Orientierungssatz
Geistliche der römisch-katholischen Kirche sind allein aufgrund ihrer kirchlichen Trauungsbefugnis nicht auch iS des EheG § 15a ermächtigt, in der BRD Eheschließungen spanischer Staatsangehöriger katholischen Glaubens vorzunehmen. Dazu bedarf es der Benennung befugter Geistlicher durch die spanische Regierung gegenüber der BRD: sie hat jedoch keine rückwirkende Kraft. Die Eintragung der Trauung in das spanische Zivilregister genügt nicht. Für den Anspruch auf Witwenrente ist auch unerheblich, daß die Klägerin, die jetzt wieder in Spanien lebt, nach dortigem Recht Witwe ist (vergleiche im übrigen BSG 1971-11-24 4 RJ 215/70 = BSGE 33, 219).
Normenkette
EheG § 15a Abs. 1 Fassung: 1947-04-21, Abs. 2 S. 1 Fassung: 1947-04-21
Tenor
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 13. November 1969 wird zurückgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
I
Streitig ist der Anspruch der Klägerin auf Witwenrente nach dem am 27. November 1964 an den Folgen eines Arbeitsunfalls verstorbenen Maschinenarbeiter F-S.
Der Verstorbene und die Klägerin - beide spanische Staatsangehörige und katholischer Konfession - sind am 18. Mai 1963 durch den Spanier-Seelsorger der Erzdiözese K, F d A, in Dahlerau nach kanonischem Recht getraut worden. Die Eheschließung wurde am 29. Mai 1963 in Abteilung II, Band 4, Seite 72 des Zivilregisters des Spanischen Generalkonsulats in D eingetragen. Vor einem deutschen Standesbeamten hat keine Eheschließung stattgefunden; sie ist auch in kein deutsches Personenstandsbuch eingetragen.
Dem Auswärtigen Amt der Bundesrepublik Deutschland ging im März 1964 von der Spanischen Botschaft in B eine Liste zu, in welcher der spanische Geistliche d A als berechtigt bezeichnet wurde, Eheschließungen zwischen spanischen Staatsangehörigen in der Bundesrepublik vorzunehmen. In einer weiteren Note vom Juli 1964 teilte die Spanische Botschaft dem Auswärtigen Amt mit, daß der Geistliche d A die Ermächtigung bereits zur Zeit der Trauung der Klägerin gehabt habe.
Durch Bescheid vom 12. Januar 1966 lehnte die Beklagte die Gewährung einer Witwenrente ab, da der verstorbene F-S mit der Klägerin zur Zeit des Unfalls nicht in rechtsgültiger Ehe gelebt habe. Dem spanischen Geistlichen d A habe die nach § 15 a des Ehegesetzes (EheG) erforderliche Ermächtigung der spanischen Regierung zur Vornahme von Eheschließungen spanischer Staatsangehöriger in der Bundesrepublik im Zeitpunkt der Trauung der Klägerin mit dem Verstorbenen am 18. Mai 1963 gefehlt. Die dem Geistlichen nachträglich erteilte Ermächtigung habe keine Rückwirkung. Dem am 1. Januar 1965 geborenen Kind des Verstorbenen und der Klägerin gewährt die Beklagte Waisenrente.
Das Sozialgericht (SG) Düsseldorf hat die Beklagte verurteilt, der Klägerin Witwenrente zu gewähren (Urteil vom 13. Oktober 1966). Seiner Ansicht nach könne eine deutsche Behörde nicht mehr prüfen, ob die Voraussetzungen für eine ordnungsgemäße Eheschließung vorgelegen haben, wenn die Eheschließung in das von der dazu ordnungsgemäß ermächtigten Person geführte Standesregister eingetragen ist, denn die Eintragung erbringe den vollen Beweis der Eheschließung.
Das Landessozialgericht (LSG) hat das Urteil des SG aufgehoben und die Klage abgewiesen (Urteil vom 13. November 1969). Zur Begründung hat es ausgeführt: Die Klägerin habe mit dem verstorbenen F-S nicht in einer nach deutschem Recht gültigen oder von der deutschen Rechtsordnung als voll gültig anerkannten Ehe gelebt, denn die Eheschließung habe nicht der allein in Betracht kommenden Vorschrift des § 15 a EheG entsprochen. Der trauende Geistliche sei im Zeitpunkt der Eheschließung keine "ordnungsgemäß ermächtigte Person" im Sinne des § 15 a Abs. 1 EheG gewesen. Eine ordnungsgemäße Ermächtigung im Sinne dieser Vorschrift liege nur vor, wenn sie in besonderer Form erteilt sei; die allgemeine, auf den jeweiligen Landesgesetzen beruhende Ermächtigung, rechtswirksame Ehen zu schließen, genüge hingegen nicht. Dies folge aus Wortlaut und Zweck der Regelung des § 15 a EheG. Der erst nach der Trauung erteilten Ermächtigung komme keine rückwirkende Kraft zu. Die Eintragung der Eheschließung in das spanische Heiratsregister sei nur ein Beweismittel für die Gültigkeit der Eheschließung nach spanischem Recht. Einen Anspruch auf Witwenrente habe die Klägerin auch nicht deshalb, weil sie jetzt in Spanien lebe und dort ihre Ehe mit dem Verstorbenen als gültig anerkannt werde und sie deswegen auch Witwe sei. Die Anspruchsvoraussetzungen für den verfolgten Rentenanspruch seien auch dann weiter nach deutschem Recht zu beurteilen, wenn die Klägerin nicht mehr im Geltungsbereich des deutschen Rechts wohne. Denn die Frage, ob die Klägerin, soweit sie Ansprüche nach deutschem Recht geltend mache, Witwe sei, könne nicht unterschiedlich danach beurteilt werden, in welchem Land die Klägerin sich jeweils aufhalte.
