Verfahrensgang
LSG Baden-Württemberg (Urteil vom 14.12.1990) |
Tenor
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 14. Dezember 1990 aufgehoben.
Der Rechtsstreit wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.
Tatbestand
I
Der Kläger begehrt nach Maßgabe des Fremdrentengesetzes (FRG) unter Berücksichtigung weiterer Versicherungszeiten, die bei seiner jugoslawischen Alterspension angerechnet werden, ein höheres Altersruhegeld. Streitig ist insbesondere der Umfang einer Anrechnung von Zeiten, die nach jugoslawischem Recht wegen der Art der verrichteten Tätigkeit „in erhöhter Dauer” (16 Versicherungsmonate für 12 Kalendermonate) angerechnet werden.
Der 1917 in Jugoslawien geborene Kläger siedelte 1959 in die Bundesrepublik Deutschland über; er ist Inhaber des Ausweises A für Vertriebene und Flüchtlinge. Die Landesversicherungsanstalt (LVA) Württemberg, die Bundesbahn-Versicherungsanstalt und die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) stellten für die Zeiten, die der Kläger in Jugoslawien zurückgelegt hatte, Versicherungsunterlagen her. Die Beklagte bewilligte dem Kläger mit Bescheid vom 16. Mai 1978, teilweise geändert durch Bescheid vom 13. Februar 1982, Rente wegen Erwerbsunfähigkeit ab Februar 1978. Durch Bescheid vom 26. Februar 1982 wandelte sie diese Rente mit Wirkung vom 1. März 1982 in Altersruhegeld nach § 1248 Abs 5 der Reichsversicherungsordnung (RVO) um.
Der jugoslawische Invalidenversicherungsträger erkannte mit Bescheid vom 10. Juni 1983 dem Kläger ab 1. Februar 1978 eine Alterspension zu. Dabei rechnete er für jedes Jahr der früheren Tätigkeit des Klägers als Lokomotivführer eine zusätzliche Versicherungsdienstzeit von vier Monaten an, insgesamt vier Jahre, sieben Monate und sieben Tage derartiger Zusatzzeiten. Die Beklagte stellte daraufhin mit Bescheid vom 9. Mai 1984 fest, daß die Erwerbsunfähigkeitsrente und das Altersruhegeld gemäß § 31 FRG in Höhe von 100 vH der in Deutsche Mark umgerechneten jugoslawischen Pension ruhten, da die dieser Leistung zugrundegelegten Zeiten sämtlich auch bei der deutschen Rente angerechnet seien.
Der Kläger machte mit Schreiben vom November 1984 und vom Mai 1985 geltend, daß die zusätzlichen jugoslawischen Versicherungsdienstzeiten, die zum Ausgleich für unbezahlte Mehrarbeit angerechnet worden seien, nach dem FRG berücksichtigt werden müßten, zumindest ihm aber die entsprechende jugoslawische „Zusatzrente” verbleiben müsse. Mit Bescheid vom 18. September 1985 lehnte es die Beklagte ab, weitere Versicherungs-und Ausfallzeiten zu berücksichtigen und angerechnete Versicherungszeiten höher zu bewerten. Bei der Anrechnung der jugoslawischen Pension auf die deutsche Rente nach § 31 FRG seien die berechnungsmäßigen Besonderheiten des jugoslawischen Rechts ebenfalls nicht zu berücksichtigen.
Die hiergegen gerichtete Klage blieb in erster Instanz erfolglos (Urteil des Sozialgerichts ≪SG≫ Reutlingen vom 17. März 1987). Während des Berufungsverfahrens erließ die Beklagte zwei weitere Bescheide. Unter dem 22. Dezember 1987 stellte sie die Rente in Ersetzung des Bescheides vom 26. Februar 1982 neu fest, wobei sie zwar weitere Zeiten berücksichtigte, aber die jugoslawischen Zeiten auf fünf Sechstel herabsetzte. Diesen Rentenbescheid ersetzte wiederum der Neufeststellungsbescheid vom 19. Juni 1990, der die Verringerung der Anrechnung rückgängig machte und einige zusätzliche Monate berücksichtigte. Das höhere Altersruhegeld sollte ab 1. Februar 1988 gezahlt werden.
