Leitsatz (amtlich)
1. Zur Frage der Unterscheidung von Ausbildung, Fortbildung und Umschulung iS der AFG §§ 40 , 41 , 47 .
2. Eine Fortbildungs- oder Umschulungsmaßnahme ist nicht auf die Zwecke eines Betriebes oder Verbandes iS des AFG § 43 Abs 2 ausgerichtet, wenn die Maßnahme zwar eingerichtet wird, um Arbeitskräfte für den eigenen Bedarf des Betriebes oder Verbandes heranzubilden, die Fortbildung oder Umschulung aber für einen Beruf erfolgt, der auch außerhalb des betreffenden Betriebes oder Verbandes in gleichem Umfang nachgefragt wird, und die Maßnahme jedermann offensteht, der die objektiven Zugangsvoraussetzungen erfüllt (Anschluß an BSG 1975-09-30 7 RAr 96/73 = SozR 4100 § 47 Nr 14).
3. Ein Lehrgang zur Heranbildung von Lehrern für Kurzschrift und Maschinenschreiben erfüllt die objektiven Zugangsvoraussetzungen des AFG § 41 Abs 1 , wenn er eine abgeschlossene Berufsausbildung oder angemessene Berufserfahrung in dem anerkannten Ausbildungsberuf (früher Anlernberuf) des Bürogehilfen (Ausbildungsdauer 2 Jahre) voraussetzt.
4. Die angemessene Berufserfahrung iS des AFG § 41 braucht sich nicht auf einen längeren Zeitraum zu erstrecken als die entsprechende Ausbildung, wenn aufgrund der sonst von den Teilnehmern verlangten Bildungsvoraussetzungen und der Art der verlangten Berufspraxis zu erwarten ist, daß sie sich die wesentlichen Kenntnisse und Fertigkeiten des Ausbildungsberufs in dieser Zeit aneignen (Fortführung von BSG 1975-09-30 7 RAr 88/74 = SozR 4100 § 41 Nr 20).
5. "Auf andere Weise" iS der AFuU § 4 Abs 3 (Fassung: 1969-12-18) ist ein Mangel an Arbeitskräften dann zu beheben , wenn der Betrieb oder Verband, auf dessen Zwecke die Bildungsmaßnahmen ausgerichtet ist, selbst eine gesetzliche Verpflichtung zur Beseitigung des Mangels hat.
6. Es ist ein den Ländern obliegender verfassungsrechtlicher Auftrag, den Bedarf an schulischer Bildung sowohl im Bereich der Allgemeinbildung als auch im Bereich der beruflichen Bildung selbst sicherzustellen
Normenkette
AFG § 41 Abs. 1 Fassung: 1969-06-25, § 43 Abs. 2 Fassung: 1969-06-25, § 47 Abs. 1 S. 2 Fassung: 1969-06-25; BBiG § 25 Fassung: 1969-08-14, § 26 Fassung: 1969-08-14; AFuU § 4 Abs. 3 Fassung: 1969-12-18; AusbFöAnO § 3 Abs. 3 Fassung: 1969-10-31; AFG § 40 Abs. 1 Fassung: 1969-06-25
Tenor
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 24. April 1974 aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.
Gründe
I
Die Beteiligten streiten um die Förderung eines Lehrgangs zur Vorbereitung auf die Prüfung für Lehrer in den Fächern Kurzschrift und Maschinenschreiben.
Die Klägerin war nach Abschluß ihrer Schulausbildung (Realschulabschluß, ein Jahr höhere Handelsschule) von 1962 bis 1966 als kaufmännische Angestellte tätig. Danach durchlief sie eine Ausbildung zur Turn- und Sportlehrerin und wurde anschließend im Angestelltenverhältnis im Schuldienst des Landes Baden-Württemberg verwendet.
In der Zeit vom 1. Oktober 1970 bis 2. April 1972 nahm sie an einem Lehrgang zur Vorbereitung auf die staatliche Prüfung für Lehrer der Kurzschrift und des Maschinenschreibens teil. Der Lehrgang war vom Kultusministerium des Landes Baden-Württemberg ausgeschrieben und verfolgte den Zweck, Lehrkräfte für den Schuldienst des Landes Baden-Württemberg in den Fächern Kurzschrift und Maschinenschreiben heranzubilden. Veranstaltet wurde der Lehrgang von der Berufspädagogischen Hochschule in Stuttgart.
