Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialhilfe. Unterkunft und Heizung. Angemessenheitsprüfung. Mietverhältnis zwischen Verwandten -Kostensenkungsverfahren. Umzug älterer Menschen bei Bezug von Grundsicherung im Alter. Zumutbarkeitsprüfung. sozialgerichtliches Verfahren. Landkreis in Bayern als Beklagter
Leitsatz (amtlich)
1. Zur Frage der Angemessenheit von Unterkunftskosten, die der Sozialhilfeträger zu übernehmen hat.
2. Bei der Beurteilung der Zumutbarkeit eines Umzugs zur Senkung der Kosten der Unterkunft älterer Menschen bei der Gewährung von Grundsicherung im Alter ist deren Recht auf Verbleib in ihrem langjährig vertrauten sozialen Umfeld in besonderer Weise Rechnung zu tragen.
Orientierungssatz
1. In Bayern ist mangels landesrechtlicher Regelungen iS des § 70 Nr 3 SGG (Behördenprinzip) der Landkreis als örtlich zuständiger Sozialhilfeträger der richtige Beklagte gem § 70 Nr 1 SGG.
2. Im Hinblick auf die Frage, ob die unangemessenen Unterkunftskosten gem § 29 Abs 1 S 3 SGB 12 "auf andere Weise" gesenkt werden können, hat das LSG bei der Nachholung fehlender Feststellungen zu beachten, dass bei einem Mietverhältnis wie hier zwischen Tochter und Eltern - auch unabhängig von der zu klärenden Rechtmäßigkeit der vertraglichen Vereinbarungen - dem Hilfebedürftigen zugemutet werden kann, bei der Tochter als Vermieterin um eine Senkung der Miet- und Nebenkosten auf das sozialhilferechtlich angemessene Maß nachzusuchen. Vom Ablauf des sechsmonatigen Übergangszeitraumes für eine solche Kostensenkungsmaßnahme kann allerdings nur dann ausgegangen werden, wenn anhand der Kostensenkungsaufforderung für den Hilfebedürftigen erkennbar war, welche Kostensenkungsbemühungen man von ihm erwartet.
Normenkette
SGB 12 § 29 Abs. 1 Sätze 1-3, Abs. 3 S. 1; SGB 12 § 19 Abs. 2 Fassung: 2003-12-27; SGB 12 § 41; SGB 12 § 42 S. 1 Nr. 2; SGB 2 § 22 Abs. 1; SGG § 70 Nrn. 1, 3; SGB 12 § 97 Abs. 1; SGB 12 § 98 Abs. 1 S. 2; SGAG BY Art. 80 Abs. 1; SGG § 103
Verfahrensgang
Tatbestand
Im Streit sind höhere Leistungen (60 Euro monatlich) für Unterkunfts- und Heizkosten im Rahmen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung für die Zeit vom 1.1.2005 bis 30.6.2006.
Die 1928 geborene Klägerin bewohnt mit ihrem 1940 geborenen Ehemann seit 1994 eine 66 qm große Drei-Zimmer-Erdgeschosswohnung im Haus ihrer - ebenfalls dort wohnenden - Tochter. Die Klägerin hatte nach den Ausführungen des Bayerischen Landessozialgerichts (LSG) 365 Euro monatlich und einen Betrag in Höhe von 40 Euro für Nebenkosten (ohne Heizung) an die Tochter zu zahlen. Der Beklagte bewilligte nach Ablauf eines früheren Bewilligungszeitraums (nur) der Klägerin - das zu berücksichtigende Einkommen des Ehemannes überstieg seinen sozialhilferechtlichen Bedarf - im Rahmen der Grundsicherungsleistung Unterkunftskosten (Miete und Nebenkosten) unter Berücksichtigung von nur 345 Euro monatlich als angemessener Kosten der Unterkunft statt von 405 Euro und unter Anrechnung des den Bedarf des Ehemannes übersteigenden Einkommens des Ehemannes (Bescheid vom 12.12.2004; Widerspruchsbescheid vom 27.4.2005). Auf die Klage hiergegen hat das Sozialgericht (SG) Würzburg den Beklagten zur Neubescheidung verpflichtet, weil zur Angemessenheit der tatsächlichen Aufwendungen der Klägerin und ihres Ehemannes für Unterkunft und Heizung weiterer Ermittlungsbedarf bestehe (Urteil vom 2.11.2005 - S 15 SO 44/05 -). Nach Auswertung von Inseraten und Wohnungsangeboten gewährte der Beklagte Grundsicherungsleistungen - zunächst unverändert in Höhe von 181,70 Euro monatlich bis 30.6.2005 danach in Höhe von 185,75 Euro - unter Berücksichtigung von Unterkunftskosten von wiederum lediglich 345 Euro monatlich, weil nur ein solcher Betrag (unter Einrechnung der Nebenkosten) angemessen sei (Bescheid vom 30.1.2006; Widerspruchsbescheid vom 29.3.2006).