Das Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg verurteilte die Beklagte, die höheren Rentenleistungen nach den Berechnungsgrundlagen des Bescheides vom 19. Juni 1990 unter Abänderung der Bescheide vom 18. September 1985, vom 16. Mai 1978 in Gestalt des Bescheides vom 13. Februar 1982, vom 26. Februar 1982 in Gestalt des Bescheides vom 19. Juni 1990 und unter Aufhebung des Bescheides vom 22. Dezember 1987 bereits ab 1. Januar 1980 zu gewähren. Im übrigen wurde die Berufung zurückgewiesen und die Klage abgewiesen (Urteil des LSG vom 14. Dezember 1990). Abgesehen von der Festlegung des Leistungsbeginns erweise sich der Bescheid vom 19. Juni 1990 als rechtmäßig. Die in Jugoslawien für die Dauer der Tätigkeit als Lokomotivführer angerechneten Zusatzzeiten könnten bei der Höhe der deutschen Rente nicht als Beitragszeiten iS von § 15 Abs 1 FRG berücksichtigt werden, weil es sich dabei nicht um Zeiten handele, in denen der Kläger tatsächlich gearbeitet habe. Nach dem das FRG beherrschenden Eingliederungsprinzip müsse der Rentenberechnung pauschaliert ein Einkommen zugrunde gelegt werden, wie es ein zur gleichen Zeit in Deutschland tätig gewesener Lokomotivführer gehabt habe.
Auch der Ruhensbescheid vom 9. Mai 1984 sei rechtmäßig. Der Kläger erhalte die jugoslawische Alterspension in voller Höhe für die nach Bundesrecht anzurechnenden Zeiten (§ 31 Abs 1 Satz 1 FRG). Die vom jugoslawischen Sozialversicherungsträger zusätzlich berücksichtigte Lokomotivführer-Zeit werde ebenfalls „für nach Bundesrecht anzurechnende Zeiten” gewährt, weil sie sich aus Arbeitsjahren herleite, die nach dem Rentenbescheid des jugoslawischen Versicherungsträgers für die Rentenberechnung angerechnet würden, und ein Mittel darstelle, für die als Lokomotivführer verbrachten Jahre eine höhere Rentenleistung zu sichern.
Das Ruhen erfasse weiterhin auch nicht deshalb nur einen Teil der jugoslawischen Rente, weil im Bescheid vom 19. Juni 1990 – anders als im Bescheid des jugoslawischen Rentenversicherungsträgers – einige kurze Zeiten in den Jahren 1939 bis 1944 nicht berücksichtigt worden seien. Diese wenigen fehlenden Wochen und Monate seien dadurch angerechnet, daß der Erwerbsunfähigkeitsrente und dem Altersruhegeld bezogen auf die Zeit vom 1. Februar 1933 bis 31. Dezember 1956 pauschale Ausfallzeiten zugrundelägen, welche die fehlenden Zeiten überstiegen. Der Umstand, daß dem Kläger in dem genannten Zeitraum insgesamt mehr Versicherungszeiten fehlten, stehe dieser Würdigung nicht entgegen. Der Sinn des § 31 FRG, nämlich Doppelleistungen zu vermeiden, rechtfertige es, die innerhalb des angegebenen zeitlichen Rahmens nicht näher festgelegte, pauschale Ausfallzeit als auf die darin liegenden, bei der Berechnung der deutschen Rente gegenüber der Berechnung der jugoslawischen Rente fehlenden Zeiten gelegt zu betrachten.