Mit der - zugelassenen - Revision rügt die Klägerin eine Verletzung des § 15 a EheG. Aus dem Wortlaut dieser Vorschrift gehe nicht hervor, daß die die Eheschließung vornehmende Person einer besonderen Ermächtigung durch Einzelerklärung bedürfe und eine generelle, sich aus den Landesgesetzen ergebende Ermächtigung nicht ausreiche. Nach der Entstehungsgeschichte und dem Zweck des § 15 a EheG bedürfe es bei der Eheschließung von katholischen Verlobten aus Ländern mit obligatorischer kirchlicher Trauung keiner Ermächtigung der Heimatregierung. Sie könne auch gar nicht erteilt werden, weil in diesen Ländern die Priester kraft Gesetzes für Trauungen zuständig seien. Es sei daher nicht folgerichtig, in diesen Fällen eine bloße Benennung von Geistlichen durch die Regierung des ausländischen Staates als ausreichend anzusehen. Die Forderung einer in § 15 a EheG nicht vorgesehenen Gültigkeitsvoraussetzung sei mit Art. 6 Abs. 3 des Grundgesetzes (GG), wonach Ehe und Familie unter dem besonderen Schutz der staatlichen Ordnung stehen, nicht vereinbar, denn dadurch würden unzählige Ehen zu Nichtehen gemacht. Durch § 15 a EheG solle ausländischen Verlobten die Eheschließung in der Bundesrepublik nach dem Recht ihres Heimatlandes ermöglicht werden. Es genüge daher, wenn die Trauung von einer nach der ausländischen Rechtsordnung dazu ermächtigten Person vorgenommen werde. Die Eintragung der Eheschließung in das spanische Zivilregister gewährleiste, daß die Ehe nach den geltenden ausländischen Rechtsvorschriften geschlossen sei. Die Benennung befugter Geistlicher durch die Spanische Botschaft gehe auf eine Verbalnote des Auswärtigen Amts der Bundesrepublik zurück; an der Rechtslage, daß weltliche Stellen nach spanischem Recht bei der Eheschließung nicht mitwirkten, habe die Benennung nichts geändert. Deshalb komme es auch nicht darauf an, in welcher Form und zu welchem Zeitpunkt eine "Ermächtigung" erteilt worden sei.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des LSG Nordrhein-Westfalen vom 13. November 1969 aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des SG Düsseldorf vom 13. Oktober 1966 zurückzuweisen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
II
Die Revision hat keinen Erfolg.
Der 4. Senat des Bundessozialgerichts (BSG) hat bereits durch Urteil vom 24. November 1971 (SozR Nr. 5 zu § 1264 RVO) entschieden, daß die Klägerin keinen Anspruch auf Witwenrente aus der Rentenversicherung der Arbeiter (§ 1264 RVO) hat.
Die Klägerin hat - wie vom LSG zutreffend entschieden worden ist - auch keinen Anspruch auf Witwenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung (§§ 589, 590 RVO).
Nach § 589 Abs. 1 Nr. 3 RVO in Verbindung mit § 590 RVO ist bei Tod durch Arbeitsunfall der Witwe eine Witwenrente zu gewähren. Witwe ist eine Frau, die ihren Ehemann durch Tod verloren hat und nicht wiederverheiratet ist (BSG 27, 96, 97). Dies setzt voraus, daß sie im Zeitpunkt des Todes mit dem Verstorbenen verheiratet war. Für alle Zweige des Rechts in der Bundesrepublik Deutschland, somit auch für das Sozialversicherungsrecht, beurteilt sich die Frage, ob zwischen der Klägerin und dem verstorbenen F-S eine in der Bundesrepublik gültige Ehe bestanden hat, nach deutschem Familien- und Personenstandsrecht (SozR Nr. 5 zu § 1264 RVO mit weiteren Nachweisen).