Die Klage hiergegen blieb erst- und zweitinstanzlich - insoweit hatte sich auch der Ehemann der Klägerin noch gegen den Bescheid gewehrt - erfolglos (Urteil des SG vom 8.8.2007; Urteil des LSG vom 29.1.2008). Zur Begründung seiner Entscheidung hat das LSG ausgeführt, die Entscheidung des Beklagten über die Angemessenheit der Unterkunftskosten habe sich durch die Auswertung von Inseraten, durch Angaben des Wohnungsamtes sowie von Maklern als richtig erwiesen. Weder das Alter noch die gesundheitliche Verfassung der Klägerin ließen einen Umzug unzumutbar erscheinen. Auf die im Gesetz vorgesehene sechsmonatige Schonfrist könne sich die Klägerin nicht berufen, weil ihr die Unangemessenheit der Unterkunftskosten bereits seit längerem (2002) bekannt gewesen sei.
Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Revision. Sie ist der Ansicht, ein Umzug sei ihr insbesondere im Hinblick auf ihr Alter und den Umstand unzumutbar, dass sie ein lebenslanges Wohnrecht besitze und den familiären Bindungen zu ihrer Tochter ein besonderes Gewicht beizumessen sei.
Die Klägerin beantragt, nachdem ihr Ehemann seine Klage zurückgenommen hat,
die Urteile des LSG und des SG aufzuheben, soweit über ihre Klage entschieden worden sei, und den Beklagten unter Abänderung des Bescheids vom 30.1.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29.3.2006 zu verurteilen, weitere 60 Euro monatlich an Unterkunfts- und Heizkosten für die Zeit vom 1.1.2005 bis 30.6.2006 an sie zu zahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Er hält die Entscheidung des LSG für zutreffend.
Entscheidungsgründe
Die Revision der Klägerin ist im Sinne der Aufhebung des LSG-Urteils und der Zurückverweisung der Sache an das LSG begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz ≪SGG≫). Der Senat kann mangels ausreichender Tatsachenfeststellung des LSG (§ 163 SGG) nicht abschließend entscheiden, ob der Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin für den streitigen Zeitraum 60 Euro monatlich mehr zu zahlen.
Gegenstand des Revisionsverfahrens ist der Bescheid des Beklagten vom 30.1.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29.3.2006 (§ 95 SGG), gegen den sich die Klägerin mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 und 4 iVm § 56 SGG) wehrt, soweit ihr darin höhere Leistungen (60 Euro monatlich) abgelehnt worden sind. In der Sache hat die Klägerin ihr Begehren in zulässiger Weise auf Leistungen für Unterkunft und Heizung im Rahmen der Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung beschränkt; eine weitergehende Beschränkung des Streitgegenstands auf die Höhe nur der Aufwendungen für die Unterkunft ohne Heizkosten ist dagegen nicht statthaft (BSGE 97, 217 ff RdNr 18 = SozR 4-4200 § 22 Nr 1; BSGE 104, 41 ff RdNr 13). Dass die Klägerin, nachdem ihr Ehemann, der zunächst ebenfalls im vorliegenden Verfahren Klage erhoben hatte und diese erst im Revisionsverfahren zurückgenommen hat, ihren Klageantrag erstmals in der Revisionsinstanz ausdrücklich auf (zusätzliche) 60 Euro monatlich beziffert, beinhaltet keine nach § 168 Satz 1 SGG unzulässige Klageänderung. Ihre erst- und zweitinstanzlichen Anträge waren vernünftigerweise (vgl zu diesem Kriterium nur: Keller in Meyer-Ladewig, SGG, 9. Aufl 2008, Vor § 60 RdNr 11a mwN) so zu verstehen, dass an sie 30 Euro, hilfsweise für den Fall, dass dem Ehemann ein geringerer Anspruch als 30 Euro oder kein Anspruch zustehe, an sie entsprechend mehr zu zahlen sein sollten. Insoweit handelt es sich um eine zulässige innerprozessuale Bedingung (vgl dazu nur Keller, aaO, RdNr 11 mwN).