Mit seiner vom LSG zugelassenen Revision vertritt der Kläger die Auffassung, er sei durch die Nichtberücksichtigung der jugoslawischen Zusatzzeiten bei der Berechnung seiner deutschen Rente gegenüber anderen vergleichbaren Berechtigten benachteiligt. Wenn er im Bundesgebiet Mehrarbeit geleistet hätte wie in Jugoslawien, hätte er entsprechend höhere Bezüge gehabt, die wiederum zu höheren Beiträgen und damit jetzt zu einer höheren Rente geführt hätten. Seine Gleichstellung nach dem Eingliederungsprinzip könne deshalb nur dadurch erreicht werden, daß ihm die zusätzlichen Versicherungszeiten, die in Jugoslawien die unbezahlte Mehrarbeit ausgleichen sollten, auch bei seiner deutschen Rente gutgeschrieben würden, und zwar in Gestalt einer pauschalierten Erhöhung seiner Versicherungszeiten um vier Jahre, sieben Monate und sieben Tage.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts vom 14. Dezember 1990 dahingehend abzuändern, „daß die Beklagte zusätzlich verurteilt wird, dem Kläger unter Berücksichtigung einer weiteren Versicherungszeit von vier Jahren, sieben Monaten und sieben Tagen ein höheres Altersruhegeld zu bezahlen”.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hat sich nicht zur Sache geäußert.
Die Beteiligten haben sich gemäß § 124 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Entscheidungsgründe
II
Die Revision ist zulässig. Mit ihr greift der Kläger nach seinem schriftsätzlich gestellten Antrag und dem Inhalt der Revisionsbegründung (vgl Meyer-Ladewig, SGG mit Erläuterungen, 4. Aufl, § 164 RdNr 10) das Berufungsurteil nur insoweit an, als das LSG die Berechnung des Altersruhegeldes bestätigt hat. Insbesondere begehrt er ein höheres Altersruhegeld unter Berücksichtigung weiterer Versicherungszeiten. Im Revisionsverfahren angefochten ist daher nur noch der Bescheid der Beklagten vom 19. Juni 1990, der alle früheren Bescheide über die Feststellung der Höhe des Altersruhegeldes ersetzt hat und durch das Urteil des LSG lediglich hinsichtlich des Beginns der Rentenleistung abgeändert worden ist.
Die Revision ist insoweit begründet, als die angegriffene Entscheidung aufzuheben und die Sache an die Vorinstanz zurückzuverweisen ist. Die Feststellungen des LSG reichen für eine Entscheidung in der Sache noch nicht aus. Das Gericht wird zu ermitteln haben, ob weitere Zeiten, die bereits vom jugoslawischen Sozialversicherungsträger anerkannt werden, auch bei der Berechnung des Altersruhegeldes zu berücksichtigen sind. Dazu gehören allerdings nicht die vom Kläger in erster Linie geltend gemachten Zusatzzeiten für seine Tätigkeit als Lokomotivführer.
Maßgebend für den Anspruch des Klägers auf ein höheres Altersruhegeld sind noch die §§ 1248 ff RVO in der bis zum 31. Dezember 1991 geltenden Fassung, weil der Kläger seinen Überprüfungsantrag vor dem 1. April 1992 gestellt hat (vgl § 300 Abs 2 und 3 des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuches – Gesetzliche Rentenversicherung – ≪SGB VI≫ idF des Art 1 des Gesetzes über die Reform der gesetzlichen Rentenversicherung ≪Rentenreformgesetz 1992 – RRG 1992≫ vom 18. Dezember 1989, BGBl I S 2261). Die Berücksichtigung ausländischer Versicherungszeiten bei der Rentenbemessung und ihre Bewertung ist im FRG geregelt. Dieses Gesetz ist hier in der bis zum 30. Juni 1990 geltenden Fassung anzuwenden, weil der Kläger seinen Antrag vor dem 1. Juli 1990 gestellt hat (vgl Art 6 § 4 Abs 2 des Fremdrenten- und Auslandsrenten-Neuregelungsgesetzes ≪FANG≫ idF des Art 16 Nr 1 RRG 1992). Die Geltung des FRG wird nicht durch das Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Sozialistischen Föderativen Volksrepublik Jugoslawien über die Soziale Sicherheit vom 12. Oktober 1968 (BGBl 1969 II S 1438) verdrängt. Im Schlußprotokoll zu diesem Abkommen (vgl dazu Art 40 des Abkommens) ist vielmehr unter Punkt 12 Buchst a bestimmt, daß es nicht als Abkommen iS der deutschen Rechtsvorschriften über Fremdrenten gilt und diese Vorschriften unberührt läßt. Der Kläger gehört zu dem vom FRG erfaßten Personenkreis, weil er Inhaber des Ausweises A für Vertriebene und Flüchtlinge und damit als Vertriebener iS des § 1 des Bundesvertriebenengesetzes anerkannt ist (vgl § 1 Buchst a FRG).