Nach erfolgreichem Abschluß dieses Lehrgangs unterrichtete die Klägerin neben dem Fach Sport auch in den Fächern Maschinenschreiben und Stenografie.
Der Antrag auf Förderung des Vorbereitungslehrgangs für die Lehrerprüfung in den Fächern Kurzschrift und Maschinenschreiben lehnte das Arbeitsamt Göppingen mit Bescheid vom 30. Dezember 1970 ab. Der Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 12. Mai 1971). Die hiergegen erhobene Klage vor dem Sozialgericht (SG) Stuttgart hatte Erfolg (Urteil des SG vom 21. April 1972). Auf die Berufung der Beklagten hat das Landessozialgericht (SG) Baden-Württemberg das Urteil des SG aufgehoben und die Klage abgewiesen. Das LSG hat die Auffassung vertreten, der von der Klägerin besuchte Lehrgang könne weder als Ausbildung noch als Fortbildung oder Umschulung gefördert werden. Eine Förderung als Ausbildung komme nicht in Betracht, weil die Voraus Setzungen von § 3 Abs. 3 der Anordnung des Verwaltungsrats der Bundesanstalt für Arbeit (BA) über die individuelle Förderung der beruflichen Ausbildung (A Ausb) vom 31. Oktober 1969 (ANBA 1970, 230) nicht erfüllt seien. Die Ausbildung zur Lehrerin für Kurzschrift und Maschinenschreiben schließe nicht unmittelbar an die vorangegangene Ausbildung zur Turn- und Sportlehrerin an.
Unter dem Gesichtspunkt der Fortbildung oder Umschulung scheide eine Förderung nach § 43 Abs. 2 des Arbeitsförderungsgesetzes (AFG) aus, weil der Vorbereitungslehrgang ausschließlich den Interessen eines Betriebes oder Verbandes, hier des Landes Baden-Württemberg, gedient habe. Er sei ausschließlich zu dem Zweck eingerichtet worden, den Bedarf an Lehrern für Kurzschrift und Maschinenschreiben im Schuldienst des Landes Baden-Württemberg zu decken. Dem stehe nicht entgegen, daß einzelne Teilnehmer anschließend in einer Privatschule tätig geworden seien. Ein besonderes arbeitsmarktpolitisches Interesse, das gemäß § 43 Abs. 2 AFG dennoch einen Förderungsanspruch begründen könne, sei nicht zu erkennen. Weder bestehe ein besonders dringlicher Bedarf an Lehrkräften mit der von der Klägerin gewählten Fächerkombination, noch sei ein Mangel an Bewerbern festzustellen, der durch Förderungsmaßnahmen behoben werden müßte.
Mit der - zugelassenen - Revision rügt die Klägerin eine Verletzung des § 43 Abs. 2 AFG. Sie macht geltend: Bei dem von ihr besuchten Lehrgang habe es sich nicht um eine interessengebundene Maßnahme im Sinne des § 43 Abs. 2 AFG gehandelt. In einer Mitteilung des Kultusministeriums an das LSG vom 22. April 1974 sei zur Frage der Verwendung der Teilnehmer lediglich gesagt, "ihr Einsatz kann an den Schulen erfolgen". Die Berufspädagogische Hochschule Stuttgart habe am 30. März 1974 dem LSG mitgeteilt, den Teilnehmern stehe es "nach bestandener Prüfung frei, in den Staats- oder Privatschuldienst einzutreten". Weder in den Ausschreibungen noch sonstigen offiziellen Mitteilungen sei etwas Gegenteiliges erkennbar gewesen. Die Klägerin macht ferner geltend, daß ein besonderes arbeitsmarktpolitisches Interesse an der Heranbildung von Lehrern im Hinblick auf den Mangel an Lehrern und die Bedeutung des Lehrerberufes bejaht werden müsse.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des LSG aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des SG zurückzuweisen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für richtig. Im übrigen macht sie noch geltend, daß eine Förderung als Fortbildung auch an § 41 Abs. 1 AFG scheitere, weil die Teilnahme an dem Lehrgang eine abgeschlossene Berufsausbildung oder angemessene Berufserfahrung zwingend vorausgesetzt habe.
Beide Beteiligten sind mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung (§ 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz -SGG-) einverstanden.