Der Beklagte ist nach § 70 Nr 1 SGG mangels landesrechtlicher Regelung iS des § 70 Nr 3 SGG (Behördenprinzip) der richtige Beklagte und nach § 97 Abs 1 Halbsatz 1 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII) iVm Art 80 Abs 1 des (Bayerischen) Gesetzes zur Ausführung der Sozialgesetze vom 8.12.2006 (Gesetz- und Verordnungsblatt 942) als örtlicher Träger der Sozialhilfe (§ 98 Abs 1 Satz 2 SGB XII) zuständig für die Erbringung der beantragten Leistung.
Deren Rechtsgrundlage ist § 19 Abs 2 (in der Normfassung des Gesetzes zur Einordnung des Sozialrechts in das Sozialgesetzbuch vom 27.12.2003 - BGBl I 3022) iVm §§ 41, 42 und 29 SGB XII. Nach § 29 Abs 1 Satz 1 SGB XII, auf den § 42 SGB XII für den Leistungsumfang bei Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen des § 41 SGB XII verweist, werden Leistungen für die Unterkunft in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht. Übersteigen diese Aufwendungen den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang, sind sie insoweit als Bedarf der Personen, deren Einkommen und Vermögen nach § 19 Abs 1 SGB XII zu berücksichtigen sind, (nur) anzuerkennen, solange es diesen Personen nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate (§ 29 Abs 1 Satz 2 und 3 SGB XII). Auch Leistungen für die Heizung werden grundsätzlich in tatsächlicher Höhe erbracht, soweit sie angemessen sind (§ 29 Abs 3 Satz 1 SGB XII); nur unter bestimmten im Gesetz näher bezeichneten Voraussetzungen (Abs 2 und 3) ist eine Pauschalierung der Leistungen für Unterkunft und Heizung zulässig. Eine Pauschalierung hat der Beklagte indes nicht vorgenommen.
Die Revision ist nicht bereits deshalb begründet, weil der Beklagte durch das rechtskräftige Urteil des SG vom 2.11.2005 verurteilt worden ist und der angefochtene Bescheid nicht inhaltlich den Vorgaben des SG-Urteils entspricht. Das SG hat den Beklagten vielmehr nur verpflichtet, die Klägerin neu zu bescheiden; die im Urteil vorgegebenen weiteren Kriterien hat der Beklagte im angefochtenen Bescheid beachtet.
