistums K als auch einem Interesse des Landes Nordrhein-Westfalen sei letzteres verfassungsrechtlich verpflichtet, den Religionsunterricht zu gewährleisten und damit auch die Lehrkräfte für dieses Fach heranzubilden.

Mit der zugelassenen Revision rügt die Klägerin eine Verletzung der §§ 47 Abs 1 Satz 2, 43 Abs 2 AFG und bringt hierzu insbesondere vor: Das LSG lege nicht dar, ob das Erzbistum K mit dem Land Nordrhein-Westfalen, dessen Zwecken die Umschulung dienen solle, in irgendeiner Form wirtschaftlich, personell oder örtlich verflochten sei. Die Auffassung, daß die Klägerin auch einen außerkirchlichen schulischen Auftrag als Religionslehrerin erfüllen könne, entspreche nicht den Tatsachen. Die Ausbildung von Katecheten sei nicht eine Pflichterfüllung der Kirche, sondern des Landes. Diese Pflicht habe die Kirche nur deshalb übernommen, weil der Staat dieser Pflicht nicht genügend nachgekommen sei.

Die Klägerin beantragt,

das angefochtene Urteil aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 4. September 1973 zurückzuweisen.

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision der Klägerin ist zulässig, jedoch nicht begründet.

Der Anspruch der Klägerin auf Förderung ist allerdings nicht durch das Schreiben der Beklagten vom 25. Juni 1970 bindend verneint. Zwar hat die Klägerin dieses Schreiben, das als Bescheid gewertet werden kann, nicht angefochten. Über den neuen Antrag vom 29. September 1971 hat die Beklagte jedoch erneut entschieden, und gegen diese Bescheide hat die Klägerin das sozialgerichtliche Verfahren angestrengt. Auf einen vorausgegangenen ablehnenden Bescheid kann nicht nur ein Zugunstenbescheid bzw die Ablehnung eines solchen folgen, sondern auch ein Zweitbescheid, der ebenso wie der Erstbescheid das Begehren des Antragstellers ablehnt. Es handelt sich dann um eine neue Regelung und um einen neuen Verwaltungsakt, der wie der frühere Bescheid anfechtbar ist. Ob er ausschließlich zu dem Zweck ergehen kann, den Rechtsweg neu zu eröffnen, um die Rechtmäßigkeit der vom Verwaltungsträger bereits einmal ausgesprochenen Rechtsfolge der Nachprüfung durch die Sozialgerichte zuzuführen (BSGE 18, 22; Urteil vom 31.8.1977 - 1 RA 87/76 -) oder ob hinsichtlich der die Zulässigkeit der Klage gegen einen solchen lediglich den Rechtsweg neu eröffnenden Bescheid Bedenken bestehen (BSG Breithaupt 1971, 954), kann hier dahinstehen; denn die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind erkennbar aufgrund neuer sachlicher Prüfung, nicht aber nur zur Neueröffnung des Rechtswegs ergangen.

Der Klägerin steht jedoch kein Anspruch auf Förderung ihrer Teilnahme an dem Lehrgang zur Ausbildung als Katechistin des Erzbistums K zu. Ihrer Förderung steht § 43 Abs 2 AFG in der bis zum 31. Dezember 1975 geltenden Fassung (1. Januar 1976: Inkrafttreten des Gesetzes zur Verbesserung der Haushaltsstruktur im Geltungsbereich des Arbeitsförderungs- und des Bundesversorgungsgesetzes, BGBl I 3113) entgegen. § 43 Abs 2 AFG ist auf die Fälle der beruflichen Fortbildung unmittelbar und auf die der beruflichen Umschulung aufgrund der Verweisung des § 47 Abs 1 Satz 2 AFG entsprechend anzuwenden. Das AFG kennt drei Arten der beruflichen Bildung, Ausbildung, Fortbildung und Umschulung. Ausbildung im Sinne des § 40 AFG ist stets nur die erste zu einem auf dem Arbeitsmarkt verwertbaren Abschluß führende Maßnahme der beruflichen Bildung. Alle späteren Schritte der beruflichen Bildung sind entweder Fortbildung oder Umschulung (BSGE 38, 174; 38, 274; SozR 4100 § 41 Nr 12; SozR 4100 § 41 Nr 14; SozR 4100 § 40 Nr 1, Nr 12). Die Klägerin hatte, bevor sie in den Lehrgang eintrat, um den es im vorliegenden Falle geht, bereits einen beruflichen Status erreicht, der sie zu einer verantwortlichen Ausübung eines Berufes befähigte. Sie war von 1953 bis 1957 als kaufmännische Angestellte tätig. Außerdem war sie von 1957 bis 1970 Hausfrau. Wie der Senat entschieden hat, stellt die Tätigkeit der Hausfrau einen Beruf im Sinne der Vorschrift des AFG über die individuelle Förderung der beruflichen Fortbildung und Umschulung dar (BSG SozR 4100 § 44 Nr 1). Die Teilnahme der Klägerin an dem Katechetenlehrgang war unter diesen Umständen entweder Fortbildung oder Umschulung, so daß § 43 Abs 2 AFG Anwendung findet.