II
Die Revision der Klägerin ist begründet. Das Urteil des LSG ist aufzuheben und der Rechtsstreit zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Für die Klägerin war die Teilnahme an dem Vorbereitungslehrgang für die Prüfung zum Lehrer in Kurzschrift und Maschinenschreiben eine Maßnahme der beruflichen Fortbildung. Ausbildung im Sinne des AFG ist in der Regel nur die erste, zu einem Abschluß führende berufliche Bildungsmaßnahme. Alle späteren Schritte zur weiteren beruflichen Bildung sind grundsätzlich entweder Fortbildung oder Umschulung (BSG SozR 4100 § 40 Nr. 1, § 41 Nr. 11 und 13). Es kann hier dahinstehen, ob etwas anderes zu gelten hat, wenn es sich um eine Stufenausbildung, insbesondere um eine gesetzlich geordnete nach § 26 des Berufsbildungsgesetzes oder des § 26 der Handwerksordnung handelt oder die Voraussetzungen des § 3 Abs. 3 A Ausb gegeben sind. Keiner dieser Fälle liegt hier vor. Wegen der vorangegangenen Ausbildung zur Sportlehrerin kann deshalb die Weiterbildung zur Lehrerin für Kurzschrift und Maschinensehreiben nur als Fortbildung oder Umschulung angesehen werden. Für die Unterscheidung dieser beiden Bildungsmaßnahmen ist wesentlich, ob die in dem bisherigen Beruf erlernten Fertigkeiten in den angestrebten Beruf inhaltlich mit übernommen werden (Fortbildung) oder ob diese Fertigkeiten entweder nicht oder nur unwesentlich für die andere geeignete berufliche Tätigkeit im Sinne des § 47 Abs. 1 AFG Bedeutung haben (Umschulung), insoweit also ein Beruf mit neuem Inhalt erlernt wird (BSG SozE 4100 § 41 Nr. 11). Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist der Vorbereitungslehrgang für Lehrer in Kurzschrift und Maschinensehreiben für die Klägerin eine Maßnahme der Fortbildung. Der Beruf des Lehrers wird in erster Linie durch die pädagogische Aufgabe geprägt (BSG SozR 4100 § 43 Nr. 9). Der prägende Inhalt des bisherigen Berufs als Sportlehrerin bleibt somit auch dann erhalten, wenn die technischen Kenntnisse für ein weiteres Fach hinzuerworben werden. Im übrigen bestand bei der Klägerin auch nie die Absicht, den bisherigen Beruf als Sportlehrerin aufzugeben, so daß außerdem die fachlichen Kenntnisse als Sportlehrerin weiterhin für den nach Beendigung der Maßnahme angestrebten Beruf maßgeblich bleiben.
Aufgrund der bisher getroffenen Feststellungen des LSG kann allerdings noch nicht abschließend entschieden werden, ob die von der Klägerin besuchte Fortbildungsmaßnahme nach dem AFG gefördert werden kann.
Das LSG ist zutreffend davon ausgegangen, daß eine Förderung der Teilnahme an dem streitigen Lehrgang nach § 43 Abs. 2 AFG ausgeschlossen ist, wenn der besuchte Lehrgang auf die Interessen eines Betriebes oder Verbandes, hier des Landes Baden-Württemberg, ausgerichtet ist. Entgegen der Auffassung des LSG sind diese Voraussetzungen allerdings nicht schon dadurch erfüllt, daß der Lehrgang eingerichtet worden ist, um einen bestimmten Bedarf an Lehrern für Kurzschrift und Maschinenschreiben im staatlichen Schuldienst des Landes Baden-Württemberg zu decken. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts -BSG- (SozR 4100 § 43 Nr. 2 und Nr. 8 bis 10) ergibt sich die Zweckgebundenheit einer Maßnahme insbesondere aus drei Kriterien, nämlich aus der Auswahl des Teilnehmerkreises, dem Inhalt der Schulung und dem besonderen Ausbildungsziel. Dabei ist nicht erforderlich, daß jedes dieser Merkmale auf eine Interessenbindung hindeutet. Die Entscheidung erfolgt vielmehr aufgrund einer Gesamtwürdigung dieser einander überschneidenden und ergänzenden Merkmale.