Gemäß § 15 Abs 1 Satz 1 FRG stehen Beitragszeiten, die bei einem nichtdeutschen Träger der gesetzlichen Rentenversicherung zurückgelegt sind, den nach Bundesrecht zurückgelegten Beitragszeiten gleich. Beitragszeiten iS dieser Vorschrift sind zunächst alle Zeiten nach § 1250 Abs 1 Buchst a RVO, also Zeiten, für die Beiträge wirksam entrichtet sind oder als entrichtet gelten. Derartige Zeiten liegen der bisherigen Rentenberechnung in dem Umfang zugrunde, in dem sie durch die LVA Württemberg, die Bundesbahn-Versicherungsanstalt und die BfA in den Bescheiden über die Herstellung von Versicherungsunterlagen sowie durch die Beklagte in den nach der Rentenfestsetzung ergangenen Zugunstenbescheiden anerkannt worden sind. Sie sind von der Beklagten in dem angefochtenen Bescheid vom 19. Juni 1990 zusammenfassend festgestellt worden. Das LSG hat die Berechnungsmerkmale dieses Verwaltungsaktes nicht beanstandet. Es fehlen jedoch hinreichende berufungsgerichtliche Feststellungen dazu, ob beim Altersruhegeld nicht noch weitere Beitragszeiten zu berücksichtigen sind. Anhaltspunkte hierfür ergeben sich nach den sonstigen Feststellungen des LSG schon daraus, daß der jugoslawische Versicherungsträger seiner Rentenberechnung für den Zeitraum von 1939 bis 1944 „einige kurze Zeiten” oder „wenige … Wochen und Monate” (siehe Bl. 8 des Urteilsabdrucks) zusätzlich zugrunde gelegt hat, welche von der Beklagten bislang nicht angerechnet worden sind.
In seiner Entscheidung ist das LSG dieser Diskrepanz nicht weiter nachgegangen. Dies war nicht etwa deswegen entbehrlich, weil bezogen auf die Zeit vom 1. Februar 1933 bis 31. Dezember 1956 bereits eine pauschale Ausfallzeit angerechnet worden ist. Denn zum einen deckt diese nach den Feststellungen des LSG nicht die insgesamt fehlenden Versicherungszeiten ab. Zum anderen können sich durch die Anerkennung weiterer Beitragszeiten die für die Rentenhöhe maßgeblichen Berechnungsmerkmale verändern (vgl § 1255 RVO). Insofern sind die Feststellungen im Berufungsurteil lückenhaft. Dadurch ist der erkennende Senat an einer Sachentscheidung gehindert, weil er die fehlenden Tatsachen nicht selbst ermitteln kann (vgl Meyer-Ladewig, aaO, § 163 RdNr 6). Das aufgrund der demnach erforderlichen Zurückverweisung erneut mit der Sache befaßte LSG wird nunmehr zu prüfen haben, ob und ggf in welchem Umfang die fraglichen, in Jugoslawien berücksichtigten Beitragszeiten auch nach dem FRG anzukennen sind (ggf auch als Beschäftigungszeiten nach § 16 FRG). Lassen sich derartige Zeiten nicht (vollgültig) nachweisen, kommt insoweit eine Glaubhaftmachung gemäß § 4 FRG in Betracht, für die uU eine eidesstattliche Versicherung des Klägers genügen würde (§ 4 Abs 3 FRG; vgl dann aber § 19 Abs 2 FRG).