Nach Art. 13 Abs. 3 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch (EBGB) bestimmt sich die Form einer Ehe, die im Inland geschlossen wird, ausschließlich nach den deutschen Gesetzen. Eine Ehe kommt nach § 11 Abs. 1 EheG nur zustande, wenn die Eheschließung vor einem Standesbeamten stattgefunden hat. Davon macht § 15 a EheG (eingefügt durch das Gesetz des Kontrollrats Nr. 52 vom 21. April 1947 - KRABl, 273) für Verlobte, von denen keiner die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt, eine Ausnahme. Bei diesen kann eine Ehe vor einer von der Regierung des Landes, dessen Staatsangehörigkeit einer der Verlobten besitzt, "ordnungsgemäß ermächtigten Personen" in der vom Gesetz dieses Landes vorgeschriebenen Form geschlossen werden. Wie bereits der 4. Senat im Urteil vom 24. November 1971 (aaO) so schließt sich auch der erkennende Senat in dem Meinungsstreit um die Auslegung des Ermächtigungsbegriffes in § 15 a EheG in Übereinstimmung mit dem LSG der Auffassung des Bundesgerichtshofs (BGH) im Beschluß vom 22. Januar 1965 (BGHZ 43, 213) und des Bayerischen Obersten Landesgerichts (BayObLG) im Beschluß vom 4. Januar 1966 (FamRZ 1966, 144) an. Danach sind Geistliche allein auf Grund ihrer kirchlichen Zuständigkeit zur Vornahme von Trauungen nicht auch schon im Sinne des § 15 a EheG ermächtigt, in der Bundesrepublik Deutschland bei Eheschließungen spanischer Staatsangehöriger katholischen Glaubens mitzuwirken. Wenn, worauf auch die Revision hinweist, die spanische Regierung rechtlich nicht in der Lage sei, einen Geistlichen zur Vornahme von Trauungen zu ermächtigen, dann wäre die Lösung des BGH, daß in solchen Fällen die Regierung des betreffenden Staates der Bundesrepublik gegenüber Geistliche benennt, die nach dem Recht dieses Staates zur Mitwirkung bei Eheschließungen nach kirchlichem Recht befugt sind, nicht die einzig mögliche. Wie die Revision selbst ausführt, sei es denkbar, daß bei rechtlicher Unmöglichkeit einer Ermächtigung Verlobte aus Staaten mit obligatorischer kirchlicher Eheschließung keine wirksame Ehe nach § 15 a EheG eingehen könnten. Der BGH hat, weil es nicht angehe, daß die Angehörigen dieser Staaten von der Möglichkeit einer Eheschließung nach § 15 a EheG ausgeschlossen werden, die Benennung befugter Geistlicher - nicht zuletzt aus praktischen Gründen - als genügend angesehen. Darauf kann aber auch nicht verzichtet werden. Darin liegt kein Verstoß gegen Art. 6 Abs. 1 GG, der Ehe und Familie unter den besonderen Schutz der staatlichen Ordnung stellt. Dieses Grundrecht gebietet nicht, Ehen als rechtsgültig anzusehen, die nicht in der durch § 15 a EheG vorgeschriebenen Form geschlossen worden sind, die ohnehin schon eine Ausnahme von der durch § 11 Abs. 1 EheG gebotenen Mitwirkung eines Standesbeamten darstellt.
Die Registrierung einer kirchlichen Trauung im spanischen Zivilregister kann die nach § 15 a EheG erforderliche Ermächtigung nicht ersetzen (OLG Hamm in FamRZ 1967, 570 und NJW 1970, 1509). Die staatliche Mitwirkung durch die ermächtigte Person wird nach § 15 a Abs. 1 EheG bereits für die Eheschließung selbst gefordert. Eine nachträgliche Ermächtigung, wie sie hier hinsichtlich des Geistlichen d A erfolgt ist, wirkt nicht auf den Zeitpunkt der Eheschließung der Klägerin mit dem verstorbenen F-S zurück (BGH, BayObLG, OLG Hamm jeweils aaO).
Schließlich ist es unerheblich, daß die Klägerin jetzt wieder in Spanien lebt, dort ihre Eheschließung mit dem Verstorbenen bürgerlich-rechtliche Wirkung hat (Art. 76 Abs. 1 Código Civil) und die Klägerin daher in Spanien Witwe ist. Die Frage, ob die Klägerin im Hinblick auf die von ihr begehrte Rente Witwe ist, beurteilt sich auch in diesem Fall nach deutschem Recht, da sie einen Anspruch nach deutschem Recht geltend macht (BSG 27, 96, 99).
Da das angefochtene Urteil des LSG weder im Ergebnis noch in der Begründung zu beanstanden ist, war die Revision zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Fundstellen
Haufe-Index 1670486 |
IPRspr. 1972, 40 |