Es steht deshalb einer Interessenbindung noch nicht entgegen, wenn bei der Auswahl des Teilnehmerkreises nicht oder jedenfalls nicht in erster Linie auf Bedienstete des Landes Baden-Württemberg zurückgegriffen wurde, sondern auch außenstehende Bewerber Zugang haben. Gerade in den Fällen, in denen ein Betrieb oder Verband freie Stellen, deren Besetzung eine bestimmte Qualifikation des Stelleninhabers erfordert, nicht mit eigenen Bediensteten besetzen kann, ist es zwangsläufig, daß Außenstehende für die Bildungsmaßnahme angeworben werden.
Eine Interessenbindung kann aber dann nicht mehr angenommen werden, wenn - was hier naheliegt - die Schulung außerdem auch inhaltlich nicht auf die Besonderheiten des Lehramts an staatlichen Schulen und speziell den Bereich des Landes Baden-Württemberg zugeschnitten ist. Die Ausbildung zu einem Beruf des allgemeinen Arbeitsmarktes, der auch außerhalb des betreffenden Betriebes oder Verbandes in erheblichem Umfang nachgefragt wird, stellt selbst dann keine interessengebundene Maßnahme dar, wenn der Lehrgang mit dem Ziel eingerichtet wird, Arbeitskräfte für den eigenen Bedarf heranzubilden (BSG, Urteil vom 30. September 1975 - 7 RAr 96/73 -). Mit einer derartigen Lehrveranstaltung leistet der Betrieb oder Verband lediglich einen Beitrag zu den ohnehin erforderlichen und im übrigen von der BA zu fördernden Ausbildungsbemühungen zur Heranbildung der für den Arbeitsmarkt erforderlichen Arbeitskräfte. Die besondere Interessengebundenheit wird in solchen Fällen allenfalls durch eine Beschränkung auf die Bediensteten eines Betriebes oder Verbandes oder besondere, im wesentlichen nur dort verwertbare Spezialisierung erkennbar. In Anwendung dieser Grundsätze hat das BSG bereits entschieden, daß die Ausbildung von Lehrern in einem Sonderlehrgang nicht zu fördern ist, wenn diese Ausbildung allein dazu dient, Lehrer für ein Land oder evtl. einige Länder heranzubilden, oder wenn die Ausbildung zwar für alle Bundesländer erfolgt, aber einen von vornherein zeitlich und personell begrenzten Bedarf abdecken soll (BSG SozR 4100 § 43 Nr. 9 und § 36 Nr. 4 sowie Urteil vom 4. November 1975 - 7 RAr 57/73 -). Keine Interessengebundenheit besteht, wenn es sich um eine für jedermann offene Ausbildung handelt, die auf unbestimmte Zeit der Ausbildung von Lehrern für das gesamte Bundesgebiet dient, wenn also die Absolventen des Lehrgangs in allen Ländern oder jedenfalls im überwiegenden Teil der Bundesländer mit der erworbenen Qualifikation eine Anstellung finden können und eine zeitliche Begrenzung der Veranstaltung solcher Sonderausbildungslehrgänge nicht von vornherein vorgesehen ist (BSG Urteil vom 4. November 1975 - 7 RAr 57/73 -).
Dementsprechend kann der von der Klägerin besuchte Lehrgang nicht ohne weiteres als interessengebunden angesehen werden Außer der Absicht, mit der Veranstaltung eines solchen Lehrgangs die offenen Stellen im Schuldienst des Landes zu besetzen, und der Auswahl der Teilnehmer danach, ob zu erwarten war, daß sie die neu erworbenen Kenntnisse und Fertigkeiten im Schuldienst des Landes einsetzen würden, hat das LSG keine Feststellungen getroffen, die auf eine Interessenbindung hindeuten. Insbesondere hat es den Inhalt des Lehrgangs nicht daraufhin untersucht, ob er speziell auf den Dienst an öffentlichen Schulen in Baden-Württemberg zugeschnitten ist. Diese Feststellungen müssen noch nachgeholt werden.