Nach § 43 Abs 2 AFG aF wird die Teilnahme an Maßnahmen, die auf die Zwecke eines Betriebes oder Verbandes ausgerichtet sind, nur gefördert, wenn dafür ein besonderes arbeitsmarktpolitisches Interesse besteht. Die Maßnahme, an der die Klägerin teilgenommen hat, also die Schulung zur Katechetin, war auf die Zwecke eines Betriebes oder Verbandes im Sinne des § 43 Abs 2 AFG ausgerichtet, nämlich auf die Zwecke der katholischen Kirche und des Erzbistums K, und ein besonderes arbeitsmarktpolitisches Interesse für die Förderung bestand nicht.

Der Zweck der Regelung des § 43 Abs 2 AFG liegt, wie die Entstehungsgeschichte dieser Vorschrift zeigt (§ 42 Abs 4 des Entwurfs, BT-Drucks V/4110 S. 20; zu BT-Drucks V 4110 S. 9), darin, die für die neue berufliche Bildungsförderung erforderlichen Mittel möglichst nicht für solche Maßnahmen zu verbrauchen, die bisher schon von anderen Stellen in deren eigenem Interesse finanziert wurden. Diesem Zweck hatte bereits vorher Nr 7 Abs 1 der Richtlinien für die Gewährung von Beihilfen zur beruflichen Fortbildung (RL) vom 6. September 1965 (BAnz Nr 170 = BABl 1965, 735) gedient. Dem Sinn und Zweck dieser Regelung folgend und unter Anlehnung an die Fassung der Richtlinien von 1965 hat der Senat bereits mehrfach entschieden, daß es sich bei der Wortverbindung "Betrieb oder Verband" nicht um eine Alternative, sondern um einen allgemeinen Sammelbegriff handelt, der an die Stelle der früheren Anhäufung von Begriffen (Betrieb, Unternehmen, Verband, Verwaltung, sonstige Organisationen) getreten ist und erkennbar jede Einrichtung erfassen soll, die überhaupt als Zweckträger für Fortbildungsmaßnahmen in Betracht kommen kann (BSGE 37, 172 ist = SozR 4100 § 43 Nr 2; SozR 4100 § 43 Nr 8, Nr 9, Nr 10). Wie bereits mehrfach entschieden, werden von diesem weiten Begriff einzelne Großbetriebe, Unternehmen mit mehreren Einzelbetrieben, eine Mehrheit kleinerer Betriebe mit insoweit gleichlaufenden gemeinsamen Interessen, aber auch die öffentliche Verwaltung umfaßt, letztere schon im Hinblick darauf, daß gerade bei ihr interne Fortbildungsmaßnahmen für die Bediensteten traditionell üblich sind (BSG SozR 4100 § 43 Nr 8, Nr 9, Nr 10). Dasselbe gilt für die verschiedenen Kirchen und ihre Organisationen. Sie sind Einrichtungen, die als Zweckträger für Fortbildungsmaßnahmen in Betracht kommen. Darüberhinaus ist ihnen traditionellerweise die Aufgabe, Lehrtätigkeit zu entfalten, keineswegs fremd. Vielmehr bestimmen sie nicht zuletzt aus dieser Aufgabe heraus, nämlich der Verkündung von religiösen Wahrheiten, geradezu ihr Wesen und ihre Stellung in der Welt.