Für eine abschließende Entscheidung des Senats notwendige tatsächliche Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) fehlen - abgesehen davon, dass es überhaupt an Feststellungen zum Einkommen und Vermögen, auch des Ehemannes der Klägerin mangelt - bereits dazu, was die Klägerin tatsächlich an Unterkunft und Nebenkosten an ihre Tochter gezahlt hat; das LSG hat in seiner Entscheidung lediglich ausgeführt, was die Klägerin und ihr Ehemann "zu zahlen hatten", also nach Ansicht des LSG zahlen mussten. Selbst insoweit fehlen die für diesen rechtlichen Schluss erforderlichen Tatsachenfeststellungen zum Inhalt (ernsthafter) schriftlicher oder mündlicher Abmachungen. Gerade wegen der engen familiären Beziehungen (Mutter und Tochter) ist es naheliegend, dass die Tochter der Klägerin im Hinblick auf die Entscheidung des Beklagten, nur geringere Kosten der Unterkunft zu übernehmen, nicht die gesamte geschuldete Miete verlangt hat und endgültig hierauf, nicht nur vorläufig im Hinblick auf künftige Zahlungen des Beklagten, verzichtet hat (vgl dazu etwa: BSG, Urteil vom 29.9.2009 - B 8 SO 16/08 R -, BSGE 104, 213 ff RdNr 18 mwN = SozR 4-1300 § 44 Nr 20); zur Höhe der Heizkosten fehlen ohnehin jegliche tatsächliche Feststellungen des LSG. Ob die zwischen den Mietvertragsparteien geschlossenen Vereinbarungen über die Miete und die Nebenkosten rechtmäßig sind, bedarf allerdings bei tatsächlicher Zahlung regelmäßig keiner näheren Prüfung; andererseits ist in diesem Fall eine genauere Untersuchung erforderlich, ob die auf einer rechtswidrigen Vereinbarung beruhenden Verpflichtungen nicht - wie später noch ausgeführt wird - durch Absprache mit dem Vermieter oder durch eine gerichtliche Klärung und damit auf das rechtmäßige (konkret angemessene) Maß gesenkt werden können (BSG, Urteil vom 22.9.2009 - B 4 AS 8/09 R -, BSGE 104, 179 ff RdNr 15 ff und 21 ff).
Nicht nachprüfbar ist aber vor allem die Angemessenheit der Unterkunftskosten und der Heizkosten nach Maßgabe der allgemeinen Angemessenheitsprüfung; wie bereits ausgeführt, fehlen zu letzteren sogar überhaupt Aussagen des LSG. Diese Angemessenheit der Aufwendungen für die Kosten der Unterkunft ist nach der Rechtsprechung der für die Grundsicherung für Arbeitsuchende (Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - ≪SGB II≫) zuständigen Senate des Bundessozialgerichts (BSG), der sich der erkennende Senat wegen der gleichen Rechtslage im SGB XII anschließt - auch bei Mietverhältnissen zwischen Verwandten (BSG SozR 4-4200 § 22 Nr 15; Urteil vom 7.5.2009 - B 14 AS 31/07 R - RdNr 17 ff) - in mehreren Schritten zu prüfen (vgl dazu zusammenfassend: Knickrehm in Spellbrink, Das SGB II in der Praxis der Sozialgerichte - Bilanz und Perspektiven, 2010, S 79 ff mit umfangreichen Nachweisen zur Rspr des BSG; dieselbe in Knickrehm/Voelzke/Spellbrink, Kosten der Unterkunft nach § 22 SGB II, 2009, S 11 ff mwN).
Erster Prüfungsschritt ist die angemessene Größe der Wohnung, wobei die Bemessung nach den landesrechtlichen Durchführungsvorschriften zu § 10 des Gesetzes über die soziale Wohnraumförderung vom 13.9.2001 (BGBl I 2376) iVm den landesrechtlichen Ausführungsbestimmungen, hier denen für die Wohnraumförderung 2003 des Bayerischen Staatsministeriums des Innern vom 11.11.2002 (Allgemeines Ministerialblatt Nr 14/2002, 971 unter Nr 81) erfolgt. Darin ist für zwei Personen eine Mietwohnungsgröße von 65 qm vorgesehen, die die Wohnung der Klägerin um einen Quadratmeter überschreitet. Ob insoweit eine generelle Toleranz anzunehmen ist, bedarf noch keiner Entscheidung, weil sich die Angemessenheit der Kosten ohnedies nach der Produkttheorie richtet. Die Angemessenheit einer Wohnung ist damit nicht nur durch deren Größe bestimmt, sondern auch durch Ausstattung, Lage und Bausubstanz, die nur einfachen und grundlegenden Bedürfnissen entsprechen müssen und keinen gehobenen Lebensstandard aufweisen dürfen; die Angemessenheit bestimmt sich dann aus dem Produkt von Wohnfläche und Standard, das sich in der Wohnungsmiete niederschlägt (vgl nur zusammenfassend Knickrehm in Knickrehm/Voelzke/Spellbrink, aaO, S 11, 17 mwN zur Rechtsprechung).