Sollte sich dabei ergeben, daß die inhaltliche Ausgestaltung in Verbindung mit den bereits festgestellten Anhaltspunkten die Folgerung erlaubt, daß es sich hier um einen Lehrgang handelt, der im Interesse des Landes Baden-Württemberg veranstaltet worden ist, so läßt sich eine Förderung nicht mehr damit rechtfertigen, daß hierfür ein "besonderes arbeitsmarktpolitisches Interesse" vorliege. Die BA hat den ihr bei der Anwendung dieses Begriffs zustehenden Beurteilungsspielraum in § 4 der Anordnung des Verwaltungsrats der BA über die individuelle Förderung der ___AMPX_‚_SEMIKOLONX___Xberuflichen Fortbildung und Umschulung (AFuU 1969) in zulässiger Weise konkretisiert (BSG SozR 4100 § 43 Nr. 9). In Betracht kommt vorliegend allenfalls § 4 Nr. 3 AFuU 1969; danach besteht ein besonderes arbeitsmarktpolitisches Interesse im Sinne des § 43 Abs. 2 AFG, wenn die Fortbildung oder Umschulung die berufliche Beweglichkeit des Teilnehmers verbessert und Arbeitslosigkeit, Unterbeschäftigung oder Mangel an Arbeitskräften auf andere Weise nicht verhütet oder beendet werden kann. Der Tatbestand des § 4 Nr. 3 AFuU 1969 liegt jedoch hier nicht vor. Die von der Schulbehörde eingerichtete Bildungsmaßnahme zur Heranbildung der bezeichneten Fachlehrer hat zwar den Zweck, "einen Mangel" an Arbeitskräften zu verhüten oder zu beenden; dieser Mangel ist aber "auf andere Weise" (als durch Förderung seitens der BA) zu beheben. Auf "andere Weise" im Sinne des § 4 Abs. 5 AFuU 1969 sind die dort bezeichneten arbeitsmarktpolitischen Schwierigkeiten jedenfalls dann zu beheben, wenn der Betrieb oder Verband, auf dessen Zwecke die Bildungsmaßnahme ausgerichtet ist, selbst eine gesetzliche Verpflichtung zur Beseitigung jener Schwierigkeiten hat. Das ist hier der Fall. Es ist ein den Ländern obliegender Verfassungsauftrag, den Bedarf an schulischer Bildung sowohl im Bereich der Allgemeinbildung als auch im Bereich der beruflichen Bildung sicherzustellen. Diese verfassungsmäßige Pflicht der Länder hat zur Folge, daß der im Bereich der Schulbehörde des Landes Baden-Württemberg bestehende Mangel an Lehrkräften von ihr selbst zu verhüten bzw. zu beenden ist, folglich auf andere Weise als durch eine Förderung von selten der BA (BSG SozR 4100 § 43 Nr. 9).
Eine Förderung der Teilnahme der Klägerin an dem streitigen Lehrgang scheitert auch nicht - wie die Beklagte meint - ohne weiteres daran, daß die Zugangsvoraussetzungen des Lehrgangs nicht den Anforderungen des § 41 Abs. 1 AFG genügen. Nach § 41 Abs. 1 AFG kann die Teilnahme an einer Maßnahme der beruflichen Bildung als Fortbildung nur dann gefördert werden, wenn die Maßnahme von den Teilnehmern generell eine abgeschlossene Berufsausbildung oder eine angemessene Berufserfahrung verlangt. Wie das BSG bereits mehrfach entschieden hat, sind die abgeschlossene Berufsausbildung oder angemessene Berufserfahrung nicht nur auf den Teilnehmer bezogene Förderungsvoraussetzungen; vielmehr handelt es sich um Anforderungen oder Eigenschaften, die der Lehrgang erfüllen muß, damit eine Teilnahme an diesem Lehrgang gefördert werden kann (BSGE 36, 48; ferner Urteil vom 30. September 1975 - 7 RAr 88/74 - mit weiteren Nachweisen). Diese Eigenschaften erfüllt der Lehrgang nur, wenn der Maßnahmeträger ausschließlich Teilnehmer zuläßt, die eine abgeschlossene Berufsausbildung oder entsprechende Berufserfahrung aufweisen.