Die Maßnahme, an der die Klägerin teilgenommen hat, also der Katechetenlehrgang, war auf die Zwecke der katholischen Kirche und des Erzbistums K ausgerichtet. Ob eine Fortbildungs- oder Umschulungsmaßnahme auf die Interessen eines Betriebes oder Verbandes "ausgerichtet" ist, ergibt sich aus der entsprechenden Auswahl des Teilnehmerkreises, dem Inhalt der Schulung und dem besonderen Ausbildungsziel (BSGE 37, 172; 39, 189, 193; SozR 4100, § 43 Nr 8, Nr 9, Nr 10). Unter Gesamtwürdigung dieser miteinander zusammenhängenden aber auch sich ergänzenden Merkmale, ist der Lehrgang, an dem die Klägerin teilgenommen hat, als interessengebunden anzusehen; denn jedes der drei genannten Merkmale ist von den besonderen Interessen der katholischen Kirche und des Erzbistums K geprägt. Für die Teilnahme ausgewählt, dh zu der Teilnahme zugelassen werden nämlich allein Katholiken, und zwar solche, die zu ihrer Kirche in einem engeren Verhältnis stehen. Vorausgesetzt wird ein "positives Leben mit der Kirche", darunter die Bereitschaft zur Erteilung des Religionsunterrichtes in Übereinstimmung mit der Lehre der katholischen Kirche und die Beachtung der Grundsätze der Lehre der katholischen Kirche in der persönlichen Lebensführung. Die kirchlichen Behörden erteilen die missio canonica und können sie auch wieder entziehen mit der Folge, daß der ausgebildete Katechet die staatliche Lehrerlaubnis verliert, praktisch also an der weiteren Ausübung seines Berufes gehindert ist. Der Teilnehmerkreis, der für den Katechetenlehrgang des Erzbistums K in Betracht kommt, ist also von vornherein dahin begrenzt, daß es sich um Katholiken handeln muß, die in besonderer Übereinstimmung mit ihrer Kirche leben und bereit sind, für die weitere Zukunft ihr berufliches Schicksal davon abhängig zu machen, daß ihr persönliches Leben mit den Auffassungen der Kirche übereinstimmt. Auch der Inhalt der Schulung und das besondere Ausbildungsziel sind durch die Interessen der katholischen Kirche bestimmt. Aus der Beschränkung der Ausbildung auf religiöse Themen ließe sich diese interessengebundene Ausrichtung allein allerdings noch nicht herleiten; denn die Kenntnisse der christlichen Glaubens- und Sittenlehre, des Inhaltes der Bibel und der Kirchengeschichte sind auch als Gegenstände allgemeinen Wissens im europäischen Kulturkreis von erheblicher Bedeutung. Wie das LSG festgestellt hat, besteht das Ziel des Unterrichts, zu dem die Katecheten befähigt werden sollen, aber nicht darin, einen bloßen religionsbezogenen Wissensstand zu vermitteln, sondern darin, den Glauben der katholischen Religionsgemeinschaft zu verbreiten und zu diesem Zwecke auch eine gewisse Wissensgrundlage zu legen. Das folgt auch daraus, daß die "missio canonica" - wie das von der Klägerin zu den Akten gereichte Muster, auf das sich das LSG bezogen hat, ergibt - die Erlaubnis zur Lehre mit den Worten umschreibt, der Katechet sei "Mitarbeiter bei der Verkündigung des Glaubens im Namen und Auftrag der Kirche, in der Einheit mit dem Bischof und im Zusammenwirken mit den Eltern der Schüler, mit den Priestern und Gläubigen". Es folgt auch aus der III. Vereinbarung zwischen der Unterrichtsverwaltung des Landes Nordrhein-Westfalen und den Erzbistümern und Bistümern des Landes in Durchführung des § 33, 4 des Ersten Gesetzes zur Ordnung des Schulwesens im Lande Nordrhein-Westfalen vom 8. April 1952 (GVBl NW 61 ff - SchoG -). In ihr heißt es, daß die Kirche sich durch Einsichtnahme vergewissert, daß der Religionsunterricht in Übereinstimmung mit ihren Lehren und Anforderungen erteilt wird. Bestehen Bedenken gegen die Lehren des Lehrers, kann die kirchliche Oberbehörde die kirchliche Bevollmächtigung (missio canonica) entziehen und die Schulaufsichtsbehörde verständigen. In diesem Falle entfällt auch die Grundlage, auf der die staatliche Lehrerlaubnis des Katecheten beruht. Nach § 31 des SchoG wird der Religionsunterricht in Übereinstimmung mit den Lehren und Grundsätzen der betreffenden Kirche erteilt. Der Besitz der missio canonica ist Voraussetzung für die Befugnis, Religionsunterricht zu erteilen (II. Vereinbarung zwischen dem Land Nordrhein-Westfalen und seinen Erzbistümern und Bistümern vom 8. April 1952).