Die vom Kläger ausdrücklich geltend gemachten zusätzlichen vier Jahre, sieben Monate und sieben Tage für seine Tätigkeit als Lokomotivführer können dagegen nicht bei der Berechnung des Altersruhegeldes berücksichtigt werden. Die Vorschriften des FRG lassen es nicht zu, diese Zeiten als Beitragszeiten (§ 15 FRG) oder als Beschäftigungszeiten (§ 16 FRG) anzurechnen. Soweit die jugoslawischen Zusatzzeiten eine besondere Form der Honorierung der damals verrichteten Tätigkeit darstellen, kann dies nach dem FRG auch keinen Einfluß auf die Bewertung der tatsächlich zurückgelegten Versicherungszeiten als Lokomotivführer haben.
Eine Anerkennung der streitigen Zeiten als Beschäftigungszeiten im Sinne von § 16 FRG scheidet von vornherein aus, weil diesen bei der jugoslawischen Rente zusätzlich angerechnete Zeiten kein realer Zeitraum einer Beschäftigung entspricht. Aber auch die Voraussetzungen des § 15 FRG liegen nicht vor. Es handelt sich zunächst nicht um echte Beitragszeiten, die den nach Bundesrecht zurückgelegten Beitragszeiten (§ 1250 Abs 1 Buchst a RVO) ohne weiteres entsprechen würden. Denn sie sind nicht mit einer tatsächlich verlängerten Beschäftigung des Klägers und daraus entrichteten Beiträgen ausgefüllt.
Nach der Rechtsprechung des Großen Senats des Bundessozialgerichts ≪BSG≫ (BSGE 60, 100, 106 f = SozR 5050 § 15 Nr 22; 62, 255, 260 f = SozR 5050 § 15 Nr 35; vgl auch BSG SozR 5050 § 15 Nr 40) ist der Begriff der „Beitragszeit” iS des § 15 FRG allerdings über die Fälle des § 1250 RVO hinaus weiter zu fassen. Nach Auffassung des Großen Senats, der in diesem Zusammenhang auf die Materialien zum FANG (BT-Drucks III/1109, S 35 f, 39 f) verweist, wird § 15 FRG noch vom Entschädigungsgedanken des früheren Fremdrenten- und Auslandsrentengesetzes (FAG) geprägt und soll vermeiden, daß durch die Umstellung des Fremdrentenrechts auf das Eingliederungsprinzip für einen Teil der Versicherten der versicherungsrechtliche Status wesentlich verschlechtert wird; ihnen sollte wenigstens die Rechtsposition erhalten bleiben, die sich aus der Anrechnung der im Herkunftsland anzurechnenden Beitragszeiten ergibt. Zu den Beitragszeiten zählen deshalb auch solche bei einem außerhalb der Bundesrepublik befindlichen Träger zurückgelegte beitragslose Zeiten, die einer bundesdeutschen Beitragszeit nach § 1250 Abs 1 Buchst a RVO in den wesentlichen Kriterien so weit vergleichbar sind, daß eine Entschädigung im Wege der Gleichstellung mit ihnen gerechtfertigt erscheint. Dabei ist zum einen maßgebend, welchen Charakter das Rentenrecht des Herkunftslandes der streitigen beitragslosen Zeit zumißt, zum anderen, ob diese Rechtsposition einer nach Bundesrecht zurückgelegten Zeit gleichgestellt werden kann. Aus dem Prinzip der Eingliederung, das dem gesamten Fremdrentenrecht zugrunde liegt, ergibt sich dabei allerdings, daß eine Entschädigung für ausländische Rentenansprüche und -anwartschaften dann ausgeschlossen ist, wenn deren Anrechnung mit der Struktur des innerstaatlichen Rentenrechts schlechthin und offenkundig unvereinbar wäre (BSGE 60, 100, 106 f = SozR 5050 § 15 Nr 22).