Inwieweit dies bei dem streitigen Lehrgang der Fall war, hat das LSG nicht festgestellt. Aus den in Bezug genommenen Unterlagen, insbesondere dem Schreiben der Berufspädagogischen Hochschule Stuttgart vom 30. März 1974 und der Anlage zum Schreiben des Kultusministers des Landes Baden-Württemberg vom 22. April 1974, ergibt sich lediglich, daß Realschulabschluß oder ein gleichwertiger Bildungsstand, bestimmte Leistungen in Kurzschrift und Maschinenschreiben sowie eine mindestens zweijährige hauptberufliche Tätigkeit in der Wirtschaft oder in der Verwaltung verlangt werden. Eine abgeschlossene Berufsausbildung wird hier nicht verlangt. Die geforderte Berufspraxis könnte aber den gesetzlichen Voraussetzungen entsprechen. Das BSG hat mehrfach entschieden, daß die nach § 41 Abs. 1 AFG vorauszusetzende Berufspraxis nicht kürzer sein darf als die Ausbildungsdauer in einem entsprechenden Ausbildungsberuf (BSG vom 30. September 1975 - 7 RAr 88/74 - und BSG vom 17. Dezember 1975 - 7 RAr 4/74 -). Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Eine zweijährige hauptberufliche Tätigkeit in Büroberufen entspricht von ihrer Dauer her der Ausbildung in dem anerkannten Ausbildungsberuf des Bürogehilfen. Im Gegensatz zu der früheren Rechtslage kennt das Berufsbildungsgesetz (BBiG) den Begriff des Anlernberufs nicht mehr. Nach den §§ 35 ff BBiG gibt es nur noch Ausbildungsberufe, deren zeitliche Dauer lediglich dahin eingegrenzt ist, daß sie nicht mehr als drei und nicht weniger als zwei Jahre betragen soll (§ 25 Abs. 2 Nr. 2 BBiG). Die vor Inkrafttreten des BBiG anerkannten Lehrberufe und Anlernberufe gelten als Ausbildungsberufe im Sinne dieses Gesetzes (§ 108 Abs. 1 BBiG). Hierzu gehört auch der Beruf des Bürogehilfen (Teil A lfd. Ur. 71 des nach § 30 BBiG vom Bundesminister für Bildung und Wissenschaft herausgegebenen Verzeichnisses der anerkannten Ausbildungsberufe).
Im vorliegenden Fall kann diese Mindestdauer als ausreichend angesehen werden. Von einem Realschulabsolventen, der zusätzlich ein Jahr die höhere Handelsschule besucht hat, kann erwartet werden, daß er sich innerhalb von zwei Jahren Bürotätigkeit im wesentlichen die Kenntnisse und Fähigkeiten aneignet, die auch von einem Bürogehilfen gefordert werden. Dabei kann hier dahinstehen, inwieweit der Bürogehilfe Stenografie und Schreibmaschine beherrschen muß, weil insoweit für die Teilnahme an dem streitigen Lehrgang besondere Anforderungen gestellt werden.
Es bestehen auch keine Bedenken, den Beruf des Bürogehilfen als Maßstab für die Zulassung zu dem Vorbereitungslehrgang für Lehrer in Kurzschrift und Schreibmaschine zugrunde zu legen. Dies geht nur dann nicht, wenn der Fortbildungslehrgang zu einem Beruf hinführt, der an sich auf einem anderen Beruf mit umfangreicheren Kenntnissen und Fertigkeiten aufbaut (BSG Urteil vom 30. September 1975 - 7 RAr 88/74 -). Bei dem Beruf des Lehrers für Kurzschrift und Maschinenschreiben handelt es sich um einen bürotechnischen Beruf, der nicht auf den Beruf des Kaufmanns aufbaut, für den vielmehr allgemeine Kenntnisse des Bürowesens als Grundlage ausreichen. Da somit die verlangte zweijährige hauptberufliche Tätigkeit in der Wirtschaft und Verwaltung möglicherweise den Anforderungen des § 41 Abs. 1 AFG genügt, wird das LSG noch feststellen müssen, ob für eine Zulassung zu dem streitigen Lehrgang jegliche Tätigkeit in Verwaltung oder Wirtschaft als ausreichend angesehen wurde oder ob eine einschlägige Bürotätigkeit verlangt wurde, von der zu erwarten war, daß sie die Kenntnisse und Fertigkeiten eines Bürogehilfen vermittelt.
Festgestellt werden muß außerdem, ob die Klägerin während ihrer Berufstätigkeit als kaufmännische Angestellte derartige Berufserfahrung gewonnen hat.
Das LSG wird ferner zu prüfen haben, ob die sonstigen Förderungsvoraussetzungen gegeben waren.
Wegen der noch erforderlichen Feststellungen mußte die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückverwiesen werden.
Die Kostenentscheidung bleibt dem abschließenden Urteil Vorbehalten.
Fundstellen