Keiner Entscheidung bedarf die Frage, ob die Klägerin die Kenntnisse, die sie durch den Katechetenlehrgang erworben hat, zu irgend einer Weise doch noch nach einer etwaigen Entziehung der missio canonica verwerten könnte. Wie der Senat bereits ausgesprochen hat, kann eine Interessengebundenheit auch dann vorliegen, wenn die durch den interessengebundenen Lehrgang vermittelten Kenntnisse anderweitig nutzbar sind (SozR 4100 § 43 Nr 8). Die Verwertbarkeit des von der Klägerin in dem Katechetenlehrgang erworbenen Wissens auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt dürfte im übrigen aber auch ohne die missio canonica außerordentlich eingeschränkt sein.

Die Maßnahme, an der die Klägerin teilgenommen hat, war daher "auf die Zwecke eines Betriebes oder Verbandes ausgerichtet". Dennoch käme die Förderung für die von der Klägerin besuchte Maßnahme gleichwohl in Betracht, wenn hieran ein besonderes arbeitsmarktpolitisches Interesse besteht (§ 43 Abs 2 letzter Halbsatz AFG). Das ist jedoch nicht der Fall.

Der Begriff des besonderen arbeitsmarktpolitischen Interesses ist ein unbestimmter Rechtsbegriff und nicht nur eine Ermessensregelung, in deren Auslegung die Beklagte im Rahmen der Ausübung eines pflichtgemäßen Ermessens entscheiden könnte. Die Ansprüche auf Förderung beruflicher Bildungsmaßnahmen sind als Rechtsansprüche ausgestaltet. Die Verwendung von unbestimmten Rechtsbegriffen (hier: "arbeitsmarktpolitisches Interesse") in einer einen Rechtsanspruch begründenden Norm wandelt den Rechtsanspruch nicht in eine Ermessensleistung um. Der Verwaltung wird damit aber ein gewisser Spielraum in der Beurteilung der Rechtsanwendung auf den einzelnen Sachverhalt eingeräumt. Die Ausübung dieses Beurteilungsspielraumes durch die Verwaltung wird für den Bereich der Förderung der beruflichen Bildung nach § 33 ff. AFG im Rahmen der gesetzlichen Ermächtigung des § 39 AFG vorgenommen (BSG SozR 4100 § 43 Nr 9).