Der insoweit angemessene Quadratmeterpreis einer Wohnung ist mittels eines schlüssigen Konzepts für einen homogenen Lebensraum zu ermitteln (vgl zuletzt: BSG, Urteile vom 17.12.2009 - B 4 AS 27/09 R - RdNr 18 ff und - B 4 AS 50/09 R - RdNr 17 ff; Urteil vom 18.2.2010 - B 14 AS 73/08 R; im Einzelnen: Knickrehm in Spellbrink, aaO, S 79 ff, 89 f). Dies gilt sowohl für die Miete selbst als auch für die Mietnebenkosten (Knickrehm in Spellbrink, aaO, S 107). Nicht erforderlich dürfte es sein, beide Kosten getrennt zu ermitteln; vielmehr dürfte auch denkbar sein, ein Schlüssigkeitskonzept zu entwickeln und anzuwenden, das beide Kostenbestandteile integriert. Eine endgültige Entscheidung des Senats hierüber ist jedoch noch nicht erforderlich.
Vorliegend jedenfalls genügen die vom LSG festgestellten Tatsachen nicht den von der Rechtsprechung des BSG später entwickelten Schlüssigkeitsanforderungen (vgl zu diesen: BSG, Urteil vom 22.9.2009 - B 4 AS 18/09 R -, BSGE 104, 192 ff RdNr 19; Urteil vom 17.12.2009 - B 4 AS 50/09 R - RdNr 23; zusammenfassend auch Knickrehm in Spellbrink, aaO, S 89 f). Die von dem Beklagten durchgeführten Maßnahmen (Auswertung von Inseraten, Einholung von Auskünften der auf dem freien Wohnungsmarkt tätigen Makler im Rahmen der Zeitungsberichterstattung über sinkende Preise im Jahre 2005 und 2006 unter Berücksichtigung der Tatsache des Abzugs der US-Streitkräfte und des dadurch frei werdenden Wohnraums) sind dafür keinesfalls ausreichend. Das LSG wird deshalb die entsprechende Prüfung unter Beachtung der dazu ergangenen Rechtsprechung nachzuholen haben. Dabei wird es im Regelfall auf die Mitarbeit des Beklagten angewiesen sein, der im Rahmen seiner prozessualen Mitwirkungspflicht nach § 103 Satz 1 Halbsatz 2 SGG gehalten ist, dem Gericht eine zuverlässige Entscheidungsgrundlage zu verschaffen und ggf eine unterbliebene Datenerhebung und -aufbereitung nachzuholen (vgl dazu: BSG, Urteil vom 2.7.2009 - B 14 AS 33/08 R - RdNr 22; Urteil vom 17.12.2009 - B 4 AS 27/09 R - RdNr 22 ff; Urteil vom 18.2.2010 - B 14 AS 73/08 R; vgl auch Knickrehm in Spellbrink, aaO, S 92 f). Inwieweit für den Fall, dass hinreichende Erkenntnismöglichkeiten fehlen, auf die Tabellenwerte zu § 8 Wohngeldgesetz (WoGG) bzw § 12 WoGG einschließlich eines Sicherheitszuschlags zurückgegriffen werden darf (vgl dazu: BSG, Urteil vom 17.12.2009 - B 4 AS 27/09 R - RdNr 23; Urteil vom 17.12.2009 - B 4 AS 50/09 R - RdNr 27; vgl auch Knickrehm in Spellbrink, aaO, S 93), kann vorliegend noch offen bleiben. Ohnedies dürfte dieser Rückgriff nur für die Mietkosten selbst möglich sein, nicht jedoch für die Mietnebenkosten.
Steht auf diese Weise generell-abstrakt die Unangemessenheit fest, ist weiter zu prüfen, ob die Klägerin auf dem für sie maßgeblichen Wohnungsmarkt tatsächlich eine Wohnung (konkret) anmieten kann (BSGE 97, 231 ff RdNr 25 = SozR 4-4200 § 22 Nr 2; BSGE 97, 254 ff RdNr 22 = SozR 4-4200 § 22 Nr 3). Dahinstehen kann dabei, ob, wie dies der 14. Senat des BSG annimmt, die Prüfung nach dem Vorhandensein entsprechender Wohnungen eine solche der Angemessenheit iS des § 29 Abs 1 Satz 1 SGB XII oder der Unmöglichkeit bzw Unzumutbarkeit iS des § 29 Abs 1 Satz 2 SGB XII darstellt, wie dies der 4. Senat des BSG annimmt (vgl zu dieser Diskrepanz zwischen dem 14. und 4. Senat des BSG: Knickrehm in Spellbrink, aaO, S 94 f). Es ist nicht erkennbar, dass vorliegend der Streit hierüber für den Ausgang des Verfahrens von Bedeutung sein kann.
Sollte der Klägerin bei konkreter Betrachtung eine angemessene Wohnung zur Verfügung stehen, bliebe immer noch zu prüfen, ob ihr ein Umzug überhaupt zumutbar wäre oder ob nicht einem zu respektierenden Recht der Klägerin auf Verbleib in ihrem sozialen Umfeld Rechnung zu tragen ist (vgl BSGE 97, 231 ff RdNr 29 f = SozR 4-4200 § 22 Nr 2; BSGE 102, 263 ff RdNr 32 ff; vgl auch Knickrehm in Spellbrink, aaO, S 94 f und 99). Dabei ist das Alter der Klägerin von 77/78 Jahren im Bezugszeitraum von wesentlicher Bedeutung; bereits unabhängig von sonstigen gesundheitlichen Einschränkungen (vgl dazu: Knickrehm in Spellbrink, aaO, S 99 f) ist nämlich der Klägerin im Hinblick hierauf ein Umzug (allein) wegen (evtl) unangemessener Mehrkosten in Höhe von insgesamt 60 Euro im Monat subjektiv nicht zumutbar.
Denn der Aktivitätsradius älterer Menschen verringert sich erfahrungsgemäß, sodass Wohnung und Wohnumgebung für das körperliche und psychische Wohl des alten Menschen immer mehr an Bedeutung gewinnen (Zweiter Bericht zur Lage der älteren Generation in der Bundesrepublik Deutschland: Wohnen im Alter, 1998, BT-Drucks 13/9750, S 17 ≪Bundesaltenbericht 1998≫). Da der Alterungsprozess mit einer Abnahme der Anpassungsfähigkeit und einer Zunahme der Anfälligkeit für Erkrankungen einhergeht, sind ältere Menschen typisierend immobiler als der Durchschnitt der Bevölkerung (Bundesaltenbericht 1998, S 93 und 198). Diesen soziologischen Erkenntnissen muss auch die Prüfung der (subjektiven) Zumutbarkeit eines Umzugs in eine andere Wohnung (grundsätzlich) gerecht werden; allerdings gilt dies nicht uneingeschränkt und ohne Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls. Vorliegend sind jedenfalls keine Umstände erkennbar, die die Forderung nach einem Umzug bei unangemessenen Mehrkosten von bis zu 60 Euro monatlich rechtfertigen. Im Gegenteil: Die Klägerin wohnte bereits über zehn Jahre in der Wohnung und war dadurch in besonderer Weise in das soziale Umfeld integriert, dass die Eigentümerin dieses Hauses, ihre Tochter, in demselben Haus wohnt und der Klägerin vertraglich ein lebenslanges Wohnrecht zugesichert worden war, das auf von der Klägerin und ihrem Ehemann erbrachten Eigenleistungen (Renovierungsarbeiten bei Einzug in die Wohnung) zurückzuführen ist. Auf die von der Klägerin zur Begründung der Revision herangezogene Vorschrift des § 574 Bürgerliches Gesetzbuch, die allerdings nur eine Vorschrift zur Interessenabwägung zwischen Vermieter und Mieter, nicht zwischen der Solidargemeinschaft der Steuerzahler und dem Sozialhilfeempfänger, darstellt, muss deshalb nicht zurückgegriffen werden, könnte es wegen der unterschiedlichen Zielsetzung auch nicht.
Ein besonderes Augenmerk wird das LSG ggf bei seiner erneuten Entscheidung darauf zu richten haben, ob die Aufwendungen der Klägerin nicht auf andere Weise gesenkt werden können (§ 29 Abs 1 Satz 3 SGB XII). Dies gilt nicht nur für den Fall, dass die vertraglichen Abmachungen zwischen ihr und ihrer Tochter rechtswidrig (vgl zu dieser Konstellation: BSG, Urteil vom 22.9.2009 - B 4 AS 8/09 R -, BSGE 104, 179 ff RdNr 21 ff; vgl auch Knickrehm in Spellbrink, aaO, S 97) und damit als konkret unangemessen zwischen den Vertragsparteien zu korrigieren sind, sondern ggf auch für den Fall einer rechtmäßigen Vereinbarung. Auch dann nämlich ist der Klägerin zuzumuten, bei ihrer Tochter um eine Senkung des Mietpreises bzw der Nebenkosten nachzusuchen und eine nach dem Vergleich mit anderen Wohnungen den Anforderungen für angemessene Kosten entsprechende Vereinbarung herbeizuführen. Gerade zwischen Eltern und Kindern besteht eine besondere sittliche Verantwortung bei der Vereinbarung der Miete auf deren allgemeine Angemessenheit zu achten, wenn der Mieter bedürftig im Sinne des SGB XII ist. Es dürfte regelmäßig auszuschließen sein, dass Kinder ihren langjährig bei ihnen zur Miete wohnenden Eltern das Mietverhältnis nur deshalb kündigen, weil statt einer rechtmäßig vereinbarten Miete nur eine solche in etwas geringerer Höhe gezahlt wird und werden kann, die den allgemeinen Angemessenheitskriterien des SGB XII entspricht.
Ob vorliegend eine Senkung der Aufwendungen durch Untervermietung möglich ist, erscheint zweifelhaft, kann jedoch letztlich vom Senat nicht abschließend entschieden werden. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt bedarf es auch keiner Entscheidung darüber, ob der Senat der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts folgt, wonach eine Kostensenkung auf andere Weise auch durch sog frei verfügbare Mittel verlangt werden kann (vgl dazu: Grube in Grube/Wahrendorf, SGB XII, 3. Aufl 2010, § 29 SGB XII RdNr 33 mwN).
Allerdings setzt der Vorwurf, die Klägerin habe ihre Obliegenheit, Kostensenkungsbemühungen vorzunehmen, verletzt, eine Kostensenkungsaufforderung voraus (vgl dazu zusammenfassend: Knickrehm in Spellbrink, aaO, S 96 f mwN). Soweit es um die Kostensenkungsvariante eines Umzugs geht, sind deren Voraussetzungen vorliegend schon weit vor dem streitigen Zeitraum erfüllt, weil die Klägerin bereits mehr als sechs Monate vor Beginn des streitigen Bezugszeitraums (vgl zur Sechs-Monats-Frist § 29 Abs 1 Satz 3 SGB XII) auf die Unangemessenheit der Unterkunftskosten hingewiesen worden ist. Dies genügt nach der Rechtsprechung des BSG regelmäßig. Etwas anderes gilt allerdings dann, wenn es um die Kostensenkungsvariante "auf andere Weise" geht, insbesondere dann, wenn dem Hilfebedürftigen vorgehalten werden soll, nicht durch Absprachen mit dem Vermieter eine Kostensenkung versucht zu haben (s dazu BSG, Urteil vom 22.9.2009 - B 4 AS 8/09 R -, BSGE 104, 179 ff RdNr 23; Knickrehm in Spellbrink, aaO, S 97 f). Hier müsste die Kostensenkungsaufforderung weitere Angaben enthalten, die die Klägerin hätten erkennen lassen können, welche Kostensenkungsobliegenheiten man von ihr erwartet; allerdings fehlen entsprechende Feststellungen des LSG dazu. Selbst bei entsprechender Kenntnis oder Belehrung wäre eine Übernahme der unangemessenen Kosten zumindest für sechs Monate gerechtfertigt, weil der Klägerin regelmäßig sechs Monate Zeit für Kostensenkungsbemühungen zur Verfügung stehen (vgl dazu BSGE 102, 263 ff RdNr 32; Knickrehm in Spellbrink, aaO, S 98 f mwN).
Das LSG wird ggf auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu befinden haben.
Fundstellen