Daher ist zunächst der Stellenwert der geltend gemachten Sonderzeiten nach jugoslawischem Rentenrecht zu klären. Der Senat ist hier zur Feststellung ausländischen Rechts berechtigt. Grundsätzlich kann das BSG angefochtene Urteile nicht überprüfen, soweit sie auf der Anwendung ausländischer Normen beruhen (§ 162 SGG), und ist an entsprechende Ausführungen des Tatsachengerichts gebunden (vgl zuletzt die Urteile des erkennenden Senats vom 6. Februar 1991 – 13/5 RJ 16/89 –, zur Veröffentlichung vorgesehen, Umdruck S 9 f, und vom 6. März 1991 – 13/5 RJ 39/90 –, zur Veröffentlichung vorgesehen, Umdruck S 8 ff). Etwas anderes gilt jedoch ausnahmsweise dann, wenn das Tatsachengericht an sich irrevisible ausländische Vorschriften überhaupt nicht erörtert hat; eine ausländische Rechtsnorm kann dann in der Revisionsinstanz angewendet werden, weil es sich insoweit nicht um eine unzulässige Nachprüfung der Auslegung irrevisiblen Rechts durch das Tatsachengericht, sondern um die Anwendung des geltenden Rechts auf einen vom Tatsachengericht festgestellten Sachverhalt handelt (vgl BSGE 54, 93, 94 = SozR 5050 § 15 Nr 22; 61, 267, 269 = SozR 5050 § 15 Nr 33; SozR 5050 § 15 Nr 40 S 150). Ein derartiger Fall ist hier gegeben, weil das LSG das maßgebliche jugoslawische Recht ersichtlich nicht selbst geprüft, insbesondere keine entsprechende Rechtsnorm angeführt hat, sondern – soweit es überhaupt auf den Charakter der Zusatzzeiten eingeht (S 8 des angefochtenen Urteils) – lediglich von dem Bescheid des jugoslawischen Sozialversicherungsträgers ausgeht.
Das jugoslawische Gesetz vom 29. Juni 1972 über Grundrechte aus der Renten- und Invalidenversicherung (vgl Gesetze osteuropäischer Staaten über die Rentenversicherung, herausgegeben vom VDR, Jugoslawien, S 57 ff) setzt für den Erwerb des Rechts auf Altersrente das Erreichen eines bestimmten Lebensalters und einer bestimmten Rentenanrechnungszeit voraus (Art 9 des Gesetzes). Letztere ist nach Art 12 des Gesetzes auch ein Faktor für die Berechnung der Höhe der Altersrente. Bei der Rentenanrechnungszeit unterscheidet das Gesetz zwischen der „Versicherungszeit, die in effektiver Dauer gerechnet wird” und einer solchen, „die in erhöhter Dauer gerechnet wird” (Art 49 ff, 56 ff des Gesetzes). Die erste Kategorie umfaßt Zeiten, die der Versicherte mit Arbeitstätigkeiten zurückgelegt hat, außerdem solche, in der er zB krank, in Rehabilitation, beruflicher Fortbildung oder Haft war. Die zweite – hier einschlägige – Kategorie umfaßt Zeiten, die an Arbeitsplätzen zurückgelegt werden, an denen die Arbeit besonders schwer und gesundheitsschädlich ist oder an denen die Versicherten nach Vollendung eines bestimmten Lebensalters nicht mehr fähig sind, eine bestimmte berufliche Tätigkeit zu verrichten. Diese Zeiten werden in erhöhter Dauer angerechnet; in Abhängigkeit von der Erhöhung wird auch die Altersgrenze für die Altersrente herabgesetzt (Art 56 des Gesetzes). Die nähere Festlegung, bei welchen Tätigkeiten eine Versicherungszeit in erhöhter Dauer vorliegt und in welchem Umfang die Erhöhung eintritt (12 Beitragsmonate können als 14 bis 18 Versicherungsmonate anerkannt werden) ist im Pensions- und Invalidenversicherungsgesetz der jeweiligen Teilrepublik (hier: Kroatien) bzw im Status der jeweiligen Versicherungsgemeinschaft geregelt (vgl Velimir Suflaj, Pensions- und Invalidenversicherung in der SFR Jugoslawien, 1976, S 30).
Die Rechtsposition, die im Erwerb der jugoslawischen Zeiten „in erhöhter Dauer” liegt, kann den nach Bundesrecht zurückgelegten Zeiten nicht in vollem Umfang gleichgestellt werden. Vielmehr sind derartige Zeiten – wie in dem angefochtenen Bescheid zutreffend geschehen – nach § 15 FRG nur in der tatsächlichen Dauer der ihnen zugrundeliegenden Beschäftigung anzurechnen. Bei allen deutschen Versicherungszeiten handelt es sich um real zurückgelegte Zeiten, also um Kalendermonate, die wirklich abgelaufen und mit beitragspflichtigen Beschäftigungen oder diesen rechtlich in verschiedenem Umfang gleichgestellten Ereignissen ausgefüllt sind. Dagegen sind die jugoslawischen Zusatzzeiten rein fiktive Zeiten. Die Berücksichtigung fingierter Zeiten für Grund oder Höhe des Rentenanspruchs ist dem deutschen Rentenrecht aber fremd und daher mit dem Rentenversicherungssystem der RVO schlechthin unvereinbar.
Die jugoslawischen Zusatzzeiten des Klägers können auch nicht auf andere Weise zu einer Erhöhung seiner deutschen Rente führen. Insbesondere läßt es das FRG nicht zu, die vom Kläger tatsächlich zurückgelegte Beschäftigungszeit als Lokomotivführer rentenrechtlich höher zu bewerten. Daran ändert auch das Vorbringen des Klägers nichts, daß die Anrechnung zusätzlicher Versicherungsmonate nach jugoslawischem Recht ein Ausgleich für unbezahlte Mehrarbeit sei. Der Rentenberechnung nach dem FRG liegen nämlich nicht die im Ausland erzielten Löhne oder entrichteten Beiträge zugrunde. Vielmehr ist bei der Bewertung der nachgewiesenen Zeiten das Eingliederungsprinzip in der Vorschrift des § 22 FRG verwirklicht, die für die Festlegung der Rentenbemessungsgrundlage auf die Anlagen zum FRG verweist. Dort sind zum einen Leistungsgruppen definiert, in die ein Berechtigter entsprechend seinem beruflichen Status eingeordnet wird, und zum anderen Tabellen mit pauschalen Jahresarbeitsentgelten aufgeführt, die auf dem Zahlenmaterial des statistischen Bundesamtes basieren (vgl BT-Drucks III/1109, S 42) und als Durchschnittswerte auch zusätzliche Beiträge, die auf Mehrarbeit beruhen, mit abgelten. Durch diese typisierende Regelung wird ein nach dem FRG Begünstigter hinsichtlich der Höhe seiner Rentenbemessungsgrundlage praktisch einem vergleichbaren inländischen Arbeitnehmer gleichgestellt und damit im Ergebnis so behandelt, als habe er sein Versicherungsleben im Geltungsbereich der RVO zurückgelegt. Auf diese Weise steht ihm entsprechend dem Gedanken der Eingliederung ein Renteneinkommen zur Verfügung, das sich an den hiesigen Lebensverhältnissen orientiert. Die damit verbundene Pauschalierung ist, wie das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) bereits entschieden hat (BVerfG SozR 5050 § 22 Nr 16; vgl SozR 5050 § 22 Nr 5 = BVerfGE 43, 213, 227), mit dem Grundgesetz vereinbar. Da es sich dabei um eine abschließende Regelung handelt, fehlt einer höheren Bewertung der tatsächlich zurückgelegten Beschäftigungszeit als Lokomotivführer die rechtliche Grundlage.
Über die Kosten des Revisionsverfahrens wird das LSG zu entscheiden haben.
Fundstellen