Macht die Bundesanstalt für Arbeit (BA) von dem ihr bei der Anwendung von unbestimmten Rechtsbegriffen zustehenden Beurteilungsspielraumes durch eine entsprechende Regelung im Rahmen des Satzungsrechts Gebrauch, so beschränkt sich die Kontrolle durch das Gericht darauf, ob die entsprechenden Satzungsbestimmungen von der Ermächtigung gedeckt sind. Durch den Inhalt eines in dieser Weise gesetzeskonformen Satzungsrechts wird der Beurteilungsspielraum der BA konkretisiert. Für den vorliegenden Fall bedeutet dies, daß von § 4 der Anordnung des Verwaltungsrates der BA über die individuelle Förderung der beruflichen Fortbildung und Umschulung vom 18. Dezember 1969 (ANBA 1970, 85) - AFuU 1969 - auszugehen ist, in welchem der Begriff "besonderes arbeitsmarktpolitisches Interesse" näher umschrieben wird. In Betracht kommt vorliegend allenfalls die Regelung in § 4 Nr 3 AFuU 1969; danach besteht ein besonderes arbeitsmarktpolitisches Interesse im Sinne des § 43 Abs 2 AFG, wenn die Fortbildung oder Umschulung die berufliche Beweglichkeit des Teilnehmers verbessert und Arbeitslosigkeit, Unterbeschäftigung oder Mangel an Arbeitskräften auf andere Weise nicht verhütet oder beendet werden kann. Diese Regelung des § 4 Nr 3 AFuU 1969 hält sich im Rahmen der Ermächtigungsgrundlage des § 39 AFG (BSG SozR 4100 § 43 Nr 9). Der Tatbestand dieser Bestimmung liegt jedoch - auf den vorliegenden Fall bezogen - nicht vor. Die von dem Erzbistum K eingerichtete Bildungsmaßnahme zur Heranbildung von Katecheten hat zwar zur Folge, daß ein "Mangel an Arbeitskräften verhütet oder beendet" wird, dieser Mangel ist aber "auf andere Weise" (als durch Förderung seitens der BA) zu beheben. Auf "andere Weise" im Sinne des § 4 Nr 3 AFuU 1969 sind die dort bezeichneten arbeitsmarktpolitischen Schwierigkeiten jedenfalls dann zu beheben, wenn der Betrieb oder Verband, auf dessen Zwecke die Bildungsmaßnahme ausgerichtet ist, selbst eine Verpflichtung zur Beseitigung jener Schwierigkeiten hat. Das ist hier der Fall. Gemäß § 7 Abs 1 des Grundgesetzes (GG) ist die Schulpflicht und deren Organisation eine zentrale Aufgabe des Staates. Zur Schulaufsicht im Sinne des Art 7 Abs 1 GG gehört die Befugnis des Staates zur zentralen Ordnung und Organisation des Schulwesens mit dem Ziel, ein Schulsystem zu gewährleisten, das allen jungen Bürgern gemäß ihren Fähigkeiten die dem heutigen gesellschaftlichen Leben entsprechenden Bildungsmöglichkeiten eröffnet. Dem Staat steht die Schulplanung und die Einwirkung auf Einrichtung, Änderung und Aufhebung der einzelnen öffentlichen Schulen zu (vgl BVerfGE 26, 238). Damit ist es Sache des Staates - hier des Landes Nordrhein-Westfalen -, die Voraussetzungen zu schaffen, unter denen der Besuch einer öffentlichen Schule durch die Schulpflichtigen möglich ist. Diese Pflicht hat das Land Nordrhein-Westfalen, soweit es die Ausbildung der Katecheten betrifft, allerdings auf die katholische Kirche, und zwar auf die Erzbistümer und Bistümer des Landes überwälzt, indem in der II. Vereinbarung zwischen der Unterrichtsverwaltung des Landes Nordrhein-Westfalen einerseits und den Erzbistümern und Bistümern des Landes andererseits bestimmt worden ist, daß die Ausbildung der Katecheten Aufgabe der Kirche ist. Es kann dahingestellt bleiben, ob gegenüber der Öffentlichkeit und gegenüber den Schulpflichtigen das Land damit bereits von seiner Verpflichtung frei geworden ist. Auf jeden Fall hat auch die katholische Kirche, im vorliegenden Fall das Erzbistum K dem vertragsabschließenden Land gegenüber die Verpflichtung übernommen, Katecheten auszubilden. Damit ist gewährleistet, daß Arbeitslosigkeit, Unterbeschäftigung oder Mangel an Arbeitskräften, soweit diesen Mängeln durch Ausbildung von Katecheten abgeholfen werden kann, auf andere Weise als durch Förderung seitens der BA, verhütet oder beendet werden kann.

Die Voraussetzungen, unter denen nach § 43 Abs 2 AFG aF die Förderung der Fortbildung und der Umschulung ausgeschlossen ist, liegen demnach vor.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs 1 SGG.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1